3. März 1924: 100 Jahre "Trennung" von Staat und Kirche in Württemberg

Emil Stumpps Portraitzeichnung des württembergischen Staats- und Kultministers Dr. Johannes von Hieber, in dessen Regierungsverantwortung das Gesetz vom 3. März 1924 entstanden ist.
Emil Stumpps Portraitzeichnung des württembergischen Staats- und Kultministers Dr. Johannes von Hieber, in dessen Regierungsverantwortung das Gesetz vom 3. März 1924 entstanden ist.

Am 3. März 1924 ist nicht nur das Ende des Osmanischen Kalifats in der Türkei beschlossen worden – an diesem Tag verabschiedete auch der württembergische Landtag ein „Gesetz über die Kirchen“. Es legte für die Zukunft die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Beziehungen zwischen dem damaligen „Volksstaat Württemberg“ und der evangelischen Kirche, der römisch-katholischen Kirche und der israelitischen Religionsgemeinschaft fest. Damit gewann hier rechtliche Ausformung, was in der Weimarer Reichsverfassung vom 11. August 1919 in Artikel 137 in dem kurzen Satz zum Ausdruck gebracht worden war: „Es besteht keine Staatskirche.“

Notwendigkeit einer Neuordnung nach 1918

Was bedeutete das konkret, nachdem mit der Abdankung der Landesherren in Deutschland im November 1918 die tragende Rechtsbeziehung zwischen den evangelischen Landeskirchen und der „Obrigkeit“, das „landesherrliche Kirchenregiment“, ein abruptes Ende gefunden hatte? Das hatte ja seit der Reformation bestanden, und die Landesherren hatten die Funktion eines „summus episcopus“ (obersten Bischofs) für das protestantische Kirchenwesen ihres Landes wahrgenommen. Wie es mit der Ausübung der „Kirchengewalt“, d.h. der Wahrnehmung der Aufgaben der Kirchenleitung, weitergehen sollte, hatten die Landeskirchen nun unabhängig vom Staat zu klären. Dazu wurden neue Kirchenverfassungen entwickelt – was auch in Württemberg 1920 geschah.

Trennung – mit Option zur Kooperation

Aber auch von staatlicher Seite gab es Bedarf an Entflechtung. Keiner Kirche oder Religionsgesellschaft sollte fortan im Staat eine Vorrangstellung zukommen. In dem württembergischen Gesetz über die Kirchen vom 3. März 1924 wurden reichsweit schon getroffene Regelungen aufgenommen und spezifiziert, so zur Religionsmündigkeit (ab 14 Jahren) und zur Erklärung eines Kirchenaustritts, zur Fortführung der bisherigen rechtlichen Konstitution der Kirchen und Kirchengemeinden im Staat als Körperschaften öffentlichen Rechts und zu Verwaltungsfragen im Zusammenhang der Erhebung von Kirchensteuern – um nur einiges zu nennen. Dies erforderte trotz der deklarierten Trennung von „Kirche“ hier und „Staat“ da auch für die Zukunft Kooperation.

Denn (anders als in Frankreich!) wollte man in Deutschland die Trennung von Staat und Kirche bewusst nicht als ein strikt unverbundenes Nebeneinander ausgestalten: Menschen sind doch als Ganze, also einschließlich ihrer weltanschaulichen und religiösen Überzeugungen, Staatsbürger! Und wenn und wo es beiderseits gewünscht wird und praktisch erscheint, da kommt ein klar geregeltes Zusammenwirken von Staat und Kirchen bzw. Religionsgesellschaften allen zugute. Die Zusammenarbeit hat seitdem eine sehr durchdachte Weiterentwicklung erfahren – eine solide Grundlage besteht heute in dem Kirchenvertrag, der 2007 zwischen der Badischen und Württembergischen Landeskirche sowie dem Land Baden-Württemberg geschlossen worden ist.

Prof. Dr. Jürgen Kampmann

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