Offener Brief an Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl und Synodalpräsidentin Sabine Foth
Vertreterinnen und Vertreter von Christians for Future, der Micha-Initiative Deutschland und weitere Ehrenamtliche aus der Klimaschutzbewegung haben Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl und Synodalpräsidentin Sabine Foth einen Offenen Brief überreicht und im Gespräch ihrer Sorge über die dramatischen Folgen des Klimawandels Ausdruck verliehen.
Alle Beteiligten engagieren sich privat im Klimaschutz und kamen über „Christians for Future“ zusammen. In diesem Zuge suchte die Gruppe weitere Hebel, um über die private Lebensgestaltung hinaus in die Gesellschaft hineinwirken zu können.
Die Gruppe um Daniel Ostertag von Micha Deutschland nahm gezielt den Kontakt zur Kirche auf: „Wir sind gläubige Menschen und haben uns die Frage gestellt, was kann Kirche tun – was für eine Rolle hat die Kirche, was tut sie schon und was kann sie vielleicht noch tun?“, so Ostertag. Es gebe eine breite Basis in der Kirche, der der Klimaschutz ein großes Anliegen sei und die handeln möchte. Der Brief wurde von über 60 Kirchengemeinden, Pfarrerinnen und Pfarrern, Einzelpersonen und Organisationen unterzeichnet.
Forderungen nach „mutigem und wirkungsvollen“ Klimaschutzgesetz, Weiterbildung und personeller Unterstützung
Die ehrenamtlich engagierte Johanna Baumgarten führte die Folgen des Klimawandels aus, wenn die Erwärmung von 1,5 Grad überschritten würde – wonach es derzeit aussehe. Hitzewellen und Dürren sowie Überflutungen seien längst nicht mehr nur in Schwellenländern – die wenig an Emissionen beitrügen und kaum Mittel hätten, sich gegen den Klimawandel zu wappnen – spürbar, sondern auch bei uns vor Ort.
Viele Haupt- und Ehrenamtliche seien aber mit der komplexen Materie überfordert, so die Sigmaringer Pfarrerin Kathrin Fingerle, die Anfang des Jahres die erste Christians-for-Future-Gruppe in Württemberg gegründet hat. Hier brauche es personelle Unterstützung. Auch verbindliche Fortbildungen und mehr Aufklärung zu diesen Themen seien wünschenswert. Es ginge nicht um Politik, sondern um unsere Lebensgrundlage.
Diakonin Mechthild Belz sieht gerade für die Kirche eine große Chance, „dass wir Menschen Mut machen können, als Christinnen und Christen Hoffnung einbringen und den Transformationsprozess der Gesellschaft mitprägen können mit unserer Hoffnungsbotschaft. Aber das passiert nicht von allein.“
Forderungen im Offenen Brief sind beispielsweise, ein wirkungsvolles Klimaschutzgesetz zu verabschieden, Personal bereitzustellen und das Thema offensiver öffentlich zu vertreten. Bei der Herbsttagung der Landessynode steht die Verabschiedung eines Klimaschutzgesetzes auf der Tagesordnung.
Entscheidungsträger vor Ort entscheidend beim Kampf gegen den Klimawandel
„Das Problem ist bekannt: Das Wissen um Klimaentwicklungen ist längst vorhanden. Aber wie kommen wir in der Kirche ins mutige Handeln?“, so Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl. „Ich bin der Überzeugung: Nicht aus einer Panik heraus, sondern weil wir als Kirche den klaren Auftrag haben, die Schöpfung zu bewahren und dabei in Nächstenliebe zu handeln“, so der Landesbischof.
Synodalpräsidentin Sabine Foth sagte, die Ortsinitiativen und Kirchengemeinden seien eine starke Kraft, vor Ort zukunftsweisende Entscheidungen in Sachen Klimaschutz zu treffen, wie beispielsweise das Umweltmanagementsystem „Grüner Gockel“ zeige.
Diskutiert wurde weiterhin, wie man Menschen für die Bewahrung der Schöpfung gewinnen könne. Landesbischof Gohl sagte, er erlebe im kirchlichen Bereich eine große Offenheit beim Thema Klimaschutz. „Da wir auch in der Kirche in demokratischen Strukturen agieren, müssen wir werben und alles dafür tun, damit der Klimaschutz gelingt.“
Entscheidung über Klimaschutzgesetz auf der Herbsttagung der Landessynode
Synodalpräsidentin Sabine Foth ist froh um das Engagement der Gruppe. „Das sind wichtige Forderungen und es ist gut, dass Sie den Kontakt zur Kirchenleitung suchen. Ich bin froh, dass wir ein Klimaschutzgesetz in die Synode eingebracht haben, das jetzt in der Herbsttagung zur Verabschiedung auf der Tagesordnung steht. Die Frage ist eben auch, wie wir das Thema Klimaschutz als Solidargemeinschaft finanzieren können.“
Das Klimaschutzgesetz, das in der Herbsttagung der Landessynode zur Verabschiedung steht, „verweist eindrücklich auf die Verantwortung der Kirche zur Bewahrung der Schöpfung, auch aus theologischer Sicht“, so Annette Sawade, Vorsitzende des Ausschusses für Kirche, Gesellschaft, Öffentlichkeit und Bewahrung der Schöpfung. Ein eigener Paragraf enthalte die Verpflichtung, das Thema in allen Bildungseinrichtungen der Landeskirche zu verorten und die Einbindung der Schöpfungstheologie in die Ausbildung von kirchlichen Mitarbeitenden. „Ebenso wird eine umfangreiche Schulung der mit der Umsetzung der Maßnahmen betrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefordert. Die Finanzierung, so der Vorschlag, soll über den finanziell erhöhten Ausgleichstock erfolgen, bedürftige Gemeinden müssen entsprechende Anträge stellen.“
Hier sei es weiterhin wichtig, Rücksicht auf die individuellen Rahmenbedingungen der verschiedenen Landeskirchen und vor Ort zu nehmen und auch kleine Fortschritte zu würdigen, so Gohl und Foth. Aber: „Ohne Verzicht geht es nicht“, so die Ehrenamtliche Eva Schmid, die sich in ihrer Kirchengemeinde im Umweltteam und bei Micha Deutschland engagiert.
Die Gespräche schlossen mit dem Konsens um die Bedeutung und Dringlichkeit des Klimaschutzes und der gewichtigen Rolle der Kirche, die Bewahrung der Schöpfung ins Bewusstsein zu bringen und aktiv umzusetzen. Dabei gebe es aber keine einfachen Lösungen für komplexe Herausforderungen.
Es sei im Moment noch „eine Suchbewegung“ in Sachen Klimaschutz, darin waren sich alle Beteiligten ebenfalls einig.
Als Teil der Fridays-for-Future-Bewegung engagieren sich Christians for Future für Klimaschutz, Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung. Das Engagement umfasst die Arbeit direkt in Kirchengemeinden und in der nachbarschaftlichen, ökumenisch orientierten Öffentlichkeit ebenso wie die Durchführung eigener Aktionen zum Thema Klima- und Umweltschutz. Zu den Forderungen gehört u. a.: die Umsetzung des Pariser Abkommens zur Begrenzung der Erderwärmung auf maximal 1,5 °C und die Einhaltung der nationalen Klimaziele.
Die Micha Deutschland ist in erste Linie eine Basisbewegung, die davon lebt, dass sich Christinnen und Christen vor Ort in Lokalgruppen und Gemeinden engagieren.
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