02.10.2025

"Wir wollen, dass das aufhört"

Gebet zum zweiten Jahrestag des 7. Oktober 2023, von Pfarrer Uwe Gräbe

Zum zweiten Mal jährt sich am 7. Oktober der Überfall der Hamas auf Israel. Das Leid, dass die Menschen dort seither auf beiden Seiten erleben, macht fassungslos. Pfarrer Uwe Gräbe, Verbindungsreferent Nahost bei der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS) und ehemaliger Propst der evangelischen Erlösergemeinde in Jerusalem, hat dieses Entsetzen in ein Gebet gefasst.  

Pfarrer Uwe Gräbe
Pfarrer Uwe Gräbe

Gnädiger, erbarmender, mitleidender Gott,

wir sind entsetzt und verstört angesichts von Tod, Leid und Hunger, 
angesichts leiblicher und seelischer Verstümmelungen, 
angesichts der verlorenen Kindheit so vieler junger Menschen im Gazastreifen,
angesichts von so viel Hass, von Vertreibungs- und Vernichtungsphantasien.

Das Elend der israelischen Geiseln irgendwo in der Trümmerwüste geht uns unter die Haut.
Die tiefen Traumata von Israelis und Palästinensern seit dem 7. Oktober 2023 lassen uns nicht kalt. 
Wir wollen, dass das aufhört.
Und fühlen uns zugleich so machtlos.

Darum bringen wir sie vor dich: die Opfer sexualisierter Gewalt, die Verwundeten, die, die um Angehörige bangen und um Ermordete trauern. 
Die Menschen, die nur in Dörfern im Süden Israels leben oder nur ein Festival besuchen wollten.
Vor dich bringen wir die, die erschöpft und verzweifelt in Gaza von Flucht zu Flucht getrieben werden und nicht zur Ruhe kommen können.
Vor dich bringen wir die, die humanitäre Hilfe leisten und in Gaza die letzten Reste des Gesundheitssystems in Betrieb halten.
Vor dich bringen wir unsere Geschwister, die verzweifelt Schutz suchen: an der griechisch-orthodoxen St. Porphyrios-Kirche, 
der katholischen Kirche zur Heiligen Familie und dem anglikanischen Ahli Arab Hospital in Gaza.

Herr, erbarme dich!

Vor dich bringen wir unsere jüdischen Geschwister in Deutschland und in der ganzen Welt, die in diesen Tagen das Laubhüttenfest feiern, 
an die 40 Jahre des Volkes Israel in der Wüste denken – und dabei ihre ganz eigene Wüste erfahren: eine Wüste von antisemitischem Hass und Gewalt.
Ebenso bringen wir vor dich unsere muslimischen Nachbarinnen und Nachbarn, die so viel Hass und Ausgrenzung erleben.

Aber auch uns selbst bringen wir vor dich: Hab Erbarmen mit uns, wo wir selbstgerechtes und vorschnelles Urteil fällen. 
Wo wir angesichts der Katastrophe nicht die richtigen Worte und nicht zum richtigen Handeln finden. 
Wo wir selbst wie gelähmt sind. Wo wir immer wieder versagen. 
Vergib uns, gnädiger Gott – und hilf uns, das zu sagen und zu tun, was deinem Willen entspricht.

Gott, Heiliger Geist, du Quelle des Lebens, wir bitten dich für eine Welt, in der Palästinenser und Israelis Seite an Seite in gerechtem Frieden leben.

Mach auch uns dazu zu Werkzeugen deines Friedens.

Amen.

EKD: „Dieses Verbrechen hat tiefe Wunden hinterlassen“ - Evangelische Kirche gedenkt gemeinsam der Opfer des 7. Oktober

„Dieses Verbrechen hat tiefe Wunden hinterlassen“ Evangelische Kirche gedenkt gemeinsam der Opfer des 7. Oktober

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischöfin Kirsten Fehrs, und die Leitenden Geistlichen aller 20 Landeskirchen äußern sich zum Jahrestag des 7. Oktober 2023 wie folgt:

„Der 7. Oktober markiert den Tag des schlimmsten Massakers an Jüdinnen und Juden seit der Shoa: Terroristen der Hamas griffen Israel in einem beispiellosen Terrorakt an, ermordeten über 1.000 Menschen, verschleppten 251 und verletzten viele weitere. Dieses Verbrechen hat tiefe Wunden hinterlassen - bei den Opfern und ihren Familien, in der israelischen Gesellschaft und bei Jüdinnen und Juden weltweit. 

Heute, zwei Jahre später, ist die Situation in Israel und den palästinensischen Gebieten von Gewalt und Zerstörung geprägt: durch die fortgesetzte Gefangenschaft israelischer Geiseln und andauernde Angriffe auf Israel, durch den Gaza-Krieg mit Zehntausenden zivilen Opfern und die Zerstörung der Lebensgrundlage im Gazastreifen. Die Traumatisierung und das Leid der israelischen wie auch der palästinensischen Bevölkerung prägen die Gegenwart.

