Vielfalt an Neckar und Donau, auf der Alb und im Schwarzwald
In der Prälatur leben 542.804 evangelische Christinnen und Christen. Sie ist aufgeteilt in 12 KIrchenbezirke bzw. 12 Dekanate mit 384 Kirchengemeinden, davon 30 Gesamtkirchengemeinden und 26 Verbundkirchengemeinden (Stand 31.12.2023).
Neujahrsgruß des Prälaten
2024
Neujahrsgruß des Prälaten Markus Schoch mit einem Dank an alle ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden der Prälatur Reutlingen.
Am Sonntag, 1. Mai, wurde Markus Schoch (56) als neuer Prälat in Reutlingen in einem feierlichen Gottesdienst ins Amt eingesetzt. Die Investitur fand in der Reutlinger Marienkirche statt.
Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July würdigte den Erfahrungsschatz, den Schoch mitbringt: „Markus Schoch ist ein Theologe mit weitem Blick, ökumenischer Erfahrung, diplomatischem Geschick, großem Herz und diakonischem Engagement. Sein Lebensweg hat ihn von Württemberg ins Baltikum, nach Russland und als Bischof nach Georgien geführt, zugleich immer in Rückbindung mit der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Wir freuen uns, dass Markus Schoch diese vielfältigen und reichen Erfahrungen gerade in diesen besonderen Zeiten als Prälat in unserer Landeskirche einbringen kann. Dazu wünsche ich Gottes Geleit und Segen.“
In seiner Predigt über Joh. 21, 15 – 19 sagte Markus Schoch, der Auftrag Jesu an die Kirche sei es „Verantwortung dafür zu übernehmen, dass Menschen begleitet und ermutigt werden, dass sie mit dem versorgt werden, was für Leib und Seele notwendig ist.“ Dieser Auftrag sei „an uns alle gerichtet“. Kirche sei „nicht um ihrer selbst willen da“, betonte Schoch und sagte weiter: „Kirche mit all ihren Ämtern und Strukturen, auch das Amt eines Prälaten, hat nur dann eine Daseinsberechtigung und hat nur dann eine Zukunft, wenn sie diesen Auftrag erfüllt: ‚Weide meine Schafe‘: sei bei den Menschen, sorge für sie, dass sie an Leib und Seele gestärkt werden.“
Kirche bringt Einsichten und Werte ein
Schoch beschrieb weitere Aspekte dieses Auftrags: „Kirche ist mit dabei, wo Menschen miteinander ringen, was denn der rechte Weg sei, der uns und unsere Erde in eine gute und lebenswerte Zukunft führt. Kirche hat da etwas zu sagen, bringt Einsichten und Werte ein, die sich aus der biblischen Sicht auf Gott und die Welt speisen.“ Kirche wisse „um die Ambivalenz vieler Entscheidungen, bei denen es oft nicht einfach nur ein schwarz oder weiß, ein richtig oder falsch gibt. Gerade weil Kirche um die letzten Dinge weiß, kann sie andere ermutigen, sich in Verantwortung vor Gott und den Menschen um die vorletzten Dinge zu kümmern.“
Der neue Prälat sparte in seiner Predigt auch schwierige Themen nicht aus: „Wir müssen uns der schmerzlichen Wahrheit stellen, dass im Raum der Kirche furchtbares Unrecht geschehen ist, wo Menschen ihre Macht missbraucht und anderen an Leib und Seele Gewalt angetan haben. Wir müssen erkennen, dass die Kirche für viele Menschen in diesem Land an Bedeutung verliert. Dass sie die Antworten auf die Fragen des Lebens nicht mehr zuallererst bei uns als Kirche suchen.“ Das sei bitter, aber es schmälere nicht den Auftrag, den die Kirche habe, nahe bei den Menschen zu sein. Dabei wisse Kirche sich von Jesus Christus selbst getragen: „Ich kann in meinem Amt nur das in Wort und Tat bezeugen, was ein anderer für mich und für uns alle schon längst getan hat. Ich kann diesen Dienst heute nur annehmen, weil ich weiß, dass es Gottes Güte ist, die diese Welt und die mich trägt und erhält.“
Internationale Erfahrung
Markus Schoch, Jahrgang 1966, leitete seit 2017 als Bischof die Evangelisch-Lutherische Kirche in Georgien und dem südlichen Kaukasus mit Gemeinden in Georgien, Aserbaidschan und Armenien. Von 2000 bis 2004 arbeitete er als Pfarrer im russischen Samara und als Propst für den Bereich Mittlere Wolga, sowie von 2012 bis 2017 in Riga als Pfarrer der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Lettland.
