| Landessynode

Für ein Europa der Menschenwürde

Landesbischof July fordert Gründung europäischer Synoden

Die Gründung zweier europäischer Synoden fordert Landesbischof Frank Otfried July. In der einen sollen Vertreter evangelischer Kirchen zusammenkommen, in der anderen Delegierte aus allen Kirchen Europas, sagte der Bischof am Donnerstag, 21. März, in Stuttgart in seinem Bericht vor der württembergischen Landessynode. Damit würde nicht nur die kirchliche Demokratie gestärkt, die Kirchen könnten auch ein Vorbild sein für das politische Europa. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung sei die Vorbereitung eines europäischen Kirchentags. 

EMH/Gottfried Stoppel

Als Skandal bezeichnete July das Verhalten vieler Mitgliedsstaaten der EU während der Flüchtlingskrise. Zahlreiche Länder hätten sich als „kleinmütig, blockiert und egoistisch“ erwiesen und einen gemeinsamen Ansatz zur Aufnahme von Flüchtlingen verweigert. Ein neuer Nationalismus erstarke - und das nicht nur in Parteien und Parlamenten, sondern zum Teil auch in Kirchen. Dabei sei es Aufgabe der Kirchen, die Gewissen von Bürgern und Politikern zu schärfen und sich etwa für die Seenotrettung und die Nichtzurückweisung von Flüchtlingen an allen Grenzen Europas einzusetzen. 

Die EU sollte nach Julys Überzeugung im internationalen Kräfteverhältnis einen dritten Weg zwischen China (Orientierung an Belangen des Staates) und den USA (Orientierung an Belangen der Wirtschaft) gehen. „Wir im- und exportieren nicht nur Waren, sondern wollen dies auch auf Grundlage ethischer Wertvorstellungen tun“, betonte er. Einen Aufstieg Europas zur Militärmacht lehnt der Bischof ab. Vielmehr müssten zivile Formen der Konfliktbearbeitung gestärkt werden. 

Die Kirchengemeinden rief July dazu auf, Europa vor Ort zum Thema zu machen. Er warb gleichzeitig dafür, an der Europawahl teilzunehmen und sich durch die Stimmabgabe für Menschenwürde, Frieden, Freiheit, Toleranz, Recht und Gerechtigkeit einzusetzen. Andernfalls entscheide man sich für ein Europa des Nationalismus, der Fremdenfeindlichkeit und des Rassismus und riskiere damit, „die Abgründe seiner Geschichte zu wiederholen“, sagte der Landesbischof. 

Philippus Maier

In den Stellungnahmen der Gesprächskreise zum Bischofsbericht sagte Philippus Maier für die „Lebendige Gemeinde“, Europa müsse Jesus Christus neu als Retter und Erlöser kennenlernen. Deshalb sollte auf dem Kontinent stärker evangelisiert werden. Außerdem forderte Maier mehr kirchliches Engagement für Juden, die den Glauben an Jesus Christus angenommen haben. Diese sogenannten messianischen Juden „sitzen zwischen allen Stühlen, hier bei uns und in Israel“, sagte der Synodale. 

Harald KretschmerEvangelisches Medienhaus Stuttgart

Harald Kretschmer („Offene Kirche“) begrüßte die Bischofsworte gegen Antisemitismus, wandte sich aber gegen eine „wahllose Vermischung der Begriffe 'antisemitisch' und 'israel-kritisch'“. Israel habe durch eine Kampagne in den vergangenen zwei Jahren in Deutschland fast 40 Menschenrechtsveranstaltungen zum Palästina-Konflikt behindert oder verhindert. Die „Offene Kirche“ trete einmütig für das Existenzrecht Israels ein, sehe inzwischen jedoch in Fragen des Nahost-Konflikts die grundgesetzlich garantierte Meinungsfreiheit ernsthaft gefährdet. 

Peter Schaal-Ahlers

Peter Schaal-Ahlers („Evangelium und Kirche“) bekräftigte das Nein der Kirche zu Nationalismus. „Als evangelische Christen sind wir leidenschaftliche Europäer“, sagte er. Ob der Kontinent eine gemeinsame Synode braucht, müsse gut überlegt werden. Der Synodale regte an, einen evangelischen Jugendaustausch in Europa zu organisieren. 

Willi Beck („Kirche für Morgen“) sagte, der „ökumenische Tourismus“ zwischen den Ländern tue Europa gut und wehre fremdenfeindlichen Tendenzen. In Brüssel dürfte die Stimme der Kirche durchaus lauter sein. Die Landeskirche sollte nach innen ihr „Blockadeverhalten“ gegenüber Menschen mit anderen Kirchenbildern und -traditionen aufgeben und auch neue Gemeindeformen einbinden, empfahl Beck.

