Islambeauftragter der Landeskirche

Pfarrer Dr. Friedmann Eißler

    Willkommen zu Informationen rund um die Themen Islam, Muslime
     in Deutschland und christlich-islamischer Dialog in Württemberg

Sheikh Lotfollah Moschee, Isfahan
Foto: F. Eißler

In der pluralen Gesellschaft ist es der Evangelischen Landeskirche in Württemberg wichtig, die Beziehungen zu Angehörigen anderer Religionen zu pflegen und mit ihnen im Gespräch zu bleiben.

Im Dialog geht es darum, über den eigenen Glauben Auskunft zu geben und andere Glaubensformen verstehen zu lernen, ohne die Unterschiede zu negieren. Der interreligiöse Dialog ist ein wichtiger "Zwischen-Raum", in dem neben theologischen Themen gemeinsame gesellschaftliche Aufgaben bearbeitet werden. Er dient auf unterschiedlichen Ebenen dem guten Zusammenleben in Nachbarschaft und Gesellschaft. Gespräche, Begegnungen und Zusammenarbeit finden in vielen Bereichen statt: von der Begleitung von Flüchtlingen und Jugend- und Friedensarbeit über Dialogkreise, interreligiöse Projekte, Bildungsangebote bis hin zur Seelsorge an Gefangenen oder in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Die kontinuierliche Zusammenarbeit ist keine Selbstverständlichkeit und braucht Ressourcen, Ideen und Visionen, vor allem persönliches Engagement. 

Dialog lebt davon, dass Menschen mit einer tiefen Überzeugung zusammenkommen. Sonst ist er belanglos. Wir haben einander etwas zu sagen, das Zeugnis des Glaubens ist Teil des Dialogs und umgekehrt. Das kann nur in der Haltung von gegenseitigem Respekt und gegenseitiger Anteilnahme geschehen, die in der Wertschätzung des Gegenübers als grundsätzlich gleichberechtigtem Partner gründet. 

Es ist eine Aufgabe des Dialogs, gegen jede Form von Hass, Rassismus und fundamentalistischem Absolutheitsanspruch einzutreten. Das betrifft islamfeindliche Pauschalurteile und antiislamische Hetze ebenso wie islamistische Propaganda. Die islamistischen Einflüsse an den Rändern, aber auch bis in die Mitte von muslimischen Organisationen und Gemeinden hinein sind ernst zu nehmen und müssen gemeinsam erkannt und benannt werden. Wasser auf die Mühlen von Rechtspopulisten und Islamfeinden ist es nicht, wenn kritische Debatten geführt werden, sondern wenn sie nicht geführt werden. Dabei geht es auch um die Glaubwürdigkeit des Dialogs.

Von einem Konsens in Glaubensfragen hingegen ist das friedliche Zusammenleben von Menschen verschiedener Religionen nicht abhängig. Theologische und gesellschaftspolitische Dialoge sind oft aufeinander bezogen, aber nicht zu vermischen, ebenso wie auch religiöse Wahrheitsansprüche von gesellschaftlichen Machtansprüchen unterschieden werden müssen. 

 

Aufgaben des Islambeauftragten

Der Islambeauftragte setzt sich für den christlich-islamischen Dialog ein.  Er ist für die theologische und konzeptionelle Grundsatzarbeit in Islamfragen in der Landeskirche zuständig. Arbeitsschwerpunkte sind unter anderem die Beratung der Kirchenleitung und Kirchenkreise, Informations- und Bildungsangebote in unterschiedlichen Kontexten sowie die theologische Arbeit an Fragen des Verhältnisses von Christen und Muslimen. Die Landeskirche pflegt partnerschaftliche, kooperative Beziehungen mit einem breiten Spektrum von muslimischen Verbänden. Die Arbeit des Islambeauftragten wird durch einen landeskirchlichen Fachbeirat begleitet. Die Stelle ist beim Dienst für Mission, Ökumene und Entwicklung (DiMOE) angesiedelt. 

Der Islambeauftragte steht für Anfragen zum Themenbereich zur Verfügung.

 

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Aktuelles


Liberaler Islam

In der katholischen Akademie in Hohenheim fand eine Tagung zum Thema „Liberaler Islam“ statt. Aus diesem Anlass hat der SWR berichtet:

Liberaler Islam in Deutschland - Zwischen Toleranz und verhaltenem Zuspruch (SWR, 9.2.2024)

Zum Thema hier zwei weitere inhaltliche Impulse. Einmal ein Beitrag in a+b (Für Arbeit und Besinnung) 21/2021, hier im zweiten Teil nach dem Interview:

Was heißt "liberaler Islam"? 

Zum andern ein Übersichtsartikel zum Thema "Reformislam":

Friedmann Eißler, Reformislam (EZW-Lexikon, 2016)

Die Label „liberal“ und „konservativ“ sind von außen zugeschriebene Fremdbezeichnungen, die „unsauber und vieldeutig“ sind (Hakan Turan). Wir brauchen jedoch zweifellos Kategorien und Kriterien, anhand derer unterschiedliche theologische, weltanschauliche, auch ideologische Ausdrucksformen benennbar und diskutierbar werden. 

Das Thema wird auch unter Muslimen heftig und kontrovers diskutiert. In den heutigen Zentren der islamischen Gelehrsamkeit werden hochdifferenzierte traditionelle Wissenschaften zu den Grundlagen der Religion und zu Koran und Sunna gepflegt, kaum jedoch historische Forschung und neue hermeneutische Zugänge zum Koran. Die Ungleichzeitigkeit der politischen und sozialen Auf‐ und Umbrüche im Kontext der zunehmenden Globalisierung und der aus verschiedenen Quellen gespeisten Beharrlichkeit islamischer Autoritätsbildung (zur Bewahrung eines „gesunden“ Islam) ist eine zentrale Herausforderung, der sich eine wachsende Zahl muslimischer Denkerinnen und Denker stellt.  Erfahren Sie in den verlinkten Beiträgen mehr zum aktuellen Stand und worum es geht.


Muslimischer Antisemitismus?

Interview mit Eren Güvercin

Demonstrationen, auf denen antisemitische Parolen gebrüllt und Israelfahnen verbrannt werden, Äußerungen islamischer Akteure in Sozialen Medien und anderswo oder das Ausbleiben eben solcher, Auseinandersetzungen darüber, in welcher Form man sich vom Hamas-Terror distanzieren „muss“ und wer das von wem „verlangt“ – seit dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und der Reaktion der israelischen Armee darauf gibt es online und offline heftige Debatten über Antisemitismus - auch - unter Muslimen. 

Gibt es einen spezifisch muslimischen, einen islamischen Antisemitismus? Was hat soziokulturelle, was religiöse Wurzeln? 

Im Oktober 2022 führte ich ein Gespräch zum Thema mit Eren Güvercin, einem der Gründer der Alhambra-Gesellschaft. Er leitet dort das Projekt „MuslimDebate – Forum für eine neue muslimische Debattenkultur“. Güvercin ist Mitgründer des PEN Berlin und arbeitet als freier Journalist für verschiedene Hörfunksender und Zeitungen. 

Das Gespräch spiegelt die Situation von vor einem Jahr. Das Thema ist jedoch aktueller denn je.

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Antisemitismus im muslimischen Kontext ...

... und antimuslimischer Rassismus

Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit bzw. antimuslimischer Rassismus sind nicht "zwei Seiten derselben Medaille", sie stehen nicht auf einer Ebene und sind von daher nicht einfach vergleichbar. Begriffsklärend: "Antisemitismus, Rassismus, 'Islamophobie'" von Stephan Grigat (2022).

