Tobias Geiger, Vorsitzender des Finanzausschusses.
Bericht des Finanzausschusses
Tobias Geiger, der Vorsitzende des Finanzausschusses, begrüßte in seinem Bericht ausdrücklich die Einführung des neuen Formats der Eckwerteplanung für die Mittelfristige Finanzplanung, beklagte aber auch die Diskrepanz, die darin liege, dass man einen nominal höheren Kirchensteuereingang als im Rekordjahr 2019 erwarte, aber trotzdem nicht aus dem Vollen schöpfen könne.
Geiger regte eine „konzertierte Aktion“ an, um nach Möglichkeiten zu suchen, sich neu der Kommunikation des Evangeliums zu vergewissern. Die Synode befasse sich ja intensiv mit dem Verständnis von Mission. Dies sei nötig, um der Bedrohung der Volkskirche in ihrem Bestand entgegenzuwirken.
Geiger ging dann vor Allem auf die Auswirkungen von Austritten, Taufzurückhaltung und Traditionsabbruch ein. Die meisten Austritte fänden in der Altersgruppe von 25 bis 45 Jahren statt – genau diese Gruppe erreiche aber in 10 Jahren das Lebensalter, das für die Kirchensteuereinnahmen besonders wichtig sei, da die Menschen in diesem Alter das höchste Einkommensniveau ihrer Laufbahn erreichten.
Auch der Traditionsabbruch in den Familien und die daraus resultierende Zurückhaltung bei den Taufen mache zu schaffen. Dies lasse den Mitgliederbestand von unten her abschmelzen.
Die aktuell robuste wirtschaftliche Entwicklung und die resultierenden Kirchensteuermehreinnahmen könnten diese Effekte in Zukunft nur zum Teil ausgleichen. Betrachte man die realen Kirchensteuereinnahmen, würden im Jahr 2026 bereits 50 Mio. Euro fehlen, die aus Rücklagen oder durch Kürzungen ausgeglichen werden müssten.
Geiger begrüßte die Zuführung von 100 Mio. Euro aus der Auflösung kameraler Rücklagen an die Stiftung Versorgungsfonds, um im Sinne der Generationengerechtigkeit nachhaltig Vorsorge zu leisten. Damit sichere man die inhaltliche Arbeit der Zukunft ab.
Der Finanzausschuss habe die Eckwerteplanung im Februar beraten und empfehle der Synode, sie mit Antrag 04/22 zu beschließen.
Gesprächskreisvoten
Offene Kirche
Eckart Schulz-Berg begrüßte in seinem Votum für den Gesprächskreis Offene Kirche die Erhöhung des Verteilbetrags für die Gemeinden, auch wenn trotzdem in Gemeinden und Bezirken für eine Senkung der Kosten geworben werden müsse, da die Inflation die Erhöhung auffressen werde. Diese Einsparungen müsse man aber so gestalten, dass die Kirche in der Fläche gut vernetzt bleibe und über die Kerngemeinde hinaus reiche.
Beim Thema Mitgliederverlust müsse man sich vor Allem für die Taufe einsetzen, da sich diese Lücken in die Zukunft fortsetzen.
Schulz-Berg bezog sich auch auf die 4-prozentige Erhöhung der Mittel für Dauerfinanzierungen und stellte den Bezug zur Frage der Wiederbesetzung des Friedenpfarramtes her, denn „wir brauchen hier für das Friedensthema erneut eine theologische und praktische Vergewisserung“, so Schulz-Berg.
Er begrüßte das neue Instrument der Eckwerteplanung: „Nun haben wir die Eckwerteplanung im Frühjahr, die Mittelfristplanung im Sommer und den Haushalt auf der Herbstsynode. Das scheint mir ein vernünftiger Dreiklang zu sein. Ich hoffe sehr, dass wir bei den vielen Sparvorschlägen, unsere theologischen Kernkompetenzen nicht vergessen.“
Lebendige Gemeinde
In ihrem Votum für den Gesprächskreis Lebendige Gemeinde zeigte sich Anette Rösch einerseits dankbar für die – trotz Corona – guten ökonomischen Entwicklungen, andererseits aber skeptisch, ob die Eckwerteplanung angesichts der weltweiten wirtschaftlichen und damit auch sozialen Folgen des Ukrainekrieges Bestand haben könne.