Wir beklagen das Leiden der Zivilbevölkerung auf beiden Seiten und erinnern eindringlich daran, dass alle Konfliktparteien an das humanitäre Völkerrecht und internationale Vereinbarungen gebunden sind.

Mit großer Sorge nehmen wir wahr, wie die Kirchen im Heiligen Land gefährdet sind. 

Die Auswirkungen des Krieges sind in Deutschland und weltweit spürbar: Offene und gewaltsame Formen des Antisemitismus, besonders in Gestalt israelbezogener Judenfeindschaft, treten deutlich zutage. Mit großer Sorge sehen wir, dass teilweise sogar das Existenzrecht Israels in Frage gestellt wird. Zugleich geraten Palästinenser*innen sowie Muslim*innen unter einen pauschalen Verdacht der Nähe zu Terrorismus oder der Hamas. Beides ist inakzeptabel. Wir fordern alle Kirchengemeinden und Bürger*innen dazu auf, jeder Form von Ausgrenzung, Feindseligkeit und Gewalt entschieden entgegenzutreten. Kritik an dem Vorgehen einer Regierung oder Konfliktpartei darf niemals in verbale oder körperliche Angriffe gegen Menschen münden – weder gegen Palästinenser*innen oder Muslim*innen noch gegen Jüdinnen und Juden.

Wir rufen zu einer Sprache und Haltung auf, die der vielschichtigen gegenwärtigen Lage, den historischen Prozessen und Kräfteverhältnissen im Nahen Osten wie auch der Gewalt des 7. Oktober gerecht zu werden versucht. 

Die Evangelische Kirche in Deutschland und die evangelischen Landeskirchen sind mit Kirchen und zivilgesellschaftlichen Organisationen in Israel und den palästinensischen Gebieten verbunden. Wir verpflichten uns, diese Partner in ihrem Einsatz für Verständigung und Versöhnung zu unterstützen. 

Gemeinsam mit ihnen halten wir an der Hoffnung fest, dass Vertrauen wechselseitig aufgebaut und entstandene Wunden geheilt werden können, damit ein gerechter, dauerhafter Frieden im Nahen Osten möglich wird.“

  • Bischöfin Kirsten Fehrs, Ratsvorsitzende der EKD
  • Landesbischof Tobias Bilz, stellvertretender Ratsvorsitzender der EKD (Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens)
  • Bischof Thomas Adomeit (Evangelisch-Lutherische Kirche in Oldenburg)
  • Landessuperintendent Dietmar Arends (Lippische Landeskirche)
  • Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden (Evangelisch-reformierte Kirche)
  • Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl (Evangelische Landeskirche in Württemberg)
  • Oberlandeskirchenrat Thomas Hofer (Evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig)
  • Bischöfin Beate Hofmann (Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck)
  • Landesbischof Christian Kopp (Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern)
  • Landesbischof Friedrich Kramer (Evangelische Kirche in Mitteldeutschland)
  • Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt (Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland)
  • Kirchenpräsident Bernd Kuschnerus (Bremische Evangelische Kirche)
  • Präses Thorsten Latzel (Evangelische Kirche im Rheinland)
  • Landesbischof Ralf Meister (Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers)
  • Präses Adelheid Ruck-Schröder (Evangelische Kirche von Westfalen)
  • Landesbischof Oliver Schuegraf (Evangelisch-Lutherische Landeskirche Schaumburg-Lippe)
  • Landesbischöfin Heike Springhart (Evangelische Landeskirche in Baden)
  • Bischof Christian Stäblein (Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz)
  • Kirchenpräsidentin Christiane Tietz (Evangelische Kirche in Hessen und Nassau)
  • Kirchenpräsident Karsten Wolkenhauer (Evangelische Landeskirche Anhalts)
  • Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst (Evangelische Kirche der Pfalz) 

Hannover, 3. Oktober 2025

Hinweis für Kirchengemeinden

Kirchengemeinden sind herzlich eingeladen, Texte wie diesen von www.elk-wue.de in ihren eigenen Publikationen zu verwenden, zum Beispiel in Gemeindebriefen. Sollten Sie dabei auch die zugehörigen Bilder nutzen wollen, bitten wir Sie, per Mail an kontaktdontospamme@gowaway.elk-wue.de nachzufragen, ob die Nutzungsrechte für den jeweiligen Zweck vorliegen. Gerne können Sie alle Bilder nutzen, die Sie im Pressebereich unserer Webseite finden. Sie möchten in Ihrem Schaukasten auf unsere Webseite verlinken? Hier erfahren Sie, wie Sie dafür einen QR-Code erstellen können. 

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