| Landeskirche

Bauernpfarrerin wirbt für Wertschätzung

Landesbauernpfarrerin Sabine Bullinger zu den Protesten der Landwirtinnen und Landwirte

„Wir brauchen die Landwirtschaft für unsere Versorgung, und um dem Klimawandel gegenzusteuern.“ Landesbauernpfarrerin Sabine Bullinger in einer aktuellen Stellungnahme über den Protest der Landwirtschaft, ihren Ärger über die Politik und den Wunsch nach Wertschätzung.

Sabine Bullinger, LandesbauernpfarrerinBild: privat

Seit gut drei Jahren bin ich Landesbauernpfarrerin der württembergischen Landeskirche. In meinen unzähligen Gesprächen mit Landwirtinnen und Landwirten jeden Alters habe ich nicht erst jetzt Frust gehört und gespürt. Aus meiner Sicht hat das Thema Agrardiesel das Fass zum Überlaufen gebracht. Seit Jahren hat sich Ärger aufgestaut, der sich jetzt in den Bauernprotesten Bahn bricht.

Ärger: Wenig Planungssicherheit, viel Bürokratie

Der Ärger der Landwirtschaft bezieht sich zum einen auf die Politik. Die Vorgaben von Seiten der Politik werden in manchen Fällen als Gängelung empfunden, beinahe so, als ob die Bauern fachlich nicht kompetent wären. Dabei sind die Menschen aus der Landwirtschaft ausgebildete Fachkräfte mit meist jahrzehntelanger Berufserfahrung. Aus Sicht der Landwirtschaft müssten zeitliche Vorgaben, zum Beispiel beim Düngen, mehr Spielraum ermöglichen, um angemessen auf die jeweiligen Wetterverhältnisse reagieren zu können, so wie es das Jahr 2023 mit seinen extremen Regen- und Dürreperioden gezeigt hat. Gleichzeitig sind die politischen Vorgaben mit erhöhtem Bürokratieaufwand verbunden. Zeit, die Landwirte im Büro verbringen und die ihnen bei der praktischen Arbeit fehlt. Die Vorgaben verändern sich oft sehr schnell und werden gleichzeitig nur für kürzere Zeiträume festgelegt. Das gibt wenig Planungssicherheit. Wenn Landwirte aber ihre Ställe neuen Tierwohlbestimmungen anpassen möchten und umbauen oder neu bauen, brauchen sie die Sicherheit, dass die neue Bestimmung über einen längeren Zeitraum bestehen bleibt. Um gut kalkulieren zu können, ist Planungssicherheit wichtig. Der Schuldenberg der Investitionskosten soll ja wieder abgebaut werden können.

Wunsch nach Wertschätzung in Politik, Handel und Gesellschaft

Zum anderen bezieht sich der Ärger der Menschen aus der Landwirtschaft auf mangelnde Wertschätzung. Die Politik lässt Wertschätzung vermissen, sonst würde man der Landwirtschaft ja nicht so viele eng gefasste Bestimmungen vorgeben. Der Lebensmitteleinzelhandel schätzt die heimischen Erzeuger nicht, sondern diktiert durch seine Marktmacht unfaire Abnahmepreise. Und auch die Gesellschaft zeigt keine Wertschätzung, sonst würden ja viel mehr Menschen landwirtschaftliche Produkte regional einkaufen und einen angemessenen Preis dafür bezahlen.

Bild: elk-wue.de / Instagram

„Wir brauchen die Landwirtschaft“

Dabei ist festzuhalten: Sowohl der Politik als auch der Gesellschaft ist klar, dass die Landwirtschaft gebraucht wird. Wir brauchen die Landwirtschaft zur Versorgung der Bevölkerung. Wir brauchen den Beitrag der Landwirtschaft zum Erhalt der Landschaft und für mehr Artenvielfalt. Wir brauchen die Landwirtschaft, um dem Klimawandel gegenzusteuern. Oder biblisch gesprochen: Um unserer schöpfungsgemäßen Aufgabe nachzukommen, die Erde zu bebauen und zu bewahren, braucht es die Anstrengung aller, insbesondere die der Landwirtschaft. Deshalb brauchen wir eine Politik, die den wichtigen Beitrag der Landwirtschaft für die Zukunft wertschätzt und entsprechend honoriert. Wir brauchen einen Lebensmitteleinzelhandel, der seine Marktmacht nicht zu Lasten der Landwirtschaft ausnutzt. Wir brauchen Verbraucherinnen und Verbraucher, die angemessene Preise für heimische Produkte bezahlen.

„Konstruktiv miteinander reden“

Als Landesbauernpfarrerin stehe ich als Seelsorgerin an der Seite der Menschen aus der Landwirtschaft. Ich setze mich dafür ein, dass ihre Anliegen wahrgenommen und gehört werden. Ich wünsche mir, dass mit den Betroffenen geredet wird und nicht nur über sie. Dass Gespräche in gegenseitigem Respekt stattfinden und konstruktiv geführt werden. Dass Protestaktionen verhältnismäßig bleiben und nicht eskalieren. Dazu gehört aus meiner Sicht auch, dass sich die Bauernproteste von radikalen und rechtsextremen Gruppen und Positionen distanzieren.

In meiner Wahrnehmung ist in den vergangenen Jahren das Verständnis für die Landwirtschaft und die Bedeutung der Landwirtschaft für unsere Zukunft gestiegen. Dadurch ist Respekt füreinander gewachsen. Er sollte nicht aufs Spiel gesetzt werden.


