07.05.2025

#VerständigungsOrt in Ludwigsburg: Dialogforum zum Thema „Ist das Boot voll? Ludwigsburg und seine Flüchtlinge“

Die Friedenskirche in Ludwigsburg gibt mit dem Dialogforum zum kontroversen Thema Migration die Möglichkeit für echte Verständigung

Die Gesprächsreihe Dialogforum der Ludwigsburger Friedenskirche und der Initiative #VerständigungsOrte trifft nach eigenen Angaben “einen Nerv”: Fast 200 Besucherinnen und Besucher kamen zum zweiten Dialogforum im April unter dem Motto „Ist das Boot voll? Ludwigsburg und seine Flüchtlinge“ in der Friedenskirche zusammen, um miteinander zu sprechen. Im Interview berichtet Pfarrer und Veranstalter Dr. Martin Wendte über die Erfahrungen und gibt Tipps für die Umsetzung eines #VerständigungsOrts. Die Initiative der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Diakonie Deutschland zusammen mit der Zukunftswerkstatt midi möchte Menschen zu polarisierenden Themen in unserer Gesellschaft zusammen- und ins gegenseitige Zuhören bringen.
 

Das Dialogforum beginnt mit einer Podiumsdiskussion, danach tauschen sich die Teilnehmenden an Tischen aus. Im Bild v.l.n.R.: Renate Schmetz, erste Bürgermeisterin von Ludwigsburg, Mo Asumang, Regisseurin, Aktivistin, TV-Moderatorin, Prof. Dr. Andrea Wechsler, CDU-Abgeordnete des Europäischen Parlaments, Pfarrer und Moderator Stephan Seiler-Thies

Herr Dr. Wendte, warum ist Ihr Projekt ein #VerständigungsOrt? 

Pfarrer Dr. Martin Wendte: Erstens, wir haben ein Thema gesucht, das wirklich Verständigung benötigt, weil die Meinungen dabei ganz weit auseinander gehen: Ludwigsburg und seine Flüchtlinge. Ist das Boot voll? Wir haben, um dieser Frage nachzugehen, ganz breit geworben. In der kirchlichen Öffentlichkeit, aber auch allgemein in der städtischen Öffentlichkeit. Wir haben versucht, Menschen aus ganz unterschiedlichen Blasen zu erreichen, damit sie blasenübergreifend miteinander ins Gespräch kommen. Und drittens, wir haben dann tatsächlich einen Ort bereitet. Wir haben Tische bereitet, an denen die Menschen da waren, aus ganz unterschiedlichen Blasenhintergründen, und tatsächlich miteinander ins Gespräch gekommen sind.

Rechts im Bild: Pfarrer Dr. Martin Wendte veranstaltet in Ludwigsburg das Dialogforum der Evangelischen Friedenskirchengemeinde Ludwigsburg und der Initiative #VerständigungsOrte. Links im Bild: Mo Asumang, Regisseurin, Aktivistin, TV-Moderatorin und Podiumsteilnehmerin beim Dialogforum am 10. April 2025

Wieso ist es Ihnen als Kirchengemeinde und Pfarrer wichtig, einen #VerständigungsOrt anzubieten?

Wendte: Ich glaube, dafür gibt es drei Gründe. Zum einen gehen die Spaltungen in der Gesellschaft ja auch mitten durch die Kirchengemeinden, durch unsere Kirchen hindurch. Wir haben ja Menschen unterschiedlicher Blasen in unserer Landeskirche. Das ist wunderbar, das ist eine große Bereicherung und deswegen sind die Verständigungen, die nötig sind, auch innerhalb der Kirche zu erzielen. Zweitens glaube ich, dass es die Rolle von Kirche in der Öffentlichkeit ist. Wir können das in besonderer Weise. Weil wir drittens davon ausgehen, dass Verständigung möglich ist, weil da ein anderer, größerer uns begleitet und irgendwie mit dabei ist: Gott, der auf Verständigung aus ist, der es uns ermöglicht, Brücken zu schlagen - oder zumindest hinzuhören.

