| Gesellschaft

Auf den Spuren der Reformation

Baden-Württemberg hat acht "Reformationsstädte"

Die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) kürt derzeit "Reformationsstädte" in Europa. Bisher haben 62 Städte in 13 Ländern die entsprechende Urkunde erhalten und präsentieren sich im Internet. Darunter sind Turku in Finnland, St. Andrews in Schottland oder Debrecen und Sopron in Ungarn. In Baden-Württemberg sind acht Städte dabei: Bretten, Crailsheim, Heidelberg, Konstanz, Schwäbisch Hall, Tübingen, Ulm und Wertheim.

r2017.org

Ein "Europäischer Stationenweg" verbindet sogar 18 Länder in Europa und 67 Orte. Ab Herbst schicken die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und der Deutsche Evangelische Kirchentag einen Lastwagen in die Städte. Er macht jeweils 36 Stunden Halt und sammelt "Zeugnisse und Traditionen der Reformation", die er im Mai 2017 in die Lutherstadt Wittenberg bringt. Fünf Städte im Südwesten stehen auf der Terminliste des Trucks: Heidelberg am 13. Dezember, Bretten am 15., Tübingen am 17. und Crailsheim am 20. Dezember. Schwäbisch Hall folgt am 11. Januar 2017.

Die Reformationsstädte in Baden-Württemberg haben sehr unterschiedliche Beziehungen zur Reformation Martin Luthers. Bretten im Kraichgau etwa ist die Geburtsstadt des Gelehrten und Luther-Gefährten Philipp Melanchthon (1497-1560). In Bretten erinnert heute das Melanchthonhaus an ihn mit Museum, Bibliothek, einer Forschungsstelle und als Sitz der Europäischen Melanchthon-Akademie.

Im fränkischen Crailsheim an der Grenze zu Bayern predigte bereits 1522 der Reformator Adam Weiß (ca. 1490-1534), der auch in der Markgrafschaft Ansbach wirkte, zu der die Stadt damals gehörte. Ein Glasfenster in der Wittenberger Schlosskirche zeigt das Wappen der Reformations-Stadt, die einen ökumenischen "Crailsheimer Reformationsweg" mit zwölf Stationen hat.

Nach Heidelberg wurde Martin Luther 1518 an die Universität eingeladen, um dort seine Thesen zu diskutieren. Im Jahr 1563 entstand mit dem "Heidelberger Katechismus" eine der bedeutendsten Bekenntnisschriften der calvinistisch-reformierten Kirche. Die evangelische Heiliggeistkirche in Heidelberg beherbergte bis zum Dreißigjährigen Krieg die weltberühmte Bibliotheca Palatina, die von katholischen Truppen als Kriegsbeute dem Papst geschenkt wurde.

Konstanz wurde bekannt unter anderem, weil dort der böhmische Reformator Jan Hus (ca. 1369-1415) als Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Für Martin Luther war Jan Hus ein Vorbild. In den 1520er Jahren schloss sich die Stadt Konstanz der Reformation an, wurde dann aber von den Habsburgern rekatholisiert. Erst im 19. Jahrhundert gab es dort wieder eine evangelische Gemeinde.

In Schwäbisch Hall berief 1525 der Rat der freien Reichsstadt den Reformator Johannes Brenz (1499-1570) zum Prediger in der Stadtkirche St. Michael. Er wurde später vom württembergischen Herzog Christoph mit der Neuordnung der Kirchenorganisation im gesamten evangelischen Herzogtum Württemberg betraut.

Die Universitätsstadt Tübingen gilt als Bildungsort der Reformation schlechthin. Sie war die Ausbildungsstätte Philipp Melanchthons und ab der Einführung der Reformation in Württemberg 1534 der Ort, an dem die Eliten des protestantischen Herzogtums ausgebildet wurden.

In der ehemals Freien Reichsstadt Ulm entschieden sich die Bürger 1530 in namentlicher Abstimmung mehrheitlich für die Reformation. Martin Luther soll auf seiner Romreise 1511/12 Ulm und auch das Münster besucht haben.

Schließlich das nordbadische Wertheim am Main: Schon im Sommer 1518, ein halbes Jahr nachdem Luther seine Thesen gegen den Ablasshandel veröffentlicht hatte, prangerte Graf Georg II. von Wertheim (1487-1530) Ablass-Stiftungen für Totenmessen an. In der Kirchenbibliothek der Wertheimer Stiftskirche sind einige der ersten gedruckten Flugschriften Martin Luthers aufbewahrt. Das Grafschaftsmuseum hat eine Reformations-Abteilung und es gibt aktuell Führungen zum Thema "Auf den Spuren der Reformation in Wertheim" und eine Ausstellung im Seitenschiff der Stiftskirche.

