Sechs Haupt- und Ehrenamtliche erklären, was ihnen der Reformationstag bedeutet
Der Reformationstag am 31. Oktober erinnert uns jedes Jahr an den Reformprozess, aus dem die evangelischen Kirchen hervorgegangen sind. Auch heute steckt die Kirche wieder in einem wichtigen Veränderungsprozess. Sechs Menschen aus der Landeskirche erzählen, was der Reformationstag für sie bedeutet – und teilen ihre ganz persönlichen Reformations-Thesen im Blick auf Kirche heute und morgen.
Sarah Schindler, Pfarrerin für den digitalen Raum
Sarah Schindler hat eine halbe Pfarrstelle für den digitalen Raum inne.privat
Der Reformationstag bedeutet für mich...
Die größte Errungenschaft der Reformation liegt für mich in Luthers Entdeckung eines neuen Gottesbildes: Gott begegnet mir mit offenen Armen, bedingungslose Gnade und Liebe stehen über meinem Leben.
Darin liegt die frohe Botschaft des Evangeliums, die von uns ausstrahlen darf – auf allen Kanälen!
„Meine These: Kirche verkündigt die frohe Botschaft des Evangeliums in Wort und Tat. Kirche ist verlässliche Ansprechpartnerin in allen Belangen des Lebens. Mit analogen Angeboten vor Ort und flexiblen digitalen Formaten kann sie Menschen beständig oder punktuell begleiten – so wie sie es in ihrer Lebenssituation brauchen.“
Kirchenrat Klaus Rieth, Leiter des Referats für Mission, Ökumene und Kirchlichen Entwicklungsdienst im Oberkirchenrat
Klaus Rieth leitet das Referat für Mission, Ökumene und Kirchlichen Entwicklungsdienst.EMH/Gottfried Stoppel
Der Reformationstag bedeutet für mich ...
Wenn ich an den Reformationstag denke, dann fällt mir das Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“ von Martin Luther ein. Bei Besuchen in Minderheitskirchen weltweit, vor allem in Osteuropa, wird dieses Lied gern gesungen und gehört zur sonntäglichen Liturgie. Und wenn die Verse dann aus vollem Herzen gesungen werden, dann wird verständlich, wie wichtig dieses Lied für evangelische Christen ist, die in einem Umfeld leben, wo die evangelische Kirche oft nicht wertgeschätzt, manchmal sogar bedrängt und vielerorts überhaupt nicht wahrgenommen wird. Reformationstag bedeutet für mich persönlich aber auch, an die Freiheit eines Christenmenschen erinnert zu werden. Eine Freiheit von allen Zwängen. Frei zu sein, um meine eigene Meinung zu sagen. Frei zu sein, um meinen Glauben leben zu können.
„Meine These: Wenn die Kirche bei ihrer Sache bleibt, wenn das Evangelium gepredigt und die Sakramente verwaltet werden, dann muss einem nicht bange sein um die Zukunft der Kirche. Und wenn wir dabei versagen, wird unsere Kirche gleichwohl von Jesus Christus erhalten, nicht von uns. Wenn Kirche nicht um ihrer selbst willen da ist, sondern für die Armen und Bedürftigen, dann muss man sich keine Sorgen um die Zukunft machen.“
Mechthild Grau, Ehrenamtliche in der Vesperkirche der evangelischen Kirchengemeinde Sigmaringen
Mechthild Grau ist Ehrenamtliche bei der Vesperkirche der evangelischen Kirchengemeinde in Sigmaringen.privat
Der Reformationstag bedeutet für mich ...
Der Reformationstag bedeutet für mich, mich daran zu erinnern und mir immer wieder neu bewusst zu machen, welchen Mut Martin Luther aufbringen musste, um seine 95 Thesen an die Kirche zu nageln. Daraus folgt für mich der Ansporn, selbst mutig zu sein und die Freiheit, die mir geschenkt ist, wahrzunehmen und einzusetzen für unsere Kirche und für die, die um mich sind – nicht auszugrenzen und auch die Menschen im Blick zu haben, die nicht in die gewohnten Strukturen passen. Und dies in dem Wissen, dass es Jesus Christus ist, der uns diese Freiheit schenkt und uns den Rücken stärkt.
