| Gedenktag

Zur falschen Zeit am falschen Platz

Jan Hus (1369 - 1415)

„Heute bratet ihr eine Gans, aber aus der Asche wird ein Schwan entstehen“, soll Jan Hus am Tage seiner Hinrichtung auf dem Konstanzer Konzil gesagt haben. „Husa“ steht tschechisch für „Gans“. Theologen deuteten den Schwan auf Luther hin und machten ab dem 18. Jahrhundert den Schwan zum Symbol des Reformators.

Die Skulptur von Johann Huss am Lutherdenkmal in Worms. Der Tscheche wurde 1415 auf dem Konzil zu Konstanz als Ketzer verbrannt.EPD-Bild

Ab 1390 studierte Hus an der Universität in Prag. Dort kam er mit den Lehren des Oxforder Theologen John Wyclif in Kontakt. Wyclif war vom Lebensstil des englischen Klerus angewidert und forderte die Abkehr der Kirche von Besitz und weltlicher Macht. Hus studierte daraufhin Theologie und wurde 1400 zum Priester geweiht. Zwei Jahre später predigte er in tschechischer Sprache und führte das gemeinsame Singen im Gottesdienst ein – ebenfalls in tschechischer Sprache. Das Volk strömte zu ihm. Hus übernahm die Kritik von Wyclif und erweiterte sie. Er trat für Gewissensfreiheit ein und benannte die Bibel als einzige Autorität in Glaubensfragen ¬ im Gegensatz zur Lehre, dass der Papst die letzte Instanz sei. 1408 wurde er beim Prager Erzbischof denunziert, welcher ihm daraufhin verbot, Gottesdienst zu halten und zu predigen.

Die Pointe dabei war, dass der Klerus in Prag und Böhmen zur deutschen Oberschicht gehörte, das Volk aber tschechisch war. Also traf seine Kritik die Deutschen. Dies ließ einen tschechischen Nationalcharakter entstehen – so etwas geschah zum ersten Mal in Europa. So wurde Hus zum Wortführer der Tschechen.

Hus zog als Wanderprediger durch Böhmen. Seine Gedanken fielen überall auf fruchtbaren Boden. Die Unruhen in Böhmen beschäftigten auch das Konstanzer Konzil 1414 bis 1418. Es galt nicht nur mit der Autorität von drei Päpsten umzugehen, die Ordnung in Europa war ebenfalls wieder herzustellen. Da musste auch dem Unglauben gewehrt werden. Also beschäftigte sich das Konzil auch mit den „Husiten“. Hus wurde freies Geleit hin und zurück zugesprochen und ein entsprechender Schutzbrief ausgestellt. Hus glaubte dem Versprechen.

Das war ein tödlicher Fehler. Er wurde als Irrlehrer verhaftet und am 6. Juli 1415 zum Feuertod verurteilt. Zusammen mit seinen Schriften wurde er am gleichen Tag verbrannt. An der Stelle seines Scheiterhaufens steht heute ein Felsblock mit Inschrift. Jedes Jahr finden an diesem Tag Gedenkfeiern statt – bis heute. Als sich nach dem Ersten Weltkrieg die Tschechoslowakei bildete, erklärte die junge Republik 1925 den 6. Juli zum Staatsfeiertag. Der Vatikan brach daraufhin für drei Jahre die diplomatischen Beziehungen zu dem neuen Staat ab. Bis heute ist Hus für die römisch-katholische Kirche ein Ketzer. Für die Protestanten aber ist er bis heute der wichtigste Vorläufer der lutherischen Reformation. Hus war sozusagen zur falschen Zeit am falschen Platz.

Jürgen Kaiser


Mehr News

  • Datum: 18.05.2024

    Pfingsten steht für Hoffnung und Begeisterung

    Pfingstimpuls von Dan Peter - Sprecher der Landeskirche. Der Ausdruck für etwas „Feuer und Flamme“ zu sein aus der Pfingstgeschichte der Bibel hat sich bis heute erhalten. Hoffnung statt Untergangsrhetorik, dafür steht das Pfingstfest.