Aber eben um sie zu unterscheiden und die beiden Phänomenbereiche in ihrer Bedeutung und Reichweite besser einschätzen zu können, sind zwei Texte sehr empfehlenswert:

1) "Antisemitismus im muslimischen Kontext – eine Orientierungshilfe zur aktuellen Debatte in Wissenschaft und Gesellschaft", eine gründliche, alle wesentlichen Aspekte umfassende  und zugleich kompakte Untersuchung des Islamwissenschaftlers Carsten Polanz

Der Beitrag gibt Einblick in aktuelle Forschungsbeiträge zu den ideologischen Wurzeln des Antisemitismus in mehrheitlich muslimischen Kontexten. Die Analyse zeigt, wie antisemitisches Gedankengut im 19. Jahrhundert in der Zeit des Kolonialismus und dann vor allem im 20. Jahrhundert in der Zeit der NS-Propaganda Eingang in die Mitte muslimischer Gesellschaften gefunden hat und dort zum Teil mit frühislamischen Traditionen pauschaler Judenkritik und Judenverachtung verknüpft worden ist. Deutlich wird auch, dass sich die Anziehungskraft der antisemitischen Verschwörungstheorien, in denen der Jude als Sündenbock fungiert, nicht allein mit dem Nahostkonflikt begründen lässt, sondern in einem weiteren Kontext betrachtet werden muss, der auch die tiefe Identitätskrise innerhalb des Islam angesichts der Herausforderungen einer westlich geprägten Moderne berücksichtigt. Hier setzen auch die mutigen muslimischen Gegenstimmen und verschiedene innovative Präventionsprojekte an. Sie gilt es laut Polanz im gemeinsamen Kampf gegen Judenhass jeglicher Couleur in unserem Land wahrzunehmen und zu stärken.

2) "Islamkritik, Islamophobie, Muslimfeindlichkeit oder antimuslimischer Rassismus? Zum Problem von Begrifflichkeiten und Schuldzuweisungen in der deutschen Islam-Debatte" 

Die Islamwissenschaftlerin Christine Schirrmacher untersucht in ihrem Beitrag die verschiedenen Ansätze, Muslimfeindlichkeit und ihre Ursachen zu definieren – vom politischen Kampfbegriff der Islamophobie über die Rede von Islam- und Muslimfeindlichkeit bis hin zur Theorie des antimuslimischen Rassismus. Indem deren Vertreter der deutschen/westlichen Mehrheitsgesellschaft pauschal einen strukturellen Rassismus unterstellen, verstricken sie sich in argumentative Widersprüche, ohne konkrete und realistische Lösungsvorschläge anzubieten. Schirrmacher plädiert dafür, Diffamierungen, Bedrohungen und Angriffen auf Muslime entschlossen entgegenzutreten und gleichzeitig die Religions- und Meinungsfreiheit zu verteidigen, wenn es um eine sachlich-kritische Auseinandersetzung mit den Herausforderungen des politischen und militanten Islam geht. 

Die Artikel sind in der Zeitschrift des Instituts für Islamfragen (IfI) 21/2 (2021) erschienen, der zweite Text auch im Materialdienst der EZW 3/2022 (jetzt Zeitschrift für Religions- und Weltanschauungsfragen).


Zur Problematik der Statistik antisemitischer Straftaten

Zu einer speziellen Frage hier ein weiterer Hintergrundtext:

Bei der Erfassung politisch motivierter Kriminalität (PMK) werden antisemitische Straftaten für 2022 zu 83 Prozent "rechts" zugeordnet. Über Jahre wurden weit über 90 Prozent der erfassten antisemitischen Straftaten rechtsextremen Tätern zugeordnet. Umfragen unter jüdischen Menschen widersprechen der polizeilichen PMK-Statistik jedoch diametral. Wie kommt das?

Wie ist die Diskrepanz zwischen der offiziellen Statistik und der Wahrnehmung betroffener Juden zu erklären? 

Dazu eine informative Analyse von Kai Funkschmidt, die auch auf wichtige Hintergründe eingeht:

"Antisemitische Straftaten - 95 Prozent rechtsextreme Täter?" 

Der Text ist von 2018, inzwischen gibt es zwar etwas mehr Aufmerksamkeit für die Frage, aber anscheinend noch keine grundsätzliche Klärung. (Siehe Politisch motivierte Kriminalität im Jahr 2022 (bund.de))

Der Text ist im Materialdienst der EZW 81/11 (2018), 419-426 erschienen.


100 Jahre Türkei

... und die Bedeutung des Naqschbandi-Sufismus für den türkischen Islam

Die Türkei ist ein wunderbares Land. Herzliche Menschen, grandiose Landschaften, Orte mit großer Geschichte beeindrucken uns, wenn wir dort unterwegs sind. Die Wiege der frühen Christenheit liegt zu einem großen Teil in der heutigen Türkei. 

Die Republik Türkei wurde am 29. Oktober 100 Jahre alt. Mustafa Kemal Atatürk („Vater der Türken“, 1881–1938) hatte nach dem Ende des Osmanischen Reiches und damit auch des islamischen Kalifats die moderne Republik begründet und setzte mit brachialen Maßnahmen den türkischen Laizismus durch – was von Anfang an den Widerstand konservativer religiöser Kräfte gegen die „Verwestlichung“ provozierte.

Heute baut Recep Tayyip Erdogan, Ziehsohn des Milli Görüs-Gründers Necmettin Erbakan, an einer Republik, die darauf ausgerichtet ist, sich im Zuge des „neo-osmanischen Paradigmenwechsels“ vom Westen unabhängig zu machen. Die terroristische Hamas nennt er „Freiheitskämpfer“, Israel dagegen eine (Terror-)„Organisation“, Gaza betrachtet er im Prinzip als „unser Land“. Immer wieder zeigt er offene Sympathie mit der Muslimbruderschaft.

Vor wenigen Jahren noch waren fast zwei Drittel der muslimischen Bevölkerung Deutschlands (also von insgesamt etwa 5,6 Mio. Menschen, das sind ca. 6,7 % der Bevölkerung) türkeistämmig, heute ist der Anteil der Türkeistämmigen unter 50 Prozent. In Baden-Württemberg liegt der Anteil bei fast 54 Prozent (von ca. 820.000 Muslimen). 

Gibt es einen spezifisch „türkischen Islam“?
Hier für Interessierte ein Blick auf die Verflechtungen türkischer religiös-konservativer Strömungen in der Geschichte. Interessant ist, dass die heutigen sunnitisch-türkisch geprägten Islamverbände bei aller Verschiedenheit ihre Wurzeln im Naqschbandi-Sufismus haben.
Eine herausragende Rolle spielte der Naqschbandi-Scheich Mehmed Zahid Kotku in Istanbul (gest. 1980).

Worum geht es bei der Naqschbandiyya? Lesen Sie dazu einen Auszug aus dem EZW-Text 260 zu den Islamischen Verbänden, hier aus dem Kapitel zum VIKZ (auch: Süleyman-Gemeinschaft, daher die Ausführungen zu deren Gründer Süleyman Hilmi Tunahan). Zur Orientierung für die jetzige Situation sind ein paar Stellen gelb hervorgehoben.

Hier eine "genealogische" Übersicht über die Naqschbandiyya-Zweige und -Nachfolger, die für den Islam in und aus der Türkei eine wichtige Rolle spielen.
Die Erläuterungen dazu sind in dem eben hier verlinkten Textauszug aus EZW-Text 260 "Zur Bedeutung des Naqschbandi-Sufismus ...." nachzulesen.

