29.12.2021 „Es gibt wenige Möglichkeiten zum Luftholen“
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Diakonie
„Es gibt wenige Möglichkeiten zum Luftholen“
Was die Corona-Pandemie für ambulante Pflegedienste bedeutet
Sie sind beinahe überall zu sehen: Ambulante Pflegedienste, die von Haus zu Haus fahren und ältere Menschen versorgen. Wie klappt die ohnehin schon stressige Arbeit in der Corona-Pandemie? Ein Interview mit Alexandra Hug, Leitende Pflegedienstleitung der Ökumenischen Sozialstation Heidenheimer Land.
Ambulante Pflegedienste versorgen und pflegen ältere Menschen. Die Corona-Pandemie wirkt sich auf ihre Arbeit aus. sabinevanerp / Pixabay
Frau Hug, wie ist die Situation im ambulanten Pflegedienst vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie?
Alexandra Hug: Schlimm. Die Lage für uns Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat sich in diesem Herbst noch einmal zugespitzt. Wir hatten immer mal wieder kleinere Ausbrüche, sowohl bei unseren Klienten als auch bei Mitarbeitern, aber immer nur sehr vereinzelt. Jetzt hat es uns im Herbst auch stärker getroffen und es gab viele Kranke auf einen Schlag.
Was geschieht dann?
Hug: Die Arbeit und Stunden verlagern sich auf die anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, deshalb ist die Belastung über lange Zeit sehr hoch. Es gibt wenige Möglichkeiten zum Luftholen, denn wir haben ohnehin zu wenige Fachkräfte. Mehrmals gab es in den letzten Wochen ein paar Touren, die nicht mehr angefahren werden konnten, weil die Mitarbeiter morgens positiv getestet wurden und nach Hause gehen mussten. Wenn dann der PCR-Test positiv ausfällt und eine Person in Quarantäne muss, haben wir nicht nur ein oder zwei Tage einen kurzen Ausfall, sondern auch mal schnell zwei Wochen.
Alexandra Hug ist die Leitende Pflegedienstleitung der Ökumenischen Sozialstation Heidenheimer Land.privat
Und die älteren Menschen?
Hug: Ich kann den Menschen, um die wir uns kümmern, nicht sagen, dass sie bis zur nächsten Woche warten sollen. Sie brauchen uns, und deswegen müssen wir überlegen, wie wir es schaffen, sie zu versorgen.
Als im vergangenen Frühjahr mal fast das ganze Team einer Station in Quarantäne musste, griff unser Pandemieplan, ein Ampelsystem: Wir haben denen abgesagt, die im Umfeld jemanden haben, der sie versorgen kann, und haben nur noch die Menschen versorgt, die die Hilfe am nötigsten gebraucht haben. Jeder hat dann mehr Klientinnen und Klienten versorgt, obwohl eigentlich gar keine Zeit dafür war. Außerdem haben wir Mitarbeiter aus dem Urlaub geholt, damit wir überhaupt die Klienten versorgen konnten. Wir sagen den älteren Menschen sehr ungern ab. Aber wenn es eben nicht anders geht, muss es leider sein.
„Ich kann den Menschen, um die wir uns kümmern, nicht sagen, dass sie bis zur nächsten Woche warten sollen.“
Was hat sich im Vergleich zu letztem Winter verändert?
Hug: Wir haben damals zwischen den Jahren begonnen, zu testen. Das ging am Anfang auch gut. Jetzt, durch die neuen Covid-19-Varianten, die schneller ansteckend sind, und teilweise fehlerhaftere Tests, die auch falsche positive Ergebnisse anzeigen, braucht alles mehr Zeit.
Sämtliche Schutzmaßnahmen einzuhalten, ist sehr aufwendig. Wenn eine ältere Person an Corona erkrankt und niemanden hat, der sie versorgt, gehen wir mit Schutzkleidung dorthin. Wenn es auf einer Tour vielleicht sogar mehrere Covid-Kranke gibt, ist das sehr anstrengend für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Wechsel zwischen den warmen Wohnungen und heißen Bädern im Winter und der Kälte draußen, und dann noch mit Maske, ist für die Mitarbeiter zusätzlich belastend. Wir versuchen, Corona-Kranke immer ans Ende einer Tour zu legen, sodass das Virus nicht unnötig zum nächsten Kunden weitergegeben wird.
