Die Schulstation Karlshöhe fördert Kinder mit emotional-sozialem Bedarf
Das Sonnenlicht wird von zahllosen goldenen Mosaiksteinen reflektiert. Dazwischen sind etliche farbige, auch dunkle Steine. Das Kunstwerk "Karla von der Karlshöhe", ein Leguan, ist Maskottchen und Symbol einer besonderen Schule.
"Karla von der Karlshöhe" ist ein Hingucker. Der Leguan wurde entworfen von der Künstlerin Ariane Koch und geschaffen von Schülern der Schulstation Karlshöhe in Ludwigsburg im Rahmen eines Kunstprojekts. Ihr Mosaik aus goldenen und farbigen Steinen symbolisiert, was die Schulstation seit rund sechs Jahren leistet: Kinder und Jugendliche entdecken dort wieder ihre Stärken.
"Man muss eben ein bisschen kratzen, bis das Gold zum Vorschein kommt", sagt Koordinatorin Pia Buzakovic über die 15 Schülerinnen und Schüler. Fachbereichsleiterin Kathrin Karl erläutert, dass fast alle der Schüler phasenweise lange nicht in der Schule waren. Die Ursachen sind vielfältig: "Jeder hat seinen Rucksack." Das können Folgen erlebten Mobbings sein, Probleme im familiären Bereich oder auch Autismus. "Wir bieten eine Insel, damit die Kinder wieder gern zu Schule kommen."
Üblicherweise sind die Kinder und Jugendlichen etwa zwei Jahre in der Schulstation. "Zum Auftanken, zum Ressourcen wiederentdecken und verborgene Stärken ausgraben." Auch zum Wissens- und Verhaltensdefizite aufholen. Und dennoch ist die Schulstation alles andere als eine Paukeinrichtung.
Für jeden Schüler gibt es in der Schulstation einen eigenen, ganz individuellen Wochenplan. Das sonderpädagogisch ausgebildete Lehrerteam weiß, wie es Angst vor dem Versagen, Konzentrationsschwäche oder aufkochende Aggressionen auffangen kann. Auch Sport, Kunstpädagogik, Kochen, der Wald-Tag und mittels Spenden finanziertes Heilpädagogisches Reiten gehören zum festen Programm einer Schulwoche.
Marco (Name geändert) wird nach den Sommerferien wieder in eine Regelschule gehen. Er fühlt sich jetzt stabil genug dafür und hat seine neue Schule auch schon kennengelernt. In die Schulstation gekommen war er als Grundschüler, weil er gepiesackt wurde wegen seiner Brille und darauf schließlich mit Schlägen gegen Mitschüler reagierte, erzählt er. "Aber hier habe ich Freunde gefunden." Ihm gefällt, dass es ruhig zugeht an der Schule, dass es viele Bewegungsmöglichkeiten gibt wie Spielfahrzeuge im Pausenhof, und die besonderen Angebote. "Der Alltag hier ist einfach anders", lobt der Elfjährige.
Marco will später im Elektro- oder Mechanikbereich arbeiten und übt schon: "Ich bin ein kleiner Sammelmaxe." Er erzählt von seiner Leidenschaft, alte Schreibmaschinen auseinanderzunehmen und zu reparieren.
Der zwölfjährige Philipp (Name geändert) kam nach der dritten Grundschulklasse in die Schulstation. Er hatte Konzentrationsschwierigkeiten und die vielen Mitschüler kosteten ihn so viel Energie, dass er morgens oft kaum bis 10 Uhr durchhielt und dann nach Hause musste. Nach langer Suche fanden sein Vater und er die Schulstation.
Er möchte nun auch seinen Hauptschulabschluss auf der Karlshöhe machen. "Die Zeit vergeht hier wie im Flug", sagt er, und seine Konzentration habe sich "deutlich gebessert". Fragend schaut er zu Karl und Buzakovic. Die nicken bestätigend. Philipp würde gerne Fernseh- oder Radiomoderator werden. Auch Zeichnen ist seine Stärke.
Auf die Schulstation kommen die Schüler aus ganz unterschiedlichen Gründen. "Der Veränderungsdruck muss hoch genug sein", sagt Buzakovic. Auch die Eltern müssen mitarbeiten wollen. Die Warteliste der Schulstation "ist sehr lang", sagt Pia Buzakovic. "Wir könnten auf der Stelle eine dritte Klasse öffnen - wenn wir die Räume hätten", ergänzt Kathrin Karl.
Für viele betroffene Kinder wäre Inklusion - also Unterricht an der Regelschule mit Berücksichtigung ihres speziellen Bedarfs - die passende Lösung, sagt sie. Doch bis derzeit eine Integrationshilfe bei emotional-sozialem Unterstützungsbedarf genehmigt ist, dauert es oft fast ein Jahr. "Gut wäre, wenn im Lebensumfeld für jedes Kind wenigstens eine Schule mit einer kleinen Klasse erreichbar wäre", sagt Pia Buzakovic.
Die vier Lehrerinnen und Lehrer seien gefordert, authentisch als Mensch erlebbar zu sein. Spiele man eine Lehrer-Rolle nur, demontierten die Schüler diese Maske schnell, sagt Kathrin Karl. Alle Lehrer der Schulstation haben eine "sonderpädagogische Ader". Alle wollen die Schüler erleben lassen, dass sie willkommen sind, so wie sie sind. Dabei sei auch eine "liebevolle Strenge" nötig, sagt Karl, die klare Grenzen setzt. Die Schulstation ist ein Kooperationsprojekt zwischen der diakonischen Karlshöhe Ludwigsburg und der Christian-Heinrich-Zeller-Schule der Diakonischen Jugendhilfe Region Heilbronn.
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