| Kirchenjahr

Der Vorschein von Ostern mitten im Leid

Ein geistlicher Impuls zum Sonntag Laetare

Wer andere in ihrer Not nicht abweist, sondern mit offenen Augen und Händen hilft, kann auch mitten schwerer Zeit Hoffnung finden und Jesus spüren, meint Pfarrer Malte Jericke in seinem Impuls zum 4. Sonntag der Passionszeit.

Wer anderen die helfende Hand reicht, kommt Jesus näher.Pixabay / James Chan

 „Leider können wir keinen Patienten mehr aufnehmen.“

„Wir müssen die Außengrenzen der EU schützen. Menschen sollen erst gar nicht nach Europa flüchten.“

„Es tut mir leid, ich kann mir keine Beziehung mit dir vorstellen.“

Drei Beispiele, bei denen Menschen erleben, dass sie abgewiesen werden. Es sind zumeist bittere Erfahrungen: Wenn ich mich verliebt habe, aber diese Liebe nicht erwidert wird. Da platzen Lebensträume. Wenn ich mich auf den Weg nach Europa gemacht habe und nun in einem Lager vor mich hin vegetiere. Da gibt es kaum einen Weg raus. In der Pandemie hat das Wort „Triage“ einen Weg in unseren geläufigen Wortschatz gefunden. Krankenhäuser haben eben auch nur bestimmte Kapazitäten. Wenn diese voll sind, müssen Menschen abgewiesen werden. Wer schlechte Überlebenschancen hat, kommt nicht mehr rein. Diese Nachricht muss für Entscheider, für Adressatin und Absender, für alle Beteiligten schrecklich sein.

Wer abgewiesen wird, steckt oft in einer ausweglosen Situation. Wer abgewiesen wird, weiß oft nicht weiter. Da hilft manchmal nur noch beten. Sich an Gott, an Jesus Christus wenden, das geht immer. Das kann die Not vielleicht wenigstens lindern. Da wird keiner abgewiesen. Das stimmt leider nicht ganz.

Das Johannes-Evangelium erzählt die Geschichte zweier Griechen. Sie sind nach Jerusalem gekommen, um Jesus kurz vor seinem Tod noch zu sehen. Sie wenden sich mit ihrem Wunsch an die Jünger Philippus und Andreas: „Wir wollen Jesus sehen.“ Die Jünger werden bei Jesus vorstellig, um ihm von der Bitte der zwei Griechen zu berichten. Jesus antwortet:

„Die Stunde ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht werde. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.“ (Joh 12, 23f, Lutherbibel)

Eine kryptische Antwort. Aber zwischen den Zeilen wird deutlich: Jesus gibt es für die Griechen nicht zu sehen. Kein Termin frei. Von Jesus werden sie abgewiesen. Eine große Enttäuschung muss das für die Griechen sein, egal ob sie jetzt in Not waren oder nicht.

Aber das Ganze hat einen guten Grund. Die Szene geschieht kurz vor der Kreuzigung Jesu. Er weiß, er wird sterben. Menschen können sich in Zukunft nicht mehr direkt persönlich an ihn wenden. Andere müssen das nun übernehmen. Jesus benötigt Vermittler, die weiterhelfen, die seine Botschaft weitertragen und sich um andere kümmern. Das fängt bei Andreas und Philippus an und reicht bis zu uns in die Gegenwart. Und die Jünger helfen den Griechen ja. Sie kümmern sich um ihr Anliegen, versuchen weiterzuhelfen. Sie sagen nicht: Geht uns nichts an, sucht ihn doch selber.

Jemand, der abgewiesen wird, erlebt, dass er auf jemanden angewiesen ist, der ihm aber nicht weiterhilft oder weiterhelfen kann. Wer also nicht abweisend sein will, der muss sich um die Sorgen, Anliegen und Probleme seiner Mitmenschen kümmern. Die Griechen erleben das. Ihnen wird geholfen. Klar: Sie kommen nicht ganz zum Ziel. Aber ich denke, sie waren doch froh und dankbar, dass man ihr Anliegen weiterverfolgt hat.

Der Sonntag Laetare wird auch Freudensonntag genannt. Er liegt mitten in der Passionszeit, schon ein Ausblick auf Ostern. Das heißt: Auch im Leid, in ausweglosen Situationen sollen wir Hoffnung suchen und verbreiten.

Das heißt für mich, Menschen nicht abzuweisen. Mir ihre Anliegen zu eigen zu machen. Zu sagen: Ich tu, was ich kann, um dir zu helfen. Das heißt für mich zum Beispiel, Wege aus Flüchtlingslagern nicht zu verbarrikadieren, und mich so zu verhalten, dass möglichst wenig Menschen erst gar nicht ins Krankenhaus müssen.

Man wird sicher nicht immer ganz zum Ziel gelangen. Man wird nicht alle Not verhindern können, nicht jedes Anliegen zu 100 Prozent erfüllen können. Aber wenn andere auf dem Weg zum Ziel oder in der Not unterstützt werden, dann sehe ich Freude, auch im Leid. Dann sehe ich etwas von Jesus.