Ein wichtiges Kapital der Kirche seien die Ehrenamtlichen, die es nun wieder an die Gruppen und Kreise heranzuführen gelte, auch indem man in neue Erprobungsräume investiere: „Denn wo wird unsere Kirche sichtbar und erlebbar? Dort wo sich Christen engagieren und zu Christus unserem Heiland bekennen.“
Rösch begrüßte die Sonderzuweisung in Höhe von 45 Mio. Euro, die den Gemeinden zur Finanzierung der Aufgaben aus dem Klimaschutzkonzept dienten.
Rösch forderte abschließend: „Lassen Sie uns den Zeitenwandel nutzen, um mutig und konsequent und sicher leider oft auch schmerzhaft unsere Kirche zu verschlanken, unseren Gebäudebestand zu reduzieren und dennoch unermüdlich nach Wegen näher zu den Menschen suchen.“
Evangelium und Kirche
Jörg Schaal betonte in seinem Votum für den Gesprächskreis Evangelium und Kirche die Bedeutung der inhaltlichen Debatten auf allen Ebenen, gerade angesichts der Unsicherheiten bei Finanzen und Mitgliederzahlen. Der Missionsgedanke müsse gestärkt werden, „nicht ‚nur‘ für die ganze Welt, sondern auch vor der eigenen Haustür. Und es gibt ‚noch‘ sehr viele Menschen, die sich sehr um dieses Thema bemühen.“ Auch der Pfarrberuf müsse wieder attraktiver werden, und in der Bildung von Kindern bis zu Erwachsenen steckten noch Chancen.
Kirche für morgen
Matthias Vosseler schilderte in seinem Votum für den Gesprächskreis Kirche für morgen seine Erfahrungen beim Sammeln von Hilfsgütern für aus der Ukraine geflüchtete Menschen. Die seien nicht nur von hochverbundenen Gemeindegliedern gekommen sondern auch aus einem über Jahre entstandenen Netzwerk von Menschen. „Mitgliederbindung geschieht dort, wo Menschen sich persönlich begegnen; war die Kirche vor zwei Jahren in den ersten Corona-Monaten kaum mit Wort und Tat präsent, ist dies nun ganz anders“, sagte Vosseler und betonte die Notwendigkeit für Kirche, sichtbar vor Ort bei den Menschen zu sein.
Vosseler ging besonders auf das Thema Mitgliederrückgang ein und fragte insbesondere nach den bereits Ausgetretenen: „Wo sind wir Kirche für Ausgetretene? Wo erreichen wir die in der Gesellschaft, die es noch gibt, die dauerhaft Getauften, das ist gerade unserem Gesprächskreis wichtig“.
Zuletzt betonte Vosseler die Bedeutung des Gebets: „Das Gebet ist nicht die letzte Option, wenn alles andere nicht mehr hilft, sondern immer die erste.
Wenn wir beten, dann deshalb, um uns zu vergewissern und es anderen zuzusagen, dass wir nicht alles in der Hand haben und nicht alles in der Hand haben müssen, sondern aus der Gnade und dem Segen Gottes leben.“
Aussprache
In der Aussprache konzentrierten sich die Synodalen vor Allem auf die Mittel für die popularmusikalische Arbeit einerseits und auf die Frage der Wiederbesetzung des Friedenspfarramtes andererseits.
Holger Stähle (Schwäbisch Hall) formulierte erstens einen selbständigen Antrag, der Oberkirchenrat möge das vakante Friedenspfarramt unverzüglich besetzen, und zweitens einen Antrag zur Geschäftsordnung, über diesen Antrag sofort abzustimmen. Er sagte: „Die Situation schreit nach sofortiger Besetzung.“ Nach der Aussprache zog Stähle beide Anträge aus formal-juristischen Gründen zurück, warb aber weiter für sein das Anliegen.