Und hier noch eine sehr schematische Darstellung zum Verhältnis Ditib bzw. Diyanet und dem ursprünglich oppositionellen religiösen Lager:

Ditib, die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion, ist der größte islamische Verband in Deutschland und ein deutscher Verein, der eng verbunden ist mit der türkischen Religionsbehörde Diyanet in Ankara. Die kemalistische Türkei hat das "Amt für religiöse Angelegenheiten" 1924 etabliert und zu einer der größten staatlichen Behörden in der Türkei entwickelt. Sie entsendet die Imame für die Ditib-Moscheen (und einige weitere) in Deutschland. Die Diyanet kontrolliert die Religionsausübung in der Türkei und hat die Praxis des offiziellen Islamverständnisses zu gewährleisten. Dieses wurde ursprünglich laizistisch "eingehegt", was seit der Übernahme der "türkisch-islamischen Synthese" als Staatsdoktrin 1980 nach und nach aufgeweicht wurde, verstärkt seit der von Recep Tayyip Erdogan eingeleiteten politischen Wende in der Türkei.

Der Keil zwischen den ursprünglich oppositionellen religiösen Akteuren und der staatlichen Linie der Religionsverwaltung wurde schmaler und immer durchlässiger. In den letzten Jahren sehen wir inhaltlich-ideologisch wachsende Übereinstimmung etwa zwischen Ditib und Milli Görüs.


Israel und Jerusalem in Koran und Islam

Welchen Anspruch erhebt "der Islam" auf das Land und die Stadt?

Was sagt eigentlich der Koran zum Land Israel und zu Jerusalem? Welchen Anspruch erhebt "der Islam" bzw. die islamische Tradition auf das Land und die Stadt?

Aus aktuellem Anlass verlinke ich hier noch einmal eine wissenschaftliche Untersuchung - sicher keine ganz einfache Lektüre und trotz des Umfangs auch nur eine Schneise durch das komplexe Thema. Aber wer nach religiös-geschichtlichen Grundlagen auf islamischer Seite fragt, kann sich hier orientieren.

Alle einschlägigen Koranstellen werden in dem Text vollständig zitiert und besprochen.

Der Aufsatz ist schon 2012 entstanden, wer sich erinnert: Bei den ägyptischen Präsidentschaftswahlen im Juni 2012 wurde der Kandidat der islamistischen Muslimbruderschaft, Muhammad Mursi, zum Staatspräsidenten gewählt. Der sogenannte "Arabische Frühling" hatte erst im Jahr zuvor mehrere Länder erfasst, es lag noch Hoffnung in der Luft. Allerdings begleitet von einem Aufschwung islamistischer Kräfte. 

Ein hoher Geistlicher in Ägypten rief damals aus: "Nicht Kairo, Mekka oder Medina, sondern Jerusalem soll mit Allahs Hilfe unsere Hauptstadt werden. Unter [dem neuen Präsidenten Muhammad] Mursi werden die arabischen Nationen wieder eine Macht mit Jerusalem im Mittelpunkt. Entweder werden wir in Jerusalem beten oder als Märtyrer sterben.“ Daraufhin dieser Artikel.

Der Schluss müsste heute natürlich anders geschrieben werden. Die beschriebenen Herausforderungen bleiben bestehen, sie haben sich verschärft.


Muslime und Juden besuchen einander gegenseitig

Ein wichtiges Zeichen von Islamverbänden und jüdischer Gemeinde

In Nordrhein-Westfalen (wo noch?) haben sich Islamverbände und jüdische Gemeinde aufeinander zu bewegt. 

Am 16. Oktober haben führende Vertreter der islamischen Religionsgemeinschaften in Nordrhein-Westfalen bei einem Treffen mit dem Chef der Staatskanzlei, Nathanael Liminski (CDU), eine Erklärung unterzeichnet, in der die Teilnehmer Einigkeit bekunden, "dass die Gräueltaten der Hamas gegen die israelische Bevölkerung uneingeschränkt zu verurteilen" sind. Man verurteile aufs Schärftste den Aufruf der Hamas, jüdische Einrichtungen "weltweit anzugreifen". "Wir werden nicht zulassen, dass die terroristischen Angriffe der Hamas auf unseren Straßen bejubelt oder auch nur relativiert werden", heißt es in dem Papier. Jeglicher Form von Antisemitismus wird eine Absage erteilt. 

In der Woche darauf besuchten Vertreter von vier Islamverbänden in Köln die dortige Synagoge. Wenige Tage später machte der Vorstand der Synagogen-Gemeinde einen Gegenbesuch in der Sultan Ahmet-Moschee (Ditib) in Bochum. Die Moschee war unlängst das Ziel eines antimuslimischen Vorfalls geworden. Der Besuch sei "eminent wichtig", erklärte Abraham Lehrer von der Kölner Synagoge, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Nur so erreiche man "eine Veränderung in der Gesellschaft, was Toleranz für andere Religionen angeht." 

Es kann kaum Zweifel bestehen, dass auch politischer Druck ausgeübt wurde, um diese Zeichen gegen Hass und Gewalt zu sehen. Doch sind die Solidaritäts-bekundungen in einer eindeutigen Form und im persönlichen Kontakt wichtig und wertvoll. Wir brauchen diese Signale und sind dankbar dafür! Es bleibt dennoch eine Gratwanderung.

 


Großangriff der Hamas

„We stand with Israel“

Es sind schockierende, abscheuliche, empörende Bilder und Nachrichten aus Israel. Nicht nur die Taten an sich sind es, die an Brutalität kaum zu überbieten sind, es sind die Erniedrigung und Zurschaustellung von Misshandelten, Entführten, ja Getöteten, darunter Frauen und Kinder, die zutiefst erschüttern.

Was die Pressemitteilung „Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein!“ der EMS (Evangelische Mission in Solidarität) an Forderungen sowie an Solidarität formuliert, die sich letztlich um der Menschen willen nach beiden Seiten hin richtet, will ich nicht wiederholen, aber hiermit meinerseits ausdrücklich unterstreichen. We stand with Israel!

Von islamischer Seite gab es eine Reihe von Äußerungen. Darin wird die Gewalt gegen die Zivilbevölkerung verurteilt und ein sofortiges Ende der Gewalt und der Eskalation gefordert. So etwa in der Pressemitteilung des Koordinationsrat der Muslime in Deutschland (KRM), des bedeutendsten Zusammenschlusses der Islamverbände.

Eine Bemerkung zum zentralen Beleg für die „Ablehnung jeglicher Art von Gewalt“ durch Muslime: Wie so häufig, so wird auch an dieser Stelle zu diesem Zweck auf den Koranvers Sure 5,32 verwiesen. Der entscheidende Teil des Verses lautet: „Wer ein menschliches Wesen tötet, ohne dass es einen Mord begangen oder auf der Erde Unheil gestiftet hat, so ist es, als ob er alle Menschen getötet hätte. Und wer es am Leben erhält, so ist es, als ob er alle Menschen am Leben erhält.“

Kursiv ist die Passage, die der KRM in seiner Mitteilung offenbar gezielt auslässt, denn auch dies ist regelmäßig zu beobachten, wenn der Vers zitiert wird. Der einschränkende Halbsatz macht im Koran den Hintergrund der Blutrache und die Bedingung für eine „rechtmäßige“ Tötung deutlich. Vor allem aber wird im direkt anschließenden Vers 33 der Lohn derjenigen aufgelistet, „die Krieg führen gegen Allah und Seinen Gesandten und sich bemühen, auf der Erde Unheil zu stiften“, nämlich: „dass sie allesamt getötet oder gekreuzigt werden, oder dass ihnen die Hände und Füße wechselseitig abgehackt werden, oder dass sie aus dem Land verbannt werden. Das ist für sie eine Schande im Diesseits, und im Jenseits gibt es für sie gewaltige Strafe.“ Der Gewaltgebrauch wird demnach keineswegs abgelehnt, sondern geregelt. Es ist nach dem Korantext klar: „... tötet nicht die Seele, die Allah verboten hat zu töten, außer aus einem rechtmäßigen Grund!“ (Sure 6,151; vgl. 17,33; 25,68; 7,33; meine Hervorhebung).