„Meine These: Die Kirche wird immer mehr durch ihr diakonisches und karitatives Handeln wahrgenommen. Sie beteiligt sich etwa an der Seenotrettung für Geflüchtete, bietet Vesperkirchen an und unterhält noch mehr diakonische und karitative Einrichtungen und Dienste. Sie muss ihre Stimme im gesellschaftlichen und politischen Leben erheben. Die Kirche wird schrumpfen und mit den herkömmlichen Gottesdiensten immer weniger Menschen erreichen. Sie wird trotzdem weiter bestehen und leben und vielleicht sogar ihre Leuchtkraft verstärken, wenn es ihr gelingt, die Liebe Gottes in der Seelsorge, in den Gottesdiensten und im aktiven Handeln glaubwürdig weiterzugeben.“
Ralf Albrecht, Prälat von Heilbronn
Ralf Albrecht ist Prälat von Heilbronn.privat
Der Reformationstag bedeutet für mich ...
Allein Christus, allein die Schrift, allein die Gnade, allein der Glaube: Exklusives wird uns hier angeboten, Alleinstellungsmerkmale kreiert. Was ist wertvoll, wenn nicht das, was es nur einmal, allein gibt? Das Copyright auf diese Alleinstellungsmerkmale hat aber nicht der Reformationstag. Das alles macht den Glauben der Christen insgesamt aus, zieht sich als rote Linie durch die biblischen Schriften.
„Meine These: Kirche in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft braucht zum einen einen festen Grund: das Evangelium von Jesus Christus. Und zum zweiten wird die Kirche in Zukunft vielleicht kleiner, hoffentlich ökumenischer, flexibler und geistesgegenwärtiger. Und zum dritten wird Kirche sicher weiter getragen von der Zusage Gottes.“
Matome Sadiki, Vertretungspfarrer in der Gartenstadt-Kirchengemeinde Stuttgart-Untertürkheim
Matome Sadiki ist derzeit Pfarrer in der Gartenstadt-Kirchengemeinde in Stuttgart-Untertürkheim.Johannes Luck
Der Reformationstag bedeutet für mich ...
Der Reformationstag erinnert mich an das bekannte Cranach-Bild in der Stadtkirche in Wittenberg: Zu sehen ist, wie Martin Luther als Prediger mit dem Finger auf den gekreuzigten Jesus Christus mitten in der Kirche zeigt. Es ist eine Erinnerung daran, dass er es ist, der in der Mitte des Glaubens stehen und bleiben sollte. Und trotzdem ist es wichtig, neue Plattformen nicht zu scheuen und sich zu erneuern. Es braucht Reflexion und Mut, sich konstant zu fragen: Was steht in der Mitte und wie verkündige ich es? Das Bild erinnert mich daran, dass ohne Lucas Cranach und Gutenberg die Reformation nicht möglich gewesen wäre. Es hat Mut gebraucht, neue Medien zu nutzen und die Sprache zu verwenden, die die Menschen sprechen. Es braucht Mut, Neues auszuprobieren, aber das Zentrale nicht zu verlieren. Meiner Meinung nach ist es die Hauptaufgabe der Kirche, die Liebe Gottes zu den Menschen und unseren Mitgeschöpfen in modernen Worten auszudrücken.
„Meine These: Ich wünsche mir eine Kirche, die sich nicht scheut, ihre Überzeugung in den neuen Medien zu verkündigen. Es braucht ein 'Zurück in die Zukunft', bei der wir unsere Quellen nicht aufgeben, aber online und analog auf die menschgewordene Liebe Gottes hinweisen. Wir brauchen Mut, Neues auszuprobieren, aber das Zentrale nicht aus den Augen zu verlieren.“
Nicole Diez, Bezirksjugendreferentin beim Evangelischen Jugendwerk Nagold
Nicole Diez ist Bezirksjugendreferentin beim Evangelischen Jugendwerk Nagold.privat
Der Reformationstag bedeutet für mich…
Der Reformationstag ist jedes Jahr aufs Neue eine gute Erinnerung daran, dass Veränderung und Erneuerung möglich ist – auch in der Kirche. Es reicht aber nicht, wenn wir bei der bloßen Erinnerung stehen bleiben. Ich wünsche mir, dass wir den Reformationstag als Anlass nehmen, über unser „Sein“ als Kirche nachzudenken und uns zu fragen, wo wir alte Wege überdenken müssen. Und das am besten immer mit der Frage im Hinterkopf: Wie kommen wir näher an die Menschen? Wie schaffen wir es wieder, im Leben der Menschen als Kirche – oder besser – als Christenmenschen präsent zu sein. Nahbar und „fragbar“. Wir sollten wissen, was die Menschen umtreibt, damit wir Gottes Botschaft verständlich herüberbringen können.
