| Landeskirche

Ein schwer verdauliches Dokument

Württembergische Diakonie arbeitet frühere Heimerziehung auf

Mit einem Buch hat die württembergische Diakonie als erster Landesverband ihre Heimerziehung bis in die 1970er Jahre aufarbeiten lassen. "Es ist ein schwer verdauliches Dokument vom Versagen kirchlicher Institutionen gegenüber den uns anvertrauten Kindern", sagte der Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werks Württemberg, Dieter Kaufmann, bei der Vorstellung des Buches am Mittwoch in Stuttgart.

"Meine Seele hat nie jemanden interessiert" (Cover)Verlag evangelische Gesellschaft

Für das Buch "Meine Seele hat niemanden interessiert" hat die Historikerin des Landeskirchlichen Archivs, Inga Bing-von Häfen, zahlreiche Aktenbelege zusammengetragen und zum ersten Mal veröffentlicht. Sie zeigt, wie die Erziehung in den Heimen damals aussah und welche Rolle der Landesverband damals gespielt hat.

Nach dem zweiten Weltkrieg waren die Heime vor allem damit beschäftigt, den Alltag zu bewältigen und die vielen Waisenkinder aufzunehmen. Das Personal war überfordert, eine pädagogische Neubesinnung blieb aus. Kinder wurden für anfallende Arbeiten herangezogen - oft schon vor dem Frühstück. Landwirtschaftliche Arbeit galt auch nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz 1960 als "pädagogische Arbeitstherapie". Körperliche Strafen waren ein Erziehungsmittel, viele erschreckende Strafaktionen sind in den Akten belegt. Beschwerden, in der Frage der körperlichen Bestrafung von Kindern sei der Landesverband grundsätzlich nachgegangen, konnte aber konkrete Veränderungen und Konsequenzen nur vorschlagen, weil er kein Weisungsrecht gegenüber Heimen hatte, heißt es in dem Buch.

Als "Kehrtwende" sieht Oberkirchenrat Kaufmann die Wildbader Memoranden, die 1970 und 71 verabschiedet wurden und das Ergebnis der gemeinsamen Bemühungen von Landesverband und einer neuen Generation von Heimleitern für eine neue Heimerziehung sind. Jeder Mitarbeiter solle "selbstkritisch prüfen, ob er sich vom Wohle des Kindes leiten lässt, oder vom dumpfen Willen zur Macht getrieben wird", steht dort unter anderem.

Laut dem Tübinger Professor für Praktische Theologie, Friedrich Schweitzer, ist es von der württembergischen Diakonie sehr mutig, sich mit dieser dunklen Seite zu beschäftigen. Das Thema sei kein speziell kirchliches, betonte er, auch staatliche Heime und Heime in freier Trägerschaft hätten dieses "sehr schwierige geschichtliche Erbe". Zu dieser Zeit hätte die ganze westliche Welt "Kinder hemmungslos misshandelt." Wichtig sei, dass Strukturen geschaffen werden, die dafür sorgen, dass dies in Zukunft nicht mehr passiert.

Quelle: Evangelischer Pressedienst (epd)


Mehr News

  • Datum: 04.05.2024

    1.000 Menschen feiern Fest der Innovation

    Rund 1.000 Haupt- und Ehrenamtliche aus allen Regionen der württembergischen Landeskirche sind in Reutlingen zusammengekommen, um ihre Ideen für die Zukunft der Kirche zu präsentieren, zu diskutieren und um sich von den Ideen anderer inspirieren zu lassen.

    Mehr erfahren
  • Datum: 04.05.2024

    „Gott provoziert Veränderungen und begleitet sie“

    Die Kirchengemeinden hätten viel Gestaltungsspielraum, sagte Anna-Nicole Heinrich (Präses der 13. Synode der EKD) auf dem Innovationstag der Evangelischen Landeskirche in Reutlingen, und ermutigte dazu, ihn zu nutzen.

    Mehr erfahren
  • Datum: 04.05.2024

    Kira Geiss: „Kirche ist für mich Lebensfreude"

    Beim Innovationstag der Landeskirche trafen sich Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl und Kira Geiss, Miss Germany 2023 und christliche Influencerin, um über ihre Erfahrungen mit Innovation in der Kirche zu sprechen.

