| Bezirke und Gemeinden

Pfingstliche Verhandlungen

Fusion schafft zukunftsfähige Strukturen in Schlat und Manzen-Ursenwang

Mit dem PfarrPlan 2024 stellt die Evangelische Landeskirche in Württemberg die Weichen für die Zukunft. So will sie den Herausforderungen begegnen, die sich aus dem demographischen Wandel ergeben. Neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Gemeinden sollen entstehen – auch weil 13 Prozent aller Pfarrstellen wegfallen werden. Wie gehen Kirchengemeinden damit um? Welche Lösungen gibt es? Die Gemeinden Schlat und Manzen-Ursenwang im Kirchenbezirk Göppingen standen beim vorherigen PfarrPlan bereits vor diesen Fragen. Sie haben einen Weg gefunden, um stabile und zukunftsfähige Strukturen zu schaffen: Sie haben fusioniert.

Pfarrerin Eva Barbara Schüz, Pfarrer Michael Schneider, Kirchengemeinderätin Claudia Hörner und Kirchengemeinderat Manfred Pohl (vlnr)EMH/Ute Dilg

Die evangelische Kirchengemeinde Schlat ist eine traditionsreiche Gemeinde: Ihre Geschichte reicht zurück bis ins 15. Jahrhundert. Die benachbarte Kirchengemeinde Manzen-Ursenwang gibt es erst seit gut 60 Jahren. Sie entstand als Siedlungsgemeinde nach dem Zweiten Weltkrieg. Seit 1. Januar 2017 gehören die ungleichen Nachbarn zusammen – als Evangelische Kirchengemeinde Manzen-Ursenwang-Schlat. Eine Liebesheirat?

„Jeder ist auf den anderen zugegangen“

„Na ja“, sagt Kirchengemeinderätin Claudia Hörner aus Manzen-Ursenwang, „die Fusion war ursprünglich nicht unsere erste Wahl.“ Doch die Sparvorgaben aus dem PfarrPlan 2018 waren klar: In jeder der beiden Gemeinden sollte eine viertel Pfarrstelle wegfallen. In Manzen-Ursenwang wäre damit eine dreiviertel- und in Schlat sogar nur noch eine halbe Stelle geblieben. „Damit wäre die Kirchengemeinde in Schlat untergegangen“, erklärt Pfarrer Michael Schneider, früher Pfarrer in Manzen-Ursenwang und nun geschäftsführender Pfarrer der neuen Gemeinde. Denn wer hätte sich dann noch um die vielen Gruppen und Kreise kümmern sollen? Vier Jahre überlegten die Kirchengemeinderäte, wie es weitergehen sollte, entwarfen Konzepte, diskutierten Lösungen. Am Ende dann der „große Wurf“: die Fusion der beiden Kirchengemeinden am 1. Januar 2017. 

Als „geradezu pfingstlich“ bezeichnet Pfarrerin Eva Barbara Schüz die Verhandlungen in der neu gebildeten Steuerungsgruppe. Diese bestand aus je zwei Gemeinderäten der beiden Kirchengemeinden und den beiden Pfarrern. „Alle haben gut zusammengearbeitet. Jeder ist auf den anderen zugegangen und hat nicht nur versucht, das Eigene zu retten. Es sollte keine ’Gewinner’ und ‚Verlierer’ geben. Und so haben wir eine ungewöhnliche Konstruktion hingekriegt“, betont sie. Denn die Gemeinden haben nicht einfach nur fusioniert, sondern ihre Seelsorgebezirke komplett neu aufgeteilt. So entstanden zwei räumlich völlig neu geschnittene Gebiete quer durch die Ortschaften, die mit ihren Pfarrämtern jeweils einer der beiden Kirchen zugeordnet wurden: das Pfarramt Johanneskirche und das Pfarramt Andreaskirche. Das geschäftsführende Pfarramt wanderte zur Schlater Andreaskirche, die im kleineren Gemeindeteil liegt. Ein Zugeständnis der Manzener an die alte, traditionsreiche Gemeinde in Schlat. Dafür sitzt der Kirchenpfleger weiterhin im Gemeindezentrum der Manzener Johanneskirche. Die beiden Gemeindebüros bleiben erhalten.

Fenster im gemeinsamen Gemeindezentrum Manzen-UrsenwangEMH/Ute Dilg

„Wir können Synergien nutzen“

Die beiden Pfarrer haben zudem die Arbeitsbereiche untereinander neu aufgeteilt. Einer wird sich hauptsächlich um die Jugendarbeit, den Konfirmandenunterricht und die Seniorenarbeit kümmern, der andere um die Verwaltung, die Kinderkirche, den Gemeindebrief. „So können wir Synergien nutzen. Das wiegt die Kürzung von insgesamt einer halben Stelle auf“, sagt Michael Schneider. „Am Ende ändert sich für die Gemeindeglieder gar nicht viel.“ Ohne die Fusion allerdings wäre es langfristig schwieriger, alle Gemeindeaktivitäten weiterhin am Laufen zu halten.

Manfred Pohl, der Vorsitzende des Kirchengemeinderats in Schlat, sieht in der Fusion vor allem eine Chance, stabile und zukunftsfähige Strukturen zu schaffen, bei der beide Pfarrstellen auch künftig attraktiv bleiben. Er gibt aber zu, dass er mit seiner Überzeugung durchaus in der Schusslinie stand und steht. „Es gibt Leute, die lautstark gegen die Fusion sind“, sagt er. Gerade ältere Gemeindeglieder sähen die Probleme oft nicht: den heraufziehenden Pfarrermangel oder die sinkende Zahl der Gemeindeglieder. „Es wird noch dauern, bis wir wirklich zusammengewachsen sind“, resümiert Pohl.

„Wir sind auf dem Weg“

Ein erster Schritt in eine gemeinsame Zukunft war das Festwochenende zur Gemeindefusion im Januar 2017. Die beiden Kirchenchöre sangen zusammen im Gottesdienst, Prälatin Gabriele Wulz aus Ulm hielt die Predigt, die Fürbitten übernahmen Kirchengemeinderäte aus beiden Gemeindeteilen. Danach gab es im Schlater Gemeindehaus Schweinegeschnetzeltes und Spätzle für alle. Im März ist die dritte Ausgabe des gemeinsamen Gemeindebriefs entstanden. Auf dem Titel prangt das neue Logo mit beiden Kirchtürmen. Die Kirchengemeinderäte, die nun gemeinsam tagen, planen ein Klausurwochenende. „Wir sind auf dem Weg“, sagt Claudia Hörner. Einen Ratschlag hat sie für Kirchengemeinden, die sich in der PfarrPlanrunde 2024mit Stellenkürzungen befassen müssten: „Es ist wichtig, offen zu sein, die Sache anzupacken und Lösungen zu suchen. Sicher gibt es Ängste und Bedenken. Aber man kann nicht immer Nein sagen.“

Ute Dilg


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