Die Mittagstische, Tafeln und Vesperkirchen im Land
In der württembergischen Landeskirche bieten Mittagstische, Tafeln und Vesperkirchen Hilfe und Unterstützung für Leib und Seele. Doch nicht nur Sattmachen ist das Ziel, sondern auch einen Ort zu schaffen, an dem sich die Menschen willkommen fühlen können.
Die Vesperkirchensaison beginnt
Ende September 2023 hat die neue Vesperkirchensaison begonnen. An 43 Orten in Baden-Württemberg bieten Kirchengemeinden in der kalten Jahreszeit warme Mahlzeiten und Raum für Begegnungen und Gespräche.
Eine Liste über alle teilnehmenden Kirchen finden Sie hier.
In den zahlreichen Vesperkirchen in Baden-Württemberg erhalten Bedürftige in den Wintermonaten warmes Essen, finden menschliche Zuwendung und treffen auf Menschen aller Gesellschaftsschichten.
Die Vesperkirchen bieten bedürftigen Menschen nicht nur ausreichend Verpflegung und ein warmes Plätzchen in der kalten Jahreszeit, sondern auch medizinische und praktische Hilfe und menschliche Zuwendung. Ehrenamtlich arbeitende Ärzte sind im Einsatz, Besucher können sich kostenlos die Haare schneiden lassen, Tierärzte kümmern sich um die Haustiere der Gäste. Andachten und kulturelle Angebote, beispielsweise kostenlose Konzerte, machen die Vesperkirchen zum Ort der Begegnung für Menschen aller Altersgruppen und Gesellschaftsschichten.
Vesperkirchen sind grundsätzlich zeitlich befristet: sie finden nur in den Wintermonaten statt, und zwar direkt in der Kirche. Die Kirchenräume werden zu Ess- und Aufenthaltsräumen umgebaut, Bereiche für den Ausschank von Getränken und die Ausgabe von Essen werden geschaffen. Entstanden ist die Idee 1995 in Stuttgart. Das Konzept überzeugte – viele Gemeinden griffen die Idee auf: heute gibt es in Baden-Württemberg mehr als 30 solcher Angebote. Vesperkirchen finanzieren sich ausschließlich aus Spenden und basieren hauptsächlich auf dem Engagement von Ehrenamtlichen.
"Für Leib und Seele"
Grußwort von Schirmherrin Gerlinde Kretschmann
Immer in den Wintermonaten öffnen die Vesperkirchen ihre Türen für Bedürftige. Die Kirchengemeinden im Land ergreifen Partei für arme und kranke Menschen, die am gesellschaftlichen Leben nicht mehr teilnehmen können. Sie helfen dort, wo es an den alltäglichsten Dingen fehlt: einer warmen Mahlzeit, medizinischer Versorgung oder schlichtweg dem Kontakt zu anderen Menschen. Für mich sind die Vesperkirchen ein Stück gelebte Nächstenliebe. Gerne habe ich dafür die Schirmherrschaft übernommen.
Bereits seit 1995 gibt es das Konzept der Vesperkirchen. Seitdem haben viele Gemeinden im Land die Idee aufgegriffen und so sind es heute über 30 Initiativen, die einmal im Jahr für mehrere Wochen ihre Kirchenräume in Ess- und Aufenthaltsräume umgestalten. Da Armut und Bedürftigkeit viele Gesichter haben, bieten die meisten Vesperkirchen umfassende Hilfeleistungen, die weit über ein Mittagessen zum symbolischen Preis hinausreichen. Beratung bei beruflichen Schwierigkeiten und in Krisensituationen gehören ebenso zum Angebot, wie ein Frisörbesuch, eine Spielecke für Kinder oder Vorträge und Konzerte. Kurzum: In den Vesperkirchen finden Menschen, was sie für Leib und Seele brauchen.
Viel zu oft nehmen wir es als selbstverständlich hin, dass wir im Wohlstand leben. Aber es gibt eben auch diejenigen in unserer Gesellschaft, deren Lebensweg anders verlaufen ist. Mein Dank gilt daher allen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, die mit ihrer Arbeit gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Mit ihrem Engagement sorgen sie dafür, dass Bedürftige die Wärme, Zuneigung und Achtung erfahren, die ihnen im Alltag häufig fehlt. Darüber hinaus möchte ich die Bürgerinnen und Bürger herzlich bitten, die Vesperkirchen auch in diesem Jahr wieder tatkräftig zu unterstützen.
