Am 5. November hat die Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) die überarbeitete Fassung der Charta Oecumenica feierlich im Vatikan der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Charta ist eines der wichtigsten Grundlagen-Dokumente des überkonfessionellen Miteinanders der Kirchen. Im folgenden Interview erklärt Kirchenrätin Dr. Christine Keim, Leiterin des Referats für Mission, Ökumene und Entwicklung im Ev. Oberkirchenrat, was die Charta Oecumenica ist und was ihre Aktualisierung bedeutet.

Was ist die Charta Oecumenica?
Kirchenrätin Dr. Christine Keim: Die Charta Oecumenica wurde 2001 als ein gemeinsames Dokument der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) veröffentlicht. Die Pflege und Entwicklung der guten ökumenischen Beziehungen zwischen den Kirchen des europäischen Kontinents stand im Mittelpunkt. Die Charta kann folglich als ein „Gründungsdokument der Ökumene in Europa“ bezeichnet werden. Sie hat die ökumenischen Beziehungen vor Ort auf eine gute Grundlage gestellt und zum Teil auch erheblich verändert. Denn dadurch wurden neue Vereinbarungen zwischen den Kirchen möglich. In einigen Regionen hat sie sogar zur gegenseitigen Taufanerkennung beigetragen.
Nach mehr als zwanzig Jahren sollte die Charta aktualisiert werde, damit die geänderten Rahmenbedingungen und die weiterentwickelten ökumenischen Beziehungen aufgegriffen und reflektiert werden. Die württembergische Theologin Lea Schlenker war im Namen der KEK die Co-Leiterin der zu diesem Zweck eingerichteten Arbeitsgruppe. Sie ist auch Teil der hochrangigen Delegation, die am 5. November 2025 in Rom die überarbeitete Charta Oecumenica der Öffentlichkeit vorstellt.
Was ist neu an der überarbeiteten Fassung (in groben Zügen oder fokussiert auf die wichtigsten Neuheiten)?
Kirchenrätin Dr. Christine Keim: Im Vorfeld fand ein umfangreicher europaweiter Konsultationsprozess statt, zu dem die KEK und der CCEE ihre Mitgliedskirchen und die Nationalen Kirchenräte aufgerufen hatte. Über die ACK Deutschland eingeladen, hat auch die Württembergische Landeskirche an Vorschlägen zur Überarbeitung mitgewirkt.
Die «neue Charta» ist wie bisher in einzelne Artikel unterteilt, die ein Thema theologisch und biblisch reflektieren und dann in weitergehende Verpflichtungen der Kirchen münden. Es werden Empfehlungen für ökumenische Gespräche und die Zusammenarbeit vor Ort, auf regionaler und überregionaler Ebene formuliert. Die überarbeitete Charta soll dafür das „Handwerkszeug“ und die Grundlage liefern.
Die wichtigsten Änderungen sind diejenigen Abschnitte, die Themen verstärken, die bereits im Originaldokument enthalten sind. Dazu gehören die Themen „Frieden und Versöhnung“ sowie „Migranten und Flüchtlinge“, die hier ausführlicher behandelt werden. Auch die Abschnitte zum Interreligiösen Dialog wurden überarbeitet. Zudem wurden zwei neue Abschnitte eingefügt zum Thema „Jugend“ und „neue Technologien“.
Was bedeutet die Charta und ihre Überarbeitung für die Ökumene in der Gegenwart und in der Zukunft?
Kirchenrätin Dr. Christine Keim: Die überarbeitete Version der Charta Oecumenica würdigt die gewachsenen ökumenischen Entwicklungen der letzten 20 Jahre. Zugleich erfolgt ein Ausblick, welche Anliegen in den nächsten 10 bis 15 Jahre von zentraler Bedeutung sein werden, wie z.B. neue Ansätze zu den Themen Frieden, Migration, Digitalisierung, Europa sowie weltweite Zusammenhänge. Diese Themen werden in einen theologischen und auch liturgischen Begründungszusammenhang eingebettet. Das bedeutet, dass das Dokument nicht nur im Dialog, sondern auch im Kontext von ökumenischen Liturgien eine gute Ressource darstellt.
Wie war die württembergische Landeskirche an diesem Überarbeitungsprozess beteiligt?
Kirchenrätin Dr. Christine Keim: Die württembergische Landeskirche wurde wie alle Mitgliedskirchen von der ACK Deutschland eingeladen, sich an dem Konsultationsprozess zu beteiligen und Überarbeitungsvorschläge zu unterbreiten. Alle eingereichten Vorschläge wurden gesammelt. Es kamen aus ganz Europa insgesamt über 450 Rückmeldungen aus 70 Kirchen und religiösen Organisationen, die alle gesichtet wurden. In Württemberg waren insbesondere das Pfarramt für den jüdisch-christlichen Dialog sowie der Islambeauftragte beteiligt zu den Abschnitten zum Interreligiösen Dialog, „Stärkung der Gemeinschaft mit dem Judentum“ sowie „Beziehungen zum Islam pflegen“. Die Abteilung „Internationale Diakonie“ vom Diakonischen Werk in Württemberg hat Vorschläge zum Thema Migration eingereicht.
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