28.05.2025

Ein Talkformat als #VerständigungsOrt in Esslingen-Hohenkreuz: „Unser Maßstab für Verständigung ist ganz klar die christliche Botschaft“

Dreimal im Jahr verwickeln Pfarrer Christoph Schweizer und sein Team im Esslinger Stadtteil Hohenkreuz Menschen ins Gespräch „über Gott und die Welt“

Das Gesprächsformat Talk in Hohenkreuz hat keine vorgegebenen Themen. Die Gäste sind das Thema. Im Interview erzählen Pfarrer Christoph Schweizer und Katharina Weißenstein von ihrem Gesprächsformat, warum die Gäste bei der Verständigung eine zentrale Rolle spielen – und wo es für sie beim Thema Verständigung auch Grenzen gibt.

Interview mit Pfarrer Christoph Schweizer und Katharina Weißenstein über den Verständigungsort in Esslingen-Hohenkreuz

Warum ist das Projekt ein Verständigungsort?

Katharina Weißenstein: Weil wir Leute aus dem Stadtteil oder aus der Stadt Esslingen einladen, die etwas aus ihrer Biografie, von ihrem Beruf oder von ihrem Hobby erzählen. Man kennt die Leute vielleicht von ihrem Amt, man weiß, das ist ein Bürgermeister, aber man weiß nicht, was das für eine Persönlichkeit ist. Oft hat man ja gerade das Problem, dass man sagt, die Politiker „da oben“, die sind so weit entfernt von uns unten. Und jetzt kommt bei unserem Talk in Hohenkreuz so ein Politiker auf die Bühne und erzählt auch noch so ganz persönliche Sachen: Warum kommt er zu dem Gesprächsformat? Warum brennt er so für sein Thema? Was will er denn erreichen? Und man merkt, das sind gar nicht so „die da oben“, sondern das sind Menschen wie du und ich und die haben auch eine Vision und wollen was erreichen für die Stadt oder für den Stadtteil.

Wieso ist es Ihnen wichtig, einen Verständigungsort anzubieten?

Christoph Schweizer: Vor neun Jahren, als wir das gestartet haben, da war das noch gar nicht so das große Thema. Aber in letzter Zeit merke ich schon, auch nach Corona, dass man nicht mehr richtig miteinander redet. Ich finde, beim Talk in Hohenkreuz kann man einüben, auch mal aus seiner „Bubble“ rauszukommen und anderen Meinungen zuzuhören. Ich glaube, das ist heute wichtig, auch wenn es auf den ersten Blick ein Talk auf der Bühne ist. Aber wir setzen ja die Leute auch ganz bewusst in Tischgruppen zum Einander zuhören. Was bei uns dieses Miteinander ausmacht, sind eben diese Gruppen, wodurch man nicht nur als Publikum dasitzt.

Weißenstein: Und die Zuschauer sind im Gegensatz zu einer normalen Talkshow beteiligt. Sie erhalten Fragenzettel, sie dürfen sich beteiligen, dürfen Fragen stellen und dürfen Kommentare abgeben. 

#VerständigungsOrte

Kirche und Diakonie setzen sich angesichts von Krisen, Polarisierung und Populismus für mehr Verständigung ein. Die Initiative #VerständigungsOrte – Wir. Reden. Hier. der EKD, der Diakonie Deutschland und der "midi – Zukunftswerkstatt von Kirche und Diakonie" ermutigt alle Gemeinden und Einrichtungen von Kirche und Diakonie dazu, Räume für Gespräche zu öffnen und Menschen mit unterschiedlichen Ansichten zum Austausch einzuladen.

Kam es schon einmal zu Kontroversen, die man für alle Beteiligten konstruktiv bearbeiten konnte? Kommt es zu Verständigung? 

