Am Smartphone oder am PC gemeinsam Abendmahl feiern? Was in der Coronapandemie begann, ist heute fast selbstverständlich geworden. Wie funktioniert das, und wie kann man dieses Erleben besonders gut gestalten? Pfarrerin Beate Ellenberger feiert innerhalb des digitalen Formats kirche@home Abendmahl und erzählt davon in unserem Interview.
In welchem Rahmen feiern Sie das digitale Abendmahl?
Pfarrerin Beate Ellenberger: Im Rahmen der kirche@home. Das ist ein digitaler und interaktiver Gottesdienst über Zoom, der vier bis sechs Mal im Jahr am Freitagabend stattfindet. Die Termine veröffentlichen wir unter anderem auf unserem Instagram-Account @kirche_at_home. Jeder Gottesdienst hat ein eigenes Thema: Am 18.7. 2025 um 19 Uhr geht es ums „Halten und Loslassen“.
Die Mesnerin läutet die Glocken wie sonst auch zu den Gottesdiensten. Bis um 19 Uhr trudeln alle ein, dann geht es los. Der Gottesdienst dauert rund eine Stunde. Danach ist Gelegenheit zum Gespräch, wir nennen es „ein letztes Glas im Stehen“. Long-Covid-Patientinnen und Heimbewohnerinnen nehmen bei uns auch vom Bett aus teil. Wir feiern vom Küchen- oder Schreibtisch aus, vom Sofa und draußen – wohin das Internet reicht. Unser Organist spielt am E-Piano in der Kirche.
Es ist sehr wichtig, dass die württembergische Landeskirche die Gottesdienstordnung um das digital gefeierte Abendmahl ergänzt hat. Teilnehmende bedanken sich bei uns für diese Möglichkeit, am Abendmahl teilzuhaben.
Wie läuft die Feier des Abendmahls ab?
Beate Ellenberger: In der kirche@home folgt das Abendmahl der Verkündigung, die im Storytelling-Format mit viel Musik geschieht. Wir halten Abendmahl miteinander mit der klassischen Liturgie - wie sonst auch: mit der Ansage zum Abendmahl, dem Abendmahlsgebet und der Beichte, der Einführung, den Einsetzungsworten, der Epiklese, den Spendeworten, der Friedensbitte und einem abschließenden Gebet.Wir leiten die Feier zu zweit und sprechen dabei im Wechsel. Wir machen vor und sprechen vor, was die anderen dann wiederholen.
Wenn ich mich für das Abendmahl vorbereite, dann sammle ich mich innerlich, denke über die vergangene Woche nach und an Menschen, die mir begegnet und die mir wichtig sind. Ich breite eine kleine Stoffdecke aus, hole eine Blume vom Garten, lege eine Wachskerze mit Streichhölzern und mein grünes Segensband bereit, verwende mein Lieblingsgeschirr für die Gaben: selbst gebackenes Brot und etwas Wein. Wenn ich wenig Vorbereitungszeit habe und die Brotkiste leer ist, aber noch ein Cracker oder eine Salzbrezel vorhanden, dann bin ich und sind wir vom Team gewiss, dass Gott sich nicht von uns abwendet, sondern uns immer seine Liebe zeigt.
Was geschieht dabei theologisch?
Beate Ellenberger: Beim Abendmahl, das wir digital feiern, geschieht theologisch dasselbe wie beim Abendmahl in Kirchengebäuden, auf Freizeiten, in Kirchräumen der Heime und beim Hausabendmahl: Neuausrichtung, Gemeinschaft, Stärkung, Vergewisserung und alle anderen Implikationen, die wir mit diesem Sakrament verbinden. Wir kommen vor Gott, so wie wir sind, und bitten um Gottes Geist. Jesus ist bei uns und verbindet uns in seinem Mahl miteinander. Er lädt uns alle ein an seinen Tisch: Schmecket und sehet, wie freundlich Gott ist. Wir dürfen bei allem systematisch-theologischen Ringen um Richtigkeiten die praktisch-theologischen Aspekte des Abendmahlssakraments nicht vernachlässigen. Denn Abendmahl bedeutet immer auch Seelsorge. Auf digitalem Wege erleben Christinnen und Christen bei diesem Abendmahl zudem Leibsorge, wenn sie physisch nicht zu einem der üblichen Gottesdienstorte kommen können. Wer Lebensmittel-Allergien hat, kann sich entsprechend versorgen, unbeschwert am Abendmahl teilnehmen und Gemeinschaft erleben.
