| Gesellschaft

Ein Segen für die Gesellschaft

Studie zu den Langzeiteffekten der Konfirmandenarbeit veröffentlicht

„Die Konfirmandenzeit bietet einen wichtigen Zugang zum Ehrenamt“, sagt Professor Dr. Wolfgang Ilg im Interview mit Ute Dilg. Der ehemalige Landeschülerpfarrer hat an einer Studie der Universität Tübingen zu den Langzeiteffekten der Konfirmandenarbeit mitgearbeitet. Das Ergebnis der Erhebung: Junge Menschen, die mit religiöser Erziehung aufwachsen, sind gesellschaftlich engagierter als Konfessionslose. 

Prof. Dr. Wolfgang IlgJulian Meinhardt

Hat Sie das Ergebnis der Studie überrascht?
Nein. Dass sich Kirchenmitglieder stärker engagieren als Nicht-Mitglieder ist auch eine Erkenntnis des Freiwilligensurveys. Dieser wird im Auftrag der Bundesregierung alle fünf Jahre zum Thema Ehrenamt in Deutschland durchgeführt. Wir haben nun danach gefragt, warum Kirchenmitglieder sich stärker sozial engagieren.

Woher kommt es denn, dass sich die jungen Menschen mit Kirchenbezug stärker engagieren?
Das Elternhaus hat einen ganz wichtigen Einfluss. Wenn die Eltern sich ehrenamtlich engagieren, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Jugendliche und junge Erwachsene das auch tun. Wenn Kinder im Grundschulalter Menschen kennen, die als Ehrenamtliche arbeiten, erhöht auch das die Wahrscheinlichkeit für ein späteres eigenes Engagement. Und weil in der Kirche das Ehrenamt eine große Rolle spielt, wachsen kirchlich sozialisierte Kinder und Jugendliche in einem entsprechenden Umfeld auf. Darüber hinaus bietet die Kirche auch im Jugendalter wichtige Ehrenamts-Impulse.

Wie kann man diejenigen für ein Ehrenamt begeistern, die diese Art des Engagements nicht in ihrem Elternhaus oder näherem Umfeld kennenlernen?
Die Konfirmandenarbeit bietet dazu einen ganz wichtigen Zugang. Es lassen sich etwa 90 Prozent aller Evangelischen konfirmieren und lernen während ihrer Konfi-Zeit Ehrenamtliche kennen. In vielen Gemeinden gibt es heutzutage sogenannte Konfi-Teamer. Das sind junge Leute, die gerade bei Konfi-Camps oder Freizeiten ehrenamtlich mitarbeiten und dabei offensichtlich eine Menge Spaß haben. Das weckt die Lust bei den Konfirmandinnen und Konfirmanden, nach der Konfirmation selber einzusteigen.


Dr. Wolfang Ilg ist als Professor an der Evangelischen Hochschule in Ludwigsburg für die Themen Jugendarbeit und Gemeindepädagogik zuständig. Zuvor war er neun Jahre Landeschülerpfarrer im Evangelischen Jugendwerk in Württemberg (EJW) sowie als Wissenschaftlicher Mitarbeit der Universität Tübingen tätig.


Die Konfirmation hat für junge Erwachsene einen wichtigen Stellenwert. Viele sehen dieses Ereignis als einen der wichtigsten Tage im Leben.EMH/Gottfried Stoppel

Sie haben junge Leute im Alter von 18 bis 26 Jahren befragt. Da ist die Konfi-Zeit ja schon eine Weile her. Was sagen die Befragten denn im Rückblick?
Die Konfirmation hat für sie einen wichtigen Stellenwert. Viele sehen dieses Ereignis als einen der wichtigsten Tage im Leben. Das nimmt natürlich ab, je älter sie werden. Aber die Tatsache, dass man persönlich den Segen empfängt, dass deshalb ein großes Familienfest gefeiert wird, bei dem man Geld und Geschenke bekommt, verankert sich sehr in der Erinnerung. Die Gemeinschaft in der Gruppe, die Freizeiten und Konfi-Camps sind ganz wichtige Erfahrungen.

