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Konfirmationspredigt: „Ihr seid nicht die letzte Generation“

Pfarrerin Sara Stäbler sieht in Konfirmandinnen und Konfirmanden Hoffnungsträger

Bild von Pfarrerin Sara Stäbler
Pfarrerin Sara StäblerStotz Kirchheim

Jugendliche stehen angesichts der Krisen unserer Zeit vor enormen Herausforderungen. Diese werden auch im Konfirmationsunterricht thematisiert, berichtet Sara Stäbler, Pfarrerin in der Evangelischen Kirchengemeinde Aich-Neuenhaus im Kirchenbezirk Nürtingen. Warum sie die Jugendlichen als Hoffnungsträger erlebt und was sie ihnen in ihrer Konfirmationspredigt in Bezug auf den Glauben und für die Zukunft zuspricht, kann hier im Volltext nachgelesen werden.

Predigt zur Konfirmation 2024 „Schutz und Schirm“ von Pfarrerin Sara Stäbler

Liebe Konfis,  
liebe Gemeinde,

wie geht es weiter? Was bleibt? Hinter uns liegt ein knappes Jahr, in dem wir gemeinsam auf dem Weg waren. Eine kurze Lebensetappe. Wir hatten Spaß, wir hatten tiefe Gespräche, es war lustig und wild, überraschend und schön. Ich durfte euch kennenlernen, und ich habe, wahrscheinlich mehr als ihr, Abschiedsgefühle. Ihr seid mir ans Herz gewachsen. Konfigruppen kann man wie Schulklassen in Schwierigkeitsgrade einteilen, man tut es unweigerlich als Lehrerin.  Aber ihr wart Level 1, anfängerfreundlich. Ihr Lieben, ihr seid feine Leute mit einem glänzenden Charakter - auch wenn ihr selbst diesen Glanz zeitweise nicht seht, vielleicht sogar verbergt. Ich hoffe, bei aller Action, die wir hatten, wurde das ganz klar:

Beim Glauben geht es um euch. Gott geht es um euch. Wer ihr seid, wer ihr sein könntet.

„Die Jugend ist unzufriedener denn je.“ „Trauerstimmung“. „Auswegslosigkeit, Lethargie, Hoffnungslosigkeit“ - So war in den vergangenen Tagen in den Zeitungen und auf Social Media viel zu lesen. Was war passiert? Die neue Trendstudie „Jugend in Deutschland 2024“ wurde veröffentlicht. Eine repräsentative Studie zur Stimmung der 14- bis 29-Jährigen im Land. Deprimierend. Die Gründe dürften bekannt sein. Wir reden ja alle ständig darüber. 

Ich halte diese Diagnose nicht für überraschend. Aber sie ist gefährlich, gefährlich für euch vor allem, liebe Konfis. Wir sollten aufpassen, dass solche Diagnosen und die Atmosphären, die sie erzeugen, nicht unser Denken bestimmen. Sie bieten nämlich keine Lösung an, sie klären nicht auf, sie legen sich wie eine weitere graue Schicht aufs Gemüt und drücken die Stimmung. Sie sind Teil des Problems. 

Vor 2600 Jahren gab es jemanden mit dem Namen Jeremia, der einen Brief schrieb, einen Brief an seine deportierten Landsleute, die tausende Kilometer verschleppt worden waren. Sie hielten sich für die letzte Generation. Dieser Jeremia überbringt den Menschen in Babylon eine Nachricht von Gott, er schreibt: „Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der HERR: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung.“ (29,11)

Und auch der Beter aus Psalm 91 ruft uns zu: 1 Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt, 2 der spricht zu dem HERRN: / Meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott, auf den ich hoffe. 3 Denn er errettet dich vom Strick des Jägers und von der verderblichen Pest. 4 Er wird dich mit seinen Fittichen decken, / und Zuflucht wirst du haben unter seinen Flügeln. Seine Wahrheit ist Schirm und Schild, 5 dass du nicht erschrecken musst vor dem Grauen der Nacht, vor dem Pfeil, der des Tages fliegt.

