„Wachsamkeit schärfen gegen die vielen kleinen und großen Zeichen der Unmenschlichkeit“
Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl besucht am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus (27. Januar) die KZ-Gedenkstätte Bisingen. Im Vorfeld seines Besuchs machte er auf die große Bedeutung der vielen kleineren, oft ehrenamtlich betreuten Gedenkorte und -projekte aufmerksam.
Im Folgenden finden Sie Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohls Wort zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus:
„Gedenkorte wie das Gelände des Konzentrations- und Arbeitslagers Bisingen machen auf eindrückliche Weise deutlich, dass das Grauen der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft nicht auf einige wenige Orte wie Dachau, Buchenwald oder Auschwitz beschränkt war, sondern das ganze Land durchzog. Der Schrecken war Alltag in den Dörfern und Städten. Binnen weniger Jahre hatten es die Nazis geschafft, das Prinzip der Grausamkeit zur blassen Normalität werden zu lassen. Deshalb sind gerade auch die kleineren, oft ehrenamtlich betreuten Gedenkorte wie dieser so wichtig: Sie liegen in Reichweite, sind Teil unserer Landschaften und Ortschaften und lassen uns erschrecken darüber, wie leicht sich Unrecht und Unmenschlichkeit in den Alltag einschleichen können. Dass es im Verhältnis der Bisinger Bevölkerung zu den geschundenen Zwangsarbeitern auch Aktionen der Mitmenschlichkeit gab, macht Hoffnung, kann aber den Schrecken nicht mildern.
Der 27. Januar als Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert uns jedes Jahr an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. Dieser Tag steht stellvertretend für das Ende des menschenverachtenden Unrechtsregimes des Dritten Reiches, das Juden, Sinti und Roma und viele andere Menschen gnadenlos verfolgte. Millionen Männer, Frauen und Kinder wurden verschleppt, gequält, gefoltert und ermordet.
Orte wie dieser und Tage wie dieser wollen uns aufrütteln, unsere Wachsamkeit schärfen gegen die vielen kleinen und großen Zeichen der Unmenschlichkeit, ganz konkret in unserem alltäglichen Leben, unserer Nachbarschaft, unseren Städten ebenso wie auf der großen Bühne der Politik. Hier hat Kirche eine ganz besondere Verantwortung. Der Glaube sieht jeden einzelnen Menschen als geliebtes Gotteskind, das aus der Gnade Gottes lebt. Mit diesem Blick muss Kirche Gesellschaft und Politik beobachten und überall da die Stimme erheben, wo Menschen gedemütigt, verletzt und ihrer Menschenrechte beraubt werden.“
Zum Hintergrund
Der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert an die Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz am 27. Januar 1945. In Auschwitz sind mehr als eine Million Menschen ermordet wurden.
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