| Medien & Kultur

Preist den Herrn am Smartphone

Die evangelische Kirche entwickelt eine Gesangbuch-App

Wie ging der Text dieses Liedes "Geh aus, mein Herz" noch mal weiter? Da summt einem eine Kirchenmelodie durch den Kopf, aber wie heißt eigentlich der Choral dazu? Fragen dieser Art könnte in Zukunft ein Anwendungsprogramm (App) für Smartphones und Tabletcomputer beantworten. Entwickelt wird die Gesangbuch-App derzeit von der Evangelischen Landeskirche in Württemberg in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Kirchenrat Dan PeterEMH - Jens Schmitt

Den Machern geht es nicht darum, mittelfristig die gedruckten Gesangbücher aus den Kirchen zu verbannen. Im Gegenteil: Kirchenrat Dan Peter, bei der württembergischen Landeskirche für Publizistik zuständig, kann sich sogar neues Interesse am Liedgut zwischen zwei Buchdeckeln vorstellen, wenn es durch eine App wieder populärer geworden ist. Zuerst ziele die App auf den einzelnen Nutzer. "Sie soll zum Singen animieren und neuen Zugang zu geistlichem Liedgut eröffnen", sagt Peter.

Den Inhalt eines Gesangbuchs mit der digitalen Welt zu verknüpfen, bietet viele Chancen. Eine Volltextsuche ermöglicht es, Lieder nach Stichwörtern zu durchforsten. Wer nur noch einen Choralfetzen in Erinnerung hat, findet auf diese Weise in Sekundenschnelle das komplette Lied. Auch das Summen einer Melodie kann die App verstehen - und dann nachschauen, welche Lieder genau diese Melodie verwenden.

Nützlich ist die App auch, um sich Liedgut zu erschließen. Bei einem neuen Song (oder einem alten, den man nirgends mehr hört) hilft die App, indem sie die Melodie vorspielt. Dabei lassen sich Tonhöhe und Geschwindigkeit variieren. Weiteren Nutzen gibt es für Musiker, die ganze Chorsätze finden und vom Tablet herunter mehrstimmig spielen können.

Beim gemeinsamen Singen vom Bildschirm ist vor allem an Gottesdienste im Grünen oder an Reisegruppen gedacht. So könnten christliche Touristen in Kirchen textsicher vom Smartphone aus einen Kanon schmettern. Schon heute holten manche bei Google Rat, wenn sie ohne Gesangbuch unterwegs sind, beobachtet Kirchenrat Peter. 

Landeskirchenmusikdirektor Matthias Hankeprivat

Außerdem ist ein offenes System geplant, dem die Nutzer auch weitere elektronische Liederbücher hinzufügen können. Landeskirchenmusikdirektor Matthias Hanke nennt das die "Entkanonisierung" des Gesangbuchs. So ließen sich etwa moderne Lobpreissongs, die gerade bei jüngeren Leuten beliebt sind, mit wenigen Klicks einbinden.

Auch eine Kooperation mit dem Deutschen Evangelischen Kirchentag, der zur alle zwei Jahre stattfindenden Großveranstaltung ein eigenes Liederbuch herausbringt, ist angedacht. Außerdem lässt sich die Mehrsprachigkeit geistlicher Lieder durch entsprechende Module ausbauen. Eine Anpassung des Programms an die Bedürfnisse der katholischen Kirche, die noch keine vergleichbare App besitzt, sei ebenfalls denkbar.

Als besonders heikel erweisen sich im Entwicklungsprozess Rechtsfragen. Lizenzen für Liedtexte und Notensätze müssen bei den Verlagen eingeholt werden. Bisher regeln Rahmenvereinbarungen und Pauschalverträge die kirchliche Nutzung von Liedblättern und Beamereinsätzen im Gottesdienst. Bei einer App müssen die neuen Einsatzfelder mit den Rechtevertretern verhandelt werden. Kompliziert ist zudem das Einspielen von Musikvideos, weil hier auch die Rechte der Aufführenden berührt sind, selbst wenn das Video an anderen Stellen schon öffentlich zugänglich ist.

Gratis wird die Gesangbuch-App für die Nutzer nicht. Die württembergische Kirche übernimmt zwar die Anschubfinanzierung mit rund 500.000 Euro, danach muss sich das Projekt aber selbst tragen. Aus Sicht der Macher ist das keineswegs unrealistisch. Wenn von den 22 Millionen Protestanten in Deutschland sich nur eine Million für die App entscheidet, ließe sich der Weiterbetrieb problemlos finanzieren. Bis zur württembergischen Frühjahrssynode in Stuttgart soll ein Business-Plan für die App vorliegen. Die Entwickler hoffen, spätestens bis zum 1. Advent 2018 eine marktfähige Version herausbringen zu können. 


Mehr News

  • Datum: 27.07.2024

    TV-Tipp: Visionär und Hoffnungsstifter

    Tobias Merckle ist Sprößling der gleichnamigen Pharma-Dynastie. Seine berufliche Laufbahn schien vorgezeichnet, er wählte jedoch einen anderen Weg: das soziale Engagement. Was motivierte ihn dazu? Darüber spricht er mit Alpha & Omega“-Moderatorin Heidrun Lieb.