Kam es auch tatsächlich zu Kontroversen, die man für alle Beteiligten konstruktiv bearbeiten konnte? Und dann auch zu Verständigung?

Wendte: Verständigung heißt, glaube ich, erstmal: hinhören. Bereit sein, mit einer Haltung der Offenheit etwas anzuhören. Damit ja auch zu ertragen, sich aufzuladen, das mitzutragen, was man vielleicht einfach auch für falsch hält. Wenn man das versucht, auf dem Podium zu inszenieren - wir haben am Anfang ein Podium 30 Minuten -  da gingen die Meinungen ein bisschen auseinander. Nicht ganz so hart wie an den Tischen, so habe ich es gehört: An den 20 Tischen, die wir hatten, gingen die Meinungen teilweise wirklich stark auseinander. Und da war es dann so, dass die Menschen sich wenigstens angehört haben. Und dann vorsichtig tastend in den Austausch gekommen sind. Es war gar nicht das Ziel zu sagen: Wir einigen uns. Verständigung heißt nicht Einigung, Verständigung heißt hinhören und damit so umgehen, dass man dem anderen in eigener Weise einen Schritt entgegenkommt, und das ist, glaube ich, doch schon passiert.

#VerständigungsOrte

Kirche und Diakonie setzen sich angesichts von Krisen, Polarisierung und Populismus für mehr Verständigung ein. Die Initiative #VerständigungsOrte – Wir. Reden. Hier. der EKD, der Diakonie Deutschland und der "midi – Zukunftswerkstatt von Kirche und Diakonie" ermutigt alle Gemeinden und Einrichtungen von Kirche und Diakonie dazu, Räume für Gespräche zu öffnen und Menschen mit unterschiedlichen Ansichten zum Austausch einzuladen.

Haben Sie ganz praktische Tipps, wie man - auch aus einer christlichen Haltung heraus - angesichts von Krisen, Polarisierung und Populismus wieder ins Gespräch kommen kann?

Wendte: Wir sind für diese einzelne Veranstaltung wirklich breit in Werbung gegangen und haben ganz genau darauf geschaut, dass wir auch in unterschiedlichen Medien, digital und analog, und in unterschiedliche Blasen reinkommen. Das heißt, wir haben versucht, das Thema insgesamt in der breiteren Öffentlichkeit zu platzieren: Zeitungen, Radio, Plakatierung einer Straße und vieles mehr. Ich habe dann noch mal konkret Leute angesprochen in den unterschiedlichen Blasen, an den Schnittstellen zu den Blasen, dass wir mit denen auch in Kontakt kommen. Ich glaube, das hat ganz gut funktioniert. Und dann eben eine offene Willkommenheit in dem Ganzen. Das hilft dann natürlich auch. 

Was würden Sie anderen empfehlen, die auch einen #VerständigungsOrt anbieten möchten?

Wendte: Ich würde empfehlen: Macht es einfach. Macht es, riskiert es. Und mir war damit zweierlei wichtig. Zum einen eine Haltung der Einladung zu haben. Zu sagen “Ich will wirklich hinhören”, das ist das Zentrale. Und zweitens: Bereit zu sein, dafür auch ordentlich Prügel einzustecken. Ich bin auch sehr angegangen worden, ich bin von sehr linker Seite angegangen worden, die gesagt haben, wenn man die Frage stellt, “Ist das Boot voll?”, dann folge ich schon einem sehr rechten Narrativ, damit würde Kirche ihre eigene Sache verraten. Ich bin von rechter Seite auch angegangen worden, dass es nicht zugespitzt genug ist, dass wir nicht die richtigen Leute auf dem Podium hatten. Und das muss man irgendwie mit aushalten und sagen: “Ich bleibe gelassen, ich bleibe gastfreundlich, bleibe auch in dieser Hinsicht auf Verständigung aus.” Und wenn man dazu bereit ist, einfach machen. Es macht wirklich Freude und bei uns war es - zumindest in der Hinsicht, dass wir darüber nachgedacht haben, mit vielen Leuten - auch ein großer Erfolg.
 

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