| Kirchenjahr

Osterbotschaft von Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl

„An der Hand Gottes gibt es neue Wege, Geborgenheit und Hoffnung“

In seiner Osterbotschaft erinnert Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl daran, dass Ostern zunächst mit der Trauer, dem Leiden, den verpassten Chancen und den dunklen Momenten beginne. Aber dabei bleibe es nicht. An der Hand Gottes gebe es neue Wege, Geborgenheit und Hoffnung. So stehe das Licht des Ostermorgens für die Begegnung mit dem auferstandenen Jesus Christus und damit für die Hoffnung auf ein neues Leben mit Gott, das über dem Tod hinausreiche. Ostern, das Fest der Auferstehung, sei deshalb das wichtigste Fest der Christen. Hier nehme Gott die Menschen an der Hand.

Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl
Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl.Bild: Thomas Rathay

Im folgenden Osterimpuls über Lk 24,31 für das Evangelische Gemeindeblatt in Württemberg erzählt Gohl, wie sich ihm dieser Satz, „Ostern beginnt auf dem Friedhof“ schon in seiner Kindheit eingeprägt habe:

„Da wurden ihre Augen geöffnet und sie erkannten ihn.“ (Lk 24,31)

„Darf ich mitkommen? Bitte!“

„Was willst Du denn auf dem Friedhof?“

„Bitte, ich will mit!“

Ich war acht Jahre alt und es war der Ostermorgen. Später am Morgen würden wir mit allen Geschwistern in den Gottesdienst gehen und Ostern feiern. Mein Vater war damals Pfarrer in Esslingen-Sulzgries. Ich freute mich auf die festliche Musik, auf das Eiersuchen im Garten und das festliche Frühstück. Aber jetzt, am frühen Morgen, wollte ich auf den Friedhof. Der Grund dafür war meine Mutter. Sie sagte uns Kindern immer: Ostern beginnt auf dem Friedhof. Ich verstand das nicht, aber ich wollte trotzdem mit. Ich wollte mit, weil es so still und feierlich um diese Tageszeit auf dem Friedhof war. Meine Mutter wollte den Tag mit dieser Stille beginnen und ich musste versprechen, nichts zu reden. Ich ging gerne an der Hand meiner Mutter und hoffte, ein Eichhörnchen zu entdecken und meine Mutter darauf hinweisen zu können. Doch es kam keins.

Ostern beginnt auf dem Friedhof. Das habe ich damals erlebt, ohne es zu verstehen. Aber kann man Ostern überhaupt verstehen? Musik sagt mehr als Worte. Wenn der Posaunenchor spielt und die Gemeinde auf dem Friedhof singt „Christ ist erstanden, von der Marter aller“. Damals begann die Sonne zu scheinen.

Es gab noch einen anderen Grund mit meiner Mutter auf dem Friedhof zu sein. Direkt beim Friedhof lag der Garten der Grundschule. Ich war stolz auf mein Blumenbeet und hatte im Herbst in einem alten Blumenkasten einige Schlüsselblumen gezogen. Jetzt waren sie nicht nur aus der Erde herausgekrochen, sondern blühten sogar. Das wollte ich meiner Mutter auf dem Rückweg vom Friedhof zeigen.

An dieses Osterfest muss ich in diesem Jahr besonders denken. Meine Mutter ist im letzten Jahr gestorben. Als ich klein war, verband uns vieles, was unausgesprochen blieb – solange ich an ihrer Hand gehen konnte, brauchten wir nichts zu sprechen. Später haben wir als Erwachsene über Ostern gesprochen, Gottesdienste miteinander gefeiert und auch mal an Ostern einen gemeinsamen Spaziergang gemacht.

Ostern beginnt auf dem Friedhof: Das gilt auch für die Emmausjünger. Müde, enttäuscht und traurig gehen sie am Ostermorgen Richtung Emmaus. Da geht plötzlich einer mit ihnen. Es ist der auferstandene Christus. Auf ihrem Weg der Trauer erkennen sie ihn nicht. Erst als sie mit ihm Abendmahl feiern, werden ihre Augen geöffnet. Ostern beginnt auf dem Friedhof. Mit unserer Trauer. Mit dem Leiden, den verpassten Chancen und dem Dunkel. Aber dabei bleibt es nicht. Ostern unterwegs. An der Hand Gottes. Und dann sehen wir das Licht des Morgens. Christ ist erstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden.

Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl


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