Im Herbst feiern alle Gemeinden der württembergischen Landeskirche das Erntedankfest. Aber worum geht es dabei eigentlich? Und was passiert mit den vielen Lebensmitteln, die in den Kirchen aufgebaut sind? Diese und andere Fragen beantwortet Pfarrer Dan Peter in dieser FAQ.
Erntedank – was ist das eigentlich?
Das Erntedankfest ist sehr alt. Christinnen und Christen danken an diesem Tag Gott für die vielfältigen Gaben, mit denen er die Menschen in großer Fülle beschenkt. Dabei geht es traditionell zunächst um den Dank für eine gute Ernte und für Lebensmittel im Allgemeinen, zugleich aber auch um die Dankbarkeit für alles Gute und Hilfreiche, das Menschen als Gottesgabe erfahren.
In vielen Gottesdiensten spielt zu Erntedank auch das Anliegen der Schöpfungsbewahrung und der sorgsame Umgang mit den natürlichen Ressourcen eine Rolle (Stichwort Lebensmittel-Verschwendung).
Wo und wie wird Erntedank gefeiert?
Erntedank wird in allen Gemeinden der württembergischen Landeskirche gefeiert. Dabei ist in ländlichen Gemeinden traditionell die Landwirtschaft stark eingebunden, aber zum Beispiel auch Gartenbauvereine und Winzer. Die Gemeinde trägt für den Gottesdienst Obst, Gemüse, Getreide, ebenso verarbeitete Lebensmittel zusammen, die in der Regel auf und rund um den Altar dekoriert gezeigt werden.
In vielen Gemeinden ist es guter Brauch, die Kinder der kirchlichen Kindertagesstätten in die Gestaltung des Gottesdienstes einzubeziehen und so auch den Kleinsten ein Gefühl der Dankbarkeit für den Reichtum der Gaben Gottes zu vermitteln.
Wie kann ich dankbar genießen, wenn weltweit so viele Menschen unter Hunger, Krieg und Vertreibung leiden? Muss ich da nicht ein schlechtes Gewissen haben?
Nein, im Gegenteil. Wer dankbar etwas genießt, macht sich bewusst, dass nichts von unserem Überfluss und Reichtum selbstverständlich ist. Wer dankbar lebt, wird achtsamer und großzügiger, setzt sich eher für andere ein, hilft praktisch oder finanziell, sieht sich mit in der Verantwortung, die Not anderer zu lindern. Das fängt schon mit den Erntegaben an. Diese werden in der Regel an diakonische Einrichtungen und Werke weitergegeben. Oft gehen auch gleich Spenden für Krisengebiete ein.
Was passiert mit den Lebensmitteln?
Die gespendeten Lebensmittel, die im Gottesdienst gezeigt werden, gehen im Anschluss an karitative Organisationen wie etwa Tafelläden und kommen so bedürftigen Menschen zugute. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die Dankbarkeit für Gottes reichen Segen unlösbar mit der Verantwortung für die Schwächeren verbunden ist.
Wann wird Erntedank gefeiert?
Als gemeinsames Datum der katholischen und evangelischen Kirchen in Deutschland hat sich der erste Sonntag im Oktober herauskristallisiert. Dieses Datum ist aber nicht verbindlich, in manchen Regionen oder Gemeinden wird an anderen Tagen gefeiert.
Seit wann wird Erntedank gefeiert?
Das Fest ist im Christentum seit dem 3. Jahrhundert nach Christus belegt, es steht aber in Verbindung mit vor- und außerchristlichen religiösen Festen, bei denen die Menschen ihren jeweiligen Gottheiten für die Ernte dankten und danken.
Feiern auch Juden und Muslime Erntedank?
Das Judentum feiert den Dank für Gottes Schöpfung sogar zweimal: 50 Tage nach Pessach gilt das Fest Schawuot unter anderem der Dankbarkeit (speziell für Getreide). Beim Laubhüttenfest (Sukkot) geht es neben der Dankbarkeit für die Errettung des Volkes Israel aus Ägypten auch um den Dank für die Ernte.
Der Islam kennt kein spezifisches Erntedankfest, aber der Grundgedanke der Dankbarkeit spielt auch beim Fastenmonat Ramadan eine wichtige Rolle.
Ist Erntedank dasselbe wie Thanksgiving in den Vereinigten Staaten und Kanada?
Die Grundidee ist ähnlich, aber Thanksgiving ist in den USA und Kanada ein nationaler Feiertag, wird am vierten Donnerstag im November gefeiert und erinnert an das Leben der ersten Siedler. Es ist das wichtigste Familienfest im Jahr. Im Mittelpunkt steht ein festliches Abendessen, zu dem auch Freunde oder andere Gäste eingeladen werden.
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