| Gesellschaft

"Das hat mir auch beruflich geholfen"

Joachim Rücker, deutscher Botschafter bei der UN, über seine Zeit in der evangelischen Jugend

"Ich habe in der evangelischen Jugend einiges erfahren und gelernt, was mir in meinem Leben und meiner beruflichen Laufbahn weitergeholfen hat. Vor allem hat diese Zeit mein Verhalten geprägt", sagt Dr. Joachim Rücker. Der deutsche Botschafter bei den Vereinten Nationen in Genf führt 2015 den Vorsitz des UN-Menschenrechtsrats. Und er überzeugt.

Der Neuseeländer John Fisher, Vertreter der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch beim Rat, beschreibt den deutschen Diplomaten mit den Worten „gut, stark und klar“. Und die Frankfurter Allgemeine Zeitung bestätigte Rücker schon 2006 „Erfahrung mit unlösbar scheinenden Aufgaben“. Damals stand er als Sondergesandter des UN-Generalsekretärs an der Spitze der UN-Verwaltung für den Kosovo.  „Es sind zwei Deutsche, die den Kosovo in dieser Übergangszeit stabil halten sollen“, wusste damals die Süddeutsche Zeitung zu berichten. „Der eine ist Zivilist: Joachim Rücker leitet die UN-Verwaltung der offiziell noch zu Serbien gehörenden Provinz. Der andere ist General, Kommandeur der Nato-Truppe Kfor.“

Der 64-Jährige hat die Jungscharabende, Freizeiten und offenen Angebote, an denen er in seiner Heimat Ebersbach an der Fils aktiv teilgenommen hat, noch in guter Erinnerung. Aber der schwäbische Pfarrersohn hat auch Verantwortung übernommen, etwa für Veranstaltungen oder später als er Vorträge im ganzen „Ländle“ hielt, um über seinen Zivildienst in Israel zu berichten. „Ich fand generell, dass es umso interessanter war, je mehr es gelang, im Sinne der offenen Jugendarbeit Außenstehende anzusprechen und einzubeziehen, also etwa Leute aus katholischen oder nicht-kirchlichen Milieus oder Jugendliche mit Migrationshintergrund, um nur einige Beispiele zu nennen.“ Als „stilbildende Gruppenerfahrung“ beschreibt er das, was er bei einer Skifreizeit im Montafon erlebt hat: „Wie unser damaliger Leiter und die Gruppe mit ganz unterschiedlichen sportlichen Voraussetzungen und Leistungen umgegangen sind, fand ich schon beeindruckend und habe mir gemerkt: So geht Gruppe.“ Wie wichtig es ist, sich mit anderen zusammenzutun, wenn man etwas erreichen will, und eine offene, dem Leben zugewandte Kirche „im Rücken“ zu haben, zählt er zu seinen prägenden Erfahrungen.

Joachim Rücker im Gespräch mit Joachim Gauck beim Neujahrsempfang des Bundespräsidenten 2015.
Joachim Rücker, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland bei den Vereinten Nationen in Genf.
8. Dezember 2014: Botschafter Rücker wurde zum Präsidenten des Menschenrechtsrates gewählt.

Rücker, der sich für eine offene Kirche und eine offene Gesellschaft engagiert, geht eben gerne auf Menschen zu und sagt von sich selbst: „Ich bin kein Freund von Verschwörungstheorien. Bis zum Beweis des Gegenteils glaube ich an das Gute im Menschen.“ Als Vorsitzender des Menschenrechtsrates setzt er sich dafür ein, dass die Staaten ihre Verpflichtungen besser einhalten, dass sie dabei wenn nötig Unterstützung bekommen und dass denen geholfen wird, deren Rechte verletzt werden oder in Gefahr sind. Es macht die Sache nicht leichter, dass der Rat dabei über keine Sanktionsmöglichkeiten verfügt. Aber manchmal höhlt steter Tropfen den Stein, weiß der Diplomat und führt seinen Vorsitz nach der Devise „so viel Konsens wie möglich, so viel Konflikt wie nötig“. Denn Rücker ist davon überzeugt, dass der ungetrübte Blick auf die Menschenrechte dazu beiträgt, die Ursachen künftiger Krisen zu erkennen, bevor es zur Katastrophe kommt. Menschenrechtspolitik diene damit auch der Stabilität und den Interessen aller friedlichen, global vernetzten Staaten, betont er und verweist auf den Anfang der Bürgerkriege in Libyen und Syrien.

„Am Anfang standen Menschenrechtsverletzungen und der Zerfall autoritärer Staaten“, sagt Rücker.  Das gelte entsprechend auch für Flüchtlingskatastrophen. „Niemand, der sicher ist vor willkürlicher Festnahme, Folter oder Vergewaltigung, niemand, der sauberes Wasser und ausreichend zu essen hat, niemand, der einen menschenwürdige Arbeit findet – kurz: niemand, dessen elementare Menschenrechte gewahrt sind, würde sich auf so eine lebensgefährliche Reise begeben.“ Davon ist er zutiefst überzeugt. Es sei moralisch geboten, Menschenrechtsverletzungen anzusprechen. „Aber es liegt auch in unserem ureigenen Interesse.“

Stephan Braun


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