| Kirchenjahr

Krippenspiel: Interview mit der Regisseurin Andrea Kauderer

„Die Begeisterung der Kinder finde ich unwahrscheinlich toll“

Das Krippenspiel ist einer der beliebtesten Gottesdienste des Kirchenjahres. Tausende Kinder trauen sich nach wochenlangem Proben, in der Kirche vorne zu stehen, vor einem großen Publikum zu spielen, zu sprechen und die Weihnachtsgeschichte mit Leben zu füllen. Aber wer steckt eigentlich dahinter? Was motiviert die Verantwortlichen, und welche Geschichten vor und hinter dem Vorhang bleiben in Erinnerung? Wir haben mit Andrea Kauderer gesprochen, die seit vielen Jahren in der Kirchengemeinde Eltingen beim Krippenspiel die Verantwortung trägt, Stücke bearbeitet und Regie führt.

Andrea Kauderer in der Michaelskirche in Eltingen, wo sie seit 17 Jahren das Krippenspiel verantwortet.Bild: elk-wue.de

Wie lange gestalten Sie schon das Krippenspiel in Eltingen?

Andrea Kauderer: 17 Jahre. Ich habe 2005 angefangen, zuerst ein paar Jahre lang gemeinsam mit der damaligen Pfarrerin. Nach ihrem Weggang habe ich die Regie übernommen.

Haben Sie selber als Kind auch schon beim Krippenspiel mitgemacht?

Andrea Kauderer: Ja, ich war in der Kinderkirche, die auch das Krippenspiel auf die Beine gestellt hat, und da hab ich immer gerne mitgespielt. Das waren meine ersten schauspielerischen Tätigkeiten.

Welche Rollen haben Sie gespielt? Vom Schaf bis zur Maria?

Andrea Kauderer: Das weiß ich nicht mehr, aber ich war nie die Maria, dafür fehlten mir die blonden Haare. [lacht] Früher sollte Maria ja blond sein!

Hat Ihre Theaterleidenschaft im Krippenspiel ihre Ursache?

Andrea Kauderer: Sie wurde dadurch auf jeden Fall unterstützt! Ich habe schon als Kind zuhause Märchen gespielt. Ich habe dann aber lange nichts mehr mit Theater gemacht, auch nicht in der Schule. Ich hatte eine schüchterne Phase [lacht lauthals]. Während meines Studiums der Sozialpädagogik hatte ich dann aber das Angebot, eine theaterpädagogische Zusatzausbildung zu machen. Später habe ich dann einen Aufruf in der Zeitung gesehen, dass meine Stadt Laiendarsteller für Stadtführungen suchte. Dort habe ich den Leiter der Leonberger Theatergruppe Bühne 16 kennengelernt und habe dann im Lauf der Zeit in verschiedenen Gruppen gespielt – je nachdem, wie viel Zeitaufwand das Familienleben gerade zulässt.

Krippenspiel ist viel ehrenamtliche Arbeit – was hält Sie bei der Stange?

Andrea Kauderer: Die Begeisterung der Kinder finde ich unwahrscheinlich toll. Und es ist großartig, dass wir hier fast ohne Werbung eine riesige Schar Kinder in der Kirche haben, die bei der ersten Probe im November alle ganz aufgeregt und erwartungsvoll sind. Es ist schön zu beobachten, wie sich die Kinder dann von Jahr zu Jahr weiterentwickeln. Sie fangen als Schaf an oder als Engel und wagen es dann, von Jahr zu Jahr größere Rollen zu spielen. Da passiert echte Persönlichkeitsentwicklung, dass sie sich trauen hinzustehen und vor so vielen Menschen zu sprechen.

Mich begeistert auch, dass die Weihnachtsgeschichte viel Spannendes enthält: die römische Besatzungsmacht drängt und zwängt. Die Hirten beleuchten den Rand der Gesellschaft – da kann man viel Bezug zur aktuellen Situation einbauen. Dann die Weisen, die Fremden, die von weit herkommen. Die Herbergsszene, wo die Türen zuschlagen. Die Kinder, die mitspielen, bekommen die Weihnachtsgeschichte so hautnah und emotional mit.

