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Theologische Ehrendoktorwürde für Patriarch Bartholomaios

Oberhaupt der orthodoxen Christen zu Gast in Stuttgart und Tübingen

Tübingen/Stuttgart. Die Evangelisch-Theologische Fakultät der Universität Tübingen hat dem Ökumeni-schen Patriarchen Bartholomaios die Ehrendoktorwürde verliehen. Der höchste Repräsentant der orthodoxen Christenheit nahm die Auszeichnung heute Vormittag im Rahmen eines Festaktes in der Tübinger Stiftskirche entgegen.

Der Dekan der Evangelisch-Theologischen Fakultät, Professor Dr. Michael Tilly, begründete die Verleihung der Ehrendoktorwürde an Bartholomaios mit dessen Engagement für Frieden, Freiheit und soziale Gerechtigkeit, mit seinen Verdiensten für die Verständigung zwischen der orthodoxen und der evangelischen Kirche sowie dem Einsatz des Patriarchen für die Bewahrung der Schöpfung.

In seinem Vortrag in fließendem Deutsch erinnerte Patriarch Bartholomaios an den Briefwechsel zwischen Tübinger Theologen und dem Ökumenischen Patriarchat in Konstantinopel, mit dem in den Jahren 1573 bis 1581 der Dialog zwischen der orthodoxen und der evangelischen Kirche begonnen hatte. Bartholomaios betonte die Bedeutung der Ökumene. Offenheit und Dialog zwischen den christlichen Konfessionen führe nicht zum Verlust, sondern zur Vertiefung der eigenen Identität. Der ökumenische Dialog habe bereits „unschätzbar Positives“ erreicht, müsse aber fortgesetzt werden. Ziel sei die „Wiederherstellung der Einheit“ der Christenheit. Im Jubiläumsjahr 500 Jahre Reformation würdigte der Patriarch auch Martin Luther. Luthers Freiheitsbegriff sei unverzichtbar für den Dialog zwischen Christentum und Moderne, so Bartholomaios.

Der evangelische Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July dankte dem Patriarchen in seinem Grußwort für sein „jahrzehntelanges Engagement und seine Verdienste für die Verständigung zwischen dem orthodoxen Patriarchat und der evangelischen Kirche“. July erinnerte an die besondere Beziehung der württembergischen Landeskirche zum Patriarchat von Konstantinopel. 2009 hatte der Landesbischof dem Patriarchen die höchste Auszeichnung der württembergischen Landeskirche – die silberne Brenzmedaille – überreicht. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Professor Dr. Heinrich Bedford-Strohm nannte den Patriarchen gemeinsam mit Papst Franziskus einen „Glücksfall“. Die beiden Repräsentanten der orthodoxen und katholischen Kirche würden „die Liebe, von der sie sprechen, selbst ausstrahlen“. Dies bedeute eine „ausgestreckte Hand in der Ökumene, die wir Protestanten ergreifen sollten“, sagte der Ratsvorsitzende. Bedford-Strom überreichte Bartholomaios das Manuskript einer deutschen Übersetzung einer Schrift des Patriarchen, die demnächst mit dem Titel „Begegnung mit dem Mysterium“ in Deutschland erscheinen wird.

Bereits am Montag hatte Bartholomaios nach einem Gespräch mit dem Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, eine orthodoxe Vesper in der Stuttgarter Stiftskirche gefeiert. Anschließend erinnerte der EKD-Ratsvorsitzende Professor Dr. Heinrich Bedford-Strohm in seinem Grußwort an das vom Patriarchen einberufene „Panorthodoxe Konzil“ 2016 in Kreta, das sich für einen weiteren Ausbau des Dialogs auch mit den evangelischen Kirchen ausgesprochen habe. Der gastgebende Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July verwies auf die „zahlreichen orthodoxen Glaubensgeschwister, die hier in Württemberg beheimatet sind“ und die guten ökumenischen Kontakte, die auch dem Engagement der Landeskirche im Dialog mit der Orthodoxie zu verdanken seien, etwa durch den „Arbeitskreis Orthodoxe Kirchen“. Aus orthodoxen Anregungen wiederum sei der „Tag der Schöpfung“ entstanden, der jedes Jahr Anfang September gemeinsam gefeiert wird. Der Ökumenebeauftragte der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Gerhard Feige (Magdeburg), sagte, dass Friede und Freiheit in Gefahr seien, wenn Abschottung und Ausgrenzung herrsche, und rief Christen aller Konfessionen dazu auf, gemeinsam gegen Fundamentalismus und Nationalismus einzutreten.

Patriarch Bartholomaios gratulierte den evangelischen Kirchen zum 500. Reformationsjubiläum und sprach sich dafür aus, dass „Gottesdienst und Menschendienst“ im kirchlichen Leben zusammengehörten, gewissermaßen eine „liturgische Diakonie“ bildeten.


Oliver Hoesch                       
Sprecher der Landeskirche

Andreas Föhl
Medienbeauftragter im Kirchenbezirk Tübingen