Vielen ist nicht bewusst, dass unser Rechtssystem in wichtigen Grundzügen auf genuin christliches Denken zurückgeht. Dabei geht es nicht nur um die Sonntagsruhe, sondern auch um abstrakte Grundätze wie Formfreiheit von Verträgen und das Verbot sittenwidriger Geschäfte.
Staat und Kirche sind in Deutschland getrennt. Doch wer sich die Gesetzbücher ansieht, erkennt eine religiöse Handschrift - sogar an Stellen, wo man es nicht vermutet hätte.
Unterlassene Hilfeleistung
Zum Beispiel das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter: Es ist eines der berühmtesten Gleichnisse Jesu. Ein unter die Räuber Gefallener bekommt von Passanten keine Hilfe. Jesus appelliert hier an die Barmherzigkeit seiner Zuhörer - ein Jurist könnte allerdings auch etwas anderes herauslesen: nämlich den Straftatbestand der unterlassenen Hilfeleistung, der im deutschen Strafgesetzbuch unter Paragraf 323 behandelt wird.
Ermessensspielraum
„Das heutige Recht hat christliche Wurzeln. Es mag darüber hinaus auch Spuren der Bibel geben,“ sagt Marvin Yuen, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Beispielsweise habe das „Ermessen“ als wichtiger Punkt der Rechtsordnung seine Wurzeln im Christentum. Im Kern gehe es dabei um das maßvolle Unterscheiden, die Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, das Abwägen. Das Recht müsse trotz aller Regelhaftigkeit einen Spielraum lassen, erklärt Yuen. „Nicht die ganze Beobachtung der Gerechtigkeit ist in der Regel festgelegt,“ schrieb im 6. Jahrhundert Benedikt von Nursia, auf den der Benediktinerorden zurückgeht und der eine der einflussreichsten Ordensregeln verfasst hat. „Wenn der Staat heute Ermessen ausübt, so findet sich eine Vorform in der Regel Benedikts“, sagt Marvin Yuen. „Auch davor gab es Handlungsspielräume für die öffentliche Hand. Hier lag aber die Betonung deutlich mehr auf der Freiheit des Amtsträgers als auf der Pflicht zur Verwirklichung von Recht und Gerechtigkeit im einzelnen Fall.“
Formfreiheit des Vertrags
Der Jurist nennt weitere Beispiele für christliche Wurzeln der heutigen Rechtsordnung, etwa die im Grundsatz gültige Formfreiheit von Verträgen im Zivilrecht. „Wenn wir im Supermarkt an der Kasse bezahlen, ist das juristisch gesehen ein Vertrag. Auch wenn kein einziges Wort gewechselt wird, so verstehen wir die Verhaltensweise, wie Treu und Glauben es gebieten - Paragraf 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,“ so Yuen. Im alten römischen Recht sei das noch anders gewesen. „Im Recht der Frühantike war die Form beim Vertragsschluss alles, während eine inhaltliche Kontrolle - etwa wegen Sittenwidrigkeit - nicht stattfand“, sagt er. Möglicherweise habe Matthäus 5, 37 - „Euer Ja sei ein Ja, Euer Nein sei ein Nein“ - die Formfreiheit des Vertragsschlusses im katholischen Kirchenrecht beeinflusst, was wiederum auf das staatliche Recht weitergewirkt habe.
Verbot sittenwidriger Geschäfte
Das Verbot sittenwidriger Geschäfte durch Zinswucher, wie in Paragraf 138 des Bürgerlichen Gesetzbuchs beschrieben, habe seine Wurzel im Zinsverbot in Exodus 22, 24. Danach habe ein umfassendes Zinsverbot für Juden und Christen gegolten. Nach jüdischem Verständnis war das Zinsverbot allerdings auf Darlehen unter Juden beschränkt, weswegen Juden von Christen bei Darlehen Zinsen nehmen durften und damit einen wichtigen Impuls für die wirtschaftliche Entwicklung setzten. Dennoch war gerade diese wirtschaftlich wichtige Tätigkeit der Juden einer der Gründe für christlichen Antijudaismus. Das Zinsverbot sei in der Neuzeit auch im Christentum mehr und mehr zurückgegangen; übriggeblieben sei das Verbot des Wuchers.
Sonntagsruhe
Das dritte Gebot, den Sabbat zu heiligen, wandelte sich im Christentum zur Pflicht der Sonntagsruhe. In dieser Tradition stellt Artikel 139 der Weimarer Reichsverfassung, der über Artikel 140 des Grundgesetzes auch heute noch gilt, den Sonntag unter besonderen Schutz. Auch die getrennte Vernehmung von Zeugen ist in der Bibel, in Buch Daniel 13, 51, beschrieben.