Zu der Frage, wie die Regel heute genauer zu interpretieren ist, wäre es unbedingt wünschenswert, dass sich Verantwortliche islamischer Gemeinschaften gerade vor dem Hintergrund des Nahostkonflikts und der jetzigen Ereignisse klärend und unmissverständlich äußerten.

Die Pressemitteilung des Zentralrats der Muslime (ZMD) verurteilt die jüngsten Angriffe der Hamas auf Zivilisten und ruft „alle Seiten“ dazu auf, die Gewalt sofort zu beenden. Im zweiten Absatz des kurzen Textes werden die Angriffe von Siedlern flankiert durch die israelische Armee auf palästinensische Dörfer und die Al-Aqsa-Moschee in Jerusalem beklagt – was in diesem Kontext nach einer problematischen Täter-Opfer-Umkehr klingt.

Noch schärfer Kemal Ergün, Chef der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG): Er schrieb auf X (früher Twitter): „Nach Angriffen von Siedlern und Eingriffen israelischer Sicherheitskräfte, auch in der Aksâ-Moschee, die in den letzten Monaten zum Tod palästinensischer Zivilisten geführt haben, hat die Hamas heute eine groß angelegte Aktion durchgeführt, bei der zahlreiche Menschen getötet und verletzt wurden.“ Er fordert das sofortige Ende „dieser Gewaltspirale“. 

Murat Kayman zitiert den Präsidenten der türkischen Religionsbehörde Diyanet, Ali Erbas, der davon spricht, dass die türkischen Muslime dem palästinensischen Kampf für die Freiheit der Al-Aqsa-Moschee zur Seite stünden und die einzige Lösung nur darin bestehen könne, den „Rückzug der Eindringlinge aus den palästinensischen Gebieten und die völlige Freiheit des palästinensischen Volkes“ zu gewährleisten.

Die ägyptische Al-Azhar Universität, eine islamische Autorität von höchstem Renommee für sunnitische Muslime auch in Europa, mit Großscheich Ahmed Al-Tayyeb an der Spitze, begrüßt in einer Erklärung „stolz die Bemühungen des palästinensischen Volkes“ und preist „die Herzen des stolzen palästinensischen Volkes und seine Hände, die unser Vertrauen wiederhergestellt, uns den Geist eingehaucht und uns wieder zum Leben erweckt haben". Es wird am Ende versichert, dass „jede Besatzung früher oder später, langfristig oder kurz, verschwinden wird".

Befremdlich und schwer erträglich ist, um das am Ende zu erwähnen, dass vonseiten der Islamverbände hierzulande bisher offenbar noch niemand kritisch auf die Aktion von Mitgliedern des palästinensischen Netzwerks Samidoun reagiert hat, die auf der Straße in Berlin-Neukölln Süßigkeiten verteilten, wie es die Hamas im Gazastreifen tut, um Terroranschläge zu bejubeln.

Ich habe nicht alle Äußerungen gesehen, vielleicht, wahrscheinlich stehen wichtige noch aus. Ich hoffe auf ebenso ernsthafte wie fruchtbare Klärungen zur Sache und eine Diskussion darüber, auf welcher Basis wir für einen tragfähigen Frieden eintreten wollen.

Siehe auch den Offenen Brief von elf Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern aus Wissenschaft, Politik und Medien, der kritisiert, dass in den hiesigen Debatten trotz aller berechtigten Kritik an der Politik Israels ein entscheidender Punkt viel zu oft ignoriert werde: dass islamistische Terrorgruppen wie die palästinensische Hamas das Existenzrecht Israels grundsätzlich ablehnten. Es sei Zeit, sich arabisch-türkischem Antisemitismus zu stellen. Mehrere Medien haben dies aufgegriffen, z.B.:  
https://www.zeit.de/politik/ausland/2023-10/israel-hamas-islamexperten-deutschland-kritik-muslimische-verbaende 

Das erste und wichtigste über allem ist heute jedoch das Mitgefühl und das Mittrauern mit den vielen, die jetzt unmittelbar betroffen sind, sowohl auf israelischer als auch auf palästinensischer Seite, und die Bitte um den Frieden, der wahrlich höher ist als alle Vernunft, die derzeit in Sicht ist.  (9.10.2023)

 



Christentum und Islam - Alles das Gleiche?

Anregungen zu einer Debatte

Eine Broschüre der Aktion 3. Welt Saar

Diese neue Broschüre (9/2023) kommt zu einer Zeit, in der die darin markierten Positionen zu diskutieren sind. Zu den Themen Religion und Terror, Religion und Aufklärung, Religion und Individuum nimmt sie pointiert, mitunter holzschnittartig Stellung. Es ist kein theologisches Papier, sondern ein Plädoyer: "Engagieren Sie sich für die Aufklärung". 

Mit der Bereitstellung hier ist nicht die Unterstützung aller Positionen und der Zuspitzungen verbunden. Aufklärung ist kein Kampfbegriff. Wir sollten allerdings die Debatte in der Sache führen, und zwar vor allem in zwei Bereichen: 

Wir erleben in vielen Zusammenhängen, dass im Hauptstrom der Islamauslegungen (in der Broschüre auch "orthodoxe Auslegung des Islam" genannt) positiv auf das in Medina, der Stadt des Propheten, in der Frühzeit des Islam gestaltete Gemeinwesen Bezug genommen wird ("Medina-Modell"). Der Islam wird von hier aus als ganzheitliche, eben auch gesellschaftliche und politische "Lebensweise" verstanden, mit der Folge, dass etwa die Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam von 1990 die Menschenrechte unter Schariavorbehalt stellt, d.h. Menschenrechte nur insoweit Geltung beanspruchen können, als sie mit den gottgegebenen, in der Scharia niedergelegten Normen vereinbar sind. Allgemeine Menschenrechte erscheinen in dieser Perspektive tendenziell als menschengemachte, kompromisshaltige und deshalb unannehmbare Produkte einer Kultur auf Abwegen, die wie die westliche dabei ist, Gott zu vergessen. 

Der andere Bereich hängt eng damit zusammen. Wir haben in der Regel ein Verständnis von Religion, das es leicht macht, Religion als Privatsache, als individuelle Überzeugung, als innere Beziehung zu Gott oder bestimmten Werten aufzufassen. Der Hauptstrom der heutigen Islamauslegungen setzt dem ein Verständnis der Religion entgegen, das für die ganze Gemeinschaft der Muslime verbindliche Regeln vorsieht, die aus den Scharianormen abzuleiten und gesellschaftlich durchzusetzen sind. Dass in der islamischen Geschichte eine Vielfalt an Auslegungen möglich war, da gerade der Islam kein autoritatives "Lehramt" kennt, sei nur nebenbei bemerkt. Doch ist heute die Frage, inwieweit die im säkularen - nicht religionsfeindlichen! - Staat geforderte Trennung von Religion und Politik, von Glaubenspraxis und gesellschaftlicher Ordnung von muslimischer Seite so weit angeeignet werden kann, dass die Religionsausübung und die individuellen Selbstbestimmungsrechte in religiösen Dingen tatsächlich und islamisch begründet in die freie Entscheidung der Gläubigen, Frauen und Männer, gestellt werden. 

In diesem Sinne und aus aktuellem Anlass also: Anregungen zur Debatte.

Die Aktion 3.Welt Saar ("kritisch | unabhängig | mit Biss") stellt sich als eine allgemeinpolitische Organisation vor, die bundesweit arbeitet und ihren Sitz im Saarland hat. Sie arbeitet mit Christen, Muslimen und Atheisten zusammen.


