| Kirchenjahr

Tag des Weinens

Andacht zum Gründonnerstag

Weinen Sie manchmal? So richtig, mit Schluchzen und Tränen? Oder doch eher verstohlen? Oder bleibt ihnen der Schmerz ganz im Halse stecken? Kindern fällt das Weinen leicht. Da genügt ein großer Schreck, eine kleine Schramme, und sie lassen ihrer Angst, ihrer Wut und ihren Tränen freien Lauf. Sie schreien heraus, was sie bedrückt, bis sich jemand um sie kümmert, sie tröstet. Als Erwachsene können das viele nicht mehr. Sie verbieten sich, ihre Trauer laut zu äußern. „Ein Junge weint nicht“, hieß es früher oft. Und für ein „tapferes Mädchen“ galt dasselbe.

Pfarrerin Dr. Karoline Rittberger-KlasKirche im SWR

Warum ich heute vom Weinen sprechen? Weil heute in der christlichen Tradition sozusagen der „Tag des Weinens“ ist – Gründonnerstag. Das „Grün“ in Gründonnerstag hat nämlich gar nichts mit der Farbe zu tun. Es kommt von „grienen“ oder „greinen“, also „weinen“. Am Gründonnerstag wird Jesus gefangen genommen, um kurz darauf gekreuzigt zu werden. Ein Tag zum Weinen.

Sicher – der persönliche Gefühlshaushalt richtet sich nicht unbedingt nach dem kirchlichen Festkalender. Ich habe schon glückliche Karfreitage verbracht und an Ostern Tränen vergossen, obwohl es eigentlich andersherum passend wäre. Und trotzdem: Ich finde es wertvoll, dass es im Kirchenjahr beides gibt: fröhliche Feste – und eben Tage des Weinens. Denn sie erinnern mich daran, dass im Leben beides seine Zeit und seinen Sinn hat – das Lachen und das Weinen. Und wie gut es ist, weinen zu können, wenn es nötig ist.

Die Menschen, deren Erfahrungen in der Bibel zu lesen sind, wussten das auch: Tränen sind kostbar. Sie können Samen sein, die gesät werden, aus denen Neues wachsen kann: „Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten. Sie gehen hin und weinen und streuen ihren Samen – und kommen mit Freuden und bringen ihre Garben.“ (Psalm 126,5f)  So heißt es in einem Psalm.

Ich kann diesen Gedanken gut nachvollziehen. Wenn ich richtig weinen konnte über etwas, das mir weh tut, dann ist das wie ein reinigendes Gewitter für die Seele. Dann kann ich danach anders weitergehen. Und vielleicht kann dann auch wieder etwas Neues wachsen. Deshalb bin ich froh, dass ich klagen und weinen kann, wenn ich mich danach fühle. Und ich hoffe, dass heute kein Junge mehr hören muss, dass er nicht weinen darf. Und dass auch gestandene Männer und Frauen ihren Tränen freien Lauf lassen. Denn ich bin überzeugt: Für Tränen braucht man sich nicht zu schämen. Im Gegenteil: Sie sind kostbar. So kostbar – so beschreibt es ein anderer Psalm (Psalm 56,9) in einem wunderbaren Bild –, dass Gott die Tränen sammelt. Jede einzelne, in einen Krug. Mir hilft diese Vorstellung. Beim Weinen – und dabei, wieder aufzuhören zu weinen. Weil neue Hoffnung wächst. So wie an Ostern.

Ursprünglich ein „Wort in den Tag“ für SWR2.


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