| Ökumene

„Christen weltweit teilen ihren gemeinsamen Glauben“

Dr. Christine Keim über die ÖRK-Vollversammlung in Karlsruhe

Was beschäftigt die Delegierten und die Gäste der Vollversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) in Karlsruhe? Wie ist die Stimmung? Wie geht die Versammlung mit dem russisch-ukrainischen Konflikt um? Dazu haben wir auf halber Strecke der Tagung Dr. Christine Keim gefragt, Leiterin des Referats Mission, Ökumene und Entwicklung im evangelischen Oberkirchenrat. Sie nimmt als Gast an der Vollversammlung in Karlsruhe Teil.

ÖRK Vollversammlung
Erzbischof Yevstratiy von Chernihiv und Nizhiyn (Ukraine) spricht vor der Vollversammlung des ÖRK über den Krieg in seinem Land.Bild: ÖRK/Hillert

Wie haben Sie die Vollversammlung in den ersten Tagen erlebt?

Dr. Christine Keim: Die ersten Tagen standen die Begegnungen und das Kennenlernen im Vordergrund, die inhaltliche Befassung mit dem Thema der Vollversammlung: „Christi Liebe bewegt, versöhnt und eint die Welt“. Auch die Grußworte von kirchlichen und religiösen Würdenträgern, dem Bundespräsidenten sowie vom Zentralrat der Juden hat die Versammlung mit großem Interesse gehört. Es ist sehr faszinierend, so vielen Menschen aus anderen Kirchen und Kulturen zu begegnen. Insgesamt sind 3.500 internationale Gäste aus der ganzen Welt in Karlsruhe anwesend. Da ist es spannend, aufeinander zu hören und sich auszutauschen, in den Plenarveranstaltungen und Workshops, bei den Morgen- und Abendgebeten oder bei spontanen Gesprächen. Am vergangenen Wochenende wurden für alle Delegierten Exkursionen in die Region angeboten,  z.B. nach Stuttgart oder Speyer, um das weitere kirchliche und gesellschaftliche Umfeld kennenzulernen. Es wurden beeindruckende Gottesdienste gefeiert, in denen Christen weltweit ihren gemeinsamen Glauben teilen. Das ist sehr inspirierend.

Dr. Christine Keim nimmt als Gast an der Vollversammlung Teil.Bild: privat

Welche Themen beschäftigen die Delegierten vor Allem?

Dr. Christine Keim: Es stehen wichtige Themen auf der Agenda: Gestern ging es um unsere Solidarität angesichts der vielen Bedrohungen des Lebens. Dazu zählen Klimagerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung. Es wurden alternative Wege aufgezeigt, mit unseren Ressourcen umzugehen. Gemeinsam wurde am 1.9. der „Tag der Schöpfung“ gefeiert. Auch der Einsatz für die Würde des Lebens wurde thematisiert, dass kein Mensch aufgrund von Herkunft, Ethnie, Alter, Geschlecht, Religion oder Behinderung diskriminiert werden soll. Die Liebe Christi gilt allen Menschen weltweit. Was dies konkret im jeweiligen Kontext bedeutet, wird in workshops und den sog. „Ökumenischen Gesprächen“ erörtert und diskutiert. Die Vollversammlung bietet die Chance, Menschen aus anderen Teilen der Welt zu begegnen und ihre Stimme zu hören.

Wie nehmen Sie die Stimmung im Hinblick auf die russisch-orthodoxe Kirche wahr?

Dr. Christine Keim: Der ÖRK hat von Anfang an klar gemacht, dass er sich als eine Plattform versteht, bei der unterschiedliche Gesprächspartner miteinander ins Gespräch kommen können. Das erweist sich aber jetzt in der Praxis als schwierig. So wurde des Öfteren von Delegierten aus der Ukraine konstatiert, dass die russisch-orthodoxe Kirche hier nicht auf sie zukomme, um mit ihnen zu reden. Mein Eindruck ist, dass es im Hintergrund aber diplomatische Bemühungen gibt, um den Gesprächsfaden aufzugreifen. Es geht nicht darum, schwierige Themen auszublenden, sondern sich für Frieden und Verständigung in einem schwierigen Kontext einzusetzen. Es ist allen bewusst, dass hier komplexe Themen diskutiert werden, die Sorgfalt und Fingerspitzengefühl benötigen. Insofern blickt die Vollversammlung mit Spannung dem „Öffentlichen Statement“ entgegen, bei dem das Thema aufgegriffen wird.

Ist Ihr Eindruck, dass die Kirchen enger zusammenwachsen?

Dr. Christine Keim: Das gemeinsame Feiern von ökumenischen Gottesdiensten oder Andachten ist ein wichtiges Zeugnis, das erleben lässt, dass Christi Liebe Grenzen überwindet. Menschen werden bewegt durch neue Glaubenserfahrungen und durch den Austausch mit anderen Christen. Dass Kirchen dadurch auch enger zusammenwachsen, lässt sich immer wieder erleben. So gibt es in vielen Ländern mittlerweile Ökumenische Christenräte, die gemeinsam theologisch und diakonisch arbeiten. Auch die Zusammenarbeit mit der Weltweiten Evangelischen Allianz (WEA) hat sich in den letzten Jahren intensiviert, wie z.B. das Dokument „Das christliche Zeugnis in einer multireligiösen Welt“ zeigt. Es wurde 2011 vom ÖRK, der Weltweiten Allianz und dem Päpstlichen Rat für den Interreligiösen Dialog veröffentlicht. Der Rezeptionsprozess zeigt, dass die Kirchen weiterhin auf dem Weg sind. Das ist ein Prozess, den es weiter zu fördern gilt.



