| Landeskirche

„Mehr als eine Addition von Vorschriften“

Landesbischof July wirbt für einen starken Wertekonsens in Europa

Die Gesellschaft in Deutschland und Europa muss sich an gemeinsamen Werten orientieren, wenn die Zukunft gelingen soll - dieser Auffassung waren die Teilnehmer einer Podiumsdiskussion am Freitagabend, 5. April, in Öhringen (Hohenlohekreis) zum Thema „Gesellschaft ohne Kirche? 100 Jahre nach der Weimarer Verfassung“. Die Weimarer Verfassung habe eine gute Grundlage dafür gelegt, denn sie habe den Weg für eine kooperative Partnerschaft von Staat und Religionsgemeinschaften geebnet, sagte der württembergische evangelische Landesbischof Frank Otfried July.

Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July hat Gäste aus aller Welt zur ersten ökumenischen Viste nach Württemberg eingeladen.EMH/Gottfried Stoppel

Die Kernthemen der Kirche seien Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Bewahrung der Schöpfung, Frieden und den Glauben an Jesus Christus weiterzugeben, sagte der Bischof. Innerhalb der evangelischen Kirchen seien bei der Umsetzung durchaus verschiedene Meinungen erlaubt. Eine Kirche, der es gelinge, in diesen Diskussionen trotz Unterschieden zusammenzubleiben, sich zu respektieren und miteinander zu reden, könne Vorbild für die Gesellschaft sein, hob July hervor. 

In Zukunft werde die Kirche weit mehr als bisher für Menschen aller Altersgruppen Angebote machen müssen „zum Nachdenken und Reden über Gott und die Welt, über 'das Leben und ich'“, so der Bischof. Aufgabe der Kirche sei zudem, Integration vor Ort zu unterstützen, Begegnungsräume zu schaffen und auch auf leitenden Ebenen das Gespräch zwischen den Religionsgemeinschaften zu pflegen, sagte er auf eine entsprechende Frage des Vorsitzenden der Deutsch-türkischen Gemeinde Öhringen, Menderes Selcuk. Im europäischen Kontext gehe es um gemeinsame Werte, um ein klares Nein zu Rassismus und Nationalismus und um Schutz vor Diktatoren. „Europa kann nicht eine Addition von Vorschriften sein, wenn es Zukunft haben will“, sagte July. 

Evelyne Gebhardt (SPD), Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, sagte, innerhalb Europas sollte das jeweilige nationale Verhältnis von Kirchen und Staat nicht vereinheitlicht werden. Die jeweiligen Modelle in Kultur und Tradition seien historisch gewachsen. Wichtig sei, die notwendigen gemeinsamen Grundsätze festzuschreiben: Gerechtigkeit, Achtung und Respekt. „Die Wertegemeinschaft Europa ist die bestmögliche Lösung“, sagte die deutsch-französische Politikerin. Sie erwarte, dass die Kirchen in den großen gesellschaftlichen Fragen ethische Maßstäbe benennen und Orientierung anbieten. Das sei in Bezug auf die Gentechnik geschehen und stehe jetzt beim Thema Künstliche Intelligenz an. „Die Kirchen sollten begleiten, orientieren, aber nicht festlegen wollen - Politik alleine schafft diese Diskussion nicht“, sagte sie.

Die Welt wird vor Ort konkret, vor Ort wird entschieden, wie Zusammenleben gelingt.

Landrat des Hohenlohekreises Matthias Neth

Ähnlich äußerte sich der Landrat des Hohenlohekreises, Matthias Neth. Der Jurist sagte, angesichts engerer Ressourcen müssten Kirche und Staat abstimmen, welche Hilfeleistungen sie jeweils anbieten können. Dabei sei die Kirche näher am Menschen. „Die Welt wird vor Ort konkret, vor Ort wird entschieden, wie Zusammenleben gelingt",sagte Neth. 

Er forderte außerdem, die Kirche müsse sich im gesellschaftlich-politischen Diskurs deutlicher als bisher Gehör verschaffen. „Sie ist bisher nicht durchschlagend prägend für den politischen Diskurs, doch Kirche kann das leisten“, sagte er. Zugegebenermaßen seien die Botschaften komplex und funktionierten nicht auf Facebook-Niveau. Aber mehrseitige Erklärungen reichten nicht - die Kirche müsse eine neue Art zu sprechen finden.

Professor Felix Hammer, Staatskirchenrechtler der Diözese Rottenburg-Stuttgart, nannte die in der Weimarer Verfassung gelegten Grundzüge des Verhältnisses von Staat und Kirche zukunftsfähig. Sie seien ein damals heftig kritisierter Kompromiss gewesen, doch „der Kompromiss ist die demokratische Tugend par excellence“, sagte er.

Quelle: Evangelischer Pressedienst (epd)

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