Wie muss die Konfirmandenarbeit gestaltet sein, dass sie Anreize bietet für ehrenamtliches Engagement?
Ganz wichtig ist ein Gemeindepraktikum für Konfirmandinnen und Konfirmanden. Viele der Befragten sagen, dass sie dadurch motiviert wurden, sich später zu engagieren.

Warum ist das der Fall?
Das Konfi-Praktikum bietet alles, was man für einen Einstieg in ein Ehrenamt braucht. Die Jugendlichen erleben Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren und es nicht als Opfer empfinden, sondern dabei selbst Spaß haben. Sie diskutieren in der Gruppe darüber, warum es so wichtig ist, dass sich Menschen freiwillig in die Gesellschaft einbringen. Und sie erleben am eigenen Leib, dass es gar nicht so schwer ist, sich einzubringen.

Wir haben jetzt vorrangig über das Ehrenamt innerhalb der Kirche gesprochen. In der Studie ist aber von gesellschaftlichem und sozialem Ehrenamt generell die Rede.
Das ist richtig. Wir sind von folgender Definition ausgegangen: Ehrenamtliche sind Menschen, die die sich freiwillig und ohne Verdienstabsicht im öffentlichen Raum für andere Menschen einbringen. Das heißt, es geht nicht nur um den kirchlichen Bereich, sondern ganz allgemein um das Engagement für die Gesellschaft. Evangelisch sozialisierte Menschen sind häufig auch in den Bereichen Sport, Schule oder in der Jugendarbeit aktiv. Sie sind ein Segen für die Gesellschaft. Ihr Ehrenamt hat eine hohe zivilgesellschaftliche Bedeutung. 


Die Studie „Jung – Evangelisch – Engagiert. Langzeiteffekte der Konfirmandenarbeit und Übergänge in ehrenamtliches Engagement“ gehört zum Forschungsschwerpunkt „Konfirmandenarbeit erforschen und gestalten“ der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen unter Leitung von Prof. Dr. Friedrich Schweizer, Lehrstuhl für Praktische Theologie II. Sie ist im Gütersloher Verlag erschienen und wurde am 4. Juni 2018 bei einer Tagung in Berlin, gemeinsam mit dem Ratsvorsitzenden der EKD, Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm, vorgestellt.

Derzeit arbeitet das Forschungsteam daran, alle bisherigen Erkenntnisse des Forschungsschwerpunkts für interessierte Praktiker zusammenzufassen sowie Anstöße zur Weiterentwicklung der Konfirmandenarbeit zu geben. Das Buch soll Ende 2018 erscheinen.


Mehr News

  • Datum: 24.09.2023

    Gerhard Hennig zum 85. Geburtstag

    Prof. Dr. Gerhard Hennig feiert am 25. September seinen 85. Geburtstag. Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl sagt über den früheren Oberkirchenrat, er habe vielen Pfarrerinnen und Pfarrern den Blick für den württembergischen Gottesdienst mit all seinen Chancen geöffnet.

    Mehr erfahren
  • Datum: 22.09.2023

    „Die Gesellschaft braucht die Kirchen“

    Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Landesbischöfin Dr. Heike Springhart (Baden) und der Journalist Michel Abdollahi haben bei einer Veranstaltung im Stuttgarter Hospitalhof über die gesellschaftliche Bedeutung von Religion und Religionsunterricht diskutiert.

    Mehr erfahren
  • Datum: 21.09.2023

    50 Jahre Denkendorfer Modell

    Die landeskirchliche Sprachförderung für Kinder nach dem Denkendorfer Modell feiert 50jähriges Bestehen. Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl würdigt die Bedeutung dieser Arbeit und Eva Fieweger (ptz) erklärt im Interview, wie das Denkendorfer Modell funktioniert.