Quelle: Evangelischer Pressedienst (epd)


Mehr News

  • Datum: 19.04.2024

    „Konfirmanden ist Glaube wichtiger als Geschenke“

    Frontalunterricht gibt es kaum noch im Konfi-Unterricht, sagt Prof. Dr. Wolfgang Ilg von der Evangelischen Hochschule in Ludwigsburg im Interview. Die Konfi-Arbeit sei nach wie vor das Angebot mit der größten Reichweite in der Evangelischen Kirche.

    Mehr erfahren
  • Datum: 18.04.2024

    „Kirche mit Kindern“ ist einfach lebendig

    Vom Kindergottesdienst zu einer Kirche für die ganze Familie: Lebendiger und spannender Gottesdienst mit neuen Herausforderungen. Wir haben Sabine Foth gefragt, wie sich die Kirche mit Kindern zu einer Familienkirche gewandelt hat und was ihr an der Arbeit besonders gefällt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 18.04.2024

    Video: Multitalent mit Down-Syndrom

    Tamara Röske hat viele Talente: Schauspielern, Modeln und Leichtathletik – trotz Handicap. Die 28-Jährige hat das Down-Syndrom. Wie bringt sie alles unter einen Hut? Darüber spricht sie zusammen mit ihrer Mutter Antje mit „Alpha & Omega“-Moderatorin Heidrun Lieb.

    Mehr erfahren
  • Datum: 17.04.2024

    „Der Segen Gottes gilt uns allen“

    Mit einem Gottesdienst in der Klosterkirche Mariaberg bei Gammertingen hat am 13. April die ökumenische Woche für das Leben begonnen. Sie stellt unter dem Motto die Lebenswirklichkeiten Jugendlicher und junger Erwachsener mit Behinderungen in den Mittelpunkt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.04.2024

    Innovationstag: Jetzt anmelden!

    Frische Ideen fürs Gemeindeleben: Unter dem Motto „#gemeindebegeistert – Kirche lebt, wo dein Herz schlägt“ veranstaltet die Landeskirche am 4. Mai einen großen Innovationstag. In Projektpräsentationen und Workshops gibt’s Austausch und Tipps. Jetzt anmelden

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.04.2024

    Segen, Mut & Traubenzucker

    In diesen Wochen stehen an vielen Schulen Abschlussprüfungen an - für Schülerinnen und Schüler eine stressige Zeit. Die Ev. Jugendkirche Stuttgart macht mit einem speziellen PrüfungsSegen Mut und stellt auch anderen Gemeinden Materialien zur Verfügung.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.04.2024

    Digitaler Notfallkoffer für die Seele

    Hilfe in persönlichen Krisenmomenten bietet die KrisenKompass-App der Telefonseelsorge fürs Handy und Tablet. Sie bietet Unterstützung, um schnell wieder auf positive Gedanken zu kommen oder bei Bedarf rasch professionelle Hilfe finden zu können.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.04.2024

    Zum 200. Todestag von Beata Regina Hahn

    Vor 200 Jahren starb Beata Regina Hahn, die zweite Ehefrau des Mechanikerpfarrers Philipp Matthäus Hahn, Tochter von Johann Friedrich Flattich und Mutter der Schulgründerin Beate Paulus. Als Herausgeberin von Hahns Schriften prägte sie dessen Bild für viele Jahre.

    Mehr erfahren
  • Datum: 15.04.2024

    „Wir beten, dass die zerstörende Gewalt ein Ende nimmt“

    Die Landeskirchen in Württemberg und Baden haben den Jüdinnen und Juden im Land Grüße zum Pessach-Fest übersandt. Darin nehmen Landesbischof Gohl und Landesbischöfin Springhart Bezug auf den Angriff der Hamas wie auch auf den Raketenangriff des Iran auf Israel.

    Mehr erfahren
  • Datum: 15.04.2024

    Hoffnung wird durch Menschen vermittelt

    Bei einer religionspolitischen Tagung der SPD-Bundestagsfraktion am 12. April in Berlin unter dem Titel „Mehr Zuversicht! Mit Hoffnung die Zeiten wenden“ betonte Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl, wer die Verwurzelung in Jesus Christus spüre, werde für andere zur Hoffnung.

    Mehr erfahren
  • Datum: 13.04.2024

    Landesbischof Gohl: "Wir stehen an der Seite Israels"

    "Der Angriff des Iran bedroht die Existenz Israels. Wir müssen daran erinnern, dass alles mit dem Pogrom der Hamas an Israel begann." Gohl weist weiterhin auf die israelischen Geiseln in der Gewalt der Hamas hin.

    Mehr erfahren
  • Datum: 12.04.2024

    Klassik und Pop Hand in Hand

    Die Evangelische Hochschule für Kirchenmusik in Tübingen hat schon früh einen Studiengang für populare Kirchenmusik eingerichtet und war damit in der EKD Vorreiter. Prof. Thomas J. Mandl und Prof. Patrick Bebelaar erklären, was das Besondere an der HKM ist.

    Mehr erfahren
Mehr laden