Mir geht es nicht nur um die Aufführung sondern um diesen ganzen Prozess, wie die Kinder als Gruppe zusammenwachsen und wie sie die Geschichte erfahren. Und natürlich möchte dadurch Kindern auch etwas vom Glauben weitergeben.

Erleben Sie es auch, dass sich Kinder im Verlauf der Proben öffnen?

Andrea Kauderer: Ja, durchaus, wenn sie im Lauf der Zeit mit den anderen Kindern vertrauter sind. Da gehört ganz viel Lob dazu und Motivation und Begeisterung.

Wo kommen die Stücke her, die Sie aufführen?

Andrea Kauderer: Entweder finde ich die Stücke selber oder sie kommen über die Pfarrer. Natürlich muss das dann passend zur aktuellen Kindergruppe bearbeitet werden, denn ich will jedes Kind unterbringen und zwar so, dass es Freude am Spielen hat. Ich schreibe die Rollen dann um oder schreibe weitere Rollen dazu.

Welche Rolle spielt das Team um sie herum?

Andrea Kauderer: Ich habe eine Mitarbeiterin aus der Gemeinde, die mich seit vielen Jahren absolut verlässlich unterstützt und mir zuarbeitet. Sie schaut zum Beispiel auch nach den Kindern, wenn sie unruhig werden, weil sie mal länger auf ihren Auftritt warten müssen. Auch im musikalischen Bereich brauche ich Unterstützung.

Phänomenal und ungewöhnlich ist, dass dieses Jahr eine ganze Reihe von Konfis von sich aus mitmachen und mich unterstützen – so sind wir dieses Jahr elf Mitarbeitende, und das erlaubt mir neue Formen der Probenarbeit mit unseren 35 Kindern, zum Beispiel, indem die Kinder in kleinen Gruppen parallel Szenen üben.

Wie hat sich das Genre Krippenspiel verändert in den vergangenen Jahrzehnten?

Andrea Kauderer: Ich glaube, dass sich da gar nicht so viel verändert hat. Auch die Stücke aus meiner Jugend würden heute noch gut funktionieren. Der Kern ist ja immer die biblische Geschichte, und dann legt das Stück einfach einen Schwerpunkt auf einen einzelnen Bereich.

Haben sich die Kinder in den letzten Jahrzehnten verändert?

Andrea Kauderer: Ja, die meisten Kinder sind heute von Haus aus schon mutiger als früher. Allerdings ist auch klar, dass wir hier in der Kirche in der Regel nur einen Ausschnitt der Gesellschaft finden.

Was muss passieren, damit Sie am Heiligabend sagen: Das war heute richtig toll?

Andrea Kauderer: Es muss zuallererst den Kindern Freude machen. Für die Zuschauer sollte es natürlich auch unterhaltsam sein, aber es ist mir wichtig, dass die biblische Weihnachtsbotschaft und der eine oder andere Denkanstoß rüberkommen. Und die Eltern dürfen natürlich darauf stolz sein, was ihre Kinder sich über viele Wochen erarbeitet haben.

Ihre schlimmsten Krippenspielkatastrophen?

Andrea Kauderer: Einmal kam an Heiligabend morgens der Anruf, dass ein Kind mit einer wichtigen Rolle nicht mitmachen kann, weil sich die Eltern plötzlich was anderes für den Tag ausgedacht haben.

Und gab es auch lustige Erlebnisse?

Andrea Kauderer: Oh ja! Vor einigen Jahren hat mal ein Ziegenbock namens Willi mitgespielt und trotz bester Betreuung durch den Mesner im Altarraum ein paar … Dinge hinterlassen. Das fanden nicht alle Kirchengemeinderäte lustig, und entsprechend war der Aufruhr.

Und noch einmal Tiere – aber Corona-bedingt ohne Kinder: 2021 haben wir mit einem kleinen Erwachsenenteam ein Krippenspiel aus der Kirche live per Video gestreamt. Mit dabei: Zwei Schafe und ein Esel, diesmal korrekt auf einer strohbedeckten Plastikplane. Die Tiere waren super, aber der Esel war derart Musik-begeistert, dass er regelmäßig ein Riesengeschrei angefangen hat, wenn die Orgel oder die Harfe gespielt hat – es war nicht einfach, dabei ernst zu bleiben.

Das Gespräch führte Mario Steinheil


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elk-wue.de

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