Schirm Gottes. Was ist damit gemeint? Schirme in unserem Sinne mit Plane und Kielen und Stiel gab es damals noch nicht. Man darf eher an den Schattenwurf der Schwingen eines Adlers oder Geiers denken, der einen vor der sengenden Sonne beschirmt und vor dem Platzregen in der Wüste schützt. Was für ein starkes Bild, denke ich immer wieder. Gott als etwas Geflügeltes über uns, das die Übersicht hat und um uns kämpft, wenn Gefahr droht.

Liebe Leute, ihr seid Hoffnungsträger, ihr seid Beschirmte, Behütete, und sollt Beschirmende und Behütende werden. Ihr seid nicht die letzte Generation. Ja, es gibt Probleme, aber wir haben keinen Grund, darauf zu starren wie ein Hase auf die Schlange. Nur wer Mut hat, kann die Welt verändern. Angst, Wut, Empörung und Aggression mögen eine Revolution hervorrufen, aber keine lebenswerte Zukunft.

Wir Christinnen und Christen haben eine Hoffnung - mit guten Gründen.

Ihr selbst habt eine begründete Hoffnung für euer eigenes Leben, so undeutlich ihr jetzt die Zukunft sehen mögt: Wie ihr die Schule abschließen werdet, was ihr danach machen werdet, wen ihr lieben wollt, wie andere euch sehen sollen, ob Freundschaften bestehen, ob euer Körper okay ist, ob ihr schön seid.

Die Basistexte unserer, eurer Hoffnung habt ihr uns eben vorgetragen, zumindest ein paar davon. In vielen Bibeltexten, so auch in Psalm 23, ist immer wieder vom Weg, vom Lebensweg, die Rede. Gott ist ein Gottes des Weges. Gott entspannt sich nicht auf einer Wolke und sieht euch beim Strampeln zu. Nein, er ist als Schöpfer ein Wegbereiter in auswegloser Lage und in Jesus Christus ein Wegbegleiter, ob ihr allein geht, oder zusammen keine Ahnung habt, wohin.

Ihr steht vor - oder vielleicht schon mittendrin - in dem, was man Pubertät nennt und eure Eltern in den Wahnsinn treibt. Heute denken sicherlich viele an die Geburt, die Kleinkindphase nach, in der sie ihre Kinder noch mehr behüten konnten, bei sich hatten. – Nun werden sie flügge.

Das Gehirn wird neu verdrahtet. Manchmal herrscht nicht nur im Zimmer Chaos, sondern auch im Oberstübchen. Jeder will was von euch, und ihr wollt manchmal vielleicht alles und nichts oder einfach nur eure Ruhe. Da fällt es oft nicht leicht, einen Weg zu sehen. Wer wollt ihr sein, wohin geht euer Weg? Viele, sehr viele Stimmen weisen euch die Richtung, und jede weiß es besser als die andere. Geh hierhin, geh dorthin, tu dies, sei das! Überall stehen Wegweiser. Ihr seid umgeben von Stimmen, die euch drängen, verführen, verlocken, euch Abkürzungen zu Erfolg und Ansehen versprechen; solchen, die euch ausnutzen, sogar missbrauchen, eure Zeit stehlen. Es kommt in diesem Hänsel-und-Gretel-Wald, den man Pubertät, Adoleszenz, oder einfach Leben nennt, darauf an, dass ihr nicht den Hexen und Reiseverführern in ihr Lebkuchenhäuschen hinterherlauft.

Ich wünsche mir, dass ihr, wenn ihr euch verloren oder verlaufen habt und den Weg nicht seht, ja, nicht nur dann, aber besonders dann, dass ihr euch erinnert an den Wortschatz der Bibel. Dieses Proviant, das ihr auch während der Konfizeit angesammelt habt.