Mit den vielen Verordnungen, die wir teilweise wöchentlich, täglich oder stündlich umsetzen, leben wir inzwischen etwas entspannter und können damit umgehen. Außerdem tut sich meist doch noch ein Türchen auf und wir helfen uns gegenseitig, wenn wir nicht wissen, wie wir weiterplanen sollen. Auch wenn keine Feste mehr gefeiert werden und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf vieles verzichten müssen, können wir trotzdem noch miteinander lachen. Wir machen das Beste aus der gegenwärtigen Situation und halten zusammen.
„Wir machen das Beste aus der gegenwärtigen Situation und halten zusammen.“
Wie geht es den älteren Menschen?
Hug: Viele ältere Menschen, die ohnehin schon allein sind, vereinsamen sehr. Wir waren vorher häufig der einzige Kontakt, den sie hatten. Jetzt wurden ihre sozialen Beziehungen noch stärker eingeschränkt. Man merkt, dass es den Menschen an die Psyche geht und sie sich dann umso mehr wünschen, dass die Schwester oder der Pfleger mehr Zeit für sie hätten. Es zerreißt auch die Mitarbeiter, dass sie in einem Dilemma stecken: Sie würden bei einer Person vielleicht gerne auf ein Wort mehr dableiben, aber der nächste wartet, und das wissen sie.
Haben Sie denn Zeit, um mit den älteren Menschen zu sprechen?
Hug: Natürlich, in einem gewissen Rahmen immer, wenn wir wissen, diese Person braucht das jetzt, das würde ihr guttun. Dann sind auch zehn Minuten drin. Die wollen wir auch wirklich versuchen, aufrecht zu erhalten, aber es ist natürlich trotzdem so, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wissen: Wenn sie schon bei der ersten Person eine Viertelstunde länger brauchen, zieht sich das auch bis zur letzten durch.
Für die meisten Klienten ist das Wichtigste, dass jemand da ist, zuhört und wenigstens die Viertel- oder halbe Stunde wirklich Zeit hat. Das ist auch der Vorteil im ambulanten Dienst: Wir kommen zu den Menschen nach Hause und versuchen, ihnen zu signalisieren, dass wir in dem Zeitraum ganz für sie da sind. Eine Glocke, wie es sie im Pflegeheim oder im Krankenhaus gibt, wo die nächste Person klingelt, gibt es nicht.
„Viele ältere Menschen, die ohnehin schon allein sind, vereinsamen sehr. “
Hat Einsamkeit unter älteren Menschen zugenommen?
Hug: Es gab sie schon letztes Jahr stärker, aber sie hat zugenommen, ja. Durch die Impfung trauen sich zwar Angehörige, ihre Eltern oder Großeltern wieder mehr zu besuchen. Das war auch über den Sommer ganz gut. Aber jemand, der so schon niemanden hat, weil er aus gesundheitlichen Gründen vielleicht die Wohnung nicht mehr verlassen kann, zu dem kommt niemand mehr, weil jeder vorsichtig und ängstlich ist. Wir versuchen, die Menschen anzuregen, im Fernsehen oder online Gottesdienste zu schauen, aber ihre echten Kontakte haben sehr abgenommen.
Über die Arbeit der ambulanten Pflegedienste
Zu den Aufgaben der Sozialstationen gehört die Pflege älterer Menschen, die Entlastung bei alltäglichen Aufgaben und die Krankenpflege zu Hause.
Ein Teil der Klientinnen und Klienten der Ökumenischen Sozialstation Heidenheimer Land wird zwischen einmal und dreimal pro Tag versorgt. Ein anderer Teil erhält mehrfach in der Woche Unterstützung. Außerdem gibt es Menschen, die mehrmals im Monat Hilfe etwa bei der Hauswirtschaft und Reinigung erhalten.
Pflegefachkräfte, zum Beispiel Krankenschwestern und Altenpfleger, sind vor allem für die Pflege der älteren Menschen zuständig. Hauswirtschaftsfachkräfte begleiten Klientinnen und Klienten bei der Haushaltsführung, Reinigung oder dem Einkaufen.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sozialstationen fahren zusammengestellte Touren, die vom Wohnort der älteren Menschen und davon, wann diese versorgt werden müssen, abhängen.
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