Die Landeskirche muss ihr Ausgaben-Niveau um etwa ein Drittel senken, um die kirchliche Arbeit langfristig zu sichern. Hier beantwortet Dr. Fabian Peters, Finanzdezernent im Oberkirchenrat der württembergischen Landeskirche, oft gestellt Fragen rund um diese Sparmaßnahmen. Sie können seine Antworten hier sowohl lesen als auch als Video anschauen.
Wie viel muss die Landeskirche sparen?
Dr. Fabian Peters: Die Landeskirche muss 104 Millionen Euro jährlich sparen. 104 Millionen Euro muss sie jährlich weniger ausgeben, als sie es derzeit tut. Und das sind, wenn man sich die Felder ansieht, die wirklich besparbar sind, also noch nicht von anderen Sparbemühungen betroffen sind, ungefähr ein Drittel von allem, was wir derzeit tun. Ein Drittel von allem, was im landeskirchlichen Haushalt ist, muss reduziert werden.
Warum muss die Landeskirche sparen?
Dr. Fabian Peters: Na ja, das sind im Wesentlichen zwei Punkte, die es da zu benennen gibt. Erstens haben wir ein strukturelles Defizit in unserem Haushalt. Wir geben derzeit circa 50 Millionen Euro mehr aus als wir einnehmen. Das funktioniert nicht, da müssen wir ran. Und zweitens haben wir unseren Kolleginnen und Kollegen, die wir in öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse berufen haben, also vor allen Dingen Pfarrerinnen und Pfarrern, versprochen, dass wir im Ruhestand für ihre Pension und für ihre Beihilfe sorgen werden. Und da fehlt uns noch 1 Milliarde Euro, damit wir diesen Verpflichtungen nachkommen können. Die müssen wir ansparen, um davon auch zukünftige Generationen zu entlasten.
Könnte man es nicht wie die Bundesregierung machen und sich mit einem Sondervermögen behelfen?
Dr. Fabian Peters: Na ja, Sondervermögen sind im Prinzip Schulden, die man macht. Und Schulden muss man irgendwann zurückzahlen mit Zins und Zinseszins. Und eine kleiner und ärmer werdende Kirche ist nicht gut beraten, noch mehr Schulden an die nächste Generation zu übertragen.
Was sollen denn die Gemeinden noch alles mitmachen müssen?
Dr. Fabian Peters: Es ist schon eine ganze Reihe, was wir unseren Kirchengemeinden gerade zumuten. Wenn wir an Oikos denken, wenn wir an den Pfarrplan denken, wenn wir an die Verwaltungsstrukturreform, an das neue Rechnungswesen denken. Das sind schon heftige Sachen. Der konkrete Einsparprozess, den die Synode gerade diskutiert, der betrifft jetzt tatsächlich die Kirchengemeinden eher weniger, weil es um Einsparungen im landeskirchlichen Haushalt geht, nicht um Einsparungen in den Kirchengemeinden und Kirchenbezirken.
Was sind denn die großen Konfliktlinien in der Landessynode?
Dr. Fabian Peters: Also ich glaube, zuerst gilt es, mal zu sagen: 97 % der Sparvorschläge des Evangelischen Oberkirchenrat wurden in der Synode ohne Konflikte diskutiert und angenommen. Und wenn 97 % abgeschlossen sind, bleiben dann eben 3 % oder vielleicht sogar etwas weniger, gut 2 Millionen Euro, über die wir noch diskutieren. Und es sind, glaube ich, vor allen Dingen zwei Bereiche, in denen stark diskutiert wird.
Das eine ist die Frage: Wie viel wollen wir dem Evangelischen Jugendwerk in Württemberg an Einsparungen zumuten? Und auf der anderen Seite: Wie stark sollen die Einsparungen im Bereich der Evangelischen Akademie Bad Boll sein?
Ist es nicht verantwortungslos, an der Kinder- und Jugendarbeit zu sparen? Sollten wir nicht gerade um der Zukunft willen dort investieren?
Dr. Fabian Peters: Ja, das ist eine gute Frage, weil ich selbst in der evangelischen Kinder- und Jugendarbeit groß geworden bin, und ich muss schon sagen, das sind Orte, an denen Menschen geprägt werden und lernen fürs Laufen und Hinfallen im Leben und im Glauben. Und gleichzeitig müssen wir uns, glaube ich, bewusst machen, dass es nicht nur in der Kinder- und Jugendarbeit segensreiche Spuren gibt, die gesetzt werden. Wer sagt denn, dass an anderen Stellen unserer kirchlichen Arbeit weniger Evangelium ist, weniger Lebensveränderndes passiert? Dass miteinander in Balance zu bringen, das ist die Aufgabe der Landessynode jetzt.
Wird denn nur inhaltliche Arbeit gespart oder spart der Oberkirchenrat auch am eigenen Wasserkopf?
Dr. Fabian Peters: Ein bisschen eine provokante Frage, weil sie ja unterstellt, dass es einen Wasserkopf im evangelischen Oberkirchenrat gibt. Den sehe ich so nicht. Wenn aber hier die Frage vielleicht eher darauf abzielt, ob wir auch an der Verwaltung im Oberkirchenrat sparen: Ja, natürlich. Wir sparen nicht nur in den in den Arbeitsfeldern vor Ort, wir sparen auch im Oberkirchenrat. Wir sparen auch an Leitung. Ein Beispiel: Der Landesbischof, der künftig selber sein Auto fahren wird und nicht mehr gefahren wird.
