26.08.2025

Die Evangelische Akademie Bad Boll als Verständigungsort

“Zum gemeinsamen Leben gehört auch das gemeinsame Ringen.”

Die Evangelische Akademie Bad Boll versteht sich schon immer als Ort der Begegnung und Verständigung. Im Interview erzählen Direktor Dr. Dietmar Merz und Dr. Carola Hausotter, Studienleiterin für Friedensethik und Transkulturalität, wie dieses Selbstverständnis in der Praxis umgesetzt wird.

Direktor Dr. Dietmar Merz (rechts) und Studienleiterin Dr. Carola Hausotter (links)
Direktor Dr. Dietmar Merz (rechts) und Studienleiterin Dr. Carola Hausotter (links)

Warum ist die Evangelische Akademie Bad Boll ein Verständigungsort?

Dr. Dietmar Merz und Dr. Carola Hausotter: Die Evangelischen Akademien sind seit Ihrer Gründung ein Gesamtprojekt, das auf Verständigung zielt. Aus der Nazi-Diktatur kommend ging es darum, wieder Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt herzustellen und einzuüben. Die Evangelische Akademie Bad Boll versteht sich von daher immer schon als Ort der Begegnung und Verständigung. Als ein Forum, wo unterschiedliche Sichtweisen zu einem Thema zusammenkommen und erörtert werden.

Wieso ist es Ihnen als Akademie wichtig, einen #VerständigungsOrt anzubieten?

Merz / Hausotter: Wir beobachten eine zunehmende Aufsplitterung der Gesellschaft in einzelne Segmente. Vor allem in den sozialen Medien bewegen sich Menschen oft nur noch in Bubbles von Gleichgesinnten. Man kann heute leicht den Kontakt zu Andersdenkenden vermeiden. Zum gemeinsamen Leben gehört aber auch das gemeinsame Ringen. Im Privaten gelingt Zusammensein nur, wenn es eine gute Streit-kultur gibt und die Möglichkeit, Konflikte konstruktiv auszutragen und gemeinsame Lösungen und Wege zu finden. Nichts anderes braucht der gesellschaftliche Zusammenhalt in einer immer pluraler werdenden Welt.

#VerständigungsOrte

Kirche und Diakonie setzen sich angesichts von Krisen, Polarisierung und Populismus für mehr Verständigung ein. Die Initiative #VerständigungsOrte – Wir. Reden. Hier. der EKD, der Diakonie Deutschland und der "midi – Zukunftswerkstatt von Kirche und Diakonie" ermutigt alle Gemeinden und Einrichtungen von Kirche und Diakonie dazu, Räume für Gespräche zu öffnen und Menschen mit unterschiedlichen Ansichten zum Austausch einzuladen.

Kam es auch tatsächlich zu Kontroversen, die man für alle Beteiligten konstruktiv bearbeiten konnte? Kommt es zu Verständigung? Was verstehen sie konkret unter Verständigung?

Merz / Hausotter: Es gehört zur DNA unserer Akademiearbeit, Themen differenziert und aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und Menschen zusammenzubringen, die einen respektvollen Dialog miteinander führen – auch wenn die Themen schwierig und die Positionen unterschiedlich sind.

Ein Beispiel sind die friedensethischen Tagungen der Akademie zum Krieg in der Ukraine. Als Russland seinen völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine begann, setzte bundesweit und in der evangelischen Kirche eine Debatte rund um die Frage der Waffenlieferungen an die Ukraine ein. Die evangelischen Akademien in Deutschland schlossen sich zusammen und bieten bis heute in Online-Formaten einen intensiven Austausch zu friedensethischen Fragen an, in dem Referierende zu Wort kommen, die das Pro und Contra repräsentieren. Im Herbst dieses Jahres wird auf der EKD-Synode die neue Denkschrift der Evangelischen Kirche präsentiert. Sie entstand im Rahmen einer Friedenswerkstatt und einem intensiven Erarbeitungsprozess. Die konträren Meinungen stießen in Tagungen auch bei uns in der Evangelischen Akademie Bad Boll aufeinander und trotz aller Meinungsverschiedenheiten geschah all dies in einer Atmosphäre des gegenseitigen Respekts und Austausches. Das Resultat dieser Diskussionen floss in einem Verständigungsprozess in die neue Friedensdenkschrift ein.

Haben Sie praktische Tipps, wie man – auch aus christlicher Haltung heraus – angesichts von Krisen, Polarisierung und Populismus wieder ins Gespräch kommen kann?

Merz / Hausotter: Zu jeder Kommunikation gehört eine Haltung. Will ich den anderen verstehen oder will ich nur Recht behalten und mich durchsetzen? Fulbert Steffensky formulierte einmal, dass Glauben heißt, aufhören können, siegen zu müssen. Christlicher Glaube kann uns gelassener auch schwierige Diskurse angehen lassen, weil wir um unsere Identität wissen und diese nicht erkämpfen müssen. Das können wir als Haltung an unseren Orten der Verständigung einbringen. Unsere Grundannahmen, unser Menschenbild, unsere Zukunftshoffnung wird in unserem Reden und Zuhören eine Rolle spielen.

Was würden Sie anderen empfehlen, die auch Verständigungsorte anbieten möchten?

Merz / Hausotter: Es ist wahrscheinlich nicht schwer, Themen zu finden, die Verständigung brauchen. Vielleicht ist es aber schwer, diese angemessen zu bearbeiten. Das Kennzeichen von Extremismus ist die maximale Vereinfachung bei maximaler Empörung. Das Angebot der Verständigungsorte hält Versachlichung dagegen und kann damit leben, dass es manchmal keine schnellen Antworten und Lösungen gibt. Das Ziel von Verständigungsorten sollte nicht die Skandalisierung sein, sondern der ernste Austausch darüber, wie eine gute Zukunft und ein gutes Miteinander aussehen könnten.