Schoch studierte Theologie in Tübingen, Leipzig und Jerusalem und arbeitete nach seinem Ausbildungsvikariat in Kleingartach beim Dekan in Heidenheim sowie als Gemeindepfarrer an der Martinskirche in Sindelfingen.
Als Mitglied im Schwäbischen Albverein ist er in seiner Freizeit beim Wandern in der Natur unterwegs und lernt auf Reisen gerne andere Länder und Kulturen kennen.
Die Prälatur Reutlingen erstreckt sich von Freudenstadt bis auf die Schwäbische Alb und von Tuttlingen bis Leonberg. Sie besteht aus zwölf Kirchenbezirken mit rund 598.000 Christinnen und Christen in 392 Kirchengemeinden. Auf dem Gebiet der Reutlinger Prälatur liegen unter anderem Einrichtungen wie die Mariaberger Heime, die BruderhausDiakonie, ein Campus der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg/Reutlingen, die theologische Fakultät in Tübingen, das Stift Urach, die Liebenzeller Mission und das Deutsche Institut für Ärztliche Mission (Difäm).
Ein Bericht von Magdalena Smetana, Medienbeauftragte der Prälatur Reutlingen
Fünf Jahre war der Reutlinger Prälat Markus Schoch Pfarrer der Deutschen lutherischen Gemeinde in Riga. Seither pflegt er die Kontakte ins Baltikum und bot für die Dekan*innen und Schuldekan*innen eine Studienreise nach Estland und Lettland an.
Nach anfänglichen Reisekomplikationen ist die 25-köpfige Gruppe in Tallinn angekommen. Die Hauptstadt Estlands ist eine kleine und bezaubernde Stadt an der Ostsee. Nach einer kurzweiligen Stadtführung trafen sich die Pfarrer*innen mit dem ehem. Braunschweiger, inzwischen estnischen, Pfarrer Matthias Burghardt und sprachen mit ihm über die Volkskirche, Pfarrersgehälter und die Bedrohung aus Russland. Die Grenze zu Russland, die auch die Schengen und EU- Grenze ist, ist 294 km lang. Schon vor dem Krieg in der Ukraine war das Verhältnis zu Russland auf Grund der historischen Erfahrungen von Misstrauen geprägt. Nun hat sich die Situation auch in Bezug auf die russischsprachige Minderheit weiter verschärft. Ein Sonnenuntergang um 22.30 Uhr in diesen Breitengraden macht die Nacht nicht dunkel.
Am nächsten Tag traf sich die Gruppe mit dem Erzbischof der Estnischen Evangelisch-lutherischen Kirche (EELK) Urmas Viilma. Er berichtete über die Situation und die Entwicklung der estnischen Kirche. Übrigens: Estland und Tschechien sind die säkularsten Länder der Welt!! Auch die Beziehung zu der russisch-orthodoxen Kirche Moskauer Patriarchats ist angespannt. Estland hat dem Oberhaupt der Estnisch-Orthodoxen Kirche die Verlängerung seines Aufenthalts verweigert, weil er die Ansichten des Kremls unterstützt und die Invasion in der Ukraine rechtfertigt. Im Moment suchen die Beteiligten Parteien nach einer diplomatischen Lösung.
