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Aktuelle Stunde zum Miteinander in Europa

Sommertagung der Landessynode beendet

Heilbronn. Die Sommertagung der Württembergischen Evangelischen Landessynode ist am Samstag, 9. Juli, zu Ende gegangen. Am letzten Tag befasste sich die Landessynode in einer aktuellen Stunde mit der Frage, was die Kirche zu einem guten Miteinander in Europa beitragen könne sowie mit dem Netzwerk Inklusion der Evangelischen Landeskirche in Württemberg.

Zum Miteinander in Europa

Das Evangelium war die erste Friedens- und Versöhnungsbewegung für Europa, erinnerte der Synodale Tobias Geiger. Diese Botschaft habe den damals kleinen christlichen Gemeinden eine große Ausstrahlung verliehen. Auch wenn das später eingetrübt wurde, sind die europäischen Gesellschaften geprägt vom christlichen Erbe. Sogar die soziale Marktwirtschaft sei Ausdruck christlicher Ethik. Vor allem Angst vor sozialer Benachteiligung habe die Briten aus der Union getrieben, meinte Prof. Dr. Martin Plümicke. Dr. Martin Brändl wies auf das Treffen „Miteinander für Europa“ hin, das 1700 Christen aus 32 Bewegungen vom 30. Juni bis 2. Juli 2016 in München zusammengeführt hat und an dem auch leitende Geistliche der württembergischen Landeskirche teilgenommen haben. Europa befinde sich in der größten Krise seiner jüngeren Geschichte. Brändl zitierte Maria Voce, die Präsidentin der Fokular-Bewegung: Europa durchlebe die „Nacht seiner Prinzipien“.

Eva Glock knüpfte an die Bibelarbeit des Vortags an und meinte, „Jesus Christus, unser Friede“, im Sinne von innerem und äußerem Frieden, muss auch für Europa durchbuchstabiert werden. Die einen stehen im Dunkeln, die anderen stehen im Licht, ergänzte Dr. Heidi Buch. Europa zeige gerade ein gespaltenes Gesicht. Auf der einen Seite Freiheit und Geschütztsein, auf der anderen Seite Ängste und Unsicherheit. Letztere seien nicht durch Worte zu beseitigen, sondern nur durch ein anderes Miteinander. Johannes Eißler wies auf die zahlreichen europäischen Städtepartnerschaften hin und wünscht, dass sich die Kirche dort stärker einbringe, zum Beispiel durch gemeinsame Gottesdienste. 

Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July sieht die Aufgabe der Kirchen darin, jetzt ihr Versöhnungsnetzwerk stärker zu bauen. Die Württembergische Landeskirche habe wahrscheinlich die meisten internationalen Kontakte. Er wünsche sich einen europäischen Kirchentag und eine europäische Synode. Es sei ein Jahrhundertprojekt für Versöhnung, Neuaufbau und Frieden. Daran muss die Kirche erinnern. Europa brauche eine Seele.

Inklusion

„Inklusion ist nicht etwas, was wir in der Kirche auch noch machen, sondern was uns ausmacht.“ Mit diesen Worten zitiert der Vorsitzende des Ausschusses für Diakonie Markus Mörike Landesbischof  July. July ist zum Zeichen der Wichtigkeit dieses Anliegens Vorsitzender des Netzwerks Inklusion in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg (NIL). Aus den synodalen Überlegungen von 2013 heraus wurde der Aktionsplan „Inklusion leben“ ins Leben gerufen, so Oberkirchenrat Dieter Kaufmann  Der Aktionsplan soll helfen, Ausgrenzung systematisch zu überwinden und inklusive Ansätze in Kirchengemeinden zu entwickeln und zu fördern. Ziel sei es, Kirchengemeinden, diakonische Einrichtungen und Dienste dabei zu unterstützen, vor Ort eigene Wege zu gehen und Impulse zu setzen für umfassende Inklusion bei Arbeitslosigkeit, Armut, Krankheit, Behinderung und Flucht. „Kirche beansprucht aufgrund des unmissverständlichen biblischen Auftrags eine vorantreibende Rolle, wenn es darum geht, Ausgrenzung zu überwinden und Teilhabe zu ermöglichen“, so Mörike.

Wort des Landesbischofs

Die Landessynode habe sich Zeit genommen, damit die Kirche sich Zeit für die Menschen nimmt, so Landesbischof July in seinem abschließenden Dank. „Viele Anträge, viele Gespräche zeugen davon, viele Ideen und Vorschläge weisen darauf hin, wie Kirche sich noch besser Zeit für Menschen nimmt, sie zeitgemäß begleitet, seelsorgerlich und zugewandt.“

July wies im Hinblick auf das anstehende Reformationsjubiläum 2017 auf die evangelische Freiheit hin. Diese Freiheit gebe sich aber auch Ordnungen und Regeln, damit Freiheit gelebt werden kann und nicht Willkür eintritt. Man könne immer wieder bei neuen theologischen oder seelsorgerlichen Einsichten daran arbeiten, dass Ordnungen und Regeln verändert werden. Dies sei Aufgabe im Zusammenspiel von Synode und Kirchenleitung – „auch im Hören auf unsere Gemeinden“, sagte July. „Nicht akzeptieren kann ich, wenn Amtsträgerinnen und Amtsträger der Kirche sich öffentlich über Ordnungen unserer Kirche hinwegsetzen.“

Befremden und Traurigkeit äußerte July in seiner Funktion als Vizepräsident des Lutherischen Weltbundes im Hinblick auf den Beschluss der Evangelisch-Lutherischen Kirche Lettlands (ELKL). Die ELKL, die die Ordination von Frauen bereits 1975 eingeführt hatte, beschränkte durch die Änderung ihrer Verfassung den Zugang zum Pfarramt nun auf Männer und schloss Frauen somit von der umfassenden Teilhabe am kirchlichen Leben aus. July schloss sich dem Votum des Lutherischen Weltbundes an und sagte „Wir betrachten die Maßnahme der ELKL als einen Rückschritt auf dem gemeinsamen Weg, den der LWB in den vergangenen 32 Jahren beschritten hat.“ Der Erklärung des LWB sei nichts hinzuzufügen. Die Württembergische Landeskirche erklärt ihre Solidarität mit den ordinierten Frauen aber auch mit den nicht ordinierten Theologinnen in Lettland.

Die nächste Tagung der Landessynode findet vom 21. bis 24. November im Stuttgarter Hospitalhof statt.


Dan Peter
In Vertretung von Oliver Hoesch
Sprecher der Landeskirche