| Landessynode

Herbsttagung der Landessynode hat begonnen

Schwerpunkte: Antisemitismus, Lage verfolgter Christen und Bericht zur Strategischen Planung des Oberkirchenrats

Am Donnerstag, 30. November, ist die Württembergische Evangelische Landessynode zu ihrer Herbsttagung im Stuttgarter Hospitalhof zusammengekommen. Zum Auftakt haben sich die Synodalen mit der Strategischen Planung des Oberkirchenrats, der Lage verfolgter Christen und in einem Grußwort sowie der sogenannten Aktuellen Stunde mit dem Thema Antisemitismus beschäftigt.

Den Eröffnungsgottesdienst feierten die Synodalen in der Stuttgarter Stiftskirche.Bild: Gottfried Stoppel

Prof. Barbara Traub, Vorstandssprecherin der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs (IRGW), hielt Grußwort

Wie nah die Ereignisse für jüdische Menschen hier in Baden-Württemberg sind, verdeutlichte Prof. Barbara Traub, Mitglied im Vorstand der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs (IRGW), in ihrem Grußwort. Die Vorstandssprecherin zeigte sich dankbar für das große Maß an Solidarität von säkularer, staatlicher und kirchlicher Seite. Auch von islamischen Organisationen hätte es Solidaritätsbekundungen gegeben. Gleichwohl hätten sich einige große islamischen Verbände, so Traub, „bemerkenswert still“ verhalten. Auch das Schweigen mancher Kulturinstitutionen sei auffallend. Traub wies auch auf kritische Punkte der jüngeren Vergangenheit seitens der evangelischen Kirche hin.

„Wir teilen mit Ihnen den Wunsch, nach einem offenen Blick für alle Parteien in diesem Konflikt und auch jene Menschen zu sehen, die im Gazastreifen leiden. Sie leiden unter einer Regierung, die sie in ihren Fängen hält. Und dennoch dürfen wir als Kirche und Religionsgemeinschaft nicht die Augen davor verschließen, dass Antisemitismus auch hierzulande nicht nur von islamistischen Terroristen herrührt, sondern wir als jüdische Gemeinschaft schon lange vor dem Terroranschlag mit Antisemitismus von rechtsextremer und linksextremer Seite konfrontiert waren. Wir müssen und sollen als abrahamitische Religionsgemeinschaften den Dialog und Trialog suchen – mehr denn je. Zugleich aber in unseren jeweiligen Gemeinschaften von extremistischen oder einseitigen Positionen fernhalten“, forderte Traub.

Aktuelle Stunde zur Frage „Welchen Beitrag können wir als Christinnen und Christen und als Ev. Landeskirche in Württemberg im Kampf gegen Antisemitismus in Deutschland leisten?“

In der sogenannten Aktuellen Stunde beschäftigten sich die Synodalen mit der Frage, welchen Beitrag Christinnen und Christen und die Evangelische Landeskirche in Württemberg im Kampf gegen den Antisemitismus in Deutschland leisten könne. Bildung, Haltung, Empathie und Gebet seien dabei von zentraler Bedeutung.

Von den Landessynodalen betonte Hans-Martin Hauch (Balingen), dass Bildung im Religionsunterricht und in der Gemeinde der Schlüssel sei, um Antisemitismus und antijüdischen Verschwörungstheorien zu begegnen. Dem schloss sich Amrei Steinfort (Hechingen) an und berichtete, dass der Nahostkonflikt auch im Klassenzimmer angekommen sei. Ute Mayer (Renningen) betonte den Bildungsauftrag von Kirche gegen Antisemitismus beispielsweise im Konfirmationsunterricht, in der Gemeindearbeit sowie in Gesprächen mit Eltern und Erwachsenen. Jede und jeder sei gefordert, im Alltag sensibel zu reagieren und den Mut zu haben, antisemitische Ansichten nicht unkommentiert stehen zu lassen. Haltung, Empathie und Mut zum Widerspruch gegen Antisemitismus seien entscheidend, so auch die Yasna Crüsemann (Geislingen). Es brauche zudem kritische Selbstreflexion, da auch Predigten und christliche Räume nicht frei von Antijudaismus seien. Dr. Hans-Ulrich Probst (Tübingen), Renate Schweikle (Kirchheim unter Teck) und Steffen Kern (Walddorfhäslach) sagten, dass sich die Kirche nach dem 7. Oktober 2023 selbstkritisch prüfen müsse, wo Antisemitismus bewusst oder unbewusst kultiviert wurde. Antisemitismus und christlicher Glaube seien unvereinbar, so Kern.