    Mehr erfahren
  • Datum: 26.07.2024

    Reisesegen: Mit Gottes Segen unterwegs

    Wer sich auf den Weg macht, möchte sich geborgen und behütet wissen. Hier eine kleine Auswahl an Reisesegen – zum Teilen, Zusprechen oder für die erste Seite Ihres Reisetagebuchs. Sie verreisen in nächster Zeit nicht? Jeder noch so kleine Weg lässt sich segnen…

    Mehr erfahren
  • Datum: 25.07.2024

    Besuch bei rumänischer Partnerkirche

    Seit 30 Jahren ist die Landeskirche mit dem Rumänisch-Orthodoxen Erzbistum von Vad, Feleac und Cluj verbunden. Landesbischof Gohl hat die Partnerkirche anlässlich des Jubiläums mit einer Delegation besucht und unter anderem Metropolit Andrei getroffen.

    Mehr erfahren
  • Datum: 23.07.2024

    Vereinfachte Gemeindegründungen für Landeskirchliche Gemeinschaften

    Eine Gesetzesnovelle ermöglicht es Landeskirchlichen Gemeinschaften, künftig leichter eigene Gemeinden zu gründen. Die Landessynode hat dem Kirchlichen Gesetz zu den Landeskirchlichen Gemeinschaften mit großer Mehrheit zugestimmt und tritt somit am 1. September 2024 in Kraft.

    Mehr erfahren
  • Datum: 23.07.2024

    Oberkirchenrätin Noller in Verfassungsgerichtshof gewählt

    Oberkirchenrätin Prof. Dr. Annette Noller ist vom baden-württembergischen Landtag als Stellvertreterin in den Kreis der Richterinnen und Richter des baden-württembergischen Verfassungsgerichtshofs gewählt worden. Sie sieht ihr neues Amt als „Ehre und große Aufgabe“.

    Mehr erfahren
  • Datum: 22.07.2024

    „Das Neue mit Zuversicht gestalten“

    „Aus gutem Grund – auf gutem Grund“ – so das Motto des Jahresfestes des Gustav-Adolf-Werks. In Gottesdienst, Vorträgen und Workshops tauschten sich die Teilnehmenden über die Zukunft der Kirche und die internationale Verbundenheit evangelischer Christinnen und Christen aus.

    Mehr erfahren
  • Datum: 19.07.2024

    Gebet zum Schuljahresende

    Das Schuljahresende ist für viele eine Zeit der Vorfreude, für manche eine Zeit gemischter Gefühle im Rückblick und für einige eine Zeit des Aufbruchs. Landesbischof Gohl ermutigt mit diesem Gebet Schülerinnen und Schüler, Gott anzuvertrauen, was auf sie zukommt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 18.07.2024

    Landesbischof Gohl: Interview zum Klimaschutz

    „Angst ist immer ein schlechter Ratgeber – denn das macht dich eng“, sagt Landesbischof Gohl zum Thema Klimaschutz. „Wenn wir uns so verhalten würden, wie es der Schöpfung entspricht, würde es unserer Welt viel besser gehen“. Hier finden Sie das Interview als Text und Video.

    Mehr erfahren
  • Datum: 18.07.2024

    Fortbildung für Digitalisierungs-Coaches geht in die nächste Runde

    Im Herbst 2024 startet die nächste Weiterbildung zu Digitalisierungs-Coaches. Die Fortbildung hat schon viele Haupt- und Ehrenamtliche befähigt, die Digitalisierung vor Ort zu begleiten. Eine digitale Info-Veranstaltung gibt's am 18. September.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.07.2024

    Neues Erscheinungsbild für die Landeskirche

    Mehr Farbe, neues Logo, mehr Flexibilität, mehr Spielräume: Zum 1. Advent 2024 löst die Evangelische Landeskirche in Württemberg ihr rund 30 Jahre altes Corporate Design (CD) durch eine überarbeitete Version ab.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.07.2024

    Früherer Landesbischof July feiert 70. Geburtstag

    Dr. h. c. Frank Otfried July feiert am 17. Juli seinen 70. Geburtstag. Er war von 2005 bis 2022 Landesbischof der württembergischen Landeskirche. Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl würdigt die Julys Verdienste „als Brückenbauer in Kirche, Diakonie und Gesellschaft“.

    Mehr erfahren
  • Datum: 13.07.2024

    TV-Tipp: Lissy Schneiders Erfahrungen als Pflegekind

    Die leiblichen Eltern suchtkrank, mit zwei Jahren im Kinderheim, mit drei bei einer Pflegemutter – mit bis zu sieben weiteren Kindern. Wie erlebte Lissy Schneider Kindheit und Jugend? Darüber spricht Alpha & Omega“-Moderatorin Heidrun Lieb mit dem einstigen Pflegekind.

    Mehr erfahren
Mehr laden