01.08.2025

Gedenkgottesdienst für die Opfer des Zug-Unglücks im Landkreis Biberach

„Wir klagen Gott unser Leid und hören auf sein Wort“

In einem ökumenischen Gottesdienst im Münster Unserer Lieben Frau in Zwiefalten haben heute viele Menschen der Opfer des Zug-Unglücks gedacht, bei dem am 27. Juli im Landkreis Biberach drei Menschen starben und rund 36 Menschen teils schwer verletzt wurden. 

Drei Kerzen auf dem Altar standen im Gottesdienst für die drei Menschen, die bei dem Eisenbahnunglück ums Leben gekommen sind.

Den Gottesdienst feierten Bischof Dr. Klaus Krämer (Diözese Rottenburg-Stuttgart) und Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl (Ev. Landeskirche in Württemberg). Neben Angehörigen der Opfer und Vertretern der Rettungskräfte nahmen unter anderem Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder, der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann, Dr. Richard Lutz, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn AG, sowie Evelyn Palla, Vorstandsvorsitzende der DB Regio AG, teil. 

Bischof Dr. Klaus Krämer

V.l.n.r Bischof Dr. Klaus Krämer (Diözese Rottenburg-Stuttgart) und Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl (Ev. Landeskirche in Württemberg)

„Es ist ein wichtiges Zeichen der Verbundenheit mit den Trauernden, dass Sie heute gekommen sind“, sagte Bischof Dr. Klaus Krämer in seiner Begrüßung und fuhr fort: „Die Fassungslosigkeit über die Ereignisse verbindet uns über Konfessions- und Glaubensgrenzen hinweg, über Stadt- und Landkreisgrenzen hinweg und so suchen wir gemeinsam Trost und Unterstützung.“ 

Gott sei nicht fern, wenn Menschen verzweifeln. Schmerz wolle ausgehalten werden, er lasse sich nicht einfach wegwischen. Umso trostreicher sei es, „wenn wir hier und heute unseren Schmerz teilen und ihn gemeinsam vor Gott bringen, im Hören der Texte, im Singen der Lieder, im Beten der Gebete.“ 

Ministerpräsident Winfried Kretschmann

Ministerpräsident Winfried Kretschmann

Ministerpräsident Winfried Kretschmann sagte in seinem Grußwort, die Bilder des Unglücks hätten „uns alle fassungslos gemacht“. Am Ort des Geschehens habe er aber auch sehen können, „dass Unglaubliches an Hilfe geleistet worden“ sei. In kürzester Zeit seien hunderte Feuerwehrleute, Notärzte, Sanitäter und Polizisten vor Ort gewesen, hätten Notfallseelsorger und THW bereitgestanden und seien die Kliniken mobilisiert gewesen. Er dankte der ganzen Blaulichtfamilie „für den selbstlosen Einsatz, gerade auch der vielen Ehrenamtlichen“. 

Der Einsatz habe gezeigt, dass „unser Rettungssystem wirklich gut funktioniert, und genauso die staatlichen Institutionen und die Kommunen.“ Auch das benachbarte Dorf Zell-Bechingen habe mit angepackt. „Unsere Gesellschaft zeigt sich in solch einer Situation als Gemeinschaft des tätigen Miteinanders“, so Kretschmann. Das tröste aber nicht über das Leid hinweg. 

In solch einer Situation stehe man macht- und wehrlos da. Auch der Staat stoße da an seine Grenzen. Es sei gut, wenn man dann „Trost im Glauben findet oder in der Anteilnahme“. Das bleibe einem: „Mitgehen, mitfühlen, mittrauern“. Auch wenn es Aufgabe des Staates sei, seine Bürger zu schützen, könne er nicht jedes Unglück verhindern. Das sei schwer zu akzeptieren, „aber auch das müssen wir manchmal ertragen“, sagte Kretschmann. Mit Hinweis auf ein Kunstwerk in der Münster-Kirche schloss Kretschmann sein Grußwort damit, dass „Schmerz, Leid und Tod nicht das letzte Wort haben, sondern das Leben siegen wird“. 

Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder

Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder

Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder sagt in seinem Grußwort: „Unsere Herzen sind voller Trauer“. Er sprach „im Namen der Bundesregierung unser tief empfundenes Beileid aus“. Schnieder dankte den Rettungskräften und betonte, ihr Einsatz mache Mut. Mut sei nicht nur, „wenn Helfer ohne Zögern handeln. Mut ist auch, wenn sich Angehörige dem Unfassbaren stellen, wenn sie weitermachen, auch wenn die Welt für sie stillsteht“. 

Dieser Mut wachse aus dem Glauben. In der Gemeinschaft könne man ihn stärken und unterstützen. Schnieder betonte, er sei für den Gottesdienst und das Gedenken dankbar. Dies sei „nicht nur ein Ort des Trauerns, sondern auch der Solidarität und Ermutigung“.  

Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl

Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl

Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl hielt die Predigt über Jesaja 43,1: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“ Gohl sagte: „In unserer hoch technisierten Welt sind wir gewohnt, die Dinge im Griff zu haben. Einem Unglück machtlos ausgeliefert zu sein, ist da nicht vorgesehen. Und dass es keine Antworten auf unsere Fragen gibt, halten wir nur schlecht aus.“ Auch er selbst habe keine Antwort auf die Frage, warum Gott dieses Unglück zugelassen habe. Gohl fuhr fort: „Aber wenn wir jetzt angesichts dieses Unglücks verstummen würden, dann hätte dieser sinnlose Tod ein für alle Mal gewonnen. Der Tod will uns stumm machen.“ Doch Christinnen und Christen kapitulierten nicht vor dem Tod, sie seien „Protestleute gegen den Tod“ (Christoph Blumhardt). „Deshalb klagen wir Gott unser Leid und hören auf sein Wort,“ so Gohl. 

Gohl erinnerte daran, dass auch Jesaja sein „Fürchte dich nicht“ vor rund 3.000 Jahren zu Menschen gesagt habe, die die Angst stumm gemacht hatte: „Das Leben, das sie kannten, das gibt es nicht mehr. Und das Leben wird auch nie mehr so sein, wie es einmal war. Jesaja spricht zu Männern und Frauen, die sich ihre Zukunft nicht vorstellen können, ja, die sich überhaupt keine Zukunft mehr vorstellen können.“ 

Es gebe in der Bibel wenige Worte, die den Menschen so oft zugesprochen werden wie dieses „Fürchte dich nicht”. Die Bibel sei ein „ein einziges Manifest gegen die Angst. Ein Manifest gegen alles, was uns in Angst und Schrecken versetzen will und uns den Lebensmut raubt.“ Dabei rede „die Bibel das Leben nicht schön, sondern nimmt das Leben und auch das Leid ernst.“ Glaube aber sei „kein Garant für Wohlergehen. Glaube ist das Vertrauen, dass Gott zu seiner Zusage steht – auch wenn alles dagegenspricht.“ Gott nehme „das Leid und den Tod so ernst, dass er in Jesus Christus selbst Mensch wird und auch den Tod in seiner ganzen Grausamkeit durchleidet, bis hin zur letzten Verlassenheit“. 

Gott verspreche „uns kein Leben, in dem es kein Leid geben wird. Wir leben jenseits von Eden und der Tod ist mächtig. Aber Gott verspricht: Das Leid und der Tod haben ihre alles bestimmende Macht verloren. Vor allem, was kommt, steht jetzt das „Fürchte dich nicht“.  

Gohl schloss: „Auf viele Fragen haben wir keine Antwort. In dieser Stunde haben wir nur die Hoffnung: Die Verletzten mögen gesund werden, die Angehörigen getröstet, die Toten bei Gott ruhen. Bei Gott, der verspricht: ‚Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein‘.“ 

v.l.n.r. Prof. Dr. Anja Reinalter MdB, Dr. Clarissa Freundorfer (Konzernbevollmächtigte der Bahn für den Südwesten), Markus Kaupper (Vorsitzender der Regionalleitung, DB Regio AG, Region Baden-Württemberg), Evelyn Palla (Vorstand Regionalverkehr der Deutschen Bahn AG), Richard Lutz (Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn AG), Winfried Hermann (Verkehrsminister Baden-Württemberg), Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder, Ministerpräsident Winfried Kretschmann

Viele Vertreterinnen und Vertreter der Blaulichtkräfte waren ins Münster gekommen

Gedenkgottesdienst Zwiefalten 1.8.25

Impressionen aus dem Gottesdienst

Gedenkgottesdienst für die Opfer des Zugunglücks im Landkreis Biberach

Hinweis für Kirchengemeinden

Kirchengemeinden sind herzlich eingeladen, Texte wie diesen von www.elk-wue.de in ihren eigenen Publikationen zu verwenden, zum Beispiel in Gemeindebriefen. Sollten Sie dabei auch die zugehörigen Bilder nutzen wollen, bitten wir Sie, per Mail an kontaktdontospamme@gowaway.elk-wue.de nachzufragen, ob die Nutzungsrechte für den jeweiligen Zweck vorliegen. Gerne können Sie alle Bilder nutzen, die Sie im Pressebereich unserer Webseite finden. Sie möchten in Ihrem Schaukasten auf unsere Webseite verlinken? Hier erfahren Sie, wie Sie dafür einen QR-Code erstellen können. 

Schon gewusst?

