„Das neue Testament ist jüdischer, als wir denken“
Interview mit Pfarrer Jochen Maurer
„Das Neue Testament - jüdisch erklärt“, im Oktober bei der Deutschen Bibelgesellschaft erschienen, enthält ein vollständiges, von jüdischen Gelehrten kommentiertes Neues Testament. Jochen Maurer, landeskirchlicher Pfarrer für das Gespräch zwischen Christen und Juden, erklärt im Interview, was daran besonders ist und für wen sich das Buch eignet.
In „Das Neue Testament - jüdisch erklärt“ haben jüdische Wissenschaftler des Neue Testament kommentiert. Deutsche Bibelgesellschaft
Im Oktober ist „Das Neue Testament – jüdisch erklärt“ erschienen. Was ist daran bemerkenswert?
Jochen Maurer: Ich halte es für ein wichtiges Werk: Neben der berechtigten Erwartung, dass dieses Buch christlichen Lesern wichtige Erkenntnisse erschließen wird, ist die Tatsache kaum zu überschätzen, dass hier jüdische Wissenschaftler den Text kommentieren. Denn über die längste Zeit der gemeinsamen Geschichte von Christen und Juden war für letztere die Beschäftigung mit dem Neuen Testament tabu.
Welche Erkenntnisse dürfen die Leser erwarten?
Jochen Maurer: Dieses Werk bietet die Möglichkeit, durch Einleitungen zu jeder Schrift, in einem durchgängigen Kommentar zum gesamten Text, sowie thematischen Essays und kürzeren „Infoboxen“ nachzuvollziehen, wie „jüdisch“ das Neue Testament ist. So wird anschaulich, dass die Autoren wie auch die beschriebene Realität Teil der jüdischen Welt der Zeit des zweiten Tempels sind. Weit mehr, als wir uns dies als gewohnheitsmäßige Leser bewusst sind, begegnen uns Gedanken und Ausdrucksweisen eines jüdischen Selbstverständnisses. Das hat sich natürlich verändert und weiterentwickelt – am Ende standen das Christentum und die Kirche, die sich beide insbesondere gegenüber dem ebenfalls in Entwicklung befindlichen Judentum profilierten und abgrenzten.
Das „Neue Testament – jüdisch erklärt“ und will diese Entwicklung nicht rückgängig machen – und könnte es auch gar nicht. Aber wer sich der jüdischen Geprägtheit dieser Texte öffnet, wird vieles besser verstehen, wie etwa die Bezeichnung Jesu mit dem Hoheitstitel Christus: Es handelt sich hier um die griechische Übersetzung des Hebräischen Maschiach – zu Deutsch: Gesalbter. Oder die überragende Stellung der Schrift für die neutestamentlichen Autoren - der hebräischen Bibel bzw. ihrer griechischen Übersetzung, die heute als „Altes Testament“ Teil unserer Bibel sind. Insgesamt leistet dieses Werk einen Beitrag zu einem umfassenderen Verständnis des eigenen Glaubenshintergrundes.
Jochen Maurer, Pfarrer für das Gespräch zwischen Christen und Juden in der Landeskirche. privat
Finden sich auch Ansätze für Änderungen in Theologie und Praxis?
Jochen Maurer: Wichtig ist ein besseres Verstehen auch bei Themen, die heute noch für Irritationen sorgen, weil Inhalte aus ihrem historischen und religiösen Kontext gerissen wurden, mit fatalen Folgen: Wenn Petrus vor dem Hohen Rat auf Jesus verweist mit den Worten: „den ihr gekreuzigt habt“ (Apg 4,10) spricht hier ein Jude zu anderen Juden. Wir wissen, dass dieser Satz zum Vorwurf des Gottesmordes wurde und Hass und Gewalt ausgelöst hat. Wenn man ihn historisch betrachtet, kann man ihn einordnen und – selbstkritisch – relativieren.
Für unserer Kirche geht es für mich grundsätzlich um die Frage: Wie kann man heute Kirche sein, ohne Feindschaft gegenüber Juden? Die Unterschiede sind unbestritten, aber ein vertieftes Verständnis eigener Wurzeln und eigener Herkunft und eine Revision von Haltungen gegenüber Juden heute – das wäre möglich und wichtig.
Für wen eignet sich Ihrer Meinung nach das „NT jüdisch erklärt“?
Jochen Maurer: Für interessierte Laien und Menschen vom Fach ist es sicher interessant, als Konfi-Bibel macht es der Basis-Bibel aber keine Konkurrenz. Es eignet sich für Menschen, die das Neue Testament als Teil der jüdisch-kulturellen Welt verstehen möchten. Das Neue Testament wird vielfach als der „christliche Teil“ der Bibel verstanden, ist aber sehr viel jüdischer, als uns bewusst ist.
Welche Einsatzmöglichkeiten sehen Sie?
Jochen Maurer: In allen religionspädagogischen Kontexten bis hin zur Erwachsenenbildung, wo man in Gemeindeabenden gemeinsam damit arbeiten kann. Selbstverständlich auch in der Gottesdienstvorbereitung zu einem entsprechenden Predigttext. Ich selbst biete im nächsten Jahr dazu einen Schwerpunkt an – „Wie jüdisch ist das Neue Testament“, Anfragen dazu bitte über die Mailadresse AGWege@elk-wue.de.
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