Dass christliche Ethik und Menschenrechte nicht im Widerspruch stehen, betont schon der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber. „Die Rechtsordnung, in der wir leben, ist vom Christentum mitgeprägt,“ sagte er auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag 2005. Das Wissen der alten Griechen, die römische Herrschaftsordnung, die Entdeckung des autonomen Individuums in der Aufklärung hätten zusammen mit dem Christentum unsere heutige Vorstellung von Menschenrechten, Grundwerten und Rechtsnormen beeinflusst.
„Die Strafandrohung für Mord und Totschlag auf das fünfte Gebot zurückzuführen, dürfte allerdings zu weit gehen“, meint Yuen. „Das Tötungsverbot ist fast allen Rechtsordnungen eigen.“ Warum es aber nach der konstantinischen Wende rund 1.700 Jahre dauerte, bis sich sowohl die evangelische als auch die katholische Kirche uneingeschränkt für die Abschaffung der Todesstrafe aussprachen, sei eine Frage wert, meint der Kenner von kirchlichem und weltlichem Recht.
„Wir gratulieren Martin Rößler und wünschen ihm Gottes Segen. Einen passenderen Sonntag als diesen gibt es für Martin Rößler nicht: Sonntag Kantate, der das geistliche Singen in den Mittelpunkt stellt.“ Landesbischof Gohl gratuliert Prof. Dr. Martin Rößler zum 90. Geburtstag.
„Singen ist Lebenshilfe. Das Gesangbuch ist mehr als eine Sammlung von Liedern für wechselnde Jahreszeiten und sonstige Anlässe. Das Gesangbuch ist ein Lebensbuch.“ Das sagt Landesbischof Gohl in seiner Predigt aus Anlass des 500-jährigen Jubiläums des evangelischen Gesangbuchs.
„Wo wir der Hoffnung Stimme geben, wächst die Zuversicht“
„Hoffnung in einer hoffnungslosen Welt?!“ war das Motto des Herzschlaggottesdienstes in Nellmersbach, in dem Landesbischof Gohl am 21. April gepredigt hat. Hier finden Sie die Predigt zu einem Vers aus Psalm 18: „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen“.
Frische Ideen fürs Gemeindeleben: Unter dem Motto „#gemeindebegeistert – Kirche lebt, wo dein Herz schlägt“ veranstaltet die Landeskirche am 4. Mai einen großen Innovationstag. In Projektpräsentationen und Workshops gibt’s Austausch und Tipps. Jetzt anmelden
Was ist Künstliche Intelligenz und was ist damit anzufangen? Eignet sich KI auch für die Gemeindearbeit und wo konkret kann sie dort zielgerichtet angewendet werden? Mit diesen Fragen befasst sich am 16. Mai ein Online-Seminar des Evangelischen Medienhauses.
Frontalunterricht gibt es kaum noch im Konfi-Unterricht, sagt Prof. Dr. Wolfgang Ilg von der Evangelischen Hochschule in Ludwigsburg im Interview. Die Konfi-Arbeit sei nach wie vor das Angebot mit der größten Reichweite in der Evangelischen Kirche.
Vom Kindergottesdienst zu einer Kirche für die ganze Familie: Lebendiger und spannender Gottesdienst mit neuen Herausforderungen. Wir haben Sabine Foth gefragt, wie sich die Kirche mit Kindern zu einer Familienkirche gewandelt hat und was ihr an der Arbeit besonders gefällt.
Tamara Röske hat viele Talente: Schauspielern, Modeln und Leichtathletik – trotz Handicap. Die 28-Jährige hat das Down-Syndrom. Wie bringt sie alles unter einen Hut? Darüber spricht sie zusammen mit ihrer Mutter Antje mit „Alpha & Omega“-Moderatorin Heidrun Lieb.
Mit einem Gottesdienst in der Klosterkirche Mariaberg bei Gammertingen hat am 13. April die ökumenische Woche für das Leben begonnen. Sie stellt unter dem Motto die Lebenswirklichkeiten Jugendlicher und junger Erwachsener mit Behinderungen in den Mittelpunkt.
In diesen Wochen stehen an vielen Schulen Abschlussprüfungen an - für Schülerinnen und Schüler eine stressige Zeit. Die Ev. Jugendkirche Stuttgart macht mit einem speziellen PrüfungsSegen Mut und stellt auch anderen Gemeinden Materialien zur Verfügung.
Hilfe in persönlichen Krisenmomenten bietet die KrisenKompass-App der Telefonseelsorge fürs Handy und Tablet. Sie bietet Unterstützung, um schnell wieder auf positive Gedanken zu kommen oder bei Bedarf rasch professionelle Hilfe finden zu können.
Vor 200 Jahren starb Beata Regina Hahn, die zweite Ehefrau des Mechanikerpfarrers Philipp Matthäus Hahn, Tochter von Johann Friedrich Flattich und Mutter der Schulgründerin Beate Paulus. Als Herausgeberin von Hahns Schriften prägte sie dessen Bild für viele Jahre.