| Politik

„Intelligente Friedenslösungen statt intelligente Waffen“

Kirchen, Politik, Rüstungsindustrie und Gewerkschaften im Dialog

Die evangelischen Landeskirchen in Baden-Württemberg haben die Bundesregierung am Freitag, 8. Juni, in Bad Herrenalb (Landkreis Calw) dazu aufgefordert, die im Koalitionsvertrag angekündigte, restriktive Rüstungsexportpolitik zu verwirklichen.  Auf einer Tagung der Evangelischen Akademie Baden hatten sie zuvor unter anderem mit Verantwortlichen aus Politik, Rüstungsindustrie und Gewerkschaften diskutiert. Zugleich hoben die Kirchen die besondere Rolle der Europäischen Union in der Friedenspolitik hervor.

Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried JulyEMH/Gottfried Stoppel

Zur restriktiven Rüstungspolitik gehörten „nicht nur das schon länger geforderte Exportverbot für Klein- und Leichtwaffen an Staaten außerhalb EU, Nato und Gleichgestellte, sondern auch eine rechtssichere Widerrufsmöglichkeit für Lizenzgenehmigungen, wenn deren Grundlage dafür entfallen ist“, erklärte der württembergische Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July (Stuttgart). Zudem sollte im Außenwirtschaftsgesetz der grundsätzliche Genehmigungsanspruch für Rüstungsexporte an Drittstaaten abgeschafft werden. In einer Welt voller ungelöster Konflikte, „in der politische Ziele wieder durch den Einsatz militärischer Gewalt durchgesetzt werden, müssen nicht intelligente Waffen, sondern intelligente Friedenslösungen" gesucht werden. "Ich freue mich auf die erste Messe für intelligente Friedenslösungen in Stuttgart und lade herzlich ein, sich dazu Gedanken zu machen“, sagte July.

Der „Glaube an den Gott des Friedens“ müsse auch im Handeln Konsequenzen haben, erklärte die badische Oberkirchenrätin Karen Hinrichs (Karlsruhe). Frieden und Gerechtigkeit seien eine herausfordernde und gemeinsame Aufgabe der Kirchen und ihrer Gemeinden vor Ort. Auf die besondere Rolle der Europäischen Union (EU) in Sachen Frieden machte Militärdekan Hartwig von Schubert (Hamburg) aufmerksam: „Die Macht der EU liegt in ihrer Zivilität“, sagte von Schubert. Sie sei "vielleicht darin einmalig, dass sie einen halbkontinentalen Raum nicht unterwirft, sondern durch Koordination und Kooperation befriedet". Rüstungsexporte in Nicht-EU-Länder müssen nach Ansicht von Klaus Buchner, Mitglied des Ausschusses für Verteidigung und Sicherheit im EU-Parlament, "stärker als bisher reguliert werden, um deren Verwendung in Krisengebieten und in autoritär regierten Ländern zu beschränken". Die Überwachungstechnik müsse dabei ähnlichen Beschränkungen unterliegen wie Rüstungsgüter.

Flüchtlingen und Vertriebenen beizustehen und ihnen eine Heimat zu bieten, sind für beide Kirchen wesentliche Anliegen. Denn schon in der Bibel finden sich viele solcher Schicksale und Geschichten.Giovanni Cancemi/Fotolia

Peter Scheben vom Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie verwies darauf, dass Rüstungsgüter aus Deutschland ausschließlich auf der Grundlage bestehender Gesetze und in Einklang mit den geltenden Vorgaben der Bundesregierung exportiert würden. Die bestehenden gesetzlichen Regelungen dafür seien umfassend und genügten einer restriktiven Exportkontrollpolitik. Im Sinne einer verstärkten europäischen Kooperation gelte es, "eine Harmonisierung der Rüstungsexportrichtlinien innerhalb der EU voranzutreiben".Für eine „breite gesellschaftliche Debatte, was die Zivilgesellschaften gegen die neue Spirale der Aufrüstung in der Welt tun müssen“, sprach sich Kai Burmeister von der IG-Metall Baden-Württemberg aus. Für Kirchen und Gewerkschaften biete sich hier eine stärkere Zusammenarbeit an. Um nicht in den falschen Gegensatz "Frieden oder Arbeitsplätze" zu geraten, setze die IG Metall in den Betrieben der Wehrtechnik auf Konversion und Diversifikation. Dieser Weg sei nicht immer leicht, aus Sicht der Gewerkschaft jedoch alternativlos.Die Akademietagung wurde organisiert von Mitarbeitenden des „Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt“, der landeskirchlichen Friedensarbeit und des Projektes "Rüstungsexporte aus Baden-Württemberg minimieren".

download

Info: 1 MB | PDF
04.09.2017

Handreichung Rüstungsexporte
Erklärung der Evangelischen Landeskirche in Württemberg zu deutschen Rüstungsexporten

download

Info: 4 MB | PDF
12.09.2017

Tod - Made in Germany: Handreichung zur Erklärung der Landeskirche zu deutschen Rüstungsexporten
Handreichung und Material zur Erklärung der Evangelischen Landeskirche in Württemberg zu deutschen Rüstungsexporten. Für die Diskussion über Rüstungsexporte und Kleinwaffen Für Schule und Gemeinde.