Schon gewusst?

elk-wue.de

Mehr News

  • Datum: 05.12.2023

    Vor 70 Jahren ordiniert - ein Rückblick

    Dr. Marion Schwarze blickt auf ein langes Leben als Pfarrerin zurück. Im Oktober 2023 feierte sie das 70jährige Jubiläum ihrer Ordination. Seit damals hat sich viel verändert – in der Kirche und im Beruf von Pfarrerinnen und Pfarrern. Marion Schwarze erzählt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 05.12.2023

    Video: Themen der Herbstsynode

    In diesem Video erklärt Synodalpräsidentin Sabine Foth die fünf wichtigsten Themen der vergangenen Herbstsynode: Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung, Antisemitismus, sexualisierte Gewalt, Christenverfolgung, Rechnungsabschlüsse und Nachtragshaushalt 2024

    Mehr erfahren
  • Datum: 05.12.2023

    Dialog ist wichtiger denn je

    In ihren Grußworten bei der Herbsttagung der Landessynode betonten Prof. Barbara Traub und Dr. Michael Blume, wie wichtig der Dialog zwischen Judentum und Christentum sei - insbesondere seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023.

    Mehr erfahren
  • Datum: 04.12.2023

    Kirchen stärken die Demokratie

    Kürzlich hat die EKD die Ergebnisse ihrer sechsten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung vorgestellt. Im Rahmen der Herbstsynode haben Dr. Edgar Wunder und Dr. Fabian Peters den Synodalen die Studie erläutert. Hier finden Sie die wichtigsten Ergebnisse.

    Mehr erfahren
  • Datum: 03.12.2023

    Bischöfe eröffnen gemeinsam die Adventszeit

    Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl und Weihbischof Thomas Maria Renz, Rottenburg-Stuttgart, haben mit einem ökumenischen Advents-Gottesdienst in der Esslinger Stadtkirche St. Dionys gemeinsam die Adventszeit eröffnet.

    Mehr erfahren
  • Datum: 03.12.2023

    Überraschender Besuch

    Wir alle haben Bilder von Jesus im Kopf und im Herzen, mit denen wir uns wohlfühlen. Aber wer ist dieser Jesus wirklich, dessen Ankunft wir im Advent und an Weihnachten erwarten und feiern? Darüber denkt Pfarrer Felix Weise in seinem Impuls zum 1. Advent nach.

    Mehr erfahren
  • Datum: 02.12.2023

    Herbsttagung der Landessynode beendet

    Die Synodalen behandelten unter anderem diese wichtigen Themen: Kirchenmitgliedschafts-Untersuchung der EKD (KMU VI), Kirche der Zukunft, Umgang mit sexualisierter Gewalt und Vorstellung der Auf!-Studie, Grußworte von Prof. Barbara Traub und Dr. Michael Blume

    Mehr erfahren
  • Datum: 02.12.2023

    „Immer ökumenisch aufgeschlossen“

    Am 2. Dezember feiert Bischof Dr. Gebhard Fürst (Diözese Rottenburg-Stuttgart) seinen 75. Geburtstag und zugleich seinen Abschied aus dem Bischofsamt. Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl und Synodalpräsidentin Sabine Foth gratulieren.

    Mehr erfahren
  • Datum: 01.12.2023

    Bericht zur Situation von verfolgten Christen

    Weltweit seien mehr als 360 Mio. Christen aufgrund ihres Glaubens Verfolgung ausgesetzt, berichtete Dr. Christine Keim bei der Herbstsynode. Schwerpunkte waren die Situation in Armenien, im Irak und zum Thema "Indigene und Religionsfreiheit"

    Mehr erfahren
  • Datum: 30.11.2023

    Herbsttagung der Landessynode hat begonnen

    Die Landessynode hat sich zum Auftakt ihrer Herbsttagung mit der Strategischen Planung des Oberkirchenrats, der Lage verfolgter Christen und in einem Grußwort sowie der Aktuellen Stunde mit dem Thema Antisemitismus beschäftigt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 29.11.2023

    Advent online 2023: Wort, Bild, Podcast

    Auch 2023 bieten die evangelischen und die katholischen Kirchen in Baden-Württemberg wieder spirituelle Adventsimpulse im Internet an. Diese werden ab dem 1. Dezember immer dienstags, donnerstags und zum Sonntag versendet.

    Mehr erfahren
  • Datum: 29.11.2023

    Neues Bildungsportal der Kirchen

    Die Karl-Schlecht-Stiftung und die Kirchliche Landesarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung in Baden-Württemberg haben den „Innovationspreis Ethische Weiterbildung“ verliehen. Dabei wurde auch das neue Bildungsportal www.bildung-kirchen.de freigeschaltet.

    Mehr erfahren
Mehr laden