Riga - Lettland
Mittags ging es 4,5 Stunden durch grüne Landschaft, teilweise an der Ostseeküste mit dem Bus nach Riga (Lettland). Riga ist die Hauptstadt Lettlands, liegt an der Mündung der Düna in die Ostsee und hat etwa 600.000 Einwohner. Abends nahm die Gruppe teil an einem Konzert, einem Abendessen und einem Gespräch mit den Mitgliedern der Deutschen Gemeinde in der St. Petrikirche. Diese reformatorische Kirche im Zentrum Rigas ist mit ihrem 130 m hohen Turm ein Wahrzeichen der Stadt. Die Kirche, die in der Sowjetzeit als Museum benutzt wurde, gehört seit 2020 einer Stiftung, die durch die deutsche Gemeinde und die Evangelisch-lutherische Kirche Lettlands (ELKL) getragen wird. Der Ausblick vom Turm der Petrikirche auf die Stadt ist unbezahlbar.
„Selig sind, die da dürstet und hungert nach Gerechtigkeit“ - mit einer Andacht zu den Seligpreisungen und Nawalnys Schlusswort vor dem Moskauer Stadtgericht startete der dritte Tag. Nach einer Stadtbesichtigung stand das Okkupationsmuseum auf dem Programm. Die Geschichte Lettlands mit Unterdrückung, Deportationen und mehrfacher Okkupation ist in einer Ausstellung eindrucksvoll dokumentiert. Es war eine wichtige Vorbereitung für das anschließende Gespräch mit dem deutschen Botschafter Christian Heldt in der deutschen Botschaft. Mit klaren Worten sprach er über die Situation im Baltikum, über Russland und Europa. Die jahrelange Erfahrung und die ca. 280 km lange gemeinsame Grenze bereiten den Letten große Sorgen. Trotz Lettlands Mitgliedschaft in der NATO ist die Angst vor Russlands Angriff allgegenwärtig.
Frauenordination in Lettland
Im Kino Bize wurde der lettische Dokumentarfilm „Svārstības“ gezeigt. Einfühlsam und poetisch zeigt er den Kampf der lettischen Pfarrerinnen gegen die Abschaffung der Frauenordination, die in der lettischen evangelisch-lutherischen Kirche seit 1993 nicht mehr praktiziert wird und 2016 auf der Synode in der veränderten Verfassung offiziell festgeschrieben wurde. Im anschließenden Gespräch mit der Regisseurin Kristīne Briede und der Protagonistin und Pfarrerin Prof. Dr. Dace Balode ging es um die Gründe für die Entscheidung, die Entwicklung seit 1993 und um die Alternativen für all die ausgebildeten Theologinnen. Der Film wurde übrigens maßgeblich von der GAW-Frauenarbeit gefördert (steht auch im Abspann).
Lettische Kirche auf dem Land
Nach drei inhaltsreichen und nachdenklichen Tagen sollte der nächste Tag mit mehr Leichtigkeit gefüllt sein. Später aufstehen, später frühstücken. Besuch des Handwerkermarktes in Kalciems-Viertel, auf dem Hanfschokolade, Erdbeeren und andere Snacks eingekauft werden konnten. Entlang der Küste ging es ins Kurland nach Tukums zum Gespräch mit dem Propst der lettischen lutherischen Kirche Marcis Zeiferts und seiner Frau Ieva, die ebenso Theologin ist, aber auf Grund des Ordinationsverbots für Frauen in einem zivilen Beruf arbeitet und sich in der Kirchengemeinde ehrenamtlich in der Kinderkirche und im Frauenkreis engagiert (wahrscheinlich neben vielen anderen Aufgaben einer Pfarrfrau.) Der Propst stellte seine Gemeinde vor, sprach über die Kooperationen mit der Kommune und die allgemeine Veränderung der Kirche. Leider erwähnte er mit keinem Wort die Frauenordination und niemand aus der Gruppe stellte ihm diese Frage.
Seine Frau Ieva sprach über die Ukraine Hilfe, die sie seit 2020 leitet. Ihre Worte waren wie ein Stachel: „Nach dem Ausbruch des Krieges waren wir wie paralysiert. Wir konnten gar nicht denken und arbeiten. Dann fingen wir mit praktischer Hilfe an. Inzwischen haben wir 5000 Kerzen gegossen und 160 qm Tarnnetze hergestellt und an die Front in die Ukraine geschickt. Und es ist mehr, als nur Netze herstellen. Es ist netzwerken im wahrsten Sinne des Wortes. Wir treffen uns, erzählen uns Geschichten und unterstützen uns gegenseitig. Wir haben Erfahrungen mit Krieg und Okkupation. Im Krieg kann man Menschlichkeit am Umgang mit Frauen und Kindern messen. Unsere Mütter und Großmütter haben uns Geschichten erzählt. Wir selbst sind in der Sowjetunion großgeworden und sehen, was in der Ukraine passiert. In unserem Land tun wir so, als wäre alles ok – wir sind ja in der EU und in der Nato. Wir leben, als wäre alles OK, aber wir haben Angst und wir wissen, es kann alles passieren.“
Ein kurzer Abstecher an die Ostsee haben die Gedanken ein bisschen beruhigen lassen, aber diese Frage werden wir mit nach Hause nehmen: Wann fangen wir – wann fängt der Westen endlich an, Menschen in den baltischen Staaten zuzuhören und ihre Erfahrungen und reale Ängste ernstzunehme?
Der Abendspaziergang führte an der russischen Botschaft vorbei, die in „Straße der ukrainischen Unabhängigkeit“ umbenannt wurde. Auf eine kreative Weise protestiert das gegenüberliegende Museum für Medizingeschichte gegen Putins Krieg in der Ukraine. Die Kultureinrichtung brachte ein großes Plakat an seiner Außenfassade an, darauf zu sehen: ein als Totenkopf stilisiertes Porträt Wladimir Putins. Das Motiv wurde von einem lettischen Künstler gestaltet und den besten Blick auf das Kunstwerk haben die Mitarbeitenden der Botschaft.[1]
Deutsche Evangelische Lutherische Gemeinde in Riga
Mit einem Abendmahlsgottesdienst in der Petrikirche ging die Studienreise der Prälatur Reutlingen zu Ende. Prälat Markus Schoch predigte zum Text aus dem Epheserbrief: „So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen“. Fast prophetisch ging er in seiner Predigt darauf ein, dass wir als Hausgenossen Gottes miteinander auskommen müssen, ob es uns gefällt oder nicht. In der Gesellschaft, in der Politik aber auch in der Kirche. Wir müssen unterschiedliche Positionen, unterschiedliche Frömmigkeiten und unterschiedliche Meinungen aushalten. Was uns verbindet, ist Jesus Christus - der Eckstein. Da waren die Ergebnisse der Europawahl noch nicht bekannt.
Für die meisten Teilnehmenden war es eine erste Begegnung mit diesem Teil Europas. In einer Feedbackrunde kamen verschiedene Aspekte der Reise zu Tage.: Dankbarkeit über die Vielfalt in der württembergischen Landeskirche – „selbst, wenn sie manchmal anstrengend ist“. Kopfschütteln, dass es im 21. Jahrhundert noch möglich ist, eine Frauenordination zurückzunehmen. Neues Bewusstsein für die Möglichkeiten und Ressourcen, die uns in Bezug auf die Bildungsarbeit zur Verfügung stehen. „Wir sollten weniger darüber klagen, was nicht mehr geht.“ Auch die politische Situation und die reale Angst vor dem Krieg hat einige zum Nachdenken gebracht: „Hier wird gerade Geschichte geschrieben und mitentschieden, wie es mit uns weitergeht“. Einer der älteren Teilnehmenden fasste es zusammen: „Wir aus der Nachkriegsgeneration leben in einer Blase, sind zu weit weg, zu abgehoben oder wollen die Realität nicht wahrhaben.“
Diese Reise war eine gelungene Mischung mit Begegnungen aus dem politischen und kirchlichen Leben im Baltikum und hinterlässt bei den meisten Teilnehmenden bleibende Spuren.
Magdalena Smetana, Medienbeauftragte der Prälatur Reutlingen
16. Reutlinger Gespräch Wirtschaft-Kirche
Unter dem Titel „Nachfolge – eine Herausforderung für Unternehmen und Kirche“ luden die Handwerkskammer Reutlingen und die Prälatur Reutlingen der Evangelischen Landeskirche zum 16. Reutlinger Gespräch Kirche und Wirtschaft in die Bildungsakademie Tübingen ein.
Der Gastgeber und Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Dr. Joachim Eisert sprach in seiner Begrüßung von „Herausforderungen einer erfolgreichen Übergabe von Unternehmen“. Was brauche es für einen gelingenden Generationenwechsel und was hilft Menschen in unsicherer Zeit Verantwortung zu übernehmen. Das waren die zentralen Fragen des Abends. Dass sich Nachkommen auch anderes entscheiden können, als den Familienbetrieb zu übernehmen, davon sprach Prälat Markus Schoch. Selbst die Bibel kenne eine solche Nicht-Betriebsübernahme. Laut Überlieferung wurde Jesus Wanderprediger und stieg nicht in den Zimmermannsbetrieb seines Vaters ein.
Bei der Podiumsdiskussion ging es um persönliche Erfahrungen mit Nachfolge und Betriebsübernahme. Prälat Markus Schoch und Sylvia Weinhold, Geschäftsführerin Unternehmensberatung der HWK, sprachen mit drei jungen Meisterinnen und Meistern, mit einer gestandenen Unternehmerin und einem jungen Pfarrer über die Fragen einer Übergabe oder Übernahme und über ihre Erfahrungen mit „Nachfolge“. „Wenn es gut geht, folgen die Menschen ihrer Berufung“, so Weinhold. Was nicht zwingend bedeute, in das Familienunternehmen einzusteigen. Der Gerüstbauer Felix Thüringer entschied sich gegen die Übernahme des Familienbetriebs. „Der Wunsch war da, aber es war kein Muss“, so Thüringer. Er schätze die Vorteile des Angestelltenverhältnisses und die finanzielle Sicherheit. Nun suche sein Vater nach einem geeigneten Nachfolger für den Familienbetrieb. Für die Dachdecker- und Klempnermeisterin Julia Peetz war es lange nicht klar, dass sie in den Betrieb einsteigt. „Ich arbeite mit Feuer und Flamme“, sagte die erfolgreiche Jungunternehmerin. Inzwischen ist sie im Betrieb eingestiegen und sieht sich in 10 Jahren in der Geschäftsführung. „Die Voraussetzungen sind gut, ich habe die Familie und gute Mitarbeiter an meiner Seite“, so Peetz. Der Dachdeckermeister Karl-Heinz Schwarzbach jr. hat sich im Vorfeld der Übernahme mit vielen Fragen beschäftigt. Der Fachkräftemangel, die finanzielle Belastung und die unsicheren Zeiten machten ihm die Übernahme nicht einfach. „Es war ein großer Druck da und die Angst, ob ich das schaffe“, berichtete Schwarzbach. Inzwischen habe sich sein Vater aus der Geschäftsführung zurückgezogen. Schwarzbach jr. führt nun mit sechs Mitarbeitern den Betrieb, die Buchhaltung und das Büromanagement übernimmt nach wie vor die Mutter. Von einer zweifachen Übernahme berichtet die Alb-Gold Geschäftsführerin Irmgard Freidler. Nach dem überraschenden Tod ihres Mannes vor 13 Jahren wurde sie „plötzlich Chefin“. Inzwischen sind die beiden erwachsenen Söhne Teil der Geschäftsleitung und bereiten sich auf die Übernahme vor. Es gehe bei guter Übergabe innerhalb der Familie um das richtige Maß an Beraten und Loslassen, so sind sich alle einig. Ein bisschen anders gestaltet sich die Übernahme innerhalb der Kirche. Pfarrer Dr. Alexander Kupsch schätzt den klaren „cut“, den es bei einem Pfarrstellenwechsel gibt. Doch in der Kirche bedeute „Übernahme“ mehr als nur den Stellenwechsel. Es sei auch die Übernahme oder Nichtübernahme von langjähriger Tradition und Liebgewonnenem. Seine Entscheidung Pfarrer zu werden sei keine bewusste, sondern mehr „naives Interesse an der Arbeit und Freude am Thema“. Er bereue die Entscheidung nicht, staune aber immer wieder über die „verrückte Vielfalt“ im Pfarrberuf.
Sowohl die Arbeit in der Kirche als auch in der Wirtschaft könne sinnstiftend sein. Ein gutes Umfeld, Freizeit, der Austausch mit Gleichgesinnten, finanzielle Sicherheit, aber auch der Glaube können Halt und Kraft geben. „Es braucht jedenfalls viel Mut und Vertrauen seitens der Nachfolger aber auch seitens der Übergeber“, fasste Eisert das Gespräch und die Berichte am Ende der Veranstaltung zusammen und bedankte sich bei den Veranstaltern für die Organisation: IHK Reutlingen, Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer in Deutschland e.V. und Prälatur Reutlingen der Evangelischen Landeskirche Württemberg.
Text: Prälat Markus Schoch , Video und Produktion: Medienpfarrerin Magdalena Smetana, Musik: Asylpfarrerin Ines Fischer
Pfarrer Thomas Lehnardt in den Ruhestand verabschiedet
Mit einem festlichen Abendgottesdienst in der Reutlinger Marienkirche am Tag des Erzengels Michael wurde Pfarrer Thomas Lehnardt aus dem aktiven Pfarrdienst verabschiedet und von seinen Aufgaben entpflichtet. Als Referent in den beiden Prälaturen Stuttgart und Reutlingen unterstützte er zuletzt Prälat i.R. Christian Rose, seinen Nachfolger Prälat Markus Schoch und die Stuttgarter Prälatin Gabriele Arnold. In ihrer Abschieds- und Dankesrede ging Arnold nicht nur auf die gemeinsame berufliche Zeit ein, in der sie ihn als gewissenhaften und wichtigen Begleiter und Berater schätzen gelernt hat. Sie sprach ebenso von ihrer langjährigen Freundschaft, die vor vielen Jahren in Israel begann. Anhand des Bildes „Am Eingang zum Tempelberg“ des Malers Gustav Bauernfeind sprach Lehnardt in einer sehr persönlichen Predigt von den Schwellen im Leben, die es zu bewältigen gilt. Die einzelnen Stationen seines beruflichen und privaten Lebens kamen zur Sprache genauso wie die Frage, wer denn im Himmelreich der Größte sei. „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen“, so antwortet Jesus im Matthäusevangelium. Dass es in der Realität anders aussehe, das wissen die Referentinnen und Referenten allzu gut. Auch in der Kirche gebe es Hierarchien, genauso wie in der Politik. Lehnardt ermutigte die Menschen, miteinander die Lasten zu tragen und einander zu dienen. Fünf Begleiterinnen und Begleiter aus den verschiedenen Stationen seines Lebens sprachen dem scheidenden Pfarrer Segensworte zu. Am 30. September tritt Pfarrer Thomas Lehnardt in den Ruhestand und wird mit seiner Frau Bärbel einen neuen Lebensabschnitt in der Nähe von Darmstadt beginnen.
Besuch in Mariaberg
Zu einem ersten Besuch und Austausch kam der seit Mai 2022 im Amt befindliche Reutlinger Prälat Markus Schoch in das diakonische Unternehmen Mariaberg e.V. nach Gammertingen. Mariabergs Vereinsvorsitzender Dekan Marcus Keinath und Vorstand Rüdiger Böhm informierten den Prälat über die Arbeit und Aufgaben des Unternehmens. Zentrale Themen des Treffens waren die Herausforderungen Mariabergs durch die Vorgaben des Bundesteilhabegesetzes, die Auswirkungen des Ukraine-Konfliktes auf die zukünftige Finanzierung des Unternehmens sowie die Bewältigung des Fachkräftemangels im Bereich der Eingliederungs- und Jugendhilfe. (August 2022)
Dekan Wolfgang Vögele in den Ruhestand verabschiedet
Mit einem Festgottesdienst am Sonntag, 26. Juni wurde Wolfgang Vögele nach 17 Jahren im Amt als Dekan des Evangelischen Kirchenbezirks Leonberg in der Stadtkirche Leonberg verabschiedet. Die Johanneskantorei Leonberg unter der Leitung von KMD Attila Kalman und Kantor Georgios Zaimis begleitete den Gottesdienst mit alten und modernen Musikstücken.
Die Welt habe sich in den 17 Jahren verändert, doch die politische Lage sei in etwa ähnlich, wie 2005, als er in seinen Dienst eingesetzt wurde, so Vögele in seiner Predigt. Damals litt die Welt immer noch an den Folgen des Anschlags vom 11. September, heute leide sie im Angesicht des Angriffskrieges auf die Ukraine. Mit dem biblischen Wort aus den Klageliedern sprach er über die Ambivalenz der Klage und der Hoffnung. Beides habe seine Berechtigung und liege dicht beieinander. Die Klage verstehe er als leidenschaftlichen Protest gegen das Leiden und als Zeichen des Überlebens. Klage sei kein Jammern, sondern helfe durch die schwierige Zeit und reiche bis zum Trost, dass Gottes Barmherzigkeit immer wieder neu da sei. Gotteserfahrung heiße jedoch nicht, dass sich alles auflöst, sondern, dass wir manches aushalten müssen.
In seiner Ansprache würdigte Prälat Markus Schoch das fruchtbare Wirken von Vögele. Bildung und Diakonie lagen dem 65-jährigen sehr am Herzen, genauso wie Gottesdienste und Kirchenmusik. Vögele stehe an der Schwelle zwischen zwei Lebensabschnitten und bezog sich dabei auf eine Ansprache Vögeles bei der Bezirkssynode zu einer Bronze-Plastik namens „the step in-between“. Mit guten Wünschen entpflichtete Schoch den scheidenden Dekan und wünschte ihm Segen für den neuen Lebensabschnitt.
Im Anschluss rief Dekan i.R. Wolfgang Vögele seine engsten Mitarbeitenden und seine Familie nach vorne und dankte für die Unterstützung und Begleitung bevor es auf dem Kirchplatz die Möglichkeit für alle gab, sich bei einem Stehempfang mit Bläsermusik von Vögele und seiner Familie persönlich zu verabschieden.
Sprengelkonferenz der Prälatur Reutlingen
Am 20. Mai traf sich Prälat Schoch das erstemal mit Dekaninen und Dekanen aus der Prälatur Reutlingen im Matthäus-Alber-Haus in Reutlingen. Bei diesem Treffen ging es hauptsächlich um ein gegenseitiges Kennenlernen und die Terminplanung für eine Tour des Prälaten durch die Prälatur.
Verleihung Staufermedaille
In einem kleinen Festakt in der Festhalle in Rottenburg am Neckar wurde am 19. Mai Frau Heidemarie Mattheis für ihre vielfälltigen Verdienste mit der Staufermedaille geehrt. Der Oberbürgermeister der Stadt Rottenburg Stephan Neher würdigte ihr Engagement, das sich nicht nur auf die Kirchengemeinde beschränke, sondern immer auch zum Wohle der Stadt sei. "Es gibt kaum ein Bereich, in dem Heidemarie Mattheis nicht engagiert wäre", sagte er. Sie sei ein Vorbild und ein Aushängeschild.
In seiner Laudatio ging Prälat Markus Schoch auf die vielen Stationen ihres Ehrenamts ein, die schon vor der Wahl in den Kirchengemeinderat im Jahr 1989 begannen. Ob es die Kinderkirche war, die Kindergärten, der Neubau des Gemeindehauses, die Vesperkirche, die Asylarbeit, der Hospizdienst oder die Nachhaltigkeitsthemen. Auch in der Kirchengemeinde gäbe es überall Spuren von Heidemarie Mattheis und ihrem Engagement. 18 Jahre war sie Mitglied des Kirchengemeinderats, davon 2 Perioden als seine Vorsitzende.
"Was nicht zur Tat wird, hat keinen Wert" - mit den Worten des Reutlingers Gustav Werner würdigte Schoch das Engagement von Mattheis und dankte ihr - auch im Namen aller Wegbegleiter:innen - für alles, was sie über viele Jahre und Jahrzehnte zur Tat werden ließ.
Die Staufermedaille ist eine besondere, persönliche Auszeichnung des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg für Verdienste um das Land Baden-Württemberg. Der Festakt wurde von Ensembles der Musikschule Rottenburg begleitet.
Die Schwaben stellen ihr "Ländle" gerne als Land der Dichter und Denker vor. "Der Schelling und der Hegel, der Uhland und der Hauff, das ist bei uns die Regel. Das fällt bei uns nicht auf."
Der nicht ganz ernst gemeinte Vers spiegelt das gesunde Selbstbewusstsein der Württemberger wider. Viele kluge Köpfe haben ihre Ausbildung in der altehrwürdigen Universität Tübingen genossen. Im Evangelischen Stift haben nicht nur Theologen wie Bengel, Blumhardt oder David Friedrich Strauß ihre ersten Weihen bekommen. Auch Hegel, Hölderlin und Schelling wohnten in der "Theologenschmiede". In Stuttgart wird regiert, so sagt man, in Tübingen philosophiert.
Der Kirchensprengel wird aber nicht von Tübingen aus geleitet. Die Prälatur hat ihren Sitz in der benachbarten ehemaligen freien Reichsstadt Reutlingen.
Der besondere Reiz der Reutlinger Prälatur ist ihre Vielfalt. Von der rauen Münsinger Alb über das Neckartal bis auf die Höhen des Nordschwarzwaldes, von Neuenbürg im Norden bis hin zur Donau und fast bis zum Bodensee erstreckt sich der Sprengel. Landwirtschaft prägt zwar weite Teile der Prälatur, doch die kargen Böden sichern schon lange nicht mehr allen Menschen ihr Auskommen.
Ein Netz mit vielen mittelständischen Betrieben hat sich gebildet. Feinmechanische Industrie, Werkzeug- und Maschinenbau sowie Textilbetriebe bilden Schwerpunkte. An Tüftlern wie dem genialen Erfinder und Pfarrer Philipp Matthäus Hahn hat es nie gefehlt. Der entwickelte 1769 eine astronomische Uhr, die nicht nur Tag und Stunde, sondern auch den Stand der damals bekannten Planeten anzeigt.
Nicht nur die Landschaft in der Reutlinger Prälatur ist vielfältig, auch die Frömmigkeitsausprägungen zeigt viele Facetten. Auf einer Seite der Liberalismus der Universitätsstadt, andererseits der schwäbische Pietismus, der große Landstriche der Prälatur Reutlingen geprägt und für die Frömmigkeit Akzente gesetzt hat. Zur "Stunde" der Hahn'schen Gemeinschaft, der Süddeutschen und der Altpietisten geht man damals wie heute in der Regel zweimal die Woche. Die Mission, von jeher im Südwesten wichtiges Thema, hat mit Bad Liebenzell und Bad Sebastiansweiler, dem deutschen Refugium der Basler Mission, Zentren im Reutlinger Sprengel.
Noch in der Nachkriegszeit haben sich die evangelischen und katholischen Schulbuben geprügelt. Heute arbeiten Protestanten und Katholiken in ökumenischen Arbeitskreisen zusammen. Nur einige Kilometer neckaraufwärts von Tübingen liegt in Rottenburg der Sitz des katholischen Bischofs. Vor allem die alemannischen Orte Richtung Bodensee sind katholisch.
Eine Kirche ohne ihre Diakonie wäre undenkbar. Nicht zu vergessen sind deshalb die diakonischen Einrichtungen im Bereich der Reutlinger Prälatur wie die Mariaberger Heime, das Haus am Berg in Bad Urach oder die Sophienpflege in Tübingen. Im 19. Jahrhundert baute Gustav Werner unter dem Motto "Was nicht zur Tat wird, hat keinen Wert" in Reutlingen "christliche Fabriken" für behinderte Arbeiter auf.