Was es mit der Kirchensteuer auf sich hat, wie sie bemessen wird und welche positiven Effekte die Kirchen mit der Kirchensteuer an vielen Stellen des gesellschaftlichen Lebens erzielen, erfahren Sie auf www.kirchensteuer-wirkt.de.

Weitere Meldungen, die Sie interessieren könnten

Nächstenliebe verlangt Klarheit

Die Sprache verroht, demokratische Prinzipien werden in Frage gestellt und Hass auf Minderheiten geschürt und ausgelebt. Die Landeskirche will sich diesen Tendenzen noch stärker als bisher entgegenstellen und hat Hans-Ulrich Probst beauftragt, sich um Fragen des Extremismus und Populismus zu kümmern.

 

Weiterlesen

Spaß trotz Virus: Die Waldheimkinder lassen sich im Sommer 2020 die Laune nicht vermiesen. Sie genießen ihre Ferien trotz kleinerer Gruppen und strengerer Regeln.

Muntere Gemeinschaft auf Abstand

Waldheim auf Abstand - geht das überhaupt? Ddie Hörfunk-Kollegen vom Ev. Medienhaus haben sich in Stuttgart und Biberach umgehört, was läuft und wie es läuft. Fazit: Selbst wenn manches anders und vielleicht schade ist, lassen sich die Kinder vom Virus nicht ihre Ferien verderben.

Weiterlesen

Pilgern im Remstal. Zu allen Jahreszeiten schön.

Fromm, fröhlich, pandemiegerecht

An der Remstalgartenschau 2019 hatten sich auf 80 Kilometern entlang der Rems über 50 evangelische und katholische Kirchengemeinden sowie Freikirchen beteiligt. Einige ihrer Angebote unter freiem Himmel bleiben bestehen, vom biblischen Weinwanderweg über den #entdeckerweg bis „Pilgern im Remstal“.

Weiterlesen

Dr. Michael Blume, Antisemitismusbeauftragter des Landes Baden-Württemberg

Verschwörungsmythen: „Wir alle sind anfällig“

Corona-Leugner, neue Antisemiten, und andere: In der Corona-Pandemie haben Verschwörungsmythen großen Zuwachs gewonnen. In seinem neuen Buch erklärt Religionswissenschaftler und Antisemitismusbeauftragter der Landesregierung Dr. Michael Blume, warum wir alle für solche Mythen anfällig sind, und wie man ihnen begegnen kann.

Weiterlesen

Claudia Heinkel, Leiterin der Pua-Fachstelle in Stuttgart

„Trisomie-Bluttest ist ein Grenzübertritt“

Der Bluttest auf Trisomie ist im Grunde der entscheidende Schritt zur Entschlüsselung der gesamten Erbanlage des Kindes, sagt Claudia Heinkel, Leiterin der Pua-Fachstelle in Stuttgart, die über vorgeburtliche Untersuchungen informiert. Hier braucht es Grenzen, fordert die Theologin im Gespräch mit Judith Kubitscheck vom Evangelischen Pressedienst…

Weiterlesen

Sabine Bullinger wird neue Landesbauernpfarrerin

Sabine Bullinger wird Landesbauernpfarrerin

Sabine Bullinger (57) wird neue Landesbauernpfarrerin der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Sie tritt damit die Nachfolge von Gabriele Walcher-Quast an, die beim landeskirchlichen Dienst für Mission, Ökumene und Entwicklung (DiMOE) Themen der internationalen Landwirtschaft betreut

Weiterlesen

Farbschwäche:

Benutzen Sie die Schieberegler oder die Checkboxen um Farbeinstellungen zu regulieren

Einstellungen für Farbschwäche

Schrift:

Hier können die Schriftgröße und der Zeilenabstand eingestellt werden

Einstellungen für Schrift

Schriftgröße
D
1
U

Zeilenabstand
Q
1
W

Tastenkombinationen:

Mit den aufgeführten Tastenkombinationen können Seitenbereiche direkt angesprungen werden. Verwenden Sie auch die Tabulator-Taste oder die Pfeiltasten um in der Seite zu navigieren.

Inhalt Tastenkombinationen

Hauptnavigation: M
Toolbar Menü: T
Inhalt: C
Footer: F
Barrierefreiheit: A
Hauptnavigation: M
Toolbar Menü: T
Inhalt: C
Footer: F
Schriftgröße +: U
Schriftgröße -: D
Zeilenabstand +: W
Zeilenabstand -: Q
Nachtmodus : Alt (Mac Option Key) + J
Ohne Bilder: Alt (Mac Option Key) + K
Fokus: Alt (Mac Option Key) + G
Tasten­kombinationen: Alt (Mac Option Key) + O
Tastensteuerung aktivieren: Alt (Mac Option Key) + V
Alles zurücksetzen: Alt (Mac Option Key) + Y