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„Mir fällt gar nicht mehr auf, was mir fehlt“

#hoffnungsvoll, Folge 1: Jacob Rohde, 18, über das Leben unter Corona-Bedingungen

Jacob Rohde, 18, ist Schüler am Evangelischen Seminar Maulbronn. Er besucht die Jahrgangsstufe 1, die elfte Klasse. Wir haben ihn gefragt, was in seinem Alltag seit dem Beginn der Corona-Pandemie anders ist, was er vermisst und worauf er sich freut.

Jacob Rohde ist 18 Jahre alt und Schüler am Evangelischen Seminar Maulbronn.privat

Wie läuft dein Alltag ab: Was ist anders?

Mein Alltag ist gerade nicht so viel anders als sonst, weil wir am Evangelischen Seminar eine häusliche Gemeinschaft sind, also so etwas wie ein Haushalt. Blöd ist, dass es manchmal Klassentrennungen gibt, wenn es einen Corona-Fall gibt. Dann müssen wir zu den anderen Jahrgängen Abstand halten, obwohl bei uns viele Freundschaften klassenübergreifend sind.

Während der schlimmen Lockdownphase, als die Schulen allgemein geschlossen waren, war auch das Seminar dicht und wir waren für drei oder vier Monate zu Hause. Ich fand es schön, bei meiner Familie zu sein, aber ich glaube, das war nicht für alle so, denn viele gehen hierher, um ein Stück weit unabhängig zu sein.

Vormittags hatten wir Onlineunterricht – das hat ganz gut geklappt und unsere Lehrerinnen und Lehrer waren sehr hilfsbereit. Es gab auch eine Kilometer-Challenge: Alle haben Kilometer für die Klasse gesammelt, egal wie, und für die Klasse, die die meisten Kilometer zurückgelegt hat, gab es ein kleines Preisgeld. Das hat sehr viel Spaß gemacht.

Das fehlt mir:

Ich lebe schon so lange in dieser Situation, dass mir gar nicht mehr auffällt, was mir fehlt. Früher bin ich gerne ins Kino gegangen. Es ist etwas anderes, als einen Film zu Hause anzuschauen. Ins Kino geht man, um diesen einen Film zu sehen. Ich weiß nicht, wann ich zum letzten Mal im Kino war – wahrscheinlich im vergangenen Sommer.

Wenn ich das Wort „Nähe“ höre, dann denke ich daran, dass …  

… dass man im Laden an einer Kasse steht und die Personen hinter einem keinen Abstand halten.

Das war ein Lichtblick:

In den letzten Sommerferien bin ich mit ein paar Freunden nach Dänemark gefahren. Wir waren mehr oder weniger unter uns, das war schön. Es ist für mich ein Lichtblick, auf den ich zurückschaue, wenn ich mich frage, ob die Pandemie bald vorüber ist. Und dann sage ich mir auch: Und wenn nicht, dann wird der nächste Sommer wieder schön.

Das habe ich gelernt:

Vielleicht habe ich unabhängiges Handeln gelernt oder wie man mit schwierigen Situationen umgeht. Ich musste mir viel Zeit alleine vertreiben. Im Internat konnte ich immer alles zusammen mit den anderen machen. Ich habe angefangen, regelmäßig Fahrrad zu fahren und spazieren zu gehen, was ich sonst nicht gemacht hätte. Und ich habe neue Hobbys gefunden, die ich beibehalten will: Zum Beispiel habe ich angefangen, regelmäßig Brot zu backen.  

Schöne Erinnerung an vor Corona:

Ich denke ab und zu an die ersten vier oder fünf Monate der neunten Klasse, als es noch kein Corona gab. Das ist so lange her. Inzwischen haben wir immer Corona im Kopf. Normalerweise machen wir in den Klassen 9 und 10 eine Klassenfahrt. Für uns ist beides weggefallen und dadurch fehlt uns ein großer Teil der Klassenbildung. Wir haben uns nur wenige Monate richtig gesehen und dann lange nicht mehr. Wir haben nur telefoniert oder uns in Videochats getroffen. Was das ausmacht, fällt mir auch bei den Klassen auf, die nach uns kamen. Die elfte und zwölfte Klasse fahren eigentlich immer zusammen nach Griechenland – das geht aufgrund von Corona nicht. Aber wahrscheinlich fahren wir als Ersatz nach Berlin. Ich freue mich sehr auf unsere erste Klassenfahrt!

Ich hoffe, dass …

… Corona bald vorbei ist. Es ist für jeden Menschen schwierig, egal, wie es eine einzelne Person betrifft. Außerdem hoffe ich, dass wir als Weltbevölkerung daraus lernen und zukünftig besser wissen, wie man weltweite Probleme kontrollieren oder in den Griff bekommen kann, auch auf den Klimawandel bezogen. Mir ist aufgefallen, dass während der Corona-Pandemie sehr viel zwischen Ländern, einzelnen Menschen und Organisationen zusammengearbeitet wurde. Ich habe den Eindruck, das ist beim Klimawandel oft nicht so. Es kommt mir so vor, als arbeitet dabei stärker jeder für sich allein. Ich wünsche mir, dass mehr zusammengearbeitet und übergreifend gehandelt wird.

Allen Schülerinnen und Schülern wünsche ich, dass niemand ein langjähriges Defizit durch Corona behält. Ich fände es sehr blöd, wenn eine Person nicht hinterherkommt, weil das sehr viele Möglichkeiten verbaut. Wenn jemand Grundlegendes nicht gelernt hat, kann das den Lebensweg beeinflussen.


Schon gewusst?

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