Gibt es oder gab es dazu Fragen seitens der Teilnehmenden, vielleicht sogar Skepsis?
Beate Ellenberger: Das digitale Abendmahl hat uns gegenüber noch nie jemand kritisiert. Wir werden aber gefragt: „Wann ist wieder kirche@home, mit Abendmahl?“
Wie sind die Reaktionen allgemein?
Beate Ellenberger: Wir achten darauf, dass wir den Gottesdienst kurzweilig, interaktiv und für die Sinne gestalten. Das kommt gut an. Die Teilnehmenden sind interessiert und zugewandt. Sie äußern, dass sie sich gestärkt fühlen. Teilnehmende, die befreundet oder verwandt sind, aber voneinander entfernt leben, nutzen die kirche@home als Chance, hier miteinander Gottesdienst feiern und das Abendmahl teilen zu können. Wir wissen, dass ein Gottesdienst in der Form einer Videokonferenz am Freitagabend um 19 Uhr nicht für alle passt. Aber der Sonntagmorgengottesdienst um 10 Uhr und ein Wandergottesdienst um 14 Uhr passen auch nicht für alle.
Haben Sie Tipps, wie man die Erfahrung des digitalen Abendmahls besonders gut gestalten kann?
Beate Ellenberger: Wenn wir im hinteren Teil des Gottesdienstes Abendmahl feiern, haben wir schon einen gemeinsamen Weg hinter uns. Das und wie wir es gestalten, trägt sehr dazu bei, anzukommen und Gemeinschaft erleben zu können. Es geht auch im digitalen Raum darum, sich mental darauf einzulassen: die Freundlichkeit Gottes schmecken und teilen, die Gemeinschaft teilen, sich stärken lassen, sich selbst und anderen Zeit geben, besonders bei interaktiven Elementen. Das Abendmahl bei kirche@home ist ein Hausabendmahl im Gemeindegottesdienst: Die Gaben nehme ich da, wo ich bin, und in der Gottesdienstgemeinschaft zu mir. Im Unterschied zum Gottesdienst in der Kirche sehen wir die Gesichter besser. Ich kann auch teilnehmen, wenn ich die Kamera nicht öffnen möchte. Trotzdem lässt sich die Gemeinschaft erleben.
Schöne Worte für die Liturgie wählen wir sorgfältig aus und gestalten das Abendmahl mit Freude, Würde und Zugewandtheit. Die Mischung aus Modernem und Traditionellem trägt zum Gelingen bei, ebenso die Wiederkehr von Vertrautem. Wir orientieren uns an der landeskirchlichen Gottesdienstordnung zum digital gefeierten Abendmahl. Für die Teilnehmenden sind klare Anweisungen und das Vormachen hilfreich. Technisch gesehen ist ein gutes Mikrofon wichtig, und dass die Musik gut zu hören ist. Ein jugendlicher Techniker, der den Einlass regelt und Texte, Spendenlink sowie Bilder teilt, hilft uns sehr, uns auf die Inhalte und Menschen konzentrieren zu können. Wir sind ein gut eingespieltes Team aus Kirchengemeinderätin, Musiker, einem Techniker und internationalen Pfarrerinnen, ab und zu haben wir Gäste. Das trägt.
Wie sehen Sie das digitale Abendmahl im Zusammenhang mit anderen Formaten, Abendmahl zu feiern?
Beate Ellenberger: Digitale Gottesdienste mit Abendmahl sind nicht nur etwas ganz Besonderes und in ihrer Art schön. Ich wirke damit auch aktiv an meiner Zukunft mit. Denn wenn ich einmal nicht mehr in die Kirche gehen kann, habe ich so dennoch Zugang zu einem persönlichen und im Moment gefeierten Gottesdienst mit Abendmahlsgemeinschaft. Dabei kann ich die Lautstärke meinen Hörfähigkeiten entsprechend anpassen und meinem Sehsinn entsprechend vergrößern.
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Was es mit der Kirchensteuer auf sich hat, wie sie bemessen wird und welche positiven Effekte die Kirchen mit der Kirchensteuer an vielen Stellen des gesellschaftlichen Lebens erzielen, erfahren Sie auf www.kirchensteuer-wirkt.de.