Pilgern nach Denkendorf bot im Mittelalter vollen kirchlichen Ablass
Die Reise nach Jerusalem war im Mittelalter gefährlich. Es gab aber eine Alternative: die Klosterkirche in Denkendorf bei Esslingen. Die Wallfahrt zur Krypta der schwäbischen Kirche galt als vollständiger Ersatz für die Kreuzfahrt ins Heilige Land.
Vieles in dieser Geschichte liegt im Dunkeln. Dabei ist die Krypta der Klosterkirche in Denkendorf bei Esslingen sogar ein überraschend heller Ort. Da die Kirche am Rande eines Bergs gebaut wurde, hat die unter dem Chorraum liegende Krypta nach Osten hin ein Fenster. In diesem sakralen Kirchenkeller haben die Chorherren im Mittelalter beim Aufgang der Sonne an die Auferstehung Jesu Christi von den Toten erinnert.
Nachbildung des Grabs Christi
Im Jahr 1128 pilgerte der Denkendorfer Ortsherr Berthold nach Jerusalem, betete dort in der Grabeskirche und stiftete seine Kirche dem Chorherrenorden vom Heiligen Grab. Daraufhin wurde in dem Dorf südöstlich von Stuttgart eine Ordensniederlassung gegründet. Unter der dann neugebauten Klosterkirche richteten die frommen Männer eine Nachbildung des leeren Grabes Christi von Jerusalem ein. Friese mit von Drachen bedrohten Menschen und Fresken, die unter anderem die Geschichte Johannes des Täufers erzählen, gehörten zum künstlerischen Inventar und sind bis heute zusehen. Reliquien mit angeblichen Splittern vom Kreuz und vom Grab Christi werteten die Pilgerstätte auf - sie befinden sich inzwischen im Württembergischen Landesmuseum in Stuttgart.
Rolf Noormann, evangelischer Pfarrer in Denkendorf und heute einer der Hausherren der Klosterkirche, kann die Symbolik der mittelalterlichen Christen immer noch nachempfinden. Er geht davon aus, dass sich die Ordensbrüder jeden Morgen in der Krypta zum Gottesdienst versammelten. Im Dunkeln bleibt, nach welchen Worten hier gebetet wurde. „Es muss eine Auferstehungsliturgie gegeben haben“, ist Noormann überzeugt.
Im 13. Jahrhundert wurde es für Pilger zunehmend gefährlicher, ins Heilige Land zu reisen, und 1291 verloren die Kreuzritter vollends die Kontrolle über das Gebiet an die Mameluken. Die katholische Kirche bot einen Ersatz an: Die Fahrt zum leeren Grab in Denkendorf wurde als gleichwertige Pilgerreise anerkannt und versprach denselben Ablass. Aus den Quellen geht hervor, dass die Wallfahrt in die schwäbische Kirche reichlich genutzt wurde - es gab sogar einen Pilgerfriedhof für die Menschen, für die Denkendorf überraschend zur Endstation ihres irdischen Lebens wurde.
Klostersenf und Likör
Mit der Reformation endete in protestantischen Gebieten das Ablasswesen und das Wallfahren. Das evangelische Württemberg machte aus dem Kloster eine Schule. Dort lehrte später 28 Jahre lang einer der berühmtesten württembergischen Theologen, Johann Albrecht Bengel (1687-1752), der die Bibelwissenschaft vorantrieb und dem Pietismus die Anerkennung in seiner Landeskirche verschaffte. Im 19. Jahrhundert musste die Krypta nach der Säkularisation dann gewerblichen Zwecken dienen. Eine Esslinger Firma stellte in Denkendorf „Klostersenf“ und Liköre her, auf dem leeren Grab lagerten Zuckerrüben.
Heute ist die Krypta wieder ein Andachtsraum. Besucher der Klosterkirche, die auch werktags geöffnet ist, haben freien Zugang. Mit dem einfallenden Tageslicht muss sich der Gast zufrieden geben, einen Lichtschalter sucht er vergebens. Blickpunkt ist wie im Mittelalter das leere Grab vor dem Altar.
Geheimtipp für Reisende
Unter kirchlichen Reiseveranstaltern ist Denkendorf ein Geheimtipp. 20 bis 30 Reisegruppen sehen sich jedes Jahr die Krypta an, sagt Pfarrer Noormann. Darunter sind hin und wieder katholische Touristen, die sich die Geschichte mittelalterlicher Frömmigkeit vergegenwärtigen möchten. Auch die Protestanten pflegen noch einen Teil des Erbes: Am Ostermorgen feiern sie die Auferstehung Jesu Christi von den Toten in der Krypta, und zwischen Ostern und Pfingsten findet in dem unterirdischen Raum an jedem Sonntag um 8.30 Uhr ein Frühandacht mit Ostersingen statt.
Quelle: Evangelischer Pressedienst (epd)
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