Quelle: Evangelischer Pressedienst (epd)


Mehr News

  • Datum: 18.03.2024

    Zum 175. Jahrestag von Sixt Karl Kapffs Ansprache

    Vor 175 Jahren erschien die „Ansprache evangelischer Geistlicher Württembergs an das Volk“. Sie beginnt mit den Worten: „Nichts scheint sicher und alles in Frage gestellt. Was heute gilt, ist morgen abgeschätzt; was morgen geschehen soll, ist heute ungewiß.“

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.03.2024

    Frühjahrstagung der Landessynode beendet

    Die Frühjahrstagung der Landessynode ist zu Ende gegangen. Die Synodalen befassten sich am 15. und 16. März unter anderem mit der Studie „Jugend zählt 2“, verschiedenen Kirchlichen Gesetzen sowie der Eckwerteplanung. Im landeskirchlichen Haushalt sind hohe Einsparungen notwendig.

    Mehr erfahren
  • Datum: 15.03.2024

    Sexualisierte Gewalt: Standards auf EKD- und Staatsebene gefordert

    Die Landessynode hat sich zu Beginn ihrer Frühjahrstagung mit den Ergebnissen der ForuM-Studie zu sexualisierter Gewalt befasst. Synode, Landesbischof und Oberkirchenrat haben einheitliche Standards gefordert.

    Mehr erfahren
  • Datum: 15.03.2024

    Frühjahrssynode jetzt im Livestream

    Die Landessynode tagt am 15. und 16. März im Stuttgarter Hospitalhof. Hier können Sie die Beratungen im Livestream verfolgen. Zudem finden Sie hier im Fortgang der Tagung alle Dokumente und Berichte.

    Mehr erfahren
  • Datum: 11.03.2024

    Kirche und Politik: Landesbischof Gohl im Interview

    Landesbischof Gohl hat mehrfach betont, die AfD sei für Christinnen und Christen nicht wählbar. In diesem Interview zum Verhältnis von Politik und Kirche begründet er dies und betont, dass in der Kirche alle Menschen willkommen sind, „auch Menschen, die die AfD wählen.“

    Mehr erfahren
  • Datum: 11.03.2024

    Video: Die Themen der Frühjahrssynode

    Die Landessynode tagt am 15. und 16. März im Stuttgarter Hospitalhof. Interessierte sind herzlich eingeladen, die Beratungen vor Ort oder im Livestream zu verfolgen. In diesem Video erklärt Synodalpräsidentin Sabine Foth die Themen der Tagung.

    Mehr erfahren
  • Datum: 11.03.2024

    Jugenddiakoniepreis ausgeschrieben

    Bis zum 30. Juni können sich Jugendliche und junge Erwachsene, die sich in Württemberg sozial engagieren, für den Jugenddiakoniepreis bewerben. Der MachMit!Award würdigt das vielfältige Engagement junger Menschen und rückt es ins Licht der Öffentlichkeit.

    Mehr erfahren
  • Datum: 08.03.2024

    Zum Internationalen Frauentag

    Zum Internationalen Frauentag zeigt dieses Video einige Fakten zur Gleichstellung von Frauen in der Landeskirche. Sie stammen aus dem Bericht der Beauftragten für Chancengleichheit, der alle zwei Jahre vor der Landessynode vorgetragen wird.

    Mehr erfahren
  • Datum: 07.03.2024

    „Gott in den Medien – mehr als Du glaubst“

    Ist Gott in den Medien noch präsent? Und wie sieht die Zukunft der evangelischen Publizistik aus? Darüber hat Jörg Bollmann, früherer Geschäftsführer des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik, bei der Jahresfeier der Landeskirchenstiftung gesprochen.

    Mehr erfahren
  • Datum: 06.03.2024

    Treibhausgasneutrale Kirche bis Ende 2040

    Im Januar 2024 ist das Klimaschutzgesetz der Landeskirche in Kraft getreten. Was ändert sich dadurch für Gemeinden und Einrichtungen? Ziel des Gesetzes ist Treibhausgasneutralität bis spätestens Ende 2040. Der Bereich Immobilien bietet das größte Einsparpotential.

    Mehr erfahren
  • Datum: 06.03.2024

    Social Media für Gemeinden und Bezirke

    Kirche will sein, wo die Menschen sind, auch in den Sozialen Medien. Auch Bezirke und Gemeinden sind dort präsent. Doch welche Inhalte sind sinnvoll? Was kommt gut an? Braucht jede Gemeinde ihren eigenen Kanal? Und läuft die praktische Umsetzung?

    Mehr erfahren
  • Datum: 05.03.2024

    „Wir sehnen uns nach Gerechtigkeit und nach Frieden"

    Mit dem Wunsch nach Austausch, Solidarität und Vertrauen wenden sich Landesbischöfin Heike Springhart und Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl in einem Gruß zum Fastenmonat Ramadan an alle muslimischen Gläubigen in Baden-Württemberg.

    Mehr erfahren
Mehr laden