"Brich mit dem Hungrigen Dein Brot" - so könnte man die Motivation derer beschreiben, die sich für Mittagstische in den Gemeinden engagieren. Dabei gibt es für Bedürftige bei den Mittagstischen nicht nur Brot, sondern ein nahrhaftes warmes Mittagessen - zu kostengünstigen Preisen oder sogar kostenfrei.
Vielen Menschen sieht man die Armut nicht an. Doch wer mit Harz IV über die Runden kommen muss, kann sich nicht immer ein gutes Mittagsessen leisten. Deshalb bieten viele Kirchengemeinden Mittagstische an.
Unter den rund 50 Mittagstischen in Württemberg sind manche speziell für Senioren, andere wiederum richten sich an Familien mit Kindern. Darüber hinaus gibt es unabhängig von den Mittagstischen günstige Kleider- und Lebensmittelläden. Mittlerweile bieten auch viele kleine Kirchengemeinden Bedürftigen regelmäßig ein warmes Essen.
Diese Angebote sind nicht nur als Hilfe für arme Menschen gedacht. Sie sollen auch den Kontakt zwischen verschiedenen Gesellschaftsgruppen fördern. Die Vesperkirchen und Mittagstische werden hauptsächlich durch Spenden finanziert und von Ehrenamtlichen organisiert.
"Einem Menschen geben, was er braucht, ein Stück Brot, ein Lächeln, ein offenes Ohr - jetzt - nicht irgendwann." Dafür engagieren sich in Baden-Württemberg derzeit mehr als 100 Tafeln.
Obwohl es Lebensmittel im Überfluss gibt, haben nicht alle Menschen ihr tägliches Brot. Die Tafeln bemühen sich um einen Ausgleich: Lebensmittel, die nicht mehr verkauft werden können, weil sie nur noch wenige Tage haltbar sind oder falsch etikettiert wurden, werden an Bedürftige verteilt. Das kann in Tafelläden geschehen, in denen die Menschen die Lebensmittel direkt abholen. Oder die Tafeln beliefern Einrichtungen, die Essen an Bedürftige ausgeben. Damit die Hilfe auch da ankommt, wo sie am dringendsten benötigt wird, erstellen die Tafeln Kundenkarten. Alle, die nachweislich eine kleine Rente haben, Arbeitslosengeld, Sozialhilfe oder eine Grundsicherung beziehen, können eine solche Kundenkarte bekommen und dann bei der Tafel einkaufen.
„Jeder gibt, was er kann“. Nach diesem Leitspruch engagieren sich örtliche Bäckereien und Wochenmärkte, Supermarktketten, Kfz-Mechaniker, Grafiker, Automobilhersteller, Beratungsunternehmen. Viele Helfer spenden ihre Freizeit für die Idee. Ein paar Stunden am Tag, in der Woche, im Monat – so wie es die persönlichen Möglichkeiten zulassen. Rund 35.000 Menschen engagieren sich als ehrenamtliche Tafel-Helfer mit ihrer Zeit.
Verteilt werden bei den Tafeln ausschließlich gespendete Lebensmittel. Zugekauft wird nichts. Miete, Transport- und Verwaltungskosten der Tafelbetriebe werden durch Einnahmen sowie Spender und Sponsoren gedeckt. Tafeln leben von Lebensmittel- Geld-, Sach- und Zeit-Spenden.
Um die Belange der Tafeln zu vertreten, gibt es seit 2006 den „Landesverband der Tafeln in Baden-Württemberg e.V.“. Der Landesverband fasst die vielfältigen Ideen und Informationen rund ums Tafelgeschehen zusammen und stellt sie anderen Mitgliedstafeln zur Verfügung. Er bietet Weiterbildungen an, z.B. zum Thema Lebensmittelsicherheit, und engagiert sich bei der Warenverteilung und der überregionalen Suche nach Warensponsoren.
Kontakt
Rainer Scheufele
Referent Inklusion und diakonische Gemeindeentwicklung