„Meine These: Die Kirche der Zukunft wartet nicht darauf, dass die Menschen zu ihr kommen, sondern ist da präsent, wo die Menschen sind. Sie versucht nicht, sich anzupassen, sondern setzt eigene Akzente. Sie vertraut darauf, dass Gott seine Kirche weiterbaut, und ist nicht traurig, wenn Altes Neuem weicht.“
In seinem Grußwort zur dreitägigen Tagung „Antisemitismus heute“ vom 24. bis 26. September im Seminarhaus Schönblick in Schwäbisch Gmünd hat Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl Antisemitismus scharf verurteilt. Hier finden sie den vollständigen Text des Grußworts.
Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl und Weihbischof Thomas Maria Renz (Diözese Rottenburg-Stuttgart) haben im Gottesdienst aus Anlass des 20-jährigen Bestehens des Leonberger Seehauses gemeinsam gepredigt und dessen Arbeit mit jungen Straftätern gewürdigt.
Prof. Dr. Gerhard Hennig feiert am 25. September seinen 85. Geburtstag. Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl sagt über den früheren Oberkirchenrat, er habe vielen Pfarrerinnen und Pfarrern den Blick für den württembergischen Gottesdienst mit all seinen Chancen geöffnet.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Landesbischöfin Dr. Heike Springhart (Baden) und der Journalist Michel Abdollahi haben bei einer Veranstaltung im Stuttgarter Hospitalhof über die gesellschaftliche Bedeutung von Religion und Religionsunterricht diskutiert.
Die landeskirchliche Sprachförderung für Kinder nach dem Denkendorfer Modell feiert 50jähriges Bestehen. Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl würdigt die Bedeutung dieser Arbeit und Eva Fieweger (ptz) erklärt im Interview, wie das Denkendorfer Modell funktioniert.
Angesichts der schweren Konflikte in der Region Berg-Karabach hat Kirchenrätin Dr. Christine Keim ein Friedensgebet verfasst. Die christlichen Kirchen in Deutschland haben zudem gemeinsam eine Stellungnahme veröffentlicht, die Sie ebenfalls hier finden.
Karin Pöhler ist neue württembergische Landesfrauenpfarrerin. Sie möchte „das Engagement und die Kompetenzen von Frauen in unserer Kirche sichtbar machen und stärken und Räume für Frauen öffnen, in denen sie ihre eigene Spiritualität ausprobieren und finden können.“
„Beeindruckt von der Vielfalt der lutherischen Kirchen“ und das Erleben, „wie der Geist Gottes uns Kraft und Hoffnung gibt“ – diese und mehr Eindrücke der württembergischen Delegierten von der Vollversammlung des Lutherischen Weltbunds (LWB) finden Sie hier.
In ihrem Wort zur Interkulturellen Woche 2023 (24. September bis 1. Oktober) setzen sich die württembergische Landeskirche und das Diakonische Werk Württemberg dafür ein, dass alle Menschen Räume haben, in denen sie ein Leben in Würde führen können.
Das EJW, der CVJM Baden und die Missionarischen Dienste der badischen Landeskirche laden am 23. September Gründerinnen und Gründer nach Stuttgart ein. Damit sind Menschen gemeint, die Ideen für kirchliche Start-Ups und neue Gemeindeformen entwickeln.
Digitale und analoge Gemeindearbeit optimal verknüpfen – das ist das Ziel eines neuen Social-Media-Konzeptes für Kirchengemeinden der Landeskirche. Für die zweijährige Förderung können sich Kirchengemeinden jetzt bewerben. Nico Friederich erklärt das Konzept
Vikarin Charlotte Horn ist in den Rat des Lutherischen Weltbundes gewählt worden. „Der Lutherische Weltbund setzt sich für eine gerechtere, friedliche und versöhnte Welt ein. Daher ist es eine große Ehre für mich, in den Rat des LWB gewählt worden zu sein“, so Horn.