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Schwerpunkttag „Reformation“ und Mittelfristige Finanzplanung

Landessynode setzt Beratungen fort

Heilbronn. Am zweiten Sitzungstag der Sommertagung der 15. Württembergischen Evangelischen Landessynode in Heilbronn am Freitag, 8 Juli, steht ein Schwerpunkttag zum Thema „Reformation – Eine Welt und Gerechter Friede“ auf der Tagesordnung. Bereits gestern wurde die Mittelfristige Finanzplanung für die Jahre 2016 bis 2020 eingebracht und der 2. Nachtragshaushalt 2016 in Höhe von 4,3 Mio. Euro verabschiedet.

Schwerpunkttag „Reformation – Eine Welt und Gerechter Friede“

„Je mehr es an Frieden in dieser Welt fehlt, umso mehr müssen wir um den Frieden Christi beten. Wir im Nahen Osten lernen diese Lektion tagtäglich“, betonte Reverend Dr. Habib Badr von der Nationalen Evangelischen Kirche von Beirut, Libanon, im Rahmen seiner Bibelarbeit. Badr berichtete von der Situation der Christinnen und Christen im Nahen Osten. Viele seien mittlerweile vor Krieg und Verfolgung aus ihren Dörfern und Städten geflohen. Sie seien willens, jeden Preis zu bezahlen – auch den Verlust ihres Lebens –, nur um aus dem Nahen Osten wegzukommen.

Religionen können Frieden schaffen

Eine Welt ohne Religionen wäre nicht friedlicher als eine Welt mit Religionen, sagte der Professor für Frie­densforschung und Internationale Politik vom Institut für Politikwissenschaft (IfP) der Universität Tübingen, Prof. Dr. Andreas Hasenclever. In seinem Referat „Macht – Religion – Frieden“ führte er aus: „Krieg und politische Gewalt folgen einer säkularen Logik. Der Rückgriff auf religiöse Traditionen zur Rechtfertigung von Gewalt und zur Mobilisierung von Unterstützung ist dieser Logik untergeordnet.“ Geschieht das, dann werden die Religionen zu einer Ideologie unter vielen, so Hasenclever. Demgegenüber können Religionen einen Beitrag zur Gewaltprävention und Versöhnung leisten: „Wenn sie Distanz wahren, können sie eine potente Friedenskraft sein und glaubwürdig Heil verheißen.“ Hasenclevers Worten zufolge lässt die Vielfalt des Islam keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen religiöser Überzeugung und erhöhter Gewaltbereitschaft erkennen. Die Gewaltbereitschaft von Terrorgruppen im Vorderen Orient und Nordafrika hänge weniger mit Religion, sondern vor allem mit patriarchalen Strukturen, politischer Radikalität und Repression durch staatliche Stellen zusammen.

Menschenrechte nicht vereinnahmen

„Menschenrechte sind universal, individuell, sozial, egalitär, einklagbar, unteilbar, notstandsfest und vorstaatlich, weil das Menschsein allem anderen vorausgeht“, sagte Prof. Dr. Dr. Thomas Schirrmacher, Präsident der International Society for Human Rights, Bonn. In seinem Referat „Menschenrechte in der Einen Welt“ führte er aus, dass an der Festlegung und dem Ausbau der Menschenrechte durch die Vereinten Nationen (UN) von Anfang an alle großen Kultur- und Religionstraditionen beteiligt gewesen sind. Der Prozess sei nicht von Staaten in Gang gesetzt worden, die bereits praktiziert hätten, was sie verkündeten. Vielmehr war es der Versuch, die Reste der Aufklärung vor der Barbarei eines gerade beendeten Weltkriegs zu retten.

Schirrmacher betonte auch die Rolle der Nichtregierungs-Organisationen, „ohne die mancher Staat und selbst die UN nicht aktiv geworden wären“. Er ist überzeugt davon, dass zentrale Elemente der Menschenrechtsidee aus der jüdisch-christlichen Tradition stammen und bezeichnet die Antisklaverei-Bewegung, begonnen durch Evangelikale in England, als erste großangelegte Bewegung. Sie diene heute noch weltweit als Muster für erfolgreiche Kampagnen für die Menschenrechte. Dennoch gelte: „Die Menschenrechte müssen auch allen Religionen und Weltanschauungen vorgeordnet sein, sonst funktionieren sie nicht. Deshalb dürfen die christlichen Kirchen die Menschenrechte nicht für sich vereinnahmen.“