#VerständigungsOrt Evangelische Akademie Bad Boll

Hinweis für Kirchengemeinden

Kirchengemeinden sind herzlich eingeladen, Texte wie diesen von www.elk-wue.de in ihren eigenen Publikationen zu verwenden, zum Beispiel in Gemeindebriefen. Sollten Sie dabei auch die zugehörigen Bilder nutzen wollen, bitten wir Sie, per Mail an kontaktdontospamme@gowaway.elk-wue.de nachzufragen, ob die Nutzungsrechte für den jeweiligen Zweck vorliegen. Gerne können Sie alle Bilder nutzen, die Sie im Pressebereich unserer Webseite finden. Sie möchten in Ihrem Schaukasten auf unsere Webseite verlinken? Hier erfahren Sie, wie Sie dafür einen QR-Code erstellen können. 

Schon gewusst?

Was es mit der Kirchensteuer auf sich hat, wie sie bemessen wird und welche positiven Effekte die Kirchen mit der Kirchensteuer an vielen Stellen des gesellschaftlichen Lebens erzielen, erfahren Sie auf www.kirchensteuer-wirkt.de.

Grafik Kirchensteuer wirkt Bildung

Weitere Meldungen, die Sie interessieren könnten

Interkulturelle Woche IKW 2020 Plakat
Interkulturelle Woche IKW 2020 Plakat

Würde des Einzelnen als Maß des Handelns

Die Evangelische Landeskirche und das Diakonische Werk in Württemberg weisen zur Interkulturellen Woche auf die erschütternden Eindrücke aus dem Flüchtlingslager Moria hin und fordern ein stärkeres Engagement des Landes. Die Würde jedes Einzelnen müsse Maß des Handelns sein.

Weiterlesen

Die Dreieinigkeitskirche in Stuttgart-Vaihingen.
Die Dreieinigkeitskirche in Stuttgart-Vaihingen.

DLF-Gottesdienst aus Stuttgart

Einen bundesweiten Radiogottesdienst sendet der Deutschlandfunk am Sonntag, 20. September, ab 10:05 Uhr aus Stuttgart-Vaihingen. Corona, Einsamkeit und Unsicherheit - Pfarrerin Miriam Hechler sucht Antworten in Psalm 121.

Weiterlesen

Zur Woche des bürgerschaftlichen Engagements würdigten Landeskirche und Diakonie Ehrenamtliche.

„Aus der Kirche nicht wegzudenken"

„Ehrenamtliches Engagement hält die Gesellschaft zusammen“, sagt Landesbischof July anlässlich der bundesweiten Woche des bürgerschaftlichen Engagements und würdigt zusammen mit Diakonie-Chef Dieter Kaufmann den Einsatz Ehrenamtlicher in Württemberg.

Weiterlesen

Nächstenliebe verlangt Klarheit

Die Sprache verroht, demokratische Prinzipien werden in Frage gestellt und Hass auf Minderheiten geschürt und ausgelebt. Die Landeskirche will sich diesen Tendenzen noch stärker als bisher entgegenstellen und hat Hans-Ulrich Probst beauftragt, sich um Fragen des Extremismus und Populismus zu kümmern.

 

Weiterlesen

Spaß trotz Virus: Die Waldheimkinder lassen sich im Sommer 2020 die Laune nicht vermiesen. Sie genießen ihre Ferien trotz kleinerer Gruppen und strengerer Regeln.

Muntere Gemeinschaft auf Abstand

Waldheim auf Abstand - geht das überhaupt? Ddie Hörfunk-Kollegen vom Ev. Medienhaus haben sich in Stuttgart und Biberach umgehört, was läuft und wie es läuft. Fazit: Selbst wenn manches anders und vielleicht schade ist, lassen sich die Kinder vom Virus nicht ihre Ferien verderben.

Weiterlesen

Pilgern im Remstal. Zu allen Jahreszeiten schön.

Fromm, fröhlich, pandemiegerecht

An der Remstalgartenschau 2019 hatten sich auf 80 Kilometern entlang der Rems über 50 evangelische und katholische Kirchengemeinden sowie Freikirchen beteiligt. Einige ihrer Angebote unter freiem Himmel bleiben bestehen, vom biblischen Weinwanderweg über den #entdeckerweg bis „Pilgern im Remstal“.

Weiterlesen

Farbschwäche:

Benutzen Sie die Schieberegler oder die Checkboxen um Farbeinstellungen zu regulieren

Einstellungen für Farbschwäche

Schrift:

Hier können die Schriftgröße und der Zeilenabstand eingestellt werden

Einstellungen für Schrift

Schriftgröße
D
1
U

Zeilenabstand
Q
1
W

Tastenkombinationen:

Mit den aufgeführten Tastenkombinationen können Seitenbereiche direkt angesprungen werden. Verwenden Sie auch die Tabulator-Taste oder die Pfeiltasten um in der Seite zu navigieren.

Inhalt Tastenkombinationen

Hauptnavigation: M
Toolbar Menü: T
Inhalt: C
Footer: F
Barrierefreiheit: A
Hauptnavigation: M
Toolbar Menü: T
Inhalt: C
Footer: F
Schriftgröße +: U
Schriftgröße -: D
Zeilenabstand +: W
Zeilenabstand -: Q
Nachtmodus : Alt (Mac Option Key) + J
Ohne Bilder: Alt (Mac Option Key) + K
Fokus: Alt (Mac Option Key) + G
Tasten­kombinationen: Alt (Mac Option Key) + O
Tastensteuerung aktivieren: Alt (Mac Option Key) + V
Alles zurücksetzen: Alt (Mac Option Key) + Y