8. Februar 1874: 150. Todestag von David Friedrich Strauß

David Friedrich Strauß, einer der wirkmächtigsten Theologen des 19. Jahrhunderts Bild: Landeskirchliches Archiv, Stuttgart

Er war ein junger Mann, der zu den größten Hoffnungen berechtigte: unter den Besten in der berühmten „Geniepromotion“ im Tübinger Stift, ein brillanter Kopf, an dessen Lippen die Studenten hingen, wenn er philosophische Vorlesungen hielt. Bis er mit 27 Jahren ein Buch veröffentlichte, von dem Albert Schweitzer schrieb: „Als literarisches Werk gehört [… es] zum vollendetsten, was die wissenschaftliche Weltliteratur kennt“. Aber es wurde ein Skandalbuch, und Strauß galt vielen Frommen im Land als Zerstörer des Glaubens.

David Friedrich Strauß wurde am 27. Januar 1808 in Ludwigsburg als Sohn eines Kaufmanns und einer Pfarrerstochter geboren. 1821 trat er ins Seminar Blaubeuren ein und begegnete dort Friedrich Christian Baur, der ihn als Lehrer nachhaltig beeinflussen sollte. Hier fand er auch mit einigen Mitschülern zusammen, denen er zeit seines Lebens verbunden sein sollte – Friedrich Theodor Vischer war einer von ihnen.

Das „Leben Jesu“

Strauß wurde 1832 als Repetent an das Tübinger Stift berufen. Dort widmete er sich dem Leben Jesu – ein Wendepunkt nicht nur in seinem Leben, sondern in der ganzen Theologiegeschichte. In diesem epochemachenden Werk unternahm Strauß es, die Jesus-Erzählungen im Neuen Testament als Mythos zu verstehen, als „Einkleidungen urchristlicher Ideen, gebildet in der absichtslos dichtenden Sage“. Der radikal-kritische Blick auf die Evangelien erregte ungeheures Aufsehen und beeinflusste die theologische Forschung nachhaltig. Vieles von dem, was in der historisch-kritischen Erforschung der Bibel heute Gemeingut ist, findet sich hier vorgebildet. Strauß selbst hatte noch gemeint, in seiner Arbeit den Kern des Glaubens freizulegen, seine Kritik wurde aber weithin als Angriff auf das Christentum an sich verstanden.

Noch bevor der zweite Band erschienen war, hatte ihn die Kirchenbehörde von seiner Repetentur abgezogen. In Zürich berief man ihn 1839 auf eine Professur. Das stieß auf der konservativ-kirchlichen Seite aber auf so heftige Gegenwehr, dass die Regierung im sogenannten Straußenhandel darüber stürzte. Nach bevor er den Ruf annehmen konnte, wurde er in den Ruhestand versetzt.

Seine Ehe scheiterte schon bald; die folgenden Jahre waren von Selbstzweifeln, Depressionen und ständigen Ortswechseln geprägt. Auch seine Tätigkeit als Abgeordneter im württembergischen Landtag gab er bald auf. Mit einigem Erfolg verlegte sich Strauß auf das Verfassen biografischer Studien – meist von Außenseitern, in denen er sich wohl selbst sah. Von der Kirche entfremdete er sich zusehends. In seinem Alterswerk Der alte und der neue Glaube verwarf Strauß die christliche Religion vollends zugunsten einer Mischung aus Pantheismus und Materialismus. Er starb vor 150 Jahren, am 8. Februar 1874, in Ludwigsburg und wurde auf eigenen Wunsch ohne Glockengeläut und Geistlichen beigesetzt.

Strauß kann als einer der wirkmächtigsten Theologen des 19. Jahrhunderts gelten – hinter die furiose disruptive Kraft seines Lebens Jesu kann die Theologie seither nicht mehr zurück.

Dr. Johannes Grützmacher

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