Ahmadiyya

ahmadiyya.de 2023
Foto: ahmadiyya.de 2023

Anlässlich der 47. Jahresversammlung (Jalsa Salana) der Ahmadiyya Muslim Jamaat vom 1. - 3. September in Stuttgart hier eine Kompaktinformation zu Herkunft, Geschichte, Lehre und Praxis der AMJ:

Außerdem einige persönliche Eindrücke von meinem Besuch dort. Die „Jalsa“ ist das Großereignis der Ahmadiyya Muslim Jamaat, in Deutschland mit mehreren Zehntausend Besucherinnen und Besuchern größer als in anderen europäischen Ländern, in diesem Jahr zum ersten Mal in Stuttgart (seit 1975 in Deutschland):

Die Jalsa Salana ist ein Event. Gemeindeversammlung im ganz großen Stil. Die Ahmadiyya-Mitglieder von nah und fern erleben das internationale Zusammensein in festlich gehobener Stimmung als große Stärkung, besonders die Begegnungen mit dem Khalifatul Masih, dem weltweiten Oberhaupt der AMJ. Die drei Tage dienen nicht zuletzt dazu, den Treueeid gegenüber dem Oberhaupt zu erneuern und zu bekräftigen.

Einladungen gingen viele ins Land. Politik, Kirchen und Gesellschaft sind gut vertreten. Die Gäste sind zur zentralen Ansprache für Nichtmuslime bzw. Nicht-Ahmadis geladen. Sie ist wie immer Teil des Tabligh-Programms. Tabligh heißt „Informationsübermittlung, Verkündigung“ und ist Aufruf zum Islam, kurz: Mission.

Deren Sprache ist in den AMJ-Schriften durchaus immer wieder konfrontativ militant, die Waffen des Glaubens und die Verheißung des Sieges über alle anderen Religionen spielen eine wichtige Rolle (hier ein Handbuch dazu).
Groß hängen an prominenten Stellen in den Messehallen blaue Banner mit Koranversen, auf einem ist zu lesen: „Unser Herr, vergib uns unsere Irrtümer und unsere Vergehen in unserem Betragen und festige unsere Schritte und hilf uns gegen das ungläubige Volk.“ (Sure 3,147) Der Schluss wird auch so übersetzt: „... So verhilf uns zum Sieg über das ungläubige Volk“.  (Vor nicht allzulanger Zeit hatte eben diese Formulierung für öffentliche Kritik an der Ditib-Moschee in Köln gesorgt, in deren Innenraum ein gleichlautender Versteil aus Sure 2,286 kalligrafisch dargestellt ist).  Allerdings ist der Sprachgebrauch hier in die ausdrücklich gewaltablehnende Islamauslegung der Ahmadiyya eingebettet, verwendet also Bilder und Visionen.

An diesem Samstag merkt man der Rede des Kalifen keine Nachdrücklichkeit an. Wir Gäste werden als die angesprochen, die interessiert sind „über den Islam zu lernen“. Die große Halle ist gut gefüllt. 
Als Thema wählt Mirza Masroor Ahmad: Antworten auf häufige Vorwürfe gegenüber dem Islam. Es werde behauptet, der Islam sei extremistisch und ermutige Muslime zur Gewaltanwendung, er betrachte Nichtmuslime als minderwertig, er gewähre Frauen nicht die gleichen Rechte, er habe sich durch Gewalt ausgebreitet, er sei ein Hindernis für Integration usw. Zur Entkräftung führt der Kalif Koranverse an, er erläutert, der Islam betone die Gewissens- und Glaubensfreiheit aller Menschen, in religiösen Dingen dürfe weder Zwang noch Gewalt herrschen. Die Darlegung des Islam gründe allein auf Vernunft, Liebe und Beweisführung. Waffengewalt erlaube der Islam nur in Extremsituationen, alle Kampfhandlungen des Propheten seien ganz und gar defensiver Natur gewesen. Der Islam stehe für Gerechtigkeit, auch gegenüber Nichtmuslimen, deren (eigene) Rechte unbedingt zu wahren seien. Im Zusammenleben Angehöriger unterschiedlicher Religionen müssten Respekt, Toleranz, Liebe und Mitgefühl walten. Integration bedeute, das Beste der neuen Heimat zu suchen, der Nation, der man nun angehöre, aufrichtig zu dienen. Es sei die religiöse Pflicht von Muslimen, die Gesetze des Landes zu befolgen und dem Staat gegenüber loyal zu sein. Auch Islamfeindlichkeit und Frauenrechte spricht das Oberhaupt der Ahmadiyya an und endet damit, das Wort „Islam“ bedeute Frieden und Sicherheit.

Die Ansprache dauert eine halbe Stunde. Keine Argumentation, sondern Affirmation. Keine emotionale Regung, keine Bezugnahme auf die Situation, keine Stellungnahme zu aktuellen Fragen, keine Konsequenzen in Form von Empfehlungen oder Aufforderungen. Vielleicht einfach Vertrauen in das gesprochene Wort.

Da hätte ich mir mehr vorstellen können, auch wenn wichtige und sympathische Dinge gesagt worden sind. Bei mir bleibt die Frage zurück, wer genau die Adressaten waren. Wer sich einigermaßen auskennt, kann der Rede jedenfalls kaum eine neue Anregung entnehmen, es sind bis in die Formulierungen und die zitierten Koranverse hinein die auch aus anderen apologetischen Zusammenhängen bestens bekannten Positionen.

Beim Auszug des Kalifen und seiner Entourage erheben sich wie schon beim Einzug alle Anwesenden, es wird für einen Moment ganz still. Dann streben alle dem Ausgang zu.

Im Lauf des Nachmittags werde ich von vier oder fünf Begleitpersonen aufmerksam umsorgt. Die Atmosphäre ist sehr freundlich, sehr zuvorkommend, die Gastfreundlichkeit großartig. Es herrscht eine enorme Disziplin, mehrere Tausend Ehrenamtliche sorgen dafür, dass die mehreren Zehntausend Besucher auf dem Messegelände einen reibungslosen Ablauf erleben. Wenn ich einen Moment allein dastehe, ist nach kürzester Zeit jemand da, der mich nach Ergehen und Wünschen fragt.

Die Ausstellung zur Geschichte der AMJ und eine Kunstausstellung mit Artefakten und Kalligrafien bieten in gelungener Weise Neues, sie laden zum Verweilen ein. Informationen zu den aktuellen Entwicklungen haben die AMJ-Unterorganisationen und ihre Mitarbeitenden, die ihre Arbeit an Ständen in der Halle präsentieren und zum Gespräch bereitstehen, etwa die karitative Organisation Humanity First oder der neue gesamtdeutsche islamische Wohlfahrtsverband An-Nusrat e. V.

Dass Männer- und der Frauenbereich strikt getrennt sind, ist bekannt. Dass der Imagefilm eine Bundesvorsitzende der Frauenorganisation Lajna Imaillah zeigt, die das Gesicht bis auf die Augen mit einem Niqab bedeckt, ist neu. Für mich jedenfalls, es war mir bisher nicht so aufgefallen, werde Frauen jetzt aber empfohlen. Das gehört zu den Widersprüchlichkeiten, die ich empfinde und die in mir nachklingen, als ich freundlich verabschiedet werde.

Fazit: „Kirchentag“ ist eine für uns ob der Größe erst einmal naheliegende, aber unzutreffende Assoziation. Die Jalsa sieht keinen Raum für Meinungsaustausch oder Diskussion vor, geschweige denn Kontroverse, sie ist weder „Zeitansage“ noch „Markt der Möglichkeiten“, sondern in einem ziemlich wörtlichen Sinn Einschwörung auf den Gehorsam dem Kalifen gegenüber, Stärkung der inneren Bande sowie Präsentation nach außen.

Diese Präsentation ist großzügig einladend, herzlich gastfreundlich, missionarisch engagiert.