Trennungen überwinden

„Klimagerechtigkeit ist eine Sache auf Leben und Tod“, betonte Dr. Agnes Regina Murei Aboum, Moderatorin des Ökumenischen Rats der Kirchen, in ihrem Referat zum Thema „Klimagerechtigkeit – Gerechter Friede“. Sie wies auf die Ursachen von Klimaungerechtigkeit in der Welt hin, etwa Wirtschaftswachstum ohne Grenzen, Armut und kriegerische Konflikte. Dies führe zu Fluchtbewegungen. Aboum sieht die Kirchen der ökumenischen Bewegung in einer Vermittlerrolle, deren Ziel es sein müsse, „Trennungen zu überwinden und ein Haus der Völker aufzubauen“.

Mittelfristige Finanzplanung

„Der Langfristtrend sieht gut aus“, erklärte Finanzdezernent Oberkirchenrat Dr. Martin Kastrup bei der Einbringung der Mittelfristigen Finanzplanung. Seit 1992 gebe es trotz sinkender Mitgliederzahlen ein Kirchensteuerwachstum von jährlich real 1,9 Prozent. In fast allen Vermögensbereichen entsprechen die Rücklagen den Zielvorstellungen. Bei der Landeskirche machen 75 Prozent der Aufwände die Personal- und Versorgungskosten aus. Bei den Kirchengemeinden betragen die Personalkosten rund 57 Prozent. Doch die Absicherung der Altersversorgung sei die Achillesferse der Landeskirche: „Die Landeskirche muss weiterhin jährlich nennenswerte Summen für die Altersvorsorge zurückstellen.“

Der Vorsitzende des Finanzausschusses, Michael Fritz, sprach sich im Namen seines Ausschusses für einen stärkeren Blick auf die Mitglieder aus. Zudem wies er darauf hin, dass sich zwischen dem Nachhaltigkeitsniveau und den tatsächlichen Ausgaben bis 2020 ein Spielraum von 100 Mio. Euro ergebe, der für den Ausbau der Versorgungsrücklagen sowie für strukturelle Veränderungen genutzt werden solle.

Nachtragshaushalt verabschiedet

Die Landessynode stimmte dem 2. Nachtrag 2016 ohne Gegenstimme zu. Das Volumen der Maßnahmen beläuft sich im laufenden Jahr auf 4,3 Mio. Euro. Insgesamt machen die Maßnahmen, die 2016 noch begonnen werden, rund 11,5 Mio. Euro ohne Dauerfinanzierungen aus. Der größte Brocken fließt in die Flüchtlingshilfe, davon mehr als vier Mio. Euro für die Hilfe in den Herkunftsländern und für die Bekämpfung der Fluchtursachen.

Zu den größeren Posten im Nachtrag zählen weiter die bis 2021 befristete Einstellung eines Klimaschutzmanagers (rund 750.000 Euro), der Ausbau von Bewegtbildangeboten im Netz sowie der Aufbau einer Online-Plattform für ökumenische Medienangebote (rund 600.000 Euro), rund 800.000 Euro für die erste Phase des Projekts „Kirche als lernende Gemeinschaft“ des Evangelischen Jugendwerks sowie rund 385.000 Euro für den Ausbau eines inklusiven Studentenwohnheims bei der Karlshöhe in Ludwigsburg.

Geld für Oikocredit international

Dem Projekt „Vermarktungszentren für Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in Ostafrika“ sollen in den Jahren 2017 und 2018 je 155.000 Euro zur Verfügung gestellt werden. Das hat das Kirchenparlament auf Antrag des Finanzausschusses mit großer Mehrheit beschlossen. Zudem sollen im kommenden Jahr 100.000 Euro in das Oikocredit-Projekt „Ergebnismessung in der Mikrofinanzierung“ fließen. Oikocredit ist eine Genossenschaft, die mit dem Kapital ihrer Mitglieder Partnerorganisationen in Entwicklungs- und Schwellenländern finanziert.

Die Sommertagung der Landessynode endet am Samstag, 9. Juli. Dabei stehen u. a. verschiedene Berichte sowie die Verabschiedung des Kirchlichen Gesetzes zur Änderung der Konfirmationsordnung auf der Tagesordnung.

 

Dan Peter
In Vertretung von Oliver Hoesch
Sprecher der Landeskirche