Weißenstein: Es ist uns ganz wichtig, dass die Leute, die auf der Bühne sind, respektvoll behandelt werden, dass man ihnen erst mal zuhört. Ich denke jetzt gerade an unseren letzten Talk mit Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl, der ja von manchen sehr angegriffen wurde, weil er sich zur AfD geäußert hat. Dann haben wir gesagt: „Darf die Kirche sich politisch äußern?“ Und er hat hier im Talk ganz klar gesagt, warum er das macht, was seine Grundlage ist, und dass er immer den Maßstab des christlichen Menschenbildes hat und warum er in dem Fall eine Ausnahme macht.

Schweizer: Es ist schon eher ein menschliches Format, wo man die Leute als Menschen zeigt. Bei unserem ganzen Format achten wir darauf, dass man respektvoll miteinander umgeht. Zum Beispiel haben wir Publikumsbeteiligung, wie über die Karten. Teilweise auch, damit niemand so das Gespräch komplett an sich reißen kann. 

Wie sorgen Sie für eine freundliche Atmosphäre?

Weißenstein: Wir haben so ein bisschen eine Kneipenlandschaft aufgebaut. Man fühlt sich wie in der Kneipe durch diese Tischgruppen. Man sitzt mit einem Glas Wein da oder einem anderen Getränk, es gibt Snacks, man kann sich unterhalten und es ist gemütlich. Man sitzt nicht weit auseinander, oder in zu großer Distanz zu den Talk-Gästen. Das ist einfach etwas sehr Intimes und man kommt den Leuten persönlich wirklich näher dadurch, dass man so dicht dran ist.

Schweizer: Mir ist aber auch wichtig, dass, wenn man reinkommt, man sich einfach wohlfühlt. Das machen wir auch mit der Musik, indem wir, meist aus dem Stadtteil, ein gutes Musikformat haben.

Haben Sie praktische Tipps, wie man aus einer christlichen Haltung heraus angesichts von Krise, Polarisierung, Populismus, ins Gespräch kommen kann?

Weißenstein: Unsere Tipps sind, dass man wegkommt von dieser emotional aufgeladenen Stimmung und nicht anfängt, ein Schlagwort zu hören und sofort wie eine Rakete sich hochzuschrauben und einander gar nicht mehr zuzuhören, sondern nur noch sich gegenseitig beschimpft oder in eine Schublade reinsteckt. Der Tipp ist, wirklich zuzuhören, erstmal gar nicht zu bewerten. Unser Maßstab ist ganz klar die christliche Botschaft. Die rote Linie sind rechtsradikale Sachen oder antidemokratische Sachen. Dinge, die gegen die Botschaft der Bibel sind. Aber in dem Rahmen bewegen wir uns relativ frei und respektvoll und wertschätzend gegenüber dem, was gesagt wird. Und das darf dann auch erstmal so stehen bleiben, auch unkommentiert.

Schweizer: Ich denke, die Grenze ist da, wo Menschen so pauschal abgewertet werden. Das betrifft ganz viele Gruppen, wie bestimmte Migrantengruppen oder Schwule und Lesben, oder auch, was wir vorher schon hatten, „die da oben“. Also wenn es so pauschal gegen Leute geht, das wollen wir nicht, sondern hinschauen und zuhören. 

Was würden Sie anderen empfehlen, die auch einen Verständigungsort anbieten möchten? 

Weißenstein: Einfach mal mutig beginnen. Überlegen: Welches Thema ist interessant für den Stadtteil? Was könnte man hier anbieten? Was könnte die Leute interessieren? Und niedrigschwellig einladen: Wir laden auch Leute ein, die kirchenfern sind, die überhaupt keinen Bezug mehr zu den Ritualen haben und die mit der Botschaft vielleicht gar nichts anfangen können, auf den ersten Blick. Aber die kommen dann. Weil es ein offenes Format ist und da können auch Leute kommen, die man nicht im Gottesdienst sieht.

Schweizer: Es kommen ganz unterschiedliche Leute hierher. Und das ist auch eine Erfahrung: Es funktioniert! 

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