Studienreise nach Sarajevo und Bosnien-Herzegowina

Unterwegs "auf den Spuren einer convivencia" - von der Schönheit und Zerbrechlichkeit des Zusammenlebens

Kirchen, Synagogen und Moscheen auf Sichtweite beieinander, Menschen, die zum Gebet nacheinander das muslimische Grab der sieben Brüder, ein katholisches Franziskanerkloster und eine orthodoxe Kirche aufsuchen, eine muslimische Maria beim katholischen Weihnachtsspiel - Sarajevo war wie überhaupt die Balkanregion über Jahrhunderte geprägt von großer Vielfalt, religiös, ethnisch, kulturell. Sie ist noch vorhanden, im Stadtbild, in den Erzählungen, manches wird noch - oder wieder - gepflegt, doch vieles, allzu vieles ist kaum mehr als eine Erinnerung. 

"Auf den Spuren einer convivencia" war die Reisegruppe unterwegs, um in vielen Gesprächen und eigenen Erkundungen dem nachzugehen, wie die Situation der Religionsgruppen in Bosnien ist, was ein historisch gewachsenes Zusammenleben bedeutet und welche Gefährdungen zerstörerisch wirken. Pfarrerinnen und Pfarrer - erstmals aus den Handlungsfeldern "christlich-jüdisch" und "christlich-muslimisch" gemeinsam! -, Mitglieder der beiden Begleitgremien, Vertreterinnen und Vertreter von Diakonie, Bildungsarbeit, Presse sowie des Zentrums für Islamische Theologie (ZITh) in Tübingen absolvierten unter der Gesamtleitung von Prof. Stefan Schreiner ein dichtes Programm von Gesprächen (u. a. jüdische Gemeinde, katholische Vertreter, muslimische Verantwortungsträger, die theologische Fakultät, die Baptistenkirche für die Evangelischen, das EU-unterstützte Jugendaustauschprogramm RYCO) und Besuchen wichtiger Orte.

Viele beeindruckende Begegnungen mit starken Persönlichkeiten, viele intensive Lernerfahrungen! Ebenso bedrückend wie ermutigend die Begegnung mit dem Imam von Srebrenica, der seit vielen Jahren am Ort des Genozids einen ganz praktischen "Dialog des Lebens" (so würden wir es vielleicht nennen) praktiziert. Beim Großmufti erleben wir die Entschiedenheit, mit der der "bosnische Islam" sich als Brücke zwischen Orient und Okzident versteht. Welche Elemente geben die Richtung vor, die der Hauptstrom auf der Brücke einnimmt? Viele Menschen wünschen sich eine stärkere Europaorientierung, fühlen sich jedoch abgewiesen.

Und immer wieder ist zu hören: Der "Glaube" an sich würde nicht trennen, es sei der Missbrauch der "Religion" durch eine nationalistisch aufgeladene Politik, der die katholischen Kroaten, orthodoxen Serben und muslimischen Bosniaken gegeneinander aufstachele. Äußerlich sind Wunden des Krieges (1992-95) teilweise noch sichtbar, die inneren bleiben unsichtbar - von denen nicht wenige auch mit den Folgen der politischen Aufkündigung des Zusammenlebens zu tun haben.

Wenn man in diesem wunderschönen Land an besondere Orte mit einer Wasserquelle oder einem Brunnen kommt, kann man einen Koranvers finden: 
"Aus dem Wasser haben wir alles Lebendige gemacht"(Sure 21,30). Man möchte sich auf das Grundlegende, das alles Lebendige verbindet und zusammenhält, besinnen und den Menschen dort wie hier wünschen, dass sie das neu oder wieder ganz neu für sich entdecken und gestalten.


Handbuch christlich-islamischer Dialog

Ein Standardwerk zum Dialog geht online

Das Handbuch christlich-islamischer Dialog ist jetzt unter https://handbuch-cid.de online frei zugänglich.

Die Beiträge dieses online-Handbuchs informieren in allgemeinverständlicher Form über den aktuellen Stand des christlich-islamischen Dialogs. Wer selbst im interreligiösen Dialog engagiert ist oder etwas über den Ertrag dieses Dialogs erfahren möchte, findet hier kompakte, wissenschaftlich fundierte und zitierfähige Artikel über die unterschiedlichen Zugänge, häufig diskutierte Themen, bewährte Felder der dialogischen Praxis und wichtige christliche sowie muslimische Akteure.

Darin enthalten: Friedmann Eißler, Zivilcourage und aktive Toleranz – Auseinandersetzung mit extremistischen Einstellungen.

2014 ist dieses Handbuch zum ersten Mal in gedruckter Form erschienen. Das Editorial zu diesem online-Nachschlagewerk informiert über die Veränderungen, die seitdem den christlich-islamischen Dialog prägen. Für die online-Version des Handbuchs wurden die Beiträge aus der Druckversion aktualisiert und zum Teil überarbeitet. Themen, die neu an Bedeutung gewonnen haben, werden sukzessive ergänzt. 


LBE Preisverleihung (Gülen)

Hizmet-Plattform im Südwesten zeichnet Ehrenamt aus

Der Landesverband Bürgerschaftliches Engagement e.V. (LBE) verlieh am 19.1.2023 den "LBE Engagementpreis BW 2022" an 21 ehrenamtlich getragene Projekte (von 75 Bewerbungen). Ort des Geschehens: der Große Kursaal in Bad Cannstatt. Geehrt wurde ehrenamtliches Engagement mit besonderem Einsatz. "Es ist uns eine Herzensangelegenheit, all die freiwilligen Helden sichtbar zu machen, sie zu unterstützen und zu ehren. Denn ihre Taten und ihre Haltung inspirieren uns darin, für eine pluralistische Gesellschaft wichtige Werte wie Hilfsbereitschaft und Gemeinwohl aktiv zu leben", heißt es in der Einladung.

Unter den Preisträgern war auch das Interreligiöse Frauenmahl ("Frauen Macht Was! - 5. Interreligiöses Frauenmahl in Stuttgart"), eine Initiative, die in Stuttgart von den Evangelischen Frauen in Württemberg (EFW) eingeführt wurde und seit einigen Jahren in der Gesamtverantwortung des Bildungszentrums Hospitalhof steht. Das Frauenmahl hat eine ganze Anzahl kooperierender Partner: die Evangelischen Frauen in Württemberg, den Fachbereich Frauen der Diözese Rottenburg-Stuttgart, die Gesellschaft für Dialog (GfD), das Haus Abraham, die Israelitische Religionsgemeinschaft Württemberg, die Bahá’í-Gemeinde Stuttgart, das Katholische Bildungswerk Stuttgart, den Katholischen Deutschen Frauenbund, die Stiftung Weltethos, StuFem – Stuttgarter Femina e.V. sowie den Hospitalhof. 

Der LBE ist einer von 6 großen Regionalverbänden der Gülen-Bewegung in Deutschland und mit knapp 50 Mitgliedsvereinen die Hizmet-Plattform im Südwesten. Zu den Mitgliedern gehören die Gesellschaft für Dialog Baden-Württemberg e.V. (GfD) und Stuttgarter Femina e.V. (StuFem). Gemeinsame Adresse aller drei Vereine (und von drei weiteren) ist die Oppelner Straße 1 in Bad Cannstatt. Auf der LBE-Internetseite heißt es: "Das LBE e.V. möchte hierbei in Baden-Württemberg das Engagement der Vereine, die eine Nähe zur Hizmet Bewegung ausstrahlen, fördern. Dabei soll das Engagement der Bürger/innen interdisziplinär und transparent werden, denn auch wir als LBE e.V. stehen für die gleiche Maxime wie unser Bundestag: 'Je größer das bürgerschaftliche Engagement, desto gefestigter die Zivilgesellschaft als Kern einer Bürgergesellschaft.'"