    Mehr erfahren
  • Datum: 04.05.2024

    „One size fits all funktioniert nicht mehr“

    Dr. Klaus Douglass, Direktor der Evangelischen Arbeitsstelle für missionarische Kirchenentwicklung und diakonische Profilbildung (midi) betonte auf dem Innovationstag der Landeskirche, Kirche müsse sich von innen heraus erneuern. Es gebe auch zahlreiche Belege für Erneuerung in der Bibel.

    Mehr erfahren
  • Datum: 04.05.2024

    „Hoffnung macht mir die Kirche, die nah bei den Menschen ist“

    Beim Innovationstag der Landeskirche tauschen sich rund 1.000 ehren- und hauptamtliche Teilnehmende über Innovationsideen und -projekte aus und lassen sich in Workshops und Vorträgen inspirieren. Hier finden Sie das Eröffnungsgrußwort von Landesbischof Gohl im Volltext.

    Mehr erfahren
  • Datum: 03.05.2024

    „Begeisterung für Fußball erleben“

    Vom 14. Juni bis 14. Juli findet in Deutschland die Fußball-EM der Männer statt. Fünf der Spiele werden in Stuttgart ausgetragen. Die Landeskirche begleitet das Großereignis unter dem Dach der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit vielen Angeboten.

    Mehr erfahren
  • Datum: 03.05.2024

    TV-Tipp: Vierfacher Vater plötzlich Witwer

    Innerhalb weniger Wochen änderte sich Stefan Bitzers Leben komplett. Er verlor seinen Job, seine Frau, seinen Vater – und blieb zurück mit vier Kindern. Alpha & Omega“-Moderatorin Heidrun Lieb spricht mit ihm darüber, wie er diese kritische Lebensphase bewältigte.

    Mehr erfahren
  • Datum: 30.04.2024

    „Stadtradeln“ mit Gottes Segen

    Die württembergische Landeskirche unterstützen die Aktion „Stadtradeln“ mit dem Landesarbeitskreis „Kirche und Sport“ und mit der Diözese Rottenburg-Stuttgart sowie dem Württembergischen Landessportbund. Unter dem Motto Achtsamkeit werden ein Andachtsentwurf und kostenfreie Aufkleber „Bleib behütet auf all deinen Wegen“ angeboten.

    Mehr erfahren
  • Datum: 30.04.2024

    So begeistert Gemeinde – sieben Projekte

    Unter dem Motto #gemeindebegeistert stellen Menschen auf dem Innovationstag Projekte vor, die auf neue Weise Kirche der Zukunft gestalten: Von „4 Pfarrer auf 1 Streich“ bis „Schwätzbänkle“. Wir haben gefragt, was die Ideen besonders macht und welche Vision dahintersteckt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 29.04.2024

    Video: „Gottesdienste sind fast wie Urlaub“

    Was macht an dem Beruf der Mesnerin besonders Spaß? Welche Herausforderungen bringt er mit sich, und warum fühlt er sich manchmal wie Urlaub an? Rundfunkpfarrerin Barbara Wurz hat bei SWR1 Begegnungen Gabi Sauer, die Mesnerin der evangelischen Veitskirche in Nehren, zu Gast.

    Mehr erfahren
  • Datum: 26.04.2024

    Zum 90. Geburtstag von Prof. Dr. Martin Rößler

    „Wir gratulieren Martin Rößler und wünschen ihm Gottes Segen. Einen passenderen Sonntag als diesen gibt es für Martin Rößler nicht: Sonntag Kantate, der das geistliche Singen in den Mittelpunkt stellt.“ Landesbischof Gohl gratuliert Prof. Dr. Martin Rößler zum 90. Geburtstag.

    Mehr erfahren
  • Datum: 26.04.2024

    „Das Gesangbuch ist ein Lebensbuch“

    „Singen ist Lebenshilfe. Das Gesangbuch ist mehr als eine Sammlung von Liedern für wechselnde Jahreszeiten und sonstige Anlässe. Das Gesangbuch ist ein Lebensbuch.“ Das sagt Landesbischof Gohl in seiner Predigt aus Anlass des 500-jährigen Jubiläums des evangelischen Gesangbuchs.

    Mehr erfahren
Mehr laden