Wie ist die Stimmung unter den Mitarbeitenden?
Dr. Fabian Peters: Na ja, wer 104 Millionen Euro oder ein Drittel des gesamten Aufwandsniveaus einsparen muss, der stellt schon fest, dass das wehtut. Und es wäre ja auch komisch, wenn jetzt da Jubelstimmung ausbricht, zu sagen: Wir haben in Zukunft weniger Ressourcen, mit denen wir Evangelium unter die Menschen bringen können. Und dennoch erlebe ich im Oberkirchenrat, erlebe ich unter den Mitarbeitenden, mit denen ich unterwegs bin, schon auch ein konstruktives Damit-Umgehen: Und doch sind wir unterwegs, und doch überlegen wir uns, wie wir unsere Kirche da auf gute Gleise setzen.
Gab es viel Streit im Oberkirchenrat bei der Erarbeitung der Einsparungen?
Dr. Fabian Peters: Nein. Auch wenn es die wenigsten glauben mögen. Wir haben im Oberkirchenrat quasi nicht gestritten. Wir sind gut vorgegangen. Wir haben uns überlegt: Was ist die Herausforderung? Die Herausforderung ist es, jetzt wirklich gemeinsam sich zu überlegen: Wie können wir ein Drittel zukünftig weniger ausgeben? Und ich habe die Kolleginnen und Kollegen im Kollegium, aber auch die Menschen der Landessynode so erlebt, dass wir da konstruktiv miteinander ringen, wie wir diese wirklich riesige Herausforderung gemeinsam angehen können.
Braucht es vor einem solchen Sparprozess nicht einen theologischen und organisatorischen Leitbildprozess über Fokus und gemeinsame geistliche Visionen, damit man bewusst Schwerpunkte setzen kann?
Dr. Fabian Peters: Gute Frage. Und ich würde sagen: wichtige Frage. Und ich bin mir ganz sicher: Ja, es braucht in der Kirche immer einen Prozess, in dem man sich theologisch vergewissert, wo man eigentlich hin will. Und gleichzeitig stellen wir fest, dass so ein theologischer Prozess beim Einsparen dann doch weniger hilft, weil nahezu alles, was wir tun, Wert und Wirkung hat und dem Evangelium dient. Und ich glaube, egal wo wir sparen, es wird wehtun. Und es wird dazu führen, dass wir weniger Evangelium unter die Leute bringen können. Und deswegen glaube ich: Ja, das eine tun, den theologischen Leitbildprozess, den brauchen wir, aber sparen sollten wir davon unabhängig.
Sind die Pensionen der Pfarrerinnen und Pfarrer sicher?
Dr. Fabian Peters: Also ich würde mal sagen: Wir tun alles, damit sie sicher sind. Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir etwa drei Viertel der Pensionen von Pfarrerinnen und Pfarrern wirklich durch Kapital abgesichert. Unser Ziel ist es, dass künftige Generationen tatsächlich alles dafür auf der hohen Kante haben, um Pensionen bezahlen zu können. Deswegen machen wir jetzt diesen Prozess.
Wäre es nicht besser, den Beamtenstatus abzuschaffen und sich den Sozialsystemen für Angestellte anzuschließen?
Dr. Fabian Peters: Na ja, das kann man schon diskutieren, ob man Pfarrerinnen und Pfarrer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, also beamtenähnlich anstellen möchte, oder ob man sie privatrechtlich wie Angestellte beschäftigen möchte. Beide Systeme haben Vor- und Nachteile. Finanziell gesehen muss man sagen, dass das kein so riesiger Unterschied ist.
Bei den Beamten zahle ich eben einen Teil während der aktiven Phase und einen Teil nach der aktiven Phase, also im Pensionsbezug. Bei den Angestellten zahle ich alles während der aktiven Phase, weil ich in die Sozialversicherungssysteme einzahle. Unterm Strich: Wenn ich will, dass das Gleiche dabei rauskommt, kostet beides ähnlich. Von daher: Beides ist möglich. Die wichtige Aussage ist: Alles, was wir in der Vergangenheit gemacht haben, werden wir bedienen müssen. Also es hilft uns nichts bei der Pensionslast, die wir heute schon haben.
Was macht der Oberkirchenrat, wenn die Kirchensteuereinnahmen noch stärker sinken als jetzt angenommen?
Dr. Fabian Peters: Schlimmer geht immer. Aber ein guter Kaufmann, ein guter Betriebswirt schaut, was passiert realistischerweise in den nächsten Jahren. Das haben wir gemacht. Und natürlich haben wir auch den Sicherheitsabschlag mit eingerechnet. Es kann passieren, dass die Kirchensteuern stärker sinken, als wir das angenommen haben. Es kann auch passieren, dass sie stärker steigen. Darauf werden wir dann mittelfristig reagieren müssen. Aber ich glaube, dass wir mit dem, was wir jetzt gerade tun, eine gute und solide Grundlage legen, um gut die nächsten Jahre miteinander anzugehen.
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Was es mit der Kirchensteuer auf sich hat, wie sie bemessen wird und welche positiven Effekte die Kirchen mit der Kirchensteuer an vielen Stellen des gesellschaftlichen Lebens erzielen, erfahren Sie auf www.kirchensteuer-wirkt.de.