Neben den Pangea-Mathematikwettbewerben, großen und kleineren Events wie den Internationalen Sprach- und Kulturfestivals (oder International Festival of Language and Culture, iflc, früher "Deutsch-türkische Kulturolympiade") und diversen Kultur- und Bildungsveranstaltungen gibt es seit 2013 deutschlandweit im großen Stil Preisverleihungen wie die des LBE. Zu den verschiedenen Ehrungen wird in repräsentative Locations eingeladen, in den Ordenssaal des Residenzschlosses in Ludwigsburg oder in Berlin in ein Kongresszentrum zwischen US-Botschaft und Hotel Adlon direkt am Brandenburger Tor - oder eben in den Großen Kursaal. Dabei sucht die Gülen-Bewegung den Kontakt zu möglichst hohen Ebenen in Politik und Gesellschaft sowie ein möglichst wirkungsvolles öffentliches Forum. In den an die Öffentlichkeit gerichteten Aktivitäten spielen die Lehren Fethullah Gülens keine offensichtliche Rolle. Der Name Gülen wird nicht oder nur am Rande erwähnt. Auf Bundesebene hat der Bund Deutscher Dialog Institutionen (BDDI), bestehend aus früher vierzehn, derzeit sieben regionalen Dialogvereinen, darunter auch die GfD, die Aufgabe der Koordination der Hizmet-Aktivitäten auf diesem Gebiet.


Wir müssen reden, bevor es zu spät ist

Buchempfehlung Yassir Eric

Aus den Werbetexten:

"Wir müssen reden, bevor es zu spät ist", sagt Yassir Eric mit Blick auf eine aus seiner Sicht dringend notwendige aber auch sachliche Islam-Debatte. Denn nur so können Islamismus und Extremismus bekämpft werden. Es darf nicht sein, dass aus religiöser Überzeugung Menschen verletzt werden oder ihr Leben lassen müssen! Und genauso wenig darf es sein, dass durch Taten einzelner Extremisten ein Fremdenhass entsteht oder verschärft wird, der unschuldigen Musliminnen und Muslimen oder Migrantinnen und Migranten allgemein schadet.

Yassir Eric weiß genau, worum es geht. Als Kind wuchs er in einer strenggläubigen Familie eines führenden arabischen Clans im Sudan auf. Zwei Jahre verbrachte er in einer Koranschule, wo ihm ein tiefer Hass gegenüber Christen und Juden vermittelt wurde – dieser gipfelte in dem Versuch, mit Freunden einen christlichen Mitschüler umzubringen.

Eric ist Christ geworden. Deswegen wurde er von seinem Vater verstoßen. "Das ist lange her. Ich habe seitdem viel gelernt über das Miteinander von Christen und Muslimen, aber auch über falsch verstandene Toleranz gegenüber denen, die viele Werte, die uns in der westlichen Welt wichtig sind, mit Füßen treten", sagt Yassir Eric und ergänzt: "Glaube per se ist kein Integrationshindernis. Doch manchmal stehen religiöse Überzeugungen im Gegensatz zu unseren Werten – und darüber müssen wir reden. Alles Bemühen, damit Menschen in unserer Gesellschaft ankommen, ist nur Stückwerk, wenn wir nicht über Werte und Einstellungen ins Gespräch kommen, die eine Integration verhindern können."

Doch auch die Aufnahmegesellschaft ist gefragt: Sie muss sich auf ihre Werte und Ideale besinnen, für sie einstehen und Integration aktiv gestalten. Denn nur wer selbst Orientierung hat, kann Orientierung geben, ist Eric überzeugt.

Yassir Eric, Wir müssen reden, bevor es zu spät ist. Über radikalen Islam, Integration und unsere Ideale, München: bene! Verlag 2023, 235 Seiten


Studienreise nach Israel und Palästina

Interreligiöse Begegnungen gestalten – eine Spurensuche in Jerusalem

In Jerusalem leben und lernen – kaum ein anderer Ort bietet mehr, wenn es um das Zusammenleben von Juden, Christen und Muslimen geht, um die Vielfalt der Konfessionen und Traditionen, auch um die Herausforderungen historischer Konflikte. Biblische Zusammenhänge werden lebendig, die Faszination und Bedeutung Jerusalems für die abrahamischen Religionen ist überall spürbar. Mit einer Mischung aus Unterricht, Diskussion und Exkursionen mit vielen persönlichen Begegnungen vor Ort haben Diakoninnen und Diakone, Pfarrerinnen und Pfarrer sowie zwei Synodale Anfang 2023 erkundet, was sich aus der Situation dort lernen lässt, gerade auch aus dem Kontrast zu unseren Verhältnissen.

Mit der Direktorin des Zentrums Diakonat, Dorothee Gabler, und Pfarrer Niels Gärtner (Bielefeld) von der Herrnhuter Missionshilfe zusammen durfte ich diese Reise durchführen. Von einer lebendig-anschaulichen Einführung über den Dächern von Jerusalem durch Propst Joachim Lenz (Erlöserkirche) über die außergewöhnliche Führung in und um die Anastasis/Grabeskirche (Petra Heldt), den Einblick in die Herrnhuter Missionsgeschichte anhand des Beit Hansen, das Förderzentrum Sternberg in Palästina, die Jerusalem Foundation (Alexander A. Dubrau), einen Besuch bei "Studium in Israel" und in dem Schulkomplex Talitha Kumi in Beit Jala bis hin zu thematischen Einheiten und natürlich auch ein paar touristischen Highlights war alles drin. 

Niels Gärtner war für uns der Türöffner für den "Sternberg" bei Ramallah, eine Fördereinrichtung für Menschen mit Behinderung der weltweiten Brüder-Unität, deren Entwicklungsprozesse er von Deutschland aus und oft auch vor Ort begleitet. Die Zusammenarbeit der wenigen christlichen Leitungspersonen dort mit den vorwiegend muslimischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Betreuung und Förderung der Schwächsten hat tief beeindruckt. Wir wurden in bewegende Geschichten mit hineingenommen, wie der Alltag gemeinsam bewältigt, wie Fortschritte gefeiert werden und die Herausforderungen alle gemeinsam in Anspruch nehmen. So suchten wir gezielt unterschiedliche Situationen auf und sprachen mit sehr unterschiedlichen Akteuren.

Zwei thematische Aspekte stachen für mich heraus. Zum einen die Rolle von Religion im öffentlichen Raum. Ist Religion mehr Störfaktor oder Ressource? Religion ist im Nahen Osten in der Öffentlichkeit ganz anders präsent als bei uns. Seit jeher Nachbarschaft auf engem Raum, alltägliche Klänge und Gewohnheiten, bei allen Schwierigkeiten selbstverständliche, zumindest rudimentäre Kenntnisse voneinander. Wir hören sowohl in Israel als auch in Palästina: Am besten nicht thematisieren! Das schafft nur Konflikte. Religion gehört dort stark zur Identität der Menschen, sie separiert in gewisser Weise von vornherein in bestimmte Gruppen (Versäulung), zudem wird sie von einigen Gruppen offensiv gelebt. Bei uns hingegen gehört Religion viel mehr ins Private, sie wirkt längst nicht so identitätsbildend in der Gesellschaft mit ihren starken Individualisierungstendenzen. Religion teilt nicht so wirkmächtig in Gruppen ein. Im Dialog wird das Verbindende gesucht, Religion wird als Quelle für Toleranz gesehen, als Ressource, als Friedenspotenzial. Wir würden daher eher sagen: Mehr thematisieren! Das schafft besseres Verständnis. 

Und zum andern: Was macht eine christliche Einrichtung - im Fall des Sternbergs in einem mehrheitlich islamischen Kontext - zu einer christlichen Einrichtung? Braucht es eine "explizit" christliche Praxis, oder sind die essenziellen christlich-theologischen Inhalte in der gemeinsamen ethischen Basis, die von beiden Religionen her begründbar ist, gleichsam eingeschrieben und gerade hier zu verorten? Wird die gemeinsame Praxis den Glaubensfragen dezidiert vorgeordnet, können Nächstenliebe und das friedliche Miteinander als Friedenszeichen wirken. Braucht das noch eine christliche "Markierung"? Es geht um Diakonie, die "ausgestreckte Hand" der Kirche. Aber was bedeutet das im Kontext einer (ver)schwindenden lokalen Christenheit? Wird das Essenzielle (nur oder hauptsächlich) im Gemeinsamen verortet, könnte es langfristig ja auch bedeuten, dass das Fade-out der Minderheit schlicht nicht mehr auffällt und irgendwie auch in Ordnung ist? Spannende Fragen, die hier exemplarisch zur Sprache kamen - ohne einfache Antworten.