Mehr News

  • Datum: 27.07.2024

    TV-Tipp: Visionär und Hoffnungsstifter

    Tobias Merckle ist Sprößling der gleichnamigen Pharma-Dynastie. Seine berufliche Laufbahn schien vorgezeichnet, er wählte jedoch einen anderen Weg: das soziale Engagement. Was motivierte ihn dazu? Darüber spricht er mit Alpha & Omega“-Moderatorin Heidrun Lieb.

    Mehr erfahren
  • Datum: 26.07.2024

    Reisesegen: Mit Gottes Segen unterwegs

    Wer sich auf den Weg macht, möchte sich geborgen und behütet wissen. Hier eine kleine Auswahl an Reisesegen – zum Teilen, Zusprechen oder für die erste Seite Ihres Reisetagebuchs. Sie verreisen in nächster Zeit nicht? Jeder noch so kleine Weg lässt sich segnen…

    Mehr erfahren
  • Datum: 25.07.2024

    Besuch bei rumänischer Partnerkirche

    Seit 30 Jahren ist die Landeskirche mit dem Rumänisch-Orthodoxen Erzbistum von Vad, Feleac und Cluj verbunden. Landesbischof Gohl hat die Partnerkirche anlässlich des Jubiläums mit einer Delegation besucht und unter anderem Metropolit Andrei getroffen.

    Mehr erfahren
  • Datum: 23.07.2024

    Vereinfachte Gemeindegründungen für Landeskirchliche Gemeinschaften

    Eine Gesetzesnovelle ermöglicht es Landeskirchlichen Gemeinschaften, künftig leichter eigene Gemeinden zu gründen. Die Landessynode hat dem Kirchlichen Gesetz zu den Landeskirchlichen Gemeinschaften mit großer Mehrheit zugestimmt und tritt somit am 1. September 2024 in Kraft.

    Mehr erfahren
  • Datum: 23.07.2024

    Oberkirchenrätin Noller in Verfassungsgerichtshof gewählt

    Oberkirchenrätin Prof. Dr. Annette Noller ist vom baden-württembergischen Landtag als Stellvertreterin in den Kreis der Richterinnen und Richter des baden-württembergischen Verfassungsgerichtshofs gewählt worden. Sie sieht ihr neues Amt als „Ehre und große Aufgabe“.

    Mehr erfahren
  • Datum: 22.07.2024

    „Das Neue mit Zuversicht gestalten“

    „Aus gutem Grund – auf gutem Grund“ – so das Motto des Jahresfestes des Gustav-Adolf-Werks. In Gottesdienst, Vorträgen und Workshops tauschten sich die Teilnehmenden über die Zukunft der Kirche und die internationale Verbundenheit evangelischer Christinnen und Christen aus.

    Mehr erfahren
  • Datum: 19.07.2024

    Gebet zum Schuljahresende

    Das Schuljahresende ist für viele eine Zeit der Vorfreude, für manche eine Zeit gemischter Gefühle im Rückblick und für einige eine Zeit des Aufbruchs. Landesbischof Gohl ermutigt mit diesem Gebet Schülerinnen und Schüler, Gott anzuvertrauen, was auf sie zukommt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 18.07.2024

    Landesbischof Gohl: Interview zum Klimaschutz

    „Angst ist immer ein schlechter Ratgeber – denn das macht dich eng“, sagt Landesbischof Gohl zum Thema Klimaschutz. „Wenn wir uns so verhalten würden, wie es der Schöpfung entspricht, würde es unserer Welt viel besser gehen“. Hier finden Sie das Interview als Text und Video.

    Mehr erfahren
  • Datum: 18.07.2024

    Fortbildung für Digitalisierungs-Coaches geht in die nächste Runde

    Im Herbst 2024 startet die nächste Weiterbildung zu Digitalisierungs-Coaches. Die Fortbildung hat schon viele Haupt- und Ehrenamtliche befähigt, die Digitalisierung vor Ort zu begleiten. Eine digitale Info-Veranstaltung gibt's am 18. September.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.07.2024

    Neues Erscheinungsbild für die Landeskirche

    Mehr Farbe, neues Logo, mehr Flexibilität, mehr Spielräume: Zum 1. Advent 2024 löst die Evangelische Landeskirche in Württemberg ihr rund 30 Jahre altes Corporate Design (CD) durch eine überarbeitete Version ab.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.07.2024

    Früherer Landesbischof July feiert 70. Geburtstag

    Dr. h. c. Frank Otfried July feiert am 17. Juli seinen 70. Geburtstag. Er war von 2005 bis 2022 Landesbischof der württembergischen Landeskirche. Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl würdigt die Julys Verdienste „als Brückenbauer in Kirche, Diakonie und Gesellschaft“.

    Mehr erfahren
  • Datum: 13.07.2024

    TV-Tipp: Lissy Schneiders Erfahrungen als Pflegekind

    Die leiblichen Eltern suchtkrank, mit zwei Jahren im Kinderheim, mit drei bei einer Pflegemutter – mit bis zu sieben weiteren Kindern. Wie erlebte Lissy Schneider Kindheit und Jugend? Darüber spricht Alpha & Omega“-Moderatorin Heidrun Lieb mit dem einstigen Pflegekind.

    Mehr erfahren
Mehr laden