Landesbischof July gratuliert zum jüdischen Neujahrsfest
„Für den Nächsten eintreten – in gegenseitiger Verbundenheit“
Zum jüdischen Neujahrsfest Rosch ha-Schana am 7. und 8. September gratuliert Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July den Menschen jüdischen Glaubens von ganzem Herzen und wünscht ihnen ein gutes und gesegnetes Jahr 5782.
In einem Brief an Rabbiner und Repräsentanten der Israelitischen Religionsgemeinschaft in Württemberg schreibt Landesbischof July: „Möge unser Blick auf die Tage des kommenden Jahres von Zuversicht und Hoffnung getragen werden, die angesichts dessen, was wir derzeit hier in unserer Gesellschaft und weltweit erleben, dringend vonnöten sind“. Und weiter: „Erleben wir doch leider täglich, dass fundamentale Prinzipien des demokratischen, Freiheit und Würde des Einzelnen achtenden Zusammenlebens unserer Gesellschaft in Frage gestellt werden. Auch in jüngster Zeit mussten wir antisemitische und rassistische Übergriffe wahrnehmen – dies ruft unseren beständigen und nachhaltigen Widerspruch hervor.“
Neben Schwerem habe das zu Ende gehende Jahr auch Anlass zur Hoffnung geboten, so July. Etwa durch die große Resonanz auf das Programm „Meet a Jew“, bei dem junge Menschen selbstbewusst Verantwortung für die Gesellschaft übernähmen und anschaulich machten, wie es für sie ist, als Jude oder Jüdin zu leben. Oder durch das Fest- und Gedenkjahr 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland. „Ich bin dankbar, dass es verlängert wird und fast das ganze neue Jahr hindurch Anlässe zu real stattfindenden Begegnungen bietet.“
Für die Zukunft hofft der Landesbischof: „Mögen wir, Jüdinnen und Juden sowie Christinnen und Christen, von Gott gerufen, für diese Welt und unsere Nächsten eintreten – und möge es uns erlaubt sein, dies in gegenseitiger Verbundenheit und immer wieder auch gemeinsam zu tun.“
Der Brief von Landesbischof July im Wortlaut
Im Folgenden finden Sie den vollständigen Wortlaut des Briefes von Landesbischof July an Rabbiner und Repräsentanten der Israelitischen Religionsgemeinschaft in Württemberg zu Rosch ha-Schana:
Sehr geehrte Damen und Herren,
zusammen mit den jüdischen Gemeinden in aller Welt feiern Sie am 7. und 8. September Rosch ha-Schana – dazu sende ich Ihnen im Namen der Evangelischen Landeskirche in Württemberg herzlichste Grüße und möchte ich Ihnen von Herzen ein gutes und gesegnetes Jahr 5782 wünschen. Möge es für Sie, Ihre Verwandten und Freunde, alle Mitglieder der Israelitischen Religionsgemeinschaft in Württemberg und das ganze Volk Israel ein gutes, gesundes und „süßes“ Jahr werden!
Möge unser Blick auf die Tage des kommenden Jahres von Zuversicht und Hoffnung getragen werden, die angesichts dessen, was wir derzeit hier in unserer Gesellschaft und weltweit erleben, dringend vonnöten sind. Erleben wir doch leider täglich, dass fundamentale Prinzipien des demokratischen, Freiheit und Würde des Einzelnen achtenden Zusammenlebens unserer Gesellschaft in Frage gestellt werden. Auch in jüngster Zeit mussten wir antisemitische und rassistische Übergriffe wahrnehmen – dies ruft unsren beständigen und nachhaltigen Widerspruch hervor.
Auch in anderen Fragen sind wir als Gesellschaft herausgefordert: Wo wir auf die Überwindung der Pandemie im Lauf des Sommers gesetzt hatten, werden wir einen längeren Atem benötigen. Die Herausforderungen des Klimawandels stehen uns deutlich vor Augen.
In einem seiner letzten Rundfunkbeiträge in der BBC hat Sir Jonathan Sacks – sein Andenken zum Segen – zu Rosch ha-Schana vor einem Jahr als einen Wesenszug der jüdischen Geschichte und Tradition die Fähigkeit benannt, mit Unsicherheit umgehen und mit ihr leben zu können. Viele Jüdinnen und Juden leiten daraus für sich die Berufung her, am „Tikkun Olam“ tätig mitzuwirken: im Auftrag Gottes versehrtes, gebrochenes Leben zu heilen. In diesem Sinne wünschen und erbitten wir uns für die jüdische Gemeinde Zuversicht und Hoffnung als Begleiter beim Aufbruch in das neue Jahr 5782 – wie auch für uns als christliche Gemeinden, die im Vaterunser um das Kommen des Reiches Gottes bitten.
Zu Zuversicht und Hoffnung hat aber neben allen Herausforderungen auch das zu Ende gehende Jahr schon Anlass gegeben. Ich denke an die große Resonanz des Programms „Meet a Jew“, wo junge Leute selbstbewusst ihre Stimme ins öffentliche Gespräch einbringen und anschaulich machen, wie es für sie ist, als Jude oder Jüdin zu leben. Aktive Übernahme von Verantwortung für unsere Gesellschaft als Ganze!
Ebenso denke ich an das Fest- und Gedenkjahr 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland mit seinen reichen Angeboten und bin dankbar, dass es verlängert wird und fast das ganze neue Jahr hindurch Anlässe zu real stattfindenden Begegnungen bietet.
Und einen Grund zur Freude haben wir als Landeskirche: Dass mit Beginn des neuen Jahres die Joseph Ben Issachar Süßkind Oppenheimer-Auszeichnung auch Herrn Dr. Michael Volkmann verliehen wird, der 18 Jahre lang das Pfarramt für das Gespräch zwischen Christen und Juden in unserer Landeskirche innehatte, freut mich sehr.
Mögen wir, Jüdinnen und Juden sowie Christinnen und Christen, von Gott gerufen, für diese Welt und unsere Nächsten eintreten – und möge es uns erlaubt sein, dies in gegenseitiger Verbundenheit und immer wieder auch gemeinsam zu tun, darum bitte ich zu Beginn des jüdischen Neuen Jahres.
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