    Mehr erfahren
  • Datum: 20.09.2023

    Berg-Karabach: Gebet und Stellungnahme

    Angesichts der schweren Konflikte in der Region Berg-Karabach hat Kirchenrätin Dr. Christine Keim ein Friedensgebet verfasst. Die christlichen Kirchen in Deutschland haben zudem gemeinsam eine Stellungnahme veröffentlicht, die Sie ebenfalls hier finden.

    Mehr erfahren
  • Datum: 20.09.2023

    Landesfrauenpfarrerin Karin Pöhler

    Karin Pöhler ist neue württembergische Landesfrauenpfarrerin. Sie möchte „das Engagement und die Kompetenzen von Frauen in unserer Kirche sichtbar machen und stärken und Räume für Frauen öffnen, in denen sie ihre eigene Spiritualität ausprobieren und finden können.“

    Mehr erfahren
  • Datum: 20.09.2023

    Eindrücke von der LWB-Vollversammlung

    „Beeindruckt von der Vielfalt der lutherischen Kirchen“ und das Erleben, „wie der Geist Gottes uns Kraft und Hoffnung gibt“ – diese und mehr Eindrücke der württembergischen Delegierten von der Vollversammlung des Lutherischen Weltbunds (LWB) finden Sie hier.

    Mehr erfahren
  • Datum: 19.09.2023

    Räume für ein Leben in Würde

    In ihrem Wort zur Interkulturellen Woche 2023 (24. September bis 1. Oktober) setzen sich die württembergische Landeskirche und das Diakonische Werk Württemberg dafür ein, dass alle Menschen Räume haben, in denen sie ein Leben in Würde führen können.

    Mehr erfahren
  • Datum: 18.09.2023

    „Gründergeist“ in Stuttgart

    Das EJW, der CVJM Baden und die Missionarischen Dienste der badischen Landeskirche laden am 23. September Gründerinnen und Gründer nach Stuttgart ein. Damit sind Menschen gemeint, die Ideen für kirchliche Start-Ups und neue Gemeindeformen entwickeln.

    Mehr erfahren
  • Datum: 18.09.2023

    Förderung für Social-Media-Gemeindearbeit

    Digitale und analoge Gemeindearbeit optimal verknüpfen – das ist das Ziel eines neuen Social-Media-Konzeptes für Kirchengemeinden der Landeskirche. Für die zweijährige Förderung können sich Kirchengemeinden jetzt bewerben. Nico Friederich erklärt das Konzept

    Mehr erfahren
  • Datum: 18.09.2023

    Charlotte Horn in Rat des LWB gewählt

    Vikarin Charlotte Horn ist in den Rat des Lutherischen Weltbundes gewählt worden. „Der Lutherische Weltbund setzt sich für eine gerechtere, friedliche und versöhnte Welt ein. Daher ist es eine große Ehre für mich, in den Rat des LWB gewählt worden zu sein“, so Horn.

    Mehr erfahren
  • Datum: 15.09.2023

    „Hoffnungsmensch“: Podcast mit Steffen Kern

    Das Evangelisches Medienhaus Stuttgart startet ein neues Podcast- und TV-Format zum Thema Hoffnung. In zehn Folgen trifft Gastgeber Steffen Kern auf Menschen, die Hoffnung in die Welt tragen. Die erste Folge mit Miss Germany Kira Geiss ist ab 15. September zu hören.

    Mehr erfahren
  • Datum: 14.09.2023

    Gruß zu Rosch ha-Schana

    Zum jüdischen Neujahrsfest Rosch ha-Schana hat Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl gemeinsam mit Bischof Dr. Gebhard Fürst, Landesbischöfin Dr. Heike Springhart und Erzbischof Stefan Burger den jüdischen Menschen und Kultusgemeinden im Land Glück- und Segenswünsche übermittelt.

    Mehr erfahren
Mehr laden