Gunther Seibold (Filderstadt) und Dr. Gabriele Schöll (Aalen) erinnerten an die gemeinsamen Wurzeln und die enge Verbindung von Judentum und Christentum. Ein Beitrag gegen den Antisemitismus sei es, auf diese Wurzeln hinzuweisen und den Dialog sowie den Trialog zu fördern. Christiane Mörk (Brackenheim) hob die Verantwortung der Kirche hervor, „die religiösen Führer zusammenzubringen und multireligiös im Gespräch zu bleiben“.

Marion Scheffler-Duncker (Backnang) argumentierte dafür, nicht nur auf das „Anti-“ in Antisemitismus zu schauen. Vielmehr solle man sich bemühen, eine Pro-Haltung umzusetzen, etwa für ein klares Benennen des Antisemitismus, für eine offene Gesprächskultur, verstärkte Informationsweitergabe und die verstärkte Einbeziehung jüdischer Menschen.

Bericht zur Situation von verfolgten Christen in Armenien, im Irak sowie zum Thema "Indigene und Religionsfreiheit"

Kirchenrätin Dr. Christine Keim erläuterte den aktuellen Konflikt in der Region Berg-Karabach und seine Folgen für Christen vor dem Hintergrund der Situation in Armenien. Die Lage von Christen im Irak nannte sie besorgniserregend. Zum Thema „Indigene und Religionsfreiheit“ zitierte sie aus dem Bericht der Bundesregierung zu Religions- und Weltanschauungsfragen vom November 2023 und erläuterte die Bedeutung und das Ausmaß der Verletzung dieses Rechts, auch im Hinblick auf die Missionsarbeit vergangener Jahrhunderte bis in die Gegenwart.

Strategische Planung der Landeskirche und Voten der Gesprächskreise

Stefan Werner, Direktor im Oberkirchenrat, betonte in seinem Bericht die Herausforderungen, vor der die Landeskirche stehe. Man wolle trotz sinkender Mitgliederzahlen am Anspruch, Volkskirche zu sein, festhalten. Um diese Kirche zukunftsfähig zu halten, sei weiterer Bürokratieabbau und ein Wandel der Arbeitskultur notwendig.

In den Gesprächskreisvoten betonte Maike Sachs (St. Johann-Gächingen) für die „Lebendige Gemeinde“, dass nun die Zeit sei für „Investitionen, die sich nicht in Euro oder Cent messen lassen“, wie Vertrauen, Zutrauen, Vergewisserung und Konzentration, da man sich nicht mehr alles leisten könne. „Konzentration aber heißt, nicht von allem ein bisschen, sondern weniger. Das Wenige aber tun wir dann richtig.“

Prof. Dr. Martin Plümicke (Reutlingen) sagte, sein Gesprächskreis „Offene Kirche“ engagiere sich „nicht seit vielen Jahrzehnten in dieser Kirche, um jetzt ihren Untergang zu begleiten. Wir negieren die Rahmenbedingungen unsere Kirche nicht, aber wir erwarten von einer Strategischen Planung, dass sie zumindest ein paar Ideen aufzeigt, wie man aus dem Tal, in dem wir stecken, wieder herauskommt.“ Gemeinden bräuchten mehr Freiheiten, beispielsweise in der Entscheidung zum Beitritt in Vereine.

Dr. André Bohnet (Stuttgart) vom Gesprächskreis „Evangelium und Kirche“ führte im Votum aus, dass die Glaubwürdigkeit von Kirche auch an der Frage hänge, wie ernsthaft und nachhaltig die Landeskirche mit dem Thema Schutz vor sexualisierter Gewalt umgehe. Es brauche zudem einen Kulturwandel zum „Vertrauen in die gewählten handelnden Leitungspersonen und letztlich auch zu mehr Vertrauen auf den Herrn der Kirche.“

Bernd Wetzel (Brackenheim) von „Kirche für morgen“ sagte, die Synode stünde mit dem Oberkirchenrat vor der Aufgabe, „die Gesetze und Regelungen zu entschlacken und wo nötig, sie zu ändern oder abzuschaffen. Denn die bestehende Gesetzeslage „bringt uns leider dazu, dass wir alles von oben nach unten kontrollieren und regeln“. Die Aufgabe für die Zukunft sei „dass wir uns senden lassen, um Beziehung zu Menschen zu suchen und zu bauen.“

Weitere Themen der Herbsttagung

Die Herbsttagung geht bis zum 2. Dezember. In den weiteren Tagen stehen als Schwerpunkte der Haushalt, die Kirchenmitgliedsuntersuchung und die Vorstellung der Ergebnisse der Auf!-Studie, die sich mit der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Landeskirche sowie mit der Evaluierung der landeskirchlichen Schutzkonzepte befasst.

5 Fragen - 5 Antworten: Synodalpräsidentin Sabine Foth erklärt die wichtigsten Ergebnisse der Tagung

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