01.04.2025

"Musik ist eine kaum zu überschätzende Möglichkeit, Glauben zu kommunizieren"

Schwerpunkthalbtag Kirchenmusik bei der Frühjahrssynode

Die Landessynode hat sich bei ihrer Frühjahrstagung 2025 dem Schwerpunktthema Kirchenmusik, ihrer Lage in der Landeskirche und ihren Chancen und Möglichkeiten gewidmet.

Prof. Dr. Dr. Günter Thomas
Prof. Dr. Dr. Günter Thomas

Singen und Musik bieten nach Ansicht des Theologen Prof. Dr. Dr. Günter Thomas (Ruhr Universität Bochum) „unglaubliche Möglichkeiten“ für die Kirche. Kirchenmusik helfe Menschen, in der Kirche einen Ort zu finden, sie sei niederschwellig und doch voller Inhalt, einladend, aber nicht bedrängend, sagte der Professor für Systematische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum am Samstag vor der württembergischen Landessynode in Stuttgart.

Deshalb sei Kirchenmusik „eine kaum zu überschätzende Möglichkeit der Kirche, Glauben zu kommunizieren“. Sowohl Zweifler als auch die, die Gott tief vertrauen, seien zum Singen eingeladen. „Dass der unglaubliche Glaube einen Ort hat, ist das Unglaubliche der Kirchenmusik.“ Hier könnten Menschen „im wahrsten Sinne des Wortes vom Geist Gottes begeistert werden“. Die Hoffnung darauf, dass Musik Gotteslob ist und sich in der Musik Gott erfahren lasse, unterscheide das geistliche Lied von sehr guter säkularer Dichtung, sagte der Theologie in seinem Vortrag zu theologischen Aspekten der Kirchenmusik und ihrer Bedeutung für die Kirche.

Oberkirchenrat Dr. Jörg Schneider
Oberkirchenrat Dr. Jörg Schneider

Der theologische Dezernent der württembergischen Landeskirche, Oberkirchenrat Dr. Jörg Schneider, sagte, dass Kirche sich in schmerzhaften Umbauprozessen befinde, sich der Glaube aber eigentlich um Freude, Dankbarkeit und Hoffnungen drehe. „Ich denke, dass Musik einen entscheidenden Anteil daran hat, diese Seite des Glaubens zu leben.“

Schneider würdigte Thomas’ Gedanken, dass man sich beim Singen Texte und Inhalte aneigne, die man nicht sagen können würde. Thomas: „Im Raum der Musik und im Singen muss man nicht glauben, was man alles so sagt. Das ist die Pointe.“ Man singe das Gegebene. Unter der Hand kämen damit “Inhalte in den Sinn und die Sinnlichkeit, die man nicht wählen würde.” Dieser musikalische Vollzug unterscheide sich von anderen religiösen Vollzügen “durch eben das Musicking. Nicht nur rezipieren, zuhören, in sich aufnehmen, sondern die Stimme erheben, selbst in Töne fassen, selbst eine Stimme im Tonsatz sein, ein Teil eines Ensembles. Man könnte behaupten, dass Musik ganzheitlicher ist und genau deshalb etwa im Gottesdienst integrale Funktion hat.” Die Predigt sei dann zwar das theologische und liturgische Zentrum eines Gottesdienstes. “Die Verinnerlichung auf allen Ebenen geschieht aber im Musicking.” Unter diesem Begriff könne man den gesamten Gottesdienst fassen, weil er alle Sinne und Dimensionen einbeziehe. 

Damit Menschen singen und musizieren oder dabei zuhören, brauche es vor Ort Beziehungen, ergänzte Schneider. „Wenn aber Bindungen und Beziehungen lockerer werden, dann fällt es vor Ort schwerer, dauerhafte Musikangebote vorzuhalten.“ Deshalb seien Kirche und Gemeinde gefordert, diese Verbindungen und Bindungen zu fördern. „Denn letztlich geht es um die Bindung zu Gott“, so der Oberkirchenrat.

Kirchenmusikdirektor Matthias Hanke
Landeskirchenmusikdirektor Matthias Hanke

Laut Landeskirchenmusikdirektor Matthias Hanke sei Kirchenmusik in ihrer ganzen Vielfalt von Stilen und Ausdrucksmöglichkeiten ein Teil der DNA evangelischer Christinnen und Christen. Es werde als Glück empfunden, Gott durch Musik nahe zu sein. Darin liege eine große Chance der Kirchenmusik: „Menschen mit Gottes Nähe zu beglücken.“

Reichweite und Vervielfältigungswirkung gelinge der Kirchenmusik durch „Begeisterte, dazu Berufene, durch eine Vielzahl von Begabten: Ehrenamtliche, Neben- und Hauptberufliche. Sie sind der Schatz, ‚das Kapital‘ dieser Kirche, der Same, der gesät ist und immer wieder für Wachstum sorgt.“ In einer langen Tradition gäben Generationen ihre Begeisterung weiter, so Hanke. Sie ließen sich „in Dienst nehmen, von SEINER Kirche, dem Gottes-Dienst verpflichtet, Soli Deo Gloria.“ 

In der württembergischen Landeskirche gebe es derzeit einen Generationswechsel bei hauptamtlichen Kirchenmusikern: „Die junge Generation stellt sich der Aufgabe, die jahrzehntelange stilistische Fokussierung auf klassische Musik um die Popularmusik zu ergänzen.“ Hier gebe es vielerorts ein fruchtbares Miteinander aus klassischer Musik und Popmusik, so Hanke.

Mit Material von epd

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