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Aufbruch zu neuer ökumenischer Verständigung

Ökumenischer Bußgottesdienst zum Reformationsjubiläum in Biberach an der Riß

Stuttgart/Biberach an der Riß. Zum „Aufbruchjahr für eine neue ökumenische Verständigung“ haben der württembergische Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July und sein katholischer Kollege, Bischof Dr. Gebhard Fürst, am Sonntag in Biberach das Jahr 2017 erklärt. Beim zentralen ökumenischen Buß- und Versöhnungsgottesdienst in Württemberg knieten die beiden Bischöfe als sichtbares Zeichen der Buße vor dem Altar. Schon die Wahl der Kirche war symbolträchtig: Die Stadtpfarrkirche St. Martin wird seit 1548 von katholischen und evangelischen Gläubigen gleichberechtigt genutzt. Sie ist damit eine der am längsten simultan genutzte Kirche Deutschlands.

Aus dem Nebeneinander der Kirchen sei ein Miteinander geworden. Die Kirchen in Deutschland könnten zum Motor einer neuen Bewegung werden, die noch mehr Gemeinsames entdecke, auch wenn an vielen theologischen Fragen noch weitergearbeitet werden müsse, betonte July. „Wenn wir heute unsere Schuld bekennen, um Vergebung bitten, können wir die Lasten und Enttäuschungen der Vergangenheit ablegen und aufbrechen, weil wir manches nicht mehr mitschleppen müssen.“ Wenn das gelingt, könne man sagen: „...da ist Freiheit“, zitierte July das Motto des Reformationsjubiläumsjahres in Württemberg.

Der württembergische Landesbischof erinnerte an die Zusammenarbeit vieler Christen unterschiedlicher kirchlicher Herkunft und Konfession vor Ort und an konfessionsverschiedene Paare, von denen jeder bewusst in seiner Kirche bleibt und beide dennoch die Ökumene leben. „Nehmen wir Abschied vom geistlichen Hochmut, der den anderen nur defizitorientiert wahrnimmt. Sehen wir die Gabe des jeweils anderen“, so July.

Bischof Fürst betonte in seiner Predigt, Christen könnten einander ergänzen und bereichern. „Wir sind aufeinander bezogen, gerade in unserer Unterschiedlichkeit“, sagte er. Diese Beziehung berge aber auch Potenzial für Streit, Intoleranz, Abgrenzung und Trennung. Die beiden großen Kirchen würden in diesen Tagen gemeinsam daran erinnern und Schuld gemeinsam feierlich bekennen. Solche Erinnerung in der Begegnung sei heilsam, bedeute aber niemals Vergessen. Es gehe darum, „voneinander zu lernen und wertzuschätzen, was die anderen an Schätzen bewahrt haben, einander zu zeigen, was wir lieben“, sagte der katholische Bischof. So könne gegenseitiges Verständnis füreinander weiter wachsen.

Bischof Fürst erinnerte daran, dass Christen durch die Taufe mit ihren Gnadengaben Glieder des einen Leibes Christi seien. Diese Gnadengaben machten es möglich, so Bischof Fürst, aus der Gnade heraus zu leben und in der Liebe Gottes zu handeln.

In einer Selbstverpflichtung versprachen beide Bischöfe, gemeinsam „Zeugnis von Gott abzulegen“ sowie „gemeinsam zu handeln und einander aktiv zu unterstützen“, wo immer es möglich sei. Ebenso, den „konfessionsverbindenden Ehen alle Hilfestellung zu leisten“ und die „ökumenische Grundhaltung in den konfessionsverbindenden Ehen in unseren Kirchen fruchtbar werden zu lassen.“

Das Jahrhundertjubiläum im Jahr 2017 ist das erste in der 500-jährigen Reformationsgeschichte, das evangelische und katholische Kirche gemeinsam begehen. Deutschlandweit fanden an diesem Wochenende ökumenische Buß- und Versöhnungsgottesdienste statt. Im September 2016 hatten katholische und evangelische Kirche in München eine gemeinsame Erklärung mit dem Titel „Erinnerung heilen - Jesus Christus bezeugen" vorgestellt. Darin hatten sie sich darauf verständigt, „die Trennungen der Kirchen ehrlich anzuschauen, ihre leidvollen Auswirkungen zu bedenken und Gott und einander um Vergebung für das Versagen auf beiden Seiten zu bitten.“

Oliver Hoesch
Sprecher der Landeskirche