Warum sollte der Wortschatz der Bibel euch eine Wegzehrung sein? Erstens glaube ich, dass die Bibel euch einen langen Atem verleiht. Die Gedanken, die ihr darin findet und die Geschichten sind uralt und doch immer gültig. Und es sind viele: Unzählig viele haben an dieser Bibel geschrieben und weitergeschrieben und mitgedacht. Es ist die Weisheit vieler Generationen und Völker. Von Glücksrittern und Pechvögeln. Und sie alle vereint, dass sie ihren Lebensweg im Licht Gottes gegangen sind.

Und zweitens begegnet ihr in dieser Bibel jemandem, der von sich selbst sagt, *er* sei der Weg. Das klingt erstmal komisch, verwirrend. Aber darin liegt eine tiefe Wahrheit. Denn das bedeutet auch, dass es keinen vorgezeichneten christlichen Lebensweg gibt. Der Weg entsteht erst in der Beziehung. Es gibt kein Richtig oder Falsch, wenn man sich mit diesem Jesus in ein inneres Gespräch begibt. Und damit auf einen Weg, der euch trägt, wohin ihr euch niemals getraut hättet zu gehen. Und in der Begegnung mit diesem Jesus, der euer Gepäck trägt - er gibt euch nicht die Richtung vor, aber er geht mit.

Ich wünsche euch mehr als alles andere, dass ihr euch immer wieder auf dieses Gespräch mit der Bibel einlasst. Sie ist keine Anleitung für das richtige Leben. Aber sie ist ein Lebensbuch und eine Landkarte der Zukunft. Es gibt ein schönes Lied im Gesangbuch von Klaus-Peter Hertsch, in dem es in einer Strophe von Gott heißt, „die Zukunft ist sein Land“. Habt Mut, habt keine Angst und habt vor allem auch eine Menge Spaß bei dem, was ihr tut. Lasst euch nicht unterkriegen, kleinreden, euch ausreden, was euch liebt und das Liebste ist.

Ihr werdet Zeiten haben, da seht ihr nichts und hört nichts, spürt nichts. Und es erscheint völlig unglaublich, an einen Gott, an Jesus zu glauben. Aber ihr werdet auch Zeiten haben, da blickt ihr zurück und dann dämmert es euch wie den Emmausjüngern, dass ihr nicht allein wart.

Friede sei mit euch.


Zur Person:
Sara Stäbler ist Pfarrerin in der Evangelischen Kirchengemeinde Aich-Neuenhaus im Kirchenbezirk Nürtingen und berichtet in den sozialen Netzwerken TikTok und Instagram unter dem Namen @sara3klang über ihre Arbeit und ihren Glauben.

Die Konfirmation:
Die meisten Kirchengemeinden feiern ihre Konfirmationsgottesdienste in der erweiterten Osterzeit bis zum Pfingstfest. Die Konfirmation (wörtlich: Befestigung, Bestätigung) ermöglicht es den Heranwachsenden nach einer Zeit der Hinführung und des Unterrichts, ihr persönliches „Ja“ zur Taufe und damit auch zum christlichen Bekenntnis zu finden, das zuvor für sie stellvertretend Eltern und Paten gegeben haben.  


Hinweis für Kirchengemeinden

Kirchengemeinden sind herzlich eingeladen, Texte wie diesen von www.elk-wue.de in ihren eigenen Publikationen zu verwenden, zum Beispiel in Gemeindebriefen. Sollten Sie dabei auch die zugehörigen Bilder nutzen wollen, bitten wir Sie, per Mail an kontakt@elk-wue.de nachzufragen, ob die Nutzungsrechte für den jeweiligen Zweck vorliegen. Gerne können Sie alle Bilder nutzen, die Sie im Pressebereich unserer Webseite finden.


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Grafik: elk-wue.de

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