    Mehr erfahren
  • Datum: 18.05.2024

    TV-Tipp: Mamas Stimme überlebt

    Mütter und Väter, die unheilbar krank sind, haben häufig den Wunsch, ihren Kindern etwas Persönliches zu hinterlassen. Mit einem Familienhörbuch ist das möglich. Was ist das? Und wie geht das? Darüber spricht Alpha & Omega“-Moderatorin Heidrun Lieb mit ihren Gästen.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.05.2024

    „Wir haben den Beruf zum Brückenbauen“

    „Wir haben den Beruf zum Brückenbauen! Deshalb lasst uns in der Gemeinschaft der weltweiten Kirche unserem pfingstlichen Auftrag nachkommen! Lasst uns Brücken bauen, die die Menschen zusammenführen.“ So appelliert Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl in seiner Pfingstbotschaft.

    Mehr erfahren
  • Datum: 16.05.2024

    Samuel Holzhäuer wird Schuldekan in Ravensburg

    Samuel Holzhäuer wird Schuldekan des Kirchenbezirks Ravensburg. Ihm ist wichtig, „dass in einer Zeit zunehmender Krisen und Orientierungslosigkeit die hoffnungsvolle Botschaft des Evangeliums lebensnah und kreativ in die Lebenswelt von jungen Menschen gesprochen wird“.

    Mehr erfahren
  • Datum: 15.05.2024

    Partnerschaft mit georgischer Kirche

    Aus Anlass des 20-jährigen Bestehens der Partnerschaft zwischen der württembergischen Landeskirche und der evangelisch-lutherischen Kirche in Georgien reiste im April eine kleine Delegation nach Georgien. Darüber berichtet hier Oberkirchenrat Prof. Dr. Ulrich Heckel.

    Mehr erfahren
  • Datum: 15.05.2024

    Kirchen im Land rufen zur Wahl auf

    Die vier großen Kirchen in Baden-Württemberg rufen in ihrem gemeinsamen Pfingstwort alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen und für Demokratie und Menschenrechte zu stimmen.

    Mehr erfahren
  • Datum: 15.05.2024

    Konfirmationspredigt: „Ihr seid nicht die letzte Generation“

    Pfarrerin Sara Stäbler spricht in ihrer Konfirmationspredigt über die Studie „Jugend in Deutschland 2024“, der darin bescheinigten deprimierten Stimmung, warum sie ihre Konfirmanden trotzdem für Hoffnungsträger hält und welche Rolle der Glaube dabei spielt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 14.05.2024

    Landesmissionsfest in Heidenheim

    Am 15. und 16. Juni findet das Landesmissionsfest unter der Überschrift „Grenzenlos. United by mission“ in Heidenheim statt. Hier finden Sie einen Überblick über das Programm. Es startet mit einem Missions-Jungschartag sowie einem Kindererlebnistag.

    Mehr erfahren
  • Datum: 14.05.2024

    Tag der weltweiten Kirche 2024

    Die württembergische Landeskirche und der Internationale Konvent christlicher Gemeinden in Württemberg laden für Pfingstmontag zum Tag der weltweiten Kirche nach Stuttgart ein. Motto des Tages: "Brücken statt Mauern". Hier finden Sie alle Informationen zum Programm.

    Mehr erfahren
  • Datum: 13.05.2024

    Kirchengemeinden und -bezirke auf Social Media

    Wie kann Kirche dort sein, wo die Menschen sind, und welche Inhalte machen auf welchem Kanal und in welcher Form Sinn? Jonas Dietz, Referent für Neue Medien im Kirchenbezirk Waiblingen, gibt Social Media Tipps für Gemeinden und Bezirke.

    Mehr erfahren
  • Datum: 13.05.2024

    Hilfe für Flutopfer in Südbrasilien

    Die Menschen im Süden Brasiliens kämpfen seit Tagen mit Hochwasser in Folge der außergewöhnlich starken Regenfälle. Das Gustav-Adolf-Werk (GAW) hilft der Evangelische Kirche lutherischen Bekenntnisses in Brasilien (ELKBB), die Not zu lindern. Auch Sie können helfen.

    Mehr erfahren
  • Datum: 08.05.2024

    Herz und Herz - Der Song zum Innovationstag

    „Herz und Herz vereint zusammen" - die Band „Weida & Mohns“ hat für den Innovationstag der Landeskirche Zinzendorfs Kirchenliedklassiker neu arrangiert. Für Gemeindebands bieten sie Noten, Arrangements und Materialien zur Nutzung in Gemeinden an.

    Mehr erfahren
Mehr laden