Dr. Antje Fetzer (Waiblingen), sagte, wenn man an der Schwelle zum dritten Weltkriegs stehe und Krieg als ultima ratio diskutiert werde, bekomme das Friedenspfarramt eine neue Priorität. Und Michael Schradi (Blaubeuren) brachte vor, das Friedenspfarramt mache nach außen sichtbar, wie sich Kirche kompetent einbringen könne. Auch Gerhard Keitel (Maulbronn) setzte sich für eine schnelle Besetzung ein mit dem Argument, es braucht jetzt eine konkrete Ansprechperson. Burkhard Frauer (Ditzingen) betonte die besondere Aufgabe eines Friedenpfarramtes, für die Vernetzung mit Gesellschaft und Politik zu sorgen und das Thema Frieden theologisch zu durchdenken.
Harry Jungbauer (Heidenheim) regte an, den laufenden Prozess zur Definition von Prioritäten und Posterioritäten abzuwarten. Amrei Steinfort (Hechingen) verwies darauf, dass erst kürzlich die Stelle für Friedenspädagogik am Pädagogisch-theologischen Zentrum sehr gut besetzt worden sei. Frieden sei keine extra Pfarrstelle – alle Pfarrerinnen und Pfarrer seien Fachleute für den Frieden. Matthias Böhler (Besigheim) wies darauf hin, dass es in der Eckwerteplanung nicht um konkrete Maßnahmen gehe sondern um den Rahmen. Er wolle über die Frage sprechen, wie man vom Rahmen zu konkreten Maßnahmen komme und wie gesichert werden könne, dass die Synode dabei ausreichend eingebunden werde.
Oberkirchenrat Prof. Dr. Ulrich Heckel schließlich sicherte zu, die Frage des Friedenspfarramtes im Kollegium des Oberkirchenrats und in der AG „Prioritäten und Posterioritäten“ in die Diskussion einzubringen.
Rainer Köpf (Weinstadt-Beutelsbach) betonte die Bedeutung moderner Kirchenmusik und einer vielfältigen musikalischen Kultur für die kirchliche Beheimatung und kritisierte, dass vom Landesmusikplan nur mehr 300.000 Euro in der Planung übriggeblieben seien. Auch Christiane Mörk (Brackenheim) sagte, viele Menschen kämen nur über die Musik mit Kirche in Kontakt, Kirchenmusik sei „die Herzkammer der Kirche“. Die popularmusikalischen Stellen aus dem Landesmusikplan seien aber bis 2025 befristet und könnten nicht mehr besetzt werden. Dies treffe vor allem die Jüngeren. Matthias Hanßmann (Horb a. N.) sagte, es sei nicht zu vermitteln, dass 40 Mio. Euro für Restrukturierungsmaßnahmen zurückgelegt würden und nur 300.000 Euro für den Landesmusikplan zur Verfügung stünden.
Martin Plümicke kritisierte, in den letzten Jahren habe man panikartig Kürzungen angestoßen. Nun liege das Geld in Rücklagen statt der Arbeit der Gemeinden zur Verfügung zu stehen. Es müsse aber jetzt investiert werden in Mitgliedergewinnung und Inhalte, um die Vielfalt der Volkskirche zu erhalten.
Dr. Gabriele Schöll (Aalen) erinnerte daran, dass die weltweite Kirche keineswegs schrumpfe sondern wachse und stark missionarisch und diakonisch wirke. Auch bei uns müsse Kirche eine Wende zum missionarischen Leben machen: „Kirche muss missionarische Kirche werden.“
Oberkirchenrat Dr. Martin Kastrup betonte in der Diskussion, konkrete Maßnahmen wie Friedenspfarramt und Kirchenmusik könnten in der Sommersynode diskutiert werden. Die Eckwerte bildeten lediglich den finanziellen Rahmen. Er lege Wert darauf, dass der Oberkirchenrat in den letzten Jahren keineswegs panikartig reagiert habe sondern den Haushalt geordnet führe. Man habe Rücklagen aufgebaut, auch um Versäumnisse aus früheren Jahrzehnten auszugleichen.
Beschluss
Antrag 04/22 wurde mit wenigen Enthaltungen angenommen.