Hinweis für Kirchengemeinden

Kirchengemeinden sind herzlich eingeladen, Texte wie diesen von www.elk-wue.de in ihren eigenen Publikationen zu verwenden, zum Beispiel in Gemeindebriefen. Sollten Sie dabei auch die zugehörigen Bilder nutzen wollen, bitten wir Sie, per Mail an kontakt@elk-wue.de nachzufragen, ob die Nutzungsrechte für den jeweiligen Zweck vorliegen. Gerne können Sie alle Bilder nutzen, die Sie im Pressebereich unserer Webseite finden.


Schon gewusst?

elk-wue.de

Mehr News

  • Datum: 26.04.2024

    Zum 90. Geburtstag von Prof. Dr. Martin Rößler

    „Wir gratulieren Martin Rößler und wünschen ihm Gottes Segen. Einen passenderen Sonntag als diesen gibt es für Martin Rößler nicht: Sonntag Kantate, der das geistliche Singen in den Mittelpunkt stellt.“ Landesbischof Gohl gratuliert Prof. Dr. Martin Rößler zum 90. Geburtstag.

    Mehr erfahren
  • Datum: 26.04.2024

    „Das Gesangbuch ist ein Lebensbuch“

    „Singen ist Lebenshilfe. Das Gesangbuch ist mehr als eine Sammlung von Liedern für wechselnde Jahreszeiten und sonstige Anlässe. Das Gesangbuch ist ein Lebensbuch.“ Das sagt Landesbischof Gohl in seiner Predigt aus Anlass des 500-jährigen Jubiläums des evangelischen Gesangbuchs.

    Mehr erfahren
  • Datum: 26.04.2024

    „Wo wir der Hoffnung Stimme geben, wächst die Zuversicht“

    „Hoffnung in einer hoffnungslosen Welt?!“ war das Motto des Herzschlaggottesdienstes in Nellmersbach, in dem Landesbischof Gohl am 21. April gepredigt hat. Hier finden Sie die Predigt zu einem Vers aus Psalm 18: „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen“.

    Mehr erfahren
  • Datum: 22.04.2024

    Innovationstag: Jetzt anmelden!

    Frische Ideen fürs Gemeindeleben: Unter dem Motto „#gemeindebegeistert – Kirche lebt, wo dein Herz schlägt“ veranstaltet die Landeskirche am 4. Mai einen großen Innovationstag. In Projektpräsentationen und Workshops gibt’s Austausch und Tipps. Jetzt anmelden

    Mehr erfahren
  • Datum: 22.04.2024

    KI in der Gemeindearbeit einsetzen

    Was ist Künstliche Intelligenz und was ist damit anzufangen? Eignet sich KI auch für die Gemeindearbeit und wo konkret kann sie dort zielgerichtet angewendet werden? Mit diesen Fragen befasst sich am 16. Mai ein Online-Seminar des Evangelischen Medienhauses.

    Mehr erfahren
  • Datum: 19.04.2024

    „Konfirmanden ist Glaube wichtiger als Geschenke“

    Frontalunterricht gibt es kaum noch im Konfi-Unterricht, sagt Prof. Dr. Wolfgang Ilg von der Evangelischen Hochschule in Ludwigsburg im Interview. Die Konfi-Arbeit sei nach wie vor das Angebot mit der größten Reichweite in der Evangelischen Kirche.

    Mehr erfahren
  • Datum: 18.04.2024

    „Kirche mit Kindern“ ist einfach lebendig

    Vom Kindergottesdienst zu einer Kirche für die ganze Familie: Lebendiger und spannender Gottesdienst mit neuen Herausforderungen. Wir haben Sabine Foth gefragt, wie sich die Kirche mit Kindern zu einer Familienkirche gewandelt hat und was ihr an der Arbeit besonders gefällt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 18.04.2024

    Video: Multitalent mit Down-Syndrom

    Tamara Röske hat viele Talente: Schauspielern, Modeln und Leichtathletik – trotz Handicap. Die 28-Jährige hat das Down-Syndrom. Wie bringt sie alles unter einen Hut? Darüber spricht sie zusammen mit ihrer Mutter Antje mit „Alpha & Omega“-Moderatorin Heidrun Lieb.

    Mehr erfahren
  • Datum: 17.04.2024

    „Der Segen Gottes gilt uns allen“

    Mit einem Gottesdienst in der Klosterkirche Mariaberg bei Gammertingen hat am 13. April die ökumenische Woche für das Leben begonnen. Sie stellt unter dem Motto die Lebenswirklichkeiten Jugendlicher und junger Erwachsener mit Behinderungen in den Mittelpunkt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.04.2024

    Segen, Mut & Traubenzucker

    In diesen Wochen stehen an vielen Schulen Abschlussprüfungen an - für Schülerinnen und Schüler eine stressige Zeit. Die Ev. Jugendkirche Stuttgart macht mit einem speziellen PrüfungsSegen Mut und stellt auch anderen Gemeinden Materialien zur Verfügung.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.04.2024

    Digitaler Notfallkoffer für die Seele

    Hilfe in persönlichen Krisenmomenten bietet die KrisenKompass-App der Telefonseelsorge fürs Handy und Tablet. Sie bietet Unterstützung, um schnell wieder auf positive Gedanken zu kommen oder bei Bedarf rasch professionelle Hilfe finden zu können.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.04.2024

    Zum 200. Todestag von Beata Regina Hahn

    Vor 200 Jahren starb Beata Regina Hahn, die zweite Ehefrau des Mechanikerpfarrers Philipp Matthäus Hahn, Tochter von Johann Friedrich Flattich und Mutter der Schulgründerin Beate Paulus. Als Herausgeberin von Hahns Schriften prägte sie dessen Bild für viele Jahre.

    Mehr erfahren
Mehr laden