Malte Jericke   

Unter Verwendung von: Welke-Holtmann, Sigrun (Hg.): Gottesdienstpraxis. III. Perikopenreihe. Band 2: Sexagesimae bis Jubilate, Gütersloh 2021.


Mehr News

  • Datum: 19.04.2024

    „Konfirmanden ist Glaube wichtiger als Geschenke“

    Frontalunterricht gibt es kaum noch im Konfi-Unterricht, sagt Prof. Dr. Wolfgang Ilg von der Evangelischen Hochschule in Ludwigsburg im Interview. Die Konfi-Arbeit sei nach wie vor das Angebot mit der größten Reichweite in der Evangelischen Kirche.

    Mehr erfahren
  • Datum: 18.04.2024

    „Kirche mit Kindern“ ist einfach lebendig

    Vom Kindergottesdienst zu einer Kirche für die ganze Familie: Lebendiger und spannender Gottesdienst mit neuen Herausforderungen. Wir haben Sabine Foth gefragt, wie sich die Kirche mit Kindern zu einer Familienkirche gewandelt hat und was ihr an der Arbeit besonders gefällt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 18.04.2024

    Video: Multitalent mit Down-Syndrom

    Tamara Röske hat viele Talente: Schauspielern, Modeln und Leichtathletik – trotz Handicap. Die 28-Jährige hat das Down-Syndrom. Wie bringt sie alles unter einen Hut? Darüber spricht sie zusammen mit ihrer Mutter Antje mit „Alpha & Omega“-Moderatorin Heidrun Lieb.

    Mehr erfahren
  • Datum: 17.04.2024

    „Der Segen Gottes gilt uns allen“

    Mit einem Gottesdienst in der Klosterkirche Mariaberg bei Gammertingen hat am 13. April die ökumenische Woche für das Leben begonnen. Sie stellt unter dem Motto die Lebenswirklichkeiten Jugendlicher und junger Erwachsener mit Behinderungen in den Mittelpunkt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.04.2024

    Innovationstag: Jetzt anmelden!

    Frische Ideen fürs Gemeindeleben: Unter dem Motto „#gemeindebegeistert – Kirche lebt, wo dein Herz schlägt“ veranstaltet die Landeskirche am 4. Mai einen großen Innovationstag. In Projektpräsentationen und Workshops gibt’s Austausch und Tipps. Jetzt anmelden

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.04.2024

    Segen, Mut & Traubenzucker

    In diesen Wochen stehen an vielen Schulen Abschlussprüfungen an - für Schülerinnen und Schüler eine stressige Zeit. Die Ev. Jugendkirche Stuttgart macht mit einem speziellen PrüfungsSegen Mut und stellt auch anderen Gemeinden Materialien zur Verfügung.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.04.2024

    Digitaler Notfallkoffer für die Seele

    Hilfe in persönlichen Krisenmomenten bietet die KrisenKompass-App der Telefonseelsorge fürs Handy und Tablet. Sie bietet Unterstützung, um schnell wieder auf positive Gedanken zu kommen oder bei Bedarf rasch professionelle Hilfe finden zu können.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.04.2024

    Zum 200. Todestag von Beata Regina Hahn

    Vor 200 Jahren starb Beata Regina Hahn, die zweite Ehefrau des Mechanikerpfarrers Philipp Matthäus Hahn, Tochter von Johann Friedrich Flattich und Mutter der Schulgründerin Beate Paulus. Als Herausgeberin von Hahns Schriften prägte sie dessen Bild für viele Jahre.

    Mehr erfahren
  • Datum: 15.04.2024

    „Wir beten, dass die zerstörende Gewalt ein Ende nimmt“

    Die Landeskirchen in Württemberg und Baden haben den Jüdinnen und Juden im Land Grüße zum Pessach-Fest übersandt. Darin nehmen Landesbischof Gohl und Landesbischöfin Springhart Bezug auf den Angriff der Hamas wie auch auf den Raketenangriff des Iran auf Israel.

    Mehr erfahren
  • Datum: 15.04.2024

    Hoffnung wird durch Menschen vermittelt

    Bei einer religionspolitischen Tagung der SPD-Bundestagsfraktion am 12. April in Berlin unter dem Titel „Mehr Zuversicht! Mit Hoffnung die Zeiten wenden“ betonte Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl, wer die Verwurzelung in Jesus Christus spüre, werde für andere zur Hoffnung.

    Mehr erfahren
  • Datum: 13.04.2024

    Landesbischof Gohl: "Wir stehen an der Seite Israels"

    "Der Angriff des Iran bedroht die Existenz Israels. Wir müssen daran erinnern, dass alles mit dem Pogrom der Hamas an Israel begann." Gohl weist weiterhin auf die israelischen Geiseln in der Gewalt der Hamas hin.

    Mehr erfahren
  • Datum: 12.04.2024

    Klassik und Pop Hand in Hand

    Die Evangelische Hochschule für Kirchenmusik in Tübingen hat schon früh einen Studiengang für populare Kirchenmusik eingerichtet und war damit in der EKD Vorreiter. Prof. Thomas J. Mandl und Prof. Patrick Bebelaar erklären, was das Besondere an der HKM ist.

    Mehr erfahren
Mehr laden