Es war ein Gewinn, dass wir interdisziplinär bzw. interprofessionell unterwegs waren! Und gerade auch der Kontrast der Verhältnisse dort und hier hat Impulse zur Reflexion unserer Aufgaben gesetzt.


Weihnachten und Muslime

Buchempfehlung H. & H. Josua

Weihnachten verstehen: Für einen interreligiösen Dialog über das beliebteste Fest in Deutschland

Ob gläubig oder nicht, modern oder konservativ, alt oder jung: Jahr für Jahr feiern die Menschen Weihnachten. Diese Zeit ist von Bräuchen, Ritualen und christlichen Traditionen geprägt. Vielen Menschen, seien sie christlicher Herkunft oder seien es Musliminnen und Muslime, die als Flüchtlinge, Studierende oder Migranten nach Deutschland kamen, ist die Botschaft von Advent und Weihnachten unklar.
Worum geht es beim Weihnachtsfest? Das Buch vermittelt das notwendige Grundwissen für eine bessere Verständigung und eine Begegnung zwischen den Religionen. Anhand biblischer Weihnachtstexte und ihrer Rezeption im Koran bauen Hanna Nouri Josua und Heidi Josua Brücken zwischen Christentum und Islam. Christliche Leserinnen und Leser werden am Beispiel der Texte über Jesu Geburt in die islamische Denkwelt eingeführt und zum Gespräch mit Muslimen befähigt.

- Das theologische Anliegen von Advent und Weihnachten anschaulich erklärt
- Auseinandersetzung mit den Versionen der Geburt Jesu in Bibel und Koran
- Ein verbindender Blick auf die biblische Weihnachtsgeschichte für christliche Leser
- Perspektivwechsel, Meinungsbilder und Einblick in innerislamische Debatten
- Impulse, Materialien und Hinweise für Begegnungen und Gespräche mit Muslimen
- Geeignet auch für den Taufunterricht mit Muslimen, die Christen werden wollen

Hanna Nouri Josua ist evangelischer Pfarrer, Heidi Josua Religionspädagogin und Orientalistin. Beide wirken in arabisch-evangelischen Gemeinden in Süddeutschland und engagieren sich für gesellschaftliche Integration. Dem libanesisch-württembergischen Paar liegt das friedliche Miteinander und die interreligiöse Verständigung im Leben und in der Arbeit am Herzen.

Hanna Nouri Josua und Heidi Josua, Weihnachten und Muslime. Impulse zum interreligiösen Dialog, Leipzig: EVA 2022, 220 Seiten


Angekommen, ausgeschlossen oder abgeschottet?

Musliminnen und Muslime zwischen Partizipation und Irritation in der Migrationsgesellschaft

Vortrag beim Treff Sozialarbeit (Evangelische Gesellschaft Stuttgart) am 19.1.23

In Deutschland leben heute ca. 5,5 Mio. Muslime (6,6 % der Bevölkerung), die in der Vielfalt ihrer Ethnien, Glaubensweisen und Kulturen unsere Nachbarn und Mitbürger sind. Die Einschätzungen, wo wir in Sachen Integration stehen, fallen sehr unterschiedlich aus. Neben Alltagsnormalität und zivilgesellschaftlichem Engagement gibt es Konfliktthemen, die von „konfrontativer Religionsbekundung“ in der Schule bis zu Radikalisierungskarrieren Jugendlicher reichen. Was ist religiös, was ist kulturell bedingt? Welche Missverständnisse behindern konstruktive Lösungswege?

Im Vorfeld der Veranstaltung brachte der SWR ein Interview mit Nela Fichtner zum Thema (ab 19:43).


Koran und Bibel: synoptisches Textbuch

Buchempfehlung Wolfgang Reinbold

Der Beauftragte für Kirche und Islam im Haus kirchlicher Dienste der Hannoverschen Landeskirche, Wolfgang Reinbold, hat zum Korantext (auf Deutsch und transliteriert) passende biblische, christliche und teils auch islamische Texte gestellt und so ein einzigartiges umfangreiches Textbuch geschaffen, das mit einem schnellen Blick Bezüge, Assoziationen, Ähnlichkeiten und Unterschiede erkennen lässt. Für intensiveres Studium ebenso wie für ganz praktische Hilfestellungen in Gesprächskreisen etc. empfehlenswert!

Aus dem Verlagstext:

Judentum, Christentum und Islam bilden eine gemeinsame Religionsfamilie und ihre Schriften – das hebräische Alte Testament, das griechische Neue Testament und der arabische Koran – haben dieselben Wurzeln. Wer die Bibel kennt und den Koran in die Hand nimmt, macht eine eigentümliche Erfahrung: Viele Passagen wirken schon beim ersten Lesen vertraut. Worin stimmen Koran und Bibel überein? Worin unterscheiden sie sich? Der interreligiös erfahrene und engagierte evangelische Theologe Wolfgang Reinbold spürt diesen Bezügen durch einen bisher einmaligen konsequenten, textbasierten Vergleich von Koran und Bibel nach. Er hat dabei all jene im Blick, die in ihrer (inter-)religiösen und pädagogischen Praxis mit diesen Schriften arbeiten.

Wolfgang Reinbold, Koran und Bibel: Ein synoptisches Textbuch für die Praxis, Göttingen: V&R 2022, 940 Seiten


Der Abtrünnige

Buchempfehlung: Einblicke in die Welt von Moscheegemeinden

Aus dem Klappentext:

"Rund 15 Jahre war Erol Ünal Teil diverser türkisch-muslimischer Moscheegemeinden. Er wird Zeuge dessen, welche Geheimrituale in Moscheen stattfinden, welche Ziele verfolgt werden und inwieweit Verflechtungen mit dem türkischen und dem deutschen Staat bestehen. Aus autobiografischer Sicht enthüllt der Autor als Insider sowohl sein eigenes als auch das Innenleben der Moscheegemeinden in Deutschland, die europaweit stark vernetzt sind."

Ahmet Refii Dener über das Buch:

"Mit seinem Buch 'Der Abtrünnige' beschreibt der Esslinger Erol Ünal nun aus der Innensicht seinen eigenen Weg durch verschiedene, türkisch-islamische Gemeinden in den Agnostizismus. Dabei ist er kritisch, aber nicht unfair und beschreibt auch, was ihm selbst und anderen die Lehren, Rituale und Gemeinschaften auch gegeben haben. Und er appelliert am Ende an gläubige Muslime, den Islam weniger autoritär und damit weniger verletzend zu gestalten."

Michael Blume zu dem Buch:

"Ünal weist auf die gefährlichen Folgen der Indoktrination von Kindern und Jugendlichen durch nationalistische und islamistische Ideologien hin, er benennt die Verbrechen der Grauen Wölfe und deckt antidemokratische Praktiken der islamistischen Sekten auf."

Erol Ünal, Der Abtrünnige. 15 Jahre in Moscheegemeinden - Meine Einblicke in eine Welt von Fundamentalisten und Rechtsextremen über Radikale bis zu Sufis, Neu-Isenburg: Angelika-Lenz-Verlag 2021, 256 Seiten


Ansprechpartner

Friedmann Eißler

Dr. Friedmann Eißler

Islambeauftragter der Evangelischen Landeskirche in Württemberg

Büchsenstraße 33
70174 Stuttgart

Tel.
0160 884 2146
Mail
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