OKR-Direktor Stefan Werner bei seinem Bericht zur strategischen Planung.
Direktor Stefan Werner stellte den Bericht des Oberkirchenrats zur Strategischen Planung vor. In den letzten Jahren hätten die Berichte vor allem unter dem Programmsatz „Weniger ist mehr“ gestanden. Corona-Krise und Mitgliederschwund zwängen zu einer weiteren Konzentration auf das Wesentliche kirchlichen Handelns. Es gehe nun im Rahmen der strategischen Planung um eine Perspektive bis zum Jahr 2030, dazu brauche es einen breiten Konsens zwischen Oberkirchenrat und Landessynode über die Grundlagen.
Kernthemen und Schwerpunktziele
Stärkung des Pfarrdienstes
Stärkung bedeute nicht, die Stellenzahl hochzufahren sondern zu priorisieren, und von Verwaltungsarbeit zu entlasten, so Direktor Werner. Er nannte als Kernaufgaben:
- Seelsorge: Große Bedeutung in der Pandemie, Voraussetzung: gute Ausbildung, Fortbildungen, Supervision, Ausbildung von Ehrenamtlichen.
- Vielfalt der Gottesdienste in der Corona-Krise: Voraussetzung: Gut vorbereitete Pfarrerinnen und Pfarrer. Wichtig: Qualitätssicherung, Ergänzung durch Ehrenamtliche.
- Religionsunterricht an öffentlichen Schulen: Größer werdende Gemeinden, abgestimmte Personalplanungen.
- Leitungskompetenz: Entlastung in Geschäftsführung und Verwaltung, Ausbau Personalentwicklung.
Bildungsgesamtplan
Bildung sei eine der kirchlichen Grundaufgaben; beim Bildungsgesamtplan gehe es darum, diese Verantwortung zukunftsfähig zu gestalten. „Die Kirche möchte künftig erkennbarer ihre Stimme erheben.“
Diakonisches Wirken
Stefan Werner hob hervor, wie wichtig es sei, der Öffentlichkeit bewusst zu machen, dass Diakonie und Kirche zusammengehören. Neben einer konstruktiven Zusammenarbeit gebe es auch Unwissenheit und Konkurrenz. Hier gelte es, gegenzusteuern und die gegenseitige Verbundenheit zu stärken, auch in der Außendarstellung. „Die Diakonie hat wesentlichen Anteil an der Akzeptanz der Kirche in Gesellschaft und Politik“, sagte er.
Organisationsziele
Direktor Stefan Werner nannte folgende Ziele der Entwicklung:
- Verbesserung der Kommunikation zwischen dem Oberkirchenrat und der Landessynode sowie den kirchliche Diensten/Einrichtungen
- Nachhaltigkeit der Finanzierung (Generationengerechtigkeit)
- Bessere Wahrnehmung der Kirche als attraktiver Arbeitgeber
- Sicherung der Symbolkraft der Kirchengebäude (Immobilienstrategie)
- Digitale Roadmap
- Überarbeitung der Finanzsystematik des landeskirchlichen Haushalts
- Klimaneutralität
- Optimierung des Servicecharakters der Verwaltung
Zusammenfassung
Angesichts wandelnder Bedingungen und begrenzter Ressourcen sei es wichtig, sich auf Ziele zu konzentrieren und Schwerpunkte zu setzen, so Stefan Werner. Die Kirche müsse darin erkennbar sein, dass sie christliche Hoffnung ausstrahle und erlebbar mache. „Übergeordnetes Ziel bleibt die Verkündigung des Evangeliums.“ Die Planung für 2030 solle sukzessive entwickelt werden, und setze „im Vertrauen auf Gottes Führung auch auf die Wirkkraft kleiner Schritte.“
Votum des Gesprächskreises Offene Kirche
Professor Dr. Martin Plümicke merkte an, dass der Bericht wenig zu den finanziellen Grundlagen enthalte. Ein gemeinsames Vorgehen von Landessynode und OKR werde bejaht, aber auch die Basis müsse gemeinsam erarbeitet werden. Die Offene Kirche stehe hinter allen Zusagen gegenüber den Mitarbeitenden. Die kapitalgedeckte Versorgung werde aber hinterfragt. Die finanzielle Entwicklung sehe der Gesprächskreis nicht so pessimistisch. Den Schwerpunkten und Zielen stimme die Offene Kirche zu. Hier fehle aber die Klimagerechtigkeit als Kernthema und Schwerpunktziel, dies Thema sei eine Überlebensfrage der Menschheit und eine Frage der Glaubwürdigkeit. Beim Schwerpunkt Pfarrerschaft sehe er das Problem der Handlungsfähigkeit der Kirchengemeinden. Schließlich vermisse der Gesprächskreis eine Vision von Kirche. Die Außenwahrnehmung der Kirche müsse analysiert werden, die Kirche müsse dialogfähig für Gottesbilder der Menschen heute werden und neue Angebotsformen entwickeln. Ein Sparkurs werde den Mitgliederrückgang nicht bremsen, sondern beschleunigen.
Votum des Gesprächskreises Lebendige Gemeinde
Matthias Hanßmann betonte, dass eine strategische Planung nicht vergessen dürfe, warum es sie grundsätzlich gebe. "Wir reden selbstverständlich vom Auftrag Jesu, und nicht von dem Konzern Kirche. Für uns eine Selbstverständlichkeit. Aber ob das die Anderen auch gleich so heraushören?" fragte er. Die zurückgehenden Zahlen dürften nicht zu einer defensiven Grundhaltung führen. Kirche sei auch kreativ, nach vorn, zu jeder Zeit – dabei würdigte Matthias Hanßmann die besonnene Vorgehensweise des Oberkirchenrates.
Die Lebendige Gemeinde merkte als wichtige Punkte an: Die Schwerpunktsetzung solle nicht mit dem Pfarrdienst sondern mit den Mitarbeitenden beginnen. Bei Verkündigung und Seelsorge spiele das Pfarrerbild eine wesentliche Rolle, aber eben nicht allein. Neben den Schwerpunkten Diakonie und Bildung brauche es die Mission. Wenn Kirche nicht missioniere, gebe sie sich auf. Ein weiteres wichtiges Ziel wäre, die Haltung eines geistlichen Lebens zurückzugewinnen; dies sollte in die Planung mit aufgenommen werden, dies unterscheide die Planung der Kirche von Unternehmensplänen.
Votum des Gesprächskreises Evangelium und Kirche
Thorsten Volz würdigte für seinen Gesprächskreis den Bericht zur Strategischen Planung und das Bemühen um einen gemeinsamen Weg von Oberkirchenrat und Synode. Er begrüßte den im Bericht enthaltenen Mut zur Konzentration. Ein vierter Schwerpunkt fehle, sagte er, und fragte, warum die Bewahrung der Schöpfung nicht das erste der vier Kernthemen sein könne. Er begrüße die Einrichtung eines Umweltreferates und hoffe, dass es nicht nur bei einer Kampagne bleibe.
Zur Punkt Stärkung des Pfarrdienstes sagte Volz, dieser sei überfrachtet, Verkündigung, Seelsorge und Unterricht seien Kernaufgabe. Leitung müsse nicht Kernaufgabe sein. Zur Gewinnung von Nachwuchs brauche es gute Vorbilder. Kontraproduktiv sei, dass den beiden letzten kirchlichen Hochschulen das Aus drohe. Bei der Vielfalt der Gottesdienstangebote müsse man angesichts des Rückgangs an Pfarrpersonen auch hier mit Einschränkungen rechnen. Zum Digitalen Gemeindemanagement: Dies widerspreche, da befristet gefördert, dem Willen zur Stärkung des Pfarrdienstes. Beim Bildungsgesamtplan sei es sehr wichtig, Synergieeffekte aufzudecken und einen Strategiewechsel einzuleiten. Weiterhin fordere der Gesprächskreis eine breite mediale Kampagne, um Diakonie der Öffentlichkeit nahezubringen, damit die Kirche mit Staat und Gesellschaft in Diskurs trete.
Votum des Gesprächskreises Kirche für morgen
Matthias Böhler betonte, dass gerade in der Krise die Strategische Planung wichtig sei, es sei kein Automatismus, dass "Weniger" zu "Mehr" führe. Dies hätten die letzten Monate gezeigt. Der Gesprächskreis kritisiere, dass der Ausschuss für inhaltliche Ausrichtung und Schwerpunktsetzung in dem Bericht keine Rolle spiele, habe die Synode doch damit den Prozess der Konzentration auf das Wesentliche schon auf den Weg gebracht. Er bitte das Kollegium darum, sich hier einzubringen. Verstehe man Strategie als Verhaltensweisen eines Unternehmens zur Erreichung seiner Ziele, stelle sich die Frage nach dem Zielbild der Kirche 2030. Diese Frage sehe der Gesprächskreis nicht beantwortet. Beim Pfarrdienst werde in bestehenden Strukturen gedacht. Beim Thema Bildung wünsche er sich eine Fokussierung; Matthias Böhler wies auf die Tagungshäuser hin; hier wünsche sich der Gesprächskreis den Grundsatz "Menschen vor Steinen" als leitend. Er dankte dem Kollegium, dem OKR und Herr Direktor Werner abschließend für die offene und vertrauensvolle Kommunikation als gute Grundlage für schwierige Entscheidungen und komplexe Prozesse, an denen sich der Gesprächskreis voller Hoffnung beteilige.
In der Aussprache wurden folgende Anträge eingebracht (die ausführlichen Antrags- und Begründungstexte finden Sie unten in den Downloads):
Unter der Nummer 71/20 beantragten die Mitglieder des Gesprächskreises Kirche für morgen, der Sonderausschuss für Inhaltliche Ausrichtung und Schwerpunkte solle gebeten werden, im Rahmen seiner Beratungen als Kriterium aufzunehmen, dass mindestens 10% aller Ressourcen (Finanzen, Personal, Zeit, Gebäude) für Innovation und neue Formen von Kirche aufgewendet werden.
Beschluss: Der Antrag Nr. 71/20 wird in den Sonderausschuss für Inhaltliche Ausrichtung und Schwerpunkte verwiesen.
Unter der Antragsnummer 72/20 beantragten die Synodalen Thorsten Volz und Kai Münzing, der OKR solle gebeten werden, im Rahmen des Projektes kirchliche Strukturen 24+ eine Prüfung und Realisierung einer regionalen Immobilienverwaltung und -betreuung im Rahmen der neuen Verwaltungsebenen als Dienstleistung für Kirchengemeinden aufzunehmen, um die Gemeinden in diesem Thema zu entlasten.
Beschluss: Der Antrag Nr. 72/20 wird in den Ausschuss Kirche und Gemeindeentwicklung verwiesen.
Unter der Nummer 69/20 beantragte der Synodale Matthias Hanßmann, der OKR solle gebeten werden, bei zukünftigen Umstrukturierungen der kirchlichen Arbeit das Thema des missionarischen Handelns als eigenen Schwerpunkt für die Vorbereitung zur Strategische Planung und deren Umsetzung aufzunehmen.
Beschluss: Der Antrag Nr. 69/20 wird in den Sonderausschuss für Inhaltliche Ausrichtung und Schwerpunkte verwiesen.
Aussprache
Nach Ansicht des Synodalen Hellger Koepff (Biberach) sei die Gewichtung der Schwerpunkte nicht gelungen, statt des Fokus' auf den Pfarrdienst hieße es besser: Verkündigung leben, Menschen bilden und diakonisch handeln. Von dort aus könne man sich fragen: Was wollen wir tun? Der Pfarrdienst käme bei dieser Vorgehensweise bei der Verkündigung an erster Stelle. Es fehlten Kunst und Kultur, Spiritualität.
Beate Keller (Süßen) betonte, dass die Kernthemen ohne das Ehrenamt nicht möglich seien, gerade in der Corona-Krise brächten sich Ehrenamtliche stark ein.
Rainer Köpf (Weinstadt-Beutelsbach) sprach von einem atemberaubenden kirchlichen Transformationsprozess; man müsse werben, die Menschen wüssten nicht mehr, was Kirche ist, Es brauche Innovationskeime für die Zukunft.
Der Synodale Matthias Eisenhardt (Schorndorf) erklärte, Bildung hänge mit Vorbild-Sein zusammen, vorbildlich leben sei die glaubwürdigste Form von Mission. Im Bereich Datenschutz dürfe man die Gemeinden nicht allein lassen.
Die Synodale Britta Gall (Pfalzgrafenweiler) wies darauf hin, dass junge Menschen oft keine Heimat in der Kirche fänden, dies sei aber eine wichtige Voraussetzung für Engagement.
Auf die im Bericht genannten Probleme in der Zusammenarbeit im diakonischen Handeln merkte der Synodale Martin Wurster (Schömberg-Langenbrand) an, dass die Kirche die Aufgabe habe, auf die Dienste und Einrichtungen zuzugehen.
Die Synodale Annette Sawade (Schwäbisch Hall) hob das Thema Klimaschutz hervor, es gehöre zu den Schwerpunktthemen.
Der Synodale Reiner Klotz (Steinheim) fragte nach der Unterstützung der Gemeinden bei der Umsetzung der Digitalen Roadmap, auch beim Datenschutz und beim Streaming von Gottesdiensten.
Die Synodale Angelika Klingel (Heimsheim) merkte den Wert der Kommunikation an; beim Thema Auflösung der Sonderhaushalte etwa hätte sie sich Transparenz gewünscht, so sei die Auflösung als Beraubung von Handlungsmöglichkeiten gesehen worden.
Der Synodale Bernd Wetzel (Brackenheim) forderte statt eines neuen, akzeptanzfördernden Gottesbildes ein neues Kirchenbild, und verwies auf den Vorschlag der Kirche als Beziehungsgeschehen.
Der Synodale Anselm Kreh (Hermaringen) mahnte, die muslimischen Mitbürger nicht zu vergessen, sie seien für die Kirche wichtige Gesprächspartner.
Zum Begriff der Mission wies die Synodale Yasna Crüsemann (Geislingen) darauf hin, dass dieser in der Debatte unterschiedlich, als Containerbegriff, benutzt werde. Er müsse mit Inhalt gefüllt werden.
Direktor Stefan Werner entgegnete auf die Aussprache, dass die Planung nicht den Anspruch habe, alle kirchlichen Aufgaben zu erfassen. Kritik und Anregungen, wie zur Gewichtung des Pfarrdienstes, zur Klimagerechtigkeit und zum Datenschutz, aber auch zur Kommunikation, seien aufgenommen zur weiteren Diskussion.