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Landesbischof fordert europäische Synoden

Frühjahrstagung der Württembergischen Evangelischen Landessynode hat begonnen

Stuttgart. Die Württembergische Evangelische Landessynode hat ihre dreitägige Frühjahrstagung in Stuttgart begonnen. Zum Auftakt am Donnerstag, 21. März, hörten und diskutierten die 98 Synodalen den Bischofsbericht von Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July, der sich mit Europa und den Kirchen auseinandersetzte. Auf der Tagesordnung stehen weiterhin der erste Nachtragshaushalt 2019 sowie ein Gesetz zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. Die Synode gedachte der Opfer der Terroranschläge in Christchurch und Utrecht.

Mit der Forderung nach europäischen Synoden und der Kritik am laizistischen Modell im Verhältnis von Staat und Kirche ermutigte der Landesbischof, die kirchlichen Netzwerke noch stärker auszubauen und zu nutzen. „Die Stimme derer, die um ein Europa der Werte, des Glaubens und der Nächstenliebe ringen, müssen lauter und vernehmlicher werden“. Synodalversammlungen eigneten sich als Modell, weil Kirchen in ökumenischer Haltung Pluralismusfähigkeit über Jahrzehnte hinweg eingeübt hätten. Außerdem seien es die „dezentralen Netzwerke, die Gemeinschaften, Partnerschaften, Dialoggruppen, Hauskreisinitiativen, die ein Netz des Friedens, der Nächstenliebe und der Barmherzigkeit“ knüpften. Er verwies auf die vielfältigen Verbindungen und Partnerschaften der württembergischen Landeskirche und ihrer Gemeinden.

Als einen Skandal bezeichnete July die Weigerung zahlreicher EU-Länder, einen gemeinsam abgestimmten Ansatz zur Aufnahme von Flüchtlingen umzusetzen. „In nationenübergreifender und ökumenischer Verbundenheit wollen wir als Kirchen Jesus Christus bezeugen und ein Europa stärken, das an der Seite der Schwachen steht. Unser Platz als Kirchen Europas ist mehr denn je an der Seite der Randständigen, der Entrechteten, der Schwachen und der Verfolgten. Wir haben eine bleibende diakonische Berufung. Das gilt aktuell besonders für das Eintreten für die Rechte Geflüchteter.“

„Als Kirchen haben wir in diesem Zusammenhang zwei ganz unterschiedliche Aufgaben: Das Evangelium in Wort und Tat zu verkündigen und die Gewissen der Bürgerinnen und Bürger, der Politikerinnen und Politiker zu schärfen.“ Daher rief der Landesbischof zur Beteiligung an Europa auf – auch an der Europa-Wahl. Neu erstarkender Nationalismus und Rassismus hätten weder in Europa noch in den Gemeinden der württembergischen Landeskirche einen Platz, so July weiter.

Die Synode verabschiedete im Anschluss einen Wahlaufruf zur Europawahl am 26. Mai 2019, der gemeinsam mit der badischen Synode bzw. den Diözesanräten der römisch-katholischen Kirchen in Baden-Württemberg herausgegeben werden soll.
Am Donnerstagnachmittag hören und debattieren die Landessynodalen den ersten Kulturbericht der Landeskirche, diskutieren über den Bau einer Autobahnkirche an der Raststätte Sindelfinger Wald sowie den notwendigen Neubau des Dienstgebäudes des Oberkirchenrats in Stuttgart.

Am Freitag steht nach dem ersten Nachtragshaushalt 2019 eine „Aktuelle Stunde“ auf der Tagesordnung. Anlässlich der Fridays for future-Bewegung beschäftigt sich die Synode damit, welche Impulse die Landeskirche aus den Jugendprotesten mitnehmen und wie sie das jugendpolitische Engagement und Potential für Kirche und Gesellschaft fruchtbar machen kann. 

Nachmittags beginnt dann die Diskussion über den in den Synodenausschüssen bearbeiteten Gesetzentwurf zur Ermöglichung von Segnungsgottesdiensten für gleichgeschlechtliche Paare. Für die Annahme in erster Lesung (für Freitag geplant) ist eine einfache Mehrheit erforderlich. Im Annahmefall findet Samstagvormittag die zweite Lesung statt, dann ist für die Annahme eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Im Laufe des Samstagvormittags stehen noch Abstimmungen über Anträge an, zum Beispiel über den Beitritt der Landeskirche zur Aktion „Rotlicht aus“, die sich gegen Prostitution wendet sowie zur Kompensation der durch die Tagungen der Landessynode verursachten Treibhausgasemissionen.